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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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z. B. eine entfernte Kanonade, oder den Marsch einer Armee, oder das Fahren des Geschützes
über eine Brücke in einer sonst ungewöhnlichen Entfernung vernehmen kann, ist, weil die
Oberfläche der Erde rings umher etwas mit erschüttert wird, und also gewissermaßen als Re-
sonanzboden dient. Eine solche Erschütterung der Erdoberfläche ist unter manchen Umständen,
selbst in sehr festgebauten Häusern z. B. b y schnellem Vorüberfahren eines Wagens bisweilen
nicht nur hörbar, sondern auch sonst fühlbar.

203.

Um in einer größern Weite, als gewöhnlich, die menschliche Stimme hörbar zu
machen, bedient man sich eines Sprachrohrs. Soll dieses gehörig eingerichter seyn, so
müssen die durch das Hineinsprechen erregten Verdichtungen der Luft, welche ohne dasselbe
nach allen Richtungen würden verbreitet werden, sich gegen dessen Wände so stemmen, daß
sie bey ihrem weiteren Fortgange eine so viel als möglich, mit der Axe des Rohres parallele
Richtung annehmen, und dadurch den nach dieser Richtung ausgehenden Schall verstärken.
Ein Rohr von cylindrischer oder prismatischer Gestalt, oder überhaupt eins, das
überall gleiche Weite hat, würde diese Absicht nicht erfüllen; wenn nähmlich Fig. 259. ein
solches Rohr vorstellt, so werden Schallstealen, die von dem Munde bey C nach den Rich-
tungen F und G ausgehen, und ohne dasselbe sich nach diesen Richtungen zerstreuen würden,
zwar zusammengehalten, und innerhalb des Nohres mehremahl gebrochen, bey dem Heraus-
gehen aber würden sie sich nach den Richtung M und N und so überhaupt nach allen Richtungen
zerstreuen; man würde also durch ein solches Rohr weiter nichts gewinnen, außer, daß der
Schall ungeschwächt, und noch etwas klingender bey L eben so gehört würde, als ob er an
diesem Ende des Rohres wäre hervorgebracht worden. Ein solches Rohr würde also nur da zu
am brauchbarsten seyn, daß, wenn es sehr lang wäre, und der Hörende das eine Ende an
das Ohr hielte, zwey Personen bey einem sehr leisen Sprechen sich einander in einer beträcht-
lichen Entfernung verständlich machen könnten, ohne daß ein dritter etwas davon vernähme.
Es wird ein dergleichen Rohr deshalb auch weit schicklicher ein Communicationsrohr,
als ein Sprachrohr geneunt. Die Eigenschaft einer überall gleich weiten Röhre, den Schall,
weil er sich nicht weiter ausbreiten kann, ungeschwächt zu erhalten, bemerkte auch Kircher
in einer alten römischen Wasserleitung, in welcher er den Schall 600 Fuß weit mit gleicher
Stärke hörte. Nach andern Nachrichten soll die Wasserleitung des Claudius den Schall
mehrere Jraliänische Meilen weit verbreiten. Um aber den Schall in der Entfernung verstäckt

z. B. eine entfernte Kanonade, oder den Marſch einer Armee, oder das Fahren des Geſchuͤtzes
uͤber eine Bruͤcke in einer ſonſt ungewoͤhnlichen Entfernung vernehmen kann, iſt, weil die
Oberflaͤche der Erde rings umher etwas mit erſchuͤttert wird, und alſo gewiſſermaßen als Re-
ſonanzboden dient. Eine ſolche Erſchuͤtterung der Erdoberflaͤche iſt unter manchen Umſtaͤnden,
ſelbſt in ſehr feſtgebauten Haͤuſern z. B. b y ſchnellem Voruͤberfahren eines Wagens bisweilen
nicht nur hoͤrbar, ſondern auch ſonſt fuͤhlbar.

203.

