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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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schen Luft sich wie 1,103 zu 1 verhält, und die Töne sich umgekehrt wie die Quadratwurzeln
dieser Schweren verhalten sollen.

Die auffallendste Abweichung von der Theorie zeigte sich bey dem Stickgas. Man
sollte nähmlich erwarten, daß die Geschwindigkeit der Schwingungen bey demselben etwas
größer, als bey der gemeinen Luft seyn müßte, weil es eine etwas größere specifische Elasticirät
hat, indem dessen specifische Schwere sich zur Schwere der gemeinen Luft ungefähr wie
0,985:1 verhält, die Erfahrung aber lehrte das Gegentheil, indem der Klang vielmehr um
einen halben Ton tiefer war. Da man bey einer so unerwarteten Erscheinung vielleicht
eine Täuschung hätte vermuthen können, so wurden drey Arten von Stickgas in dieser Absicht
untersucht, deren eine durch Schwefelleber, die andere durch ein Gemisch von Eisenseile und
Schwefel, die dritte durch Salpetergas aus der gemeinen Luft abgeschieden war; in allen
3 Arten löschte eine Flamme in einem Augenblicke aus, sie gaben alle drey einerley Ton.
Sollte man auch bey dem durch Eisen und Schwefel abgeschiedenen Stickgas eine kleine Bey-
mischung von Wasserstoffgas haben vermuthen können, so hätte wegen der geringern specifischen
Schwere desselben der Ton dadurch eher erhöht, als erniedrigt werden müssen, so daß man es
also wohl als einen Erfahrungssatz annehmen kann, daß das Stickgas, es sey bereitet,
wie man wolle, ohngeachtet seiner geringern specifischen Schwere doch lang-
samer schwingt, als die athmosphärische Luft.

Eine merkwürdige Erscheinung zeigte sich auch bey einer Mischung von Stick-
gas und Sauerstoffgas.
Man hätte vermuthen sollen, daß das Stickgas als eine
leichtere Materie schneller und das Sauerstoffgas als eine schwerere Materie langsamer schwin-
gen müsse, als die athmosphärische Luft, und daß sowohl diese, als auch eine derselben ähn-
liche künstliche Mischung dieser Gas-Arten ungefähr die Mitte zwischen beyden halten müsse.
Die Erfahrung aber lehrt, daß, wie jetzt erwähnt worden, jede dieser Gas-Arten langsamer
schwingt, als die athmosphärische Luft, daß aber eine künstliche Mischung dieser beyden Gas-
Arten schneller schwingt, als jede derselben für sich, und zwar so, daß sie eben
den Ton giebt, wie die athmosphärische Luft, welche etwa 0,73 Stickgas und 0,27 Sauer-
stoffgas enthält. Die zu dem Stickgas gemischte Quantität von Sauerstoffgas mochte dem
Augenscheine nach Anfangs etwa den vierten, und nachher ungefähr den dritten Theil, oder
auch etwas mehr, betragen, welches weiter keine beträchtliche Veränderung des Tones ver-
ursachte. Wahrscheinlich beruhen die beyden sonderbaren Erscheinungen,

ſchen Luft ſich wie 1,103 zu 1 verhaͤlt, und die Toͤne ſich umgekehrt wie die Quadratwurzeln
dieſer Schweren verhalten ſollen.

Die auffallendſte Abweichung von der Theorie zeigte ſich bey dem Stickgas. Man
ſollte naͤhmlich erwarten, daß die Geſchwindigkeit der Schwingungen bey demſelben etwas
groͤßer, als bey der gemeinen Luft ſeyn muͤßte, weil es eine etwas groͤßere ſpecifiſche Elaſticiraͤt
hat, indem deſſen ſpecifiſche Schwere ſich zur Schwere der gemeinen Luft ungefaͤhr wie
0,985:1 verhaͤlt, die Erfahrung aber lehrte das Gegentheil, indem der Klang vielmehr um
einen halben Ton tiefer war. Da man bey einer ſo unerwarteten Erſcheinung vielleicht
eine Taͤuſchung haͤtte vermuthen koͤnnen, ſo wurden drey Arten von Stickgas in dieſer Abſicht
unterſucht, deren eine durch Schwefelleber, die andere durch ein Gemiſch von Eiſenſeile und
Schwefel, die dritte durch Salpetergas aus der gemeinen Luft abgeſchieden war; in allen
3 Arten loͤſchte eine Flamme in einem Augenblicke aus, ſie gaben alle drey einerley Ton.
Sollte man auch bey dem durch Eiſen und Schwefel abgeſchiedenen Stickgas eine kleine Bey-
miſchung von Waſſerſtoffgas haben vermuthen koͤnnen, ſo haͤtte wegen der geringern ſpecifiſchen
Schwere deſſelben der Ton dadurch eher erhoͤht, als erniedrigt werden muͤſſen, ſo daß man es
alſo wohl als einen Erfahrungsſatz annehmen kann, daß das Stickgas, es ſey bereitet,
wie man wolle, ohngeachtet ſeiner geringern ſpecifiſchen Schwere doch lang-
ſamer ſchwingt, als die athmoſphaͤriſche Luft.

