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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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Wo bey dem zweyten Beuche, mit dem der erste multipliciret werden soll, die
größere Zahl oben (als Zähler) steht, ist es eine Vermehrung des ursprünglichen Jnter-
valles, wo aber die kleinere oben sieht, ist es eine Verminderung desselben, wie man
schon aus dem vorigen wird ersehn haben. Die Quarten, Sexten und Septimen erwähnt
ich nicht, weil man diese sogleich durch Umkehrung der schon erwähnten Jntervalle
finden kann. Manche von diesen Jntervallen, besonders die, welche um oder um
oder wohl gar um verändert sind, wird kein unverdorbenes Ohr ohne Widerwillen
anhören können.

Anm. Unter allen ungleichschwebenden Temperaturen ist die Kirnbergerische durch das Ansehen
der sonst sehr verdienstvollen Männer, die sie vorgetragen haben, mehr als durch innern Werth,
die bekannteste geworden. Sie ist in Kirnbergers Kunst des reinen Satzes, und in
Sulzers Theorie der schönen Künste wie auch in verschiedenen andern Schriften vor-
getragen. Es ist diese Temxeratur untauglich, weil 9 Quinten ganz rein sind, eine, nähmlich
fis : cis, richtig um des Pythagorischen Comma unter sich schwebt, und die übrigen oder
unter 2 Quinten d : a und a : e vertheilt sind, und nach der ersten Angabe gar von der
Quinte d : a allein getragen wurden, wie denn auch mehrere sehr unangenchme große Terzen,
wie und kleine Terzen wie darinnen vorkommen. Die so beträchtlichen Quintenschwe-
bungen fallen noch dazu auf solche Töne, nach denen man gewöhnlich die Geigen-Jnstrumente zu
stimmen pflegt, daher diese mit den auf solche Art gestimmten Tastatur-Jnstrumenten unmöglich
harmoniren können. Marpurg hat in seinem Versuche über die Temperatur die Scheingründe
Kirnbergers und Anderer für diese Temperatur, so wie überhaupt für ungleichschwebende Tempera-
turen, hinlänglich widerlegt.
L. Euler drückt in tentam. novae theoriae musicae, wie auch in den Mem. de l'Acad.
de Berlin
1764 und in Nov. Comment. Acad. Petrop. tom. XVIII. die Reihe von 12 in der
Octave enthaltenen Tönen durch die Reihe 2@ 33 52 aus, so daß er alle Divisoren von 33 52, welches
die Zahlen 1, 3, 5, 9, 15, 25, 27, 45, 75, 135, 225, 675 sind, so oft mit 2 multiplicirt, als
nöthig ist, um die Töne alle innerhalb einer Octave zu erhalten. Die dadurch entstehende Reihe
von Tönen ist c = 384, cis = 400, d = 432, dis = 450, e = 480, f = 512, fis = 540, g = 576,
gis = 600, a = 640, b = 675, h = 720, c
= 768. Es nähert sich zwar diese Reihe der eigent-
lichen Reinigkeit der Jntervalle mehr, als irgend eine andere, die durch einen allgemeinen ratio-
nalen Ausdruck könnte gefunden werden, sie ist aber wegen mancher darin enthaltenen sehr un-
angenehmen Jntervalle für die Ausübung nicht brauchbar, denn die Quinte b : f ist um
das Diaschisma oder um 10 Zwölftheile des pythagorischen Comma zu hoch, die Quinten-
schwebungen betragen also zusammen 22 Zwölftheile dieses Comma, welche allein von den
2 Quinten d : a und fis : cis getragen werden, deren jede um oder um 11 Zwölftheile

Wo bey dem zweyten Beuche, mit dem der erſte multipliciret werden ſoll, die
groͤßere Zahl oben (als Zaͤhler) ſteht, iſt es eine Vermehrung des urſpruͤnglichen Jnter-
valles, wo aber die kleinere oben ſieht, iſt es eine Verminderung deſſelben, wie man
ſchon aus dem vorigen wird erſehn haben. Die Quarten, Sexten und Septimen erwaͤhnt
ich nicht, weil man dieſe ſogleich durch Umkehrung der ſchon erwaͤhnten Jntervalle
finden kann. Manche von dieſen Jntervallen, beſonders die, welche um oder um
oder wohl gar um veraͤndert ſind, wird kein unverdorbenes Ohr ohne Widerwillen
anhoͤren koͤnnen.