Um in einer groͤßern Weite, als gewoͤhnlich, die menſchliche Stimme hoͤrbar zu
machen, bedient man ſich eines Sprachrohrs. Soll dieſes gehoͤrig eingerichter ſeyn, ſo
muͤſſen die durch das Hineinſprechen erregten Verdichtungen der Luft, welche ohne daſſelbe
nach allen Richtungen wuͤrden verbreitet werden, ſich gegen deſſen Waͤnde ſo ſtemmen, daß
ſie bey ihrem weiteren Fortgange eine ſo viel als moͤglich, mit der Axe des Rohres parallele
Richtung annehmen, und dadurch den nach dieſer Richtung ausgehenden Schall verſtaͤrken.
Ein Rohr von cylindriſcher oder priſmatiſcher Geſtalt, oder uͤberhaupt eins, das
uͤberall gleiche Weite hat, wuͤrde dieſe Abſicht nicht erfuͤllen; wenn naͤhmlich Fig. 259. ein
ſolches Rohr vorſtellt, ſo werden Schallſtealen, die von dem Munde bey C nach den Rich-
tungen F und G ausgehen, und ohne daſſelbe ſich nach dieſen Richtungen zerſtreuen wuͤrden,
zwar zuſammengehalten, und innerhalb des Nohres mehremahl gebrochen, bey dem Heraus-
gehen aber wuͤrden ſie ſich nach den Richtung M und N und ſo uͤberhaupt nach allen Richtungen
zerſtreuen; man wuͤrde alſo durch ein ſolches Rohr weiter nichts gewinnen, außer, daß der
Schall ungeſchwaͤcht, und noch etwas klingender bey L eben ſo gehoͤrt wuͤrde, als ob er an
dieſem Ende des Rohres waͤre hervorgebracht worden. Ein ſolches Rohr wuͤrde alſo nur da zu
am brauchbarſten ſeyn, daß, wenn es ſehr lang waͤre, und der Hoͤrende das eine Ende an
das Ohr hielte, zwey Perſonen bey einem ſehr leiſen Sprechen ſich einander in einer betraͤcht-
lichen Entfernung verſtaͤndlich machen koͤnnten, ohne daß ein dritter etwas davon vernaͤhme.
Es wird ein dergleichen Rohr deshalb auch weit ſchicklicher ein Communicationsrohr,
als ein Sprachrohr geneunt. Die Eigenſchaft einer uͤberall gleich weiten Roͤhre, den Schall,
weil er ſich nicht weiter ausbreiten kann, ungeſchwaͤcht zu erhalten, bemerkte auch Kircher
in einer alten roͤmiſchen Waſſerleitung, in welcher er den Schall 600 Fuß weit mit gleicher
Staͤrke hoͤrte. Nach andern Nachrichten ſoll die Waſſerleitung des Claudius den Schall
mehrere Jraliaͤniſche Meilen weit verbreiten. Um aber den Schall in der Entfernung verſtaͤckt

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[237/0271] z. B. eine entfernte Kanonade, oder den Marſch einer Armee, oder das Fahren des Geſchuͤtzes uͤber eine Bruͤcke in einer ſonſt ungewoͤhnlichen Entfernung vernehmen kann, iſt, weil die Oberflaͤche der Erde rings umher etwas mit erſchuͤttert wird, und alſo gewiſſermaßen als Re- ſonanzboden dient. Eine ſolche Erſchuͤtterung der Erdoberflaͤche iſt unter manchen Umſtaͤnden, ſelbſt in ſehr feſtgebauten Haͤuſern z. B. b y ſchnellem Voruͤberfahren eines Wagens bisweilen nicht nur hoͤrbar, ſondern auch ſonſt fuͤhlbar. 203. Um in einer groͤßern Weite, als gewoͤhnlich, die menſchliche Stimme hoͤrbar zu machen, bedient man ſich eines Sprachrohrs. Soll dieſes gehoͤrig eingerichter ſeyn, ſo muͤſſen die durch das Hineinſprechen erregten Verdichtungen der Luft, welche ohne daſſelbe nach allen Richtungen wuͤrden verbreitet werden, ſich gegen deſſen Waͤnde ſo ſtemmen, daß ſie bey ihrem weiteren Fortgange eine ſo viel als moͤglich, mit der Axe des Rohres parallele Richtung annehmen, und dadurch den nach dieſer Richtung ausgehenden Schall verſtaͤrken. Ein Rohr von cylindriſcher oder priſmatiſcher Geſtalt, oder uͤberhaupt eins, das uͤberall gleiche Weite hat, wuͤrde dieſe Abſicht nicht erfuͤllen; wenn naͤhmlich Fig. 259. ein ſolches Rohr vorſtellt, ſo werden Schallſtealen, die von dem Munde bey C nach den Rich- tungen F und G ausgehen, und ohne daſſelbe ſich nach dieſen Richtungen zerſtreuen wuͤrden, zwar zuſammengehalten, und innerhalb des Nohres mehremahl gebrochen, bey dem Heraus- gehen aber wuͤrden ſie ſich nach den Richtung M und N und ſo uͤberhaupt nach allen Richtungen zerſtreuen; man wuͤrde alſo durch ein ſolches Rohr weiter nichts gewinnen, außer, daß der Schall ungeſchwaͤcht, und noch etwas klingender bey L eben ſo gehoͤrt wuͤrde, als ob er an dieſem Ende des Rohres waͤre hervorgebracht worden. Ein ſolches Rohr wuͤrde alſo nur da zu am brauchbarſten ſeyn, daß, wenn es ſehr lang waͤre, und der Hoͤrende das eine Ende an das Ohr hielte, zwey Perſonen bey einem ſehr leiſen Sprechen ſich einander in einer betraͤcht- lichen Entfernung verſtaͤndlich machen koͤnnten, ohne daß ein dritter etwas davon vernaͤhme. Es wird ein dergleichen Rohr deshalb auch weit ſchicklicher ein Communicationsrohr, als ein Sprachrohr geneunt. Die Eigenſchaft einer uͤberall gleich weiten Roͤhre, den Schall, weil er ſich nicht weiter ausbreiten kann, ungeſchwaͤcht zu erhalten, bemerkte auch Kircher in einer alten roͤmiſchen Waſſerleitung, in welcher er den Schall 600 Fuß weit mit gleicher Staͤrke hoͤrte. Nach andern Nachrichten ſoll die Waſſerleitung des Claudius den Schall mehrere Jraliaͤniſche Meilen weit verbreiten. Um aber den Schall in der Entfernung verſtaͤckt

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/271>, abgerufen am 24.11.2024.