Eine merkwuͤrdige Erſcheinung zeigte ſich auch bey einer Miſchung von Stick-
gas und Sauerſtoffgas.
Man haͤtte vermuthen ſollen, daß das Stickgas als eine
leichtere Materie ſchneller und das Sauerſtoffgas als eine ſchwerere Materie langſamer ſchwin-
gen muͤſſe, als die athmoſphaͤriſche Luft, und daß ſowohl dieſe, als auch eine derſelben aͤhn-
liche kuͤnſtliche Miſchung dieſer Gas-Arten ungefaͤhr die Mitte zwiſchen beyden halten muͤſſe.
Die Erfahrung aber lehrt, daß, wie jetzt erwaͤhnt worden, jede dieſer Gas-Arten langſamer
ſchwingt, als die athmoſphaͤriſche Luft, daß aber eine kuͤnſtliche Miſchung dieſer beyden Gas-
Arten ſchneller ſchwingt, als jede derſelben fuͤr ſich, und zwar ſo, daß ſie eben
den Ton giebt, wie die athmoſphaͤriſche Luft, welche etwa 0,73 Stickgas und 0,27 Sauer-
ſtoffgas enthaͤlt. Die zu dem Stickgas gemiſchte Quantitaͤt von Sauerſtoffgas mochte dem
Augenſcheine nach Anfangs etwa den vierten, und nachher ungefaͤhr den dritten Theil, oder
auch etwas mehr, betragen, welches weiter keine betraͤchtliche Veraͤnderung des Tones ver-
urſachte. Wahrſcheinlich beruhen die beyden ſonderbaren Erſcheinungen,

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[228/0262] ſchen Luft ſich wie 1,103 zu 1 verhaͤlt, und die Toͤne ſich umgekehrt wie die Quadratwurzeln dieſer Schweren verhalten ſollen. Die auffallendſte Abweichung von der Theorie zeigte ſich bey dem Stickgas. Man ſollte naͤhmlich erwarten, daß die Geſchwindigkeit der Schwingungen bey demſelben etwas groͤßer, als bey der gemeinen Luft ſeyn muͤßte, weil es eine etwas groͤßere ſpecifiſche Elaſticiraͤt hat, indem deſſen ſpecifiſche Schwere ſich zur Schwere der gemeinen Luft ungefaͤhr wie 0,985:1 verhaͤlt, die Erfahrung aber lehrte das Gegentheil, indem der Klang vielmehr um einen halben Ton tiefer war. Da man bey einer ſo unerwarteten Erſcheinung vielleicht eine Taͤuſchung haͤtte vermuthen koͤnnen, ſo wurden drey Arten von Stickgas in dieſer Abſicht unterſucht, deren eine durch Schwefelleber, die andere durch ein Gemiſch von Eiſenſeile und Schwefel, die dritte durch Salpetergas aus der gemeinen Luft abgeſchieden war; in allen 3 Arten loͤſchte eine Flamme in einem Augenblicke aus, ſie gaben alle drey einerley Ton. Sollte man auch bey dem durch Eiſen und Schwefel abgeſchiedenen Stickgas eine kleine Bey- miſchung von Waſſerſtoffgas haben vermuthen koͤnnen, ſo haͤtte wegen der geringern ſpecifiſchen Schwere deſſelben der Ton dadurch eher erhoͤht, als erniedrigt werden muͤſſen, ſo daß man es alſo wohl als einen Erfahrungsſatz annehmen kann, daß das Stickgas, es ſey bereitet, wie man wolle, ohngeachtet ſeiner geringern ſpecifiſchen Schwere doch lang- ſamer ſchwingt, als die athmoſphaͤriſche Luft. Eine merkwuͤrdige Erſcheinung zeigte ſich auch bey einer Miſchung von Stick- gas und Sauerſtoffgas. Man haͤtte vermuthen ſollen, daß das Stickgas als eine leichtere Materie ſchneller und das Sauerſtoffgas als eine ſchwerere Materie langſamer ſchwin- gen muͤſſe, als die athmoſphaͤriſche Luft, und daß ſowohl dieſe, als auch eine derſelben aͤhn- liche kuͤnſtliche Miſchung dieſer Gas-Arten ungefaͤhr die Mitte zwiſchen beyden halten muͤſſe. Die Erfahrung aber lehrt, daß, wie jetzt erwaͤhnt worden, jede dieſer Gas-Arten langſamer ſchwingt, als die athmoſphaͤriſche Luft, daß aber eine kuͤnſtliche Miſchung dieſer beyden Gas- Arten ſchneller ſchwingt, als jede derſelben fuͤr ſich, und zwar ſo, daß ſie eben den Ton giebt, wie die athmoſphaͤriſche Luft, welche etwa 0,73 Stickgas und 0,27 Sauer- ſtoffgas enthaͤlt. Die zu dem Stickgas gemiſchte Quantitaͤt von Sauerſtoffgas mochte dem Augenſcheine nach Anfangs etwa den vierten, und nachher ungefaͤhr den dritten Theil, oder auch etwas mehr, betragen, welches weiter keine betraͤchtliche Veraͤnderung des Tones ver- urſachte. Wahrſcheinlich beruhen die beyden ſonderbaren Erſcheinungen,

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/262>, abgerufen am 24.11.2024.