Anm. Unter allen ungleichſchwebenden Temperaturen iſt die Kirnbergeriſche durch das Anſehen
der ſonſt ſehr verdienſtvollen Maͤnner, die ſie vorgetragen haben, mehr als durch innern Werth,
die bekannteſte geworden. Sie iſt in Kirnbergers Kunſt des reinen Satzes, und in
Sulzers Theorie der ſchoͤnen Kuͤnſte wie auch in verſchiedenen andern Schriften vor-
getragen. Es iſt dieſe Temxeratur untauglich, weil 9 Quinten ganz rein ſind, eine, naͤhmlich
fis : cis, richtig um des Pythagoriſchen Comma unter ſich ſchwebt, und die uͤbrigen oder
unter 2 Quinten d : a und a : e vertheilt ſind, und nach der erſten Angabe gar von der
Quinte d : a allein getragen wurden, wie denn auch mehrere ſehr unangenchme große Terzen,
wie und kleine Terzen wie darinnen vorkommen. Die ſo betraͤchtlichen Quintenſchwe-
bungen fallen noch dazu auf ſolche Toͤne, nach denen man gewoͤhnlich die Geigen-Jnſtrumente zu
ſtimmen pflegt, daher dieſe mit den auf ſolche Art geſtimmten Taſtatur-Jnſtrumenten unmoͤglich
harmoniren koͤnnen. Marpurg hat in ſeinem Verſuche uͤber die Temperatur die Scheingruͤnde
Kirnbergers und Anderer fuͤr dieſe Temperatur, ſo wie uͤberhaupt fuͤr ungleichſchwebende Tempera-
turen, hinlaͤnglich widerlegt.
L. Euler druͤckt in tentam. novae theoriae musicae, wie auch in den Mém. de l’Acad.
de Berlin
1764 und in Nov. Comment. Acad. Petrop. tom. XVIII. die Reihe von 12 in der
Octave enthaltenen Toͤnen durch die Reihe 2 33 52 aus, ſo daß er alle Diviſoren von 33 52, welches
die Zahlen 1, 3, 5, 9, 15, 25, 27, 45, 75, 135, 225, 675 ſind, ſo oft mit 2 multiplicirt, als
noͤthig iſt, um die Toͤne alle innerhalb einer Octave zu erhalten. Die dadurch entſtehende Reihe
von Toͤnen iſt c = 384, cis = 400, d = 432, dis = 450, e = 480, f = 512, fis = 540, g = 576,
gis = 600, a = 640, b = 675, h = 720, c̅
= 768. Es naͤhert ſich zwar dieſe Reihe der eigent-
lichen Reinigkeit der Jntervalle mehr, als irgend eine andere, die durch einen allgemeinen ratio-
nalen Ausdruck koͤnnte gefunden werden, ſie iſt aber wegen mancher darin enthaltenen ſehr un-
angenehmen Jntervalle fuͤr die Ausuͤbung nicht brauchbar, denn die Quinte b : f iſt um
das Diaſchiſma oder um 10 Zwoͤlftheile des pythagoriſchen Comma zu hoch, die Quinten-
ſchwebungen betragen alſo zuſammen 22 Zwoͤlftheile dieſes Comma, welche allein von den
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[55/0089] Wo bey dem zweyten Beuche, mit dem der erſte multipliciret werden ſoll, die groͤßere Zahl oben (als Zaͤhler) ſteht, iſt es eine Vermehrung des urſpruͤnglichen Jnter- valles, wo aber die kleinere oben ſieht, iſt es eine Verminderung deſſelben, wie man ſchon aus dem vorigen wird erſehn haben. Die Quarten, Sexten und Septimen erwaͤhnt ich nicht, weil man dieſe ſogleich durch Umkehrung der ſchon