Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Theile des Labyrinthes sind der Vorhof, die halbeirkelförmigen Ca-
näle,
und die Schnecke. Er hat eine etwas schiefe Lage, so daß die Schnecke nach innen
und vorn, der Vorhof in der Mitte, und die halbcirkelförmigen Canäle nach hinten und
außen liegen.

Der Vorhof (vestibulum) ist eine unregelmäßig gestaltete fast cyförmige Höle,
kleiner und glätter, als die Trommelhöle. Sie enthält zwey Vertiefungen, die halb-
kugelförmige
(recessus hemisphaericus oder fovea hemisphaerica), welche nach unten und
vorn gelegen und gegen die Schnecke gekehrt ist, und die halbeyförmige (fovea semio-
valis
oder recessus hemiellipticus), welche sich nach oben und hinten befindet, und bis an die
halbcirkelförmigen Canäle geht. Diese Vertiefungen sind durch eine spitzige Erhabenheit von
einander abgesondert, welche man die Pyramide des Vorhofes nennt, sie hat einen rauhen
quer durch den Vorhof gehenden mit kleinen röhrenförmigen Zähnen besetzten Rand, welcher
der Kamm des Vorhofes (crista vestibuli) genennt wird. Ferner bemerkt man in dem
Vorhofe eine Oeffnung, die zur Treppe des Vorhofs in die Schnecke geht, fünf Oeffnungen
der halbeirkelförmigen Canäle, das vorhererwähnte halbeyförmige Loch oder Fenster, welches
durch die Grundfläche des Steigbügels verschlossen ist, und noch verschiedene kleine Oeffnungen
für hindurchgehende Nerven und Gefäße, wie auch die bald nachher weiter zu erwähnenden
Verbreitungen des Gehörnerven.

Die halbcirkelförmigen Canäle (canales semicirculares) sind drey knöcherne
Bogengänge, die mit einer sehr weiten Oeffnung aus dem Vorhofe, und mit einer zweyten
engeren dahin zurückgehen. Der oberste von diesen Bogengängen, oder der vordere halb-
cirkelförmige Canal
und der hintere innere haben eine senkrechte Richtung; der
hintere äußere liegt fast horizontal. Das innere Ende des vordern und das obere Ende
des hintern innern Canals vereinigen sich in eine gemeinschaftliche Oeffnung, außerdem hat ein
jedes Ende seine eigene Oeffnung im Vorhofe.

Jn den halbeirkelförmigen Canälen sind häutige Röhren (tubuli semicirculares
membranacei)
enthalten; diese sind enger als die knöchernen Bogengänge, und gehen bald in
der Axe derselben, bald an den Wänden fort, hängen aber allemahl mit diesen durch Zellge-
webe zusammen. Jede von diesen häutigen Röhren schwillt an dem dickern Ende der Canäle
zu einem eyrunden Bläschen (ampulla ovalis) auf, und alle kommen im Vorhofe in
einen gemeinschaftlichen Schlauch (saccus communis vestibuli) zusammen, welcher

N n

Die Theile des Labyrinthes ſind der Vorhof, die halbeirkelfoͤrmigen Ca-
naͤle,
und die Schnecke. Er hat eine etwas ſchiefe Lage, ſo daß die Schnecke nach innen
und vorn, der Vorhof in der Mitte, und die halbcirkelfoͤrmigen Canaͤle nach hinten und
außen liegen.

