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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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Ursache desselben ansieht, und dem Gehöre die Fähigkeit zugesteht, diese ohne weitere Berechnung
sogleich zu fühlen, ungefähr eben so, wie das Auge die Farben empfindet, ohne erst deren ver-
schiedene Brechungswinkel genauer zu untersuchen, oder wie besonders ein etwas geübtes Auge
sowohl die Verhältnisse der Größen, als auch eine mehr oder weniger einfache und regelmäßige
Anordaung der Gegenstände sogleich ohne weitere Berechnung bemerkt. Jn Leibnitzens
epist. ad divers. tom. I. epist. 154, finden sich trefliche Bemerkungen hierüber, ich trage kein
Bedenken, die Stelle, ohngeach[te]t sie schon von Andern oft ist angeführt worden, hier beyzufügen:
Musica est exercitium arithmeticae occultum nescientis se numerare animi, multa enim
facit in perceptionibus consusis seu insensibilibus, quae distincta apperceptione notare ne-
quit. Errant enim, qui nihil in anima fieri putant, cujus ipsa non sit conscia. Anima
igitur, etsi se numerare non sentiat, sentit ramen hujus numerationis insensibilis effectum,
seu voluplatem in consonantiis, molestiam in dissonantiis inde resultantem. Ex multis
enim congruentiis insensibelius oritur voluptas etc.
Es hat auch schon Cartesius in tract.
de homine p. III.
§. 36 und in Compend. Musices, wie auch in verschiedenen Stellen seiner
Briefe viel richtiges darüber gesagt.
10.

Die consonirenden Jntervalle sind in den Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6 oder
deren Verdoppelungen unmittelbar enthalten, die dissonirenden beruhen auf mannigfal-
tigen Combinationen dieser Zahlen. Das mit der Zahl 7 übereinkommende Jntervall macht
gewissermaßen den Uebergang von den Consonanzen zu den Dissonanzen, es ist aber, wie
in der Folge gezeigt werden soll, eben so wenig, wie die mit den Zahlen 11, 13, 17 u. s. w.
übereinkommenden Jntervalle, dazu tauglich, um in unser gewöhnliches Tonsystem mit auf-
genommen zu werden.

11.

Das einfachste Tonverhältniß 1:1, wo zwey schwingende Bewegungen in gleichen
Zeiträumen geschehen, ist der Einklang, (unisonus).

12.

Das Tonverhältniß 1:2, wo eine schwingende Bewegung doppelt so schnell ge-
schieht, als die andere, nennt man die Octave, welcher Nahme daher kommt, weil sie
in der gewöhnlichen Tenleiter die 8te Stufe ausmacht, wie denn überhaupt jedes Jntervall
von der Stufe benennt wird, auf welcher es sich in dieser nachher weiter zu entwickelnden
Tonleiter befindet. Die Erfahrung lehrt, daß zwey Töne, die sich wie 1 zu 2 verhalten,

B
Urſache deſſelben anſieht, und dem Gehoͤre die Faͤhigkeit zugeſteht, dieſe ohne weitere Berechnung
ſogleich zu fuͤhlen, ungefaͤhr eben ſo, wie das Auge die Farben empfindet, ohne erſt deren ver-
ſchiedene Brechungswinkel genauer zu unterſuchen, oder wie beſonders ein etwas geuͤbtes Auge
ſowohl die Verhaͤltniſſe der Groͤßen, als auch eine mehr oder weniger einfache und regelmaͤßige
Anordaung der Gegenſtaͤnde ſogleich ohne weitere Berechnung bemerkt. Jn Leibnitzens
epist. ad divers. tom. I. epist. 154, finden ſich trefliche Bemerkungen hieruͤber, ich trage kein
Bedenken, die Stelle, ohngeach[te]t ſie ſchon von Andern oft iſt angefuͤhrt worden, hier beyzufuͤgen:
Musica est exercitium arithmeticae occultum nescientis se numerare animi, multa enim
facit in perceptionibus conſusis seu insensibilibus, quae distincta apperceptione notare ne-
quit. Errant enim, qui nihil in anima fieri putant, cujus ipsa non sit conscia. Anima
igitur, etsi se numerare non sentiat, sentit ramen hujus numerationis insensibilis effectum,
seu voluplatem in consonantiis, molestiam in dissonantiis inde resultantem. Ex multis
enim congruentiis insensibelius oritur voluptas etc.
Es hat auch ſchon Cartesius in tract.
de homine p. III.
§. 36 und in Compend. Musices, wie auch in verſchiedenen Stellen ſeiner
Briefe viel richtiges daruͤber geſagt.
10.