erwaͤhnten Jntervalle finden kann. Manche von dieſen Jntervallen, beſonders die, welche um [FORMEL] oder um [FORMEL] oder wohl gar um [FORMEL] veraͤndert ſind, wird kein unverdorbenes Ohr ohne Widerwillen anhoͤren koͤnnen. Anm. Unter allen ungleichſchwebenden Temperaturen iſt die Kirnbergeriſche durch das Anſehen der ſonſt ſehr verdienſtvollen Maͤnner, die ſie vorgetragen haben, mehr als durch innern Werth, die bekannteſte geworden. Sie iſt in Kirnbergers Kunſt des reinen Satzes, und in Sulzers Theorie der ſchoͤnen Kuͤnſte wie auch in verſchiedenen andern Schriften vor- getragen. Es iſt dieſe Temxeratur untauglich, weil 9 Quinten ganz rein ſind, eine, naͤhmlich fis : cis, richtig um [FORMEL] des Pythagoriſchen Comma unter ſich ſchwebt, und die uͤbrigen [FORMEL] oder [FORMEL] unter 2 Quinten d : a und a : e vertheilt ſind, und nach der erſten Angabe gar von der Quinte d : a allein getragen wurden, wie denn auch mehrere ſehr unangenchme große Terzen, wie [FORMEL] und kleine Terzen wie [FORMEL] darinnen vorkommen. Die ſo betraͤchtlichen Quintenſchwe- bungen fallen noch dazu auf ſolche Toͤne, nach denen man gewoͤhnlich die Geigen-Jnſtrumente zu ſtimmen pflegt, daher dieſe mit den auf ſolche Art geſtimmten Taſtatur-Jnſtrumenten unmoͤglich harmoniren koͤnnen. Marpurg hat in ſeinem Verſuche uͤber die Temperatur die Scheingruͤnde Kirnbergers und Anderer fuͤr dieſe Temperatur, ſo wie uͤberhaupt fuͤr ungleichſchwebende Tempera- turen, hinlaͤnglich widerlegt. L. Euler druͤckt in tentam. novae theoriae musicae, wie auch in den Mém. de l’Acad. de Berlin 1764 und in Nov. Comment. Acad. Petrop. tom. XVIII. die Reihe von 12 in der Octave enthaltenen Toͤnen durch die Reihe 2 33 52 aus, ſo daß er alle Diviſoren von 33 52, welches die Zahlen 1, 3, 5, 9, 15, 25, 27, 45, 75, 135, 225, 675 ſind, ſo oft mit 2 multiplicirt, als noͤthig iſt, um die Toͤne alle innerhalb einer Octave zu erhalten. Die dadurch entſtehende Reihe von Toͤnen iſt c = 384, cis = 400, d = 432, dis = 450, e = 480, f = 512, fis = 540, g = 576, gis = 600, a = 640, b = 675, h = 720, c̅ = 768. Es naͤhert ſich zwar dieſe Reihe der eigent- lichen Reinigkeit der Jntervalle mehr, als irgend eine andere, die durch einen allgemeinen ratio- nalen Ausdruck koͤnnte gefunden werden, ſie iſt aber wegen mancher darin enthaltenen ſehr un- angenehmen Jntervalle fuͤr die Ausuͤbung nicht brauchbar, denn die Quinte b : f [FORMEL] iſt um das Diaſchiſma [FORMEL] oder um 10 Zwoͤlftheile des pythagoriſchen Comma zu hoch, die Quinten- ſchwebungen betragen alſo zuſammen 22 Zwoͤlftheile dieſes Comma, welche allein von den 2 Quinten d : a und fis : cis getragen werden, deren jede um [FORMEL] oder um 11 Zwoͤlftheile

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/89>, abgerufen am 21.11.2024.