Der Vorhof (vestibulum) iſt eine unregelmaͤßig geſtaltete faſt cyfoͤrmige Hoͤle,
kleiner und glaͤtter, als die Trommelhoͤle. Sie enthaͤlt zwey Vertiefungen, die halb-
kugelfoͤrmige
(recessus hemisphaericus oder fovea hemisphaerica), welche nach unten und
vorn gelegen und gegen die Schnecke gekehrt iſt, und die halbeyfoͤrmige (fovea semio-
valis
oder recessus hemiellipticus), welche ſich nach oben und hinten befindet, und bis an die
halbcirkelfoͤrmigen Canaͤle geht. Dieſe Vertiefungen ſind durch eine ſpitzige Erhabenheit von
einander abgeſondert, welche man die Pyramide des Vorhofes nennt, ſie hat einen rauhen
quer durch den Vorhof gehenden mit kleinen roͤhrenfoͤrmigen Zaͤhnen beſetzten Rand, welcher
der Kamm des Vorhofes (crista vestibuli) genennt wird. Ferner bemerkt man in dem
Vorhofe eine Oeffnung, die zur Treppe des Vorhofs in die Schnecke geht, fuͤnf Oeffnungen
der halbeirkelfoͤrmigen Canaͤle, das vorhererwaͤhnte halbeyfoͤrmige Loch oder Fenſter, welches
durch die Grundflaͤche des Steigbuͤgels verſchloſſen iſt, und noch verſchiedene kleine Oeffnungen
fuͤr hindurchgehende Nerven und Gefaͤße, wie auch die bald nachher weiter zu erwaͤhnenden
Verbreitungen des Gehoͤrnerven.

Die halbcirkelfoͤrmigen Canaͤle (canales semicirculares) ſind drey knoͤcherne
Bogengaͤnge, die mit einer ſehr weiten Oeffnung aus dem Vorhofe, und mit einer zweyten
engeren dahin zuruͤckgehen. Der oberſte von dieſen Bogengaͤngen, oder der vordere halb-
cirkelfoͤrmige Canal
und der hintere innere haben eine ſenkrechte Richtung; der
hintere aͤußere liegt faſt horizontal. Das innere Ende des vordern und das obere Ende
des hintern innern Canals vereinigen ſich in eine gemeinſchaftliche Oeffnung, außerdem hat ein
jedes Ende ſeine eigene Oeffnung im Vorhofe.

Jn den halbeirkelfoͤrmigen Canaͤlen ſind haͤutige Roͤhren (tubuli semicirculares
membranacei)
enthalten; dieſe ſind enger als die knoͤchernen Bogengaͤnge, und gehen bald in
der Axe derſelben, bald an den Waͤnden fort, haͤngen aber allemahl mit dieſen durch Zellge-
webe zuſammen. Jede von dieſen haͤutigen Roͤhren ſchwillt an dem dickern Ende der Canaͤle
zu einem eyrunden Blaͤschen (ampulla ovalis) auf, und alle kommen im Vorhofe in
einen gemeinſchaftlichen Schlauch (saccus communis vestibuli) zuſammen, welcher