Die conſonirenden Jntervalle ſind in den Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6 oder
deren Verdoppelungen unmittelbar enthalten, die diſſonirenden beruhen auf mannigfal-
tigen Combinationen dieſer Zahlen. Das mit der Zahl 7 uͤbereinkommende Jntervall macht
gewiſſermaßen den Uebergang von den Conſonanzen zu den Diſſonanzen, es iſt aber, wie
in der Folge gezeigt werden ſoll, eben ſo wenig, wie die mit den Zahlen 11, 13, 17 u. ſ. w.
uͤbereinkommenden Jntervalle, dazu tauglich, um in unſer gewoͤhnliches Tonſyſtem mit auf-
genommen zu werden.

11.

Das einfachſte Tonverhaͤltniß 1:1, wo zwey ſchwingende Bewegungen in gleichen
Zeitraͤumen geſchehen, iſt der Einklang, (unisonus).

12.

Das Tonverhaͤltniß 1:2, wo eine ſchwingende Bewegung doppelt ſo ſchnell ge-
ſchieht, als die andere, nennt man die Octave, welcher Nahme daher kommt, weil ſie
in der gewoͤhnlichen Tenleiter die 8te Stufe ausmacht, wie denn uͤberhaupt jedes Jntervall
von der Stufe benennt wird, auf welcher es ſich in dieſer nachher weiter zu entwickelnden
Tonleiter befindet. Die Erfahrung lehrt, daß zwey Toͤne, die ſich wie 1 zu 2 verhalten,

B
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[9/0043] Urſache deſſelben anſieht, und dem Gehoͤre die Faͤhigkeit zugeſteht, dieſe ohne weitere Berechnung ſogleich zu fuͤhlen, ungefaͤhr eben ſo, wie das Auge die Farben empfindet, ohne erſt deren ver- ſchiedene Brechungswinkel genauer zu unterſuchen, oder wie beſonders ein etwas geuͤbtes Auge ſowohl die Verhaͤltniſſe der Groͤßen, als auch eine mehr oder weniger einfache und regelmaͤßige Anordaung der Gegenſtaͤnde ſogleich ohne weitere Berechnung bemerkt. Jn Leibnitzens epist. ad divers. tom. I. epist. 154, finden ſich trefliche Bemerkungen hieruͤber, ich trage kein Bedenken, die Stelle, ohngeachtet ſie ſchon von Andern oft iſt angefuͤhrt worden, hier beyzufuͤgen: Musica est exercitium arithmeticae occultum nescientis se numerare animi, multa enim facit in perceptionibus conſusis seu insensibilibus, quae distincta apperceptione notare ne- quit. Errant enim, qui nihil in anima fieri putant, cujus ipsa non sit conscia. Anima igitur, etsi se numerare non sentiat, sentit ramen hujus numerationis insensibilis effectum, seu voluplatem in consonantiis, molestiam in dissonantiis inde resultantem. Ex multis enim congruentiis insensibelius oritur voluptas etc. Es hat auch ſchon Cartesius in tract. de homine p. III. §. 36 und in Compend. Musices, wie auch in verſchiedenen Stellen ſeiner Briefe viel richtiges daruͤber geſagt. 10. Die conſonirenden Jntervalle ſind in den Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6 oder deren Verdoppelungen unmittelbar enthalten, die diſſonirenden beruhen auf mannigfal- tigen Combinationen dieſer Zahlen. Das mit der Zahl 7 uͤbereinkommende Jntervall macht gewiſſermaßen den Uebergang von den Conſonanzen zu den Diſſonanzen, es iſt aber, wie in der Folge gezeigt werden ſoll, eben ſo wenig, wie die mit den Zahlen 11, 13, 17 u. ſ. w. uͤbereinkommenden Jntervalle, dazu tauglich, um in unſer gewoͤhnliches Tonſyſtem mit auf- genommen zu werden. 11. Das einfachſte Tonverhaͤltniß 1:1, wo zwey ſchwingende Bewegungen in gleichen Zeitraͤumen geſchehen, iſt der Einklang, (unisonus). 12. Das Tonverhaͤltniß 1:2, wo eine ſchwingende Bewegung doppelt ſo ſchnell ge- ſchieht, als die andere, nennt man die Octave, welcher Nahme daher kommt, weil ſie in der gewoͤhnlichen Tenleiter die 8te Stufe ausmacht, wie denn uͤberhaupt jedes Jntervall von der Stufe benennt wird, auf welcher es ſich in dieſer nachher weiter zu entwickelnden Tonleiter befindet. Die Erfahrung lehrt, daß zwey Toͤne, die ſich wie 1 zu 2 verhalten, B

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/43>, abgerufen am 26.11.2024.