N n
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0315" n="281"/>
              <p>Die Theile des Labyrinthes &#x017F;ind der <hi rendition="#g">Vorhof,</hi> die <hi rendition="#g">halbeirkelfo&#x0364;rmigen Ca-<lb/>
na&#x0364;le,</hi> und die <hi rendition="#g">Schnecke.</hi> Er hat eine etwas &#x017F;chiefe Lage, &#x017F;o daß die Schnecke nach innen<lb/>
und vorn, der Vorhof in der Mitte, und die halbcirkelfo&#x0364;rmigen Cana&#x0364;le nach hinten und<lb/>
außen liegen.</p><lb/>
              <p>Der <hi rendition="#g">Vorhof</hi> <hi rendition="#aq">(vestibulum)</hi> i&#x017F;t eine unregelma&#x0364;ßig ge&#x017F;taltete fa&#x017F;t cyfo&#x0364;rmige Ho&#x0364;le,<lb/>
kleiner und gla&#x0364;tter, als die Trommelho&#x0364;le. Sie entha&#x0364;lt <hi rendition="#g">zwey Vertiefungen,</hi> die <hi rendition="#g">halb-<lb/>
kugelfo&#x0364;rmige</hi> (<hi rendition="#aq">recessus hemisphaericus</hi> oder <hi rendition="#aq">fovea hemisphaerica</hi>), welche nach unten und<lb/>
vorn gelegen und gegen die Schnecke gekehrt i&#x017F;t, und die <hi rendition="#g">halbeyfo&#x0364;rmige</hi> (<hi rendition="#aq">fovea semio-<lb/>
valis</hi> oder <hi rendition="#aq">recessus hemiellipticus</hi>), welche &#x017F;ich nach oben und hinten befindet, und bis an die<lb/>
halbcirkelfo&#x0364;rmigen Cana&#x0364;le geht. Die&#x017F;e Vertiefungen &#x017F;ind durch eine &#x017F;pitzige Erhabenheit von<lb/>
einander abge&#x017F;ondert, welche man die <hi rendition="#g">Pyramide des Vorhofes</hi> nennt, &#x017F;ie hat einen rauhen<lb/>
quer durch den Vorhof gehenden mit kleinen ro&#x0364;hrenfo&#x0364;rmigen Za&#x0364;hnen be&#x017F;etzten Rand, welcher<lb/>
der <hi rendition="#g">Kamm des Vorhofes</hi> <hi rendition="#aq">(crista vestibuli)</hi> genennt wird. Ferner bemerkt man in dem<lb/>
Vorhofe eine Oeffnung, die zur Treppe des Vorhofs in die Schnecke geht, fu&#x0364;nf Oeffnungen<lb/>
der halbeirkelfo&#x0364;rmigen Cana&#x0364;le, das vorhererwa&#x0364;hnte halbeyfo&#x0364;rmige Loch oder Fen&#x017F;ter, welches<lb/>
durch die Grundfla&#x0364;che des Steigbu&#x0364;gels ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t, und noch ver&#x017F;chiedene kleine Oeffnungen<lb/>
fu&#x0364;r hindurchgehende Nerven und Gefa&#x0364;ße, wie auch die bald nachher weiter zu erwa&#x0364;hnenden<lb/>
Verbreitungen des Geho&#x0364;rnerven.</p><lb/>
              <p>Die <hi rendition="#g">halbcirkelfo&#x0364;rmigen Cana&#x0364;le</hi> <hi rendition="#aq">(canales semicirculares)</hi> &#x017F;ind drey kno&#x0364;cherne<lb/>
Bogenga&#x0364;nge, die mit einer &#x017F;ehr weiten Oeffnung aus dem Vorhofe, und mit einer zweyten<lb/>
engeren dahin zuru&#x0364;ckgehen. Der ober&#x017F;te von die&#x017F;en Bogenga&#x0364;ngen, oder der <hi rendition="#g">vordere halb-<lb/>
cirkelfo&#x0364;rmige Canal</hi> und der <hi rendition="#g">hintere innere</hi> haben eine &#x017F;enkrechte Richtung; der<lb/><hi rendition="#g">hintere a&#x0364;ußere</hi> liegt fa&#x017F;t horizontal. Das innere Ende des vordern und das obere Ende<lb/>
des hintern innern Canals vereinigen &#x017F;ich in eine gemein&#x017F;chaftliche Oeffnung, außerdem hat ein<lb/>
jedes Ende &#x017F;eine eigene Oeffnung im Vorhofe.</p><lb/>
              <p>Jn den halbeirkelfo&#x0364;rmigen Cana&#x0364;len &#x017F;ind <hi rendition="#g">ha&#x0364;utige Ro&#x0364;hren</hi> <hi rendition="#aq">(tubuli semicirculares<lb/>
membranacei)</hi> enthalten; die&#x017F;e &#x017F;ind enger als die kno&#x0364;chernen Bogenga&#x0364;nge, und gehen bald in<lb/>
der Axe der&#x017F;elben, bald an den Wa&#x0364;nden fort, ha&#x0364;ngen aber allemahl mit die&#x017F;en durch Zellge-<lb/>
webe zu&#x017F;ammen. Jede von die&#x017F;en ha&#x0364;utigen Ro&#x0364;hren &#x017F;chwillt an dem dickern Ende der Cana&#x0364;le<lb/>
zu einem <hi rendition="#g">eyrunden Bla&#x0364;schen</hi> <hi rendition="#aq">(ampulla ovalis)</hi> auf, und alle kommen im Vorhofe in<lb/>
einen <hi rendition="#g">gemein&#x017F;chaftlichen Schlauch</hi> <hi rendition="#aq">(saccus communis vestibuli)</hi> zu&#x017F;ammen, welcher<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N n</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0315] Die Theile des Labyrinthes ſind der Vorhof, die halbeirkelfoͤrmigen Ca- naͤle, und die Schnecke. Er hat eine etwas ſchiefe Lage, ſo daß die Schnecke nach innen und vorn, der Vorhof in der Mitte, und die halbcirkelfoͤrmigen Canaͤle nach hinten und außen liegen. Der Vorhof (vestibulum) iſt eine unregelmaͤßig geſtaltete faſt cyfoͤrmige Hoͤle, kleiner und glaͤtter, als die Trommelhoͤle. Sie enthaͤlt zwey Vertiefungen, die halb- kugelfoͤrmige (recessus hemisphaericus oder fovea hemisphaerica), welche nach unten und vorn gelegen und gegen die Schnecke gekehrt iſt, und die halbeyfoͤrmige (fovea semio- valis oder recessus hemiellipticus), welche ſich nach oben und hinten befindet, und bis an die halbcirkelfoͤrmigen Canaͤle geht. Dieſe Vertiefungen ſind durch eine ſpitzige Erhabenheit von einander abgeſondert, welche man die Pyramide des Vorhofes nennt, ſie hat einen rauhen quer durch den Vorhof gehenden mit kleinen roͤhrenfoͤrmigen Zaͤhnen beſetzten Rand, welcher der Kamm des Vorhofes (crista vestibuli) genennt wird. Ferner bemerkt man in dem Vorhofe eine Oeffnung, die zur Treppe des Vorhofs in die Schnecke geht, fuͤnf Oeffnungen der halbeirkelfoͤrmigen Canaͤle, das vorhererwaͤhnte halbeyfoͤrmige Loch oder Fenſter, welches durch die Grundflaͤche des Steigbuͤgels verſchloſſen iſt, und noch verſchiedene kleine Oeffnungen fuͤr hindurchgehende Nerven und Gefaͤße, wie auch die bald nachher weiter zu erwaͤhnenden Verbreitungen des Gehoͤrnerven. Die halbcirkelfoͤrmigen Canaͤle (canales semicirculares) ſind drey knoͤcherne Bogengaͤnge, die mit einer ſehr weiten Oeffnung aus dem Vorhofe, und mit einer zweyten engeren dahin zuruͤckgehen. Der oberſte von dieſen Bogengaͤngen, oder der vordere halb- cirkelfoͤrmige Canal und der hintere innere haben eine ſenkrechte Richtung; der hintere aͤußere liegt faſt horizontal. Das innere Ende des vordern und das obere Ende des hintern innern Canals vereinigen ſich in eine gemeinſchaftliche Oeffnung, außerdem hat ein jedes Ende ſeine eigene Oeffnung im Vorhofe. Jn den halbeirkelfoͤrmigen Canaͤlen ſind haͤutige Roͤhren (tubuli semicirculares membranacei) enthalten; dieſe ſind enger als die knoͤchernen Bogengaͤnge, und gehen bald in der Axe derſelben, bald an den Waͤnden fort, haͤngen aber allemahl mit dieſen durch Zellge- webe zuſammen. Jede von dieſen haͤutigen Roͤhren ſchwillt an dem dickern Ende der Canaͤle zu einem eyrunden Blaͤschen (ampulla ovalis) auf, und alle kommen im Vorhofe in einen gemeinſchaftlichen Schlauch (saccus communis vestibuli) zuſammen, welcher N n

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/315
Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/315>, abgerufen am 24.11.2024.