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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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vernehmen kann, die zu gleicher Zeit angegebenen tiefern und höhern Töne nicht nach
einerley Zeit hören, wovon aber noch niemand etwas hat bemerken können.
III) "Man habe gewöhnlich in der Theorie nur kleine Erschütterungen angenommen, da-
"hingegen habe ein so starker Schall, wie meistens zu den Beobachtungen ist ange-
"wendet worden, schneller fortgehn müssen." Nun lehren aber Theorie und Erfah-
rung, daß die Stäcke oder Schwäche eines Schalles auf die Geschwindigkeit, mit
welcher er verbreitet wird, keinen Einfluß hat. Sollte ja ein Schall anfangs so über-
mäßig stark gewesen seyn, daß das Gesetz der Pendelschwingungen etwas wäre verletzt
worden, so würde er doch bey weiterer Verbreitung und bey einiger Abnahme der
Stärke sich immer mehr diesem Gesetze gemäß einrichten, die Abweichung der Beobach-
tungen von der Theorie würde also nicht so beträchtlich und so beständig seyn können.
IV) "Es sey bey der theoretischen Bestimmung der Geschwindigkeit des Schalles voraus-
"gesetzt worden, daß die absolute Elasticität der Luft allemahl der Dichtigkeit proper-
"tional sey, nun könne man aber vielleicht annehmen, daß sie in einem etwas andern
"Verhältnisse sich bey verschiedenen Graden des Druckes verändere." Diese Ver-
muthung äußert la Grange (in seinen nouvelles recherches sur le son §. 55, in
dem 2ten Bande der Melanges de philosophie et de mathematique de la societe de
Turin
) aus der Ursache, weil verschiedene Physiker wollen gefunden haben, daß wenn
die Luft etlichemahl stärker als gewöhnlich zusammengedrückt wird, sie sich in einem
geringern Verhältnisse, als dem des Druckes, zusammendrücken lasse. Sulzer hat
hingegen in den Mem. de l'Acad. de Berlin 1753. in seinem nouvel essai sur la mesure
des hauteurs par le moyen du barometre
durch viele Versuche zu finden geglaubt, daß
die Dichtigkeit in einem größern Verhältnisse, als dem der drückenden Kraft, zunehme,
und daß dieses Uebermaß der Dichtigkeit wachse, je dichter die Luft wird. Es wäre doch
wohl der Mühe werth, noch genauer zu untersuchen, ob würklich bey einer beträchtlichen
Verschiedenheit des Druckes die absolute, Elasticitär, wie man gewöhnlich als ausge-
macht annimmt, immer ganz dieselbe bleibe oder nicht, und ob die Abweichungen von
dem Mariottischen Gesetze, welche manche Naturforscher wollen bemerkt haben, auf
Fehlern der Beobachtung, welches wohl möchte zu vermuthen seyn, oder auf der Natur
der Sache beruhen. Auch wäre es wohl gut, wenn auch die beyden Bestandtheile der
Luft, das Stickgas und Sauerstoffgas in dieser Rücksicht noch genauer untersucht würden.
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vernehmen kann, die zu gleicher Zeit angegebenen tiefern und hoͤhern Toͤne nicht nach
einerley Zeit hoͤren, wovon aber noch niemand etwas hat bemerken koͤnnen.
III) „Man habe gewoͤhnlich in der Theorie nur kleine Erſchuͤtterungen angenommen, da-
„hingegen habe ein ſo ſtarker Schall, wie meiſtens zu den Beobachtungen iſt ange-
„wendet worden, ſchneller fortgehn muͤſſen.“ Nun lehren aber Theorie und Erfah-
rung, daß die Staͤcke oder Schwaͤche eines Schalles auf die Geſchwindigkeit, mit
welcher er verbreitet wird, keinen Einfluß hat. Sollte ja ein Schall anfangs ſo uͤber-
maͤßig ſtark geweſen ſeyn, daß das Geſetz der Pendelſchwingungen etwas waͤre verletzt
worden, ſo wuͤrde er doch bey weiterer Verbreitung und bey einiger Abnahme der
Staͤrke ſich immer mehr dieſem Geſetze gemaͤß einrichten, die Abweichung der Beobach-
tungen von der Theorie wuͤrde alſo nicht ſo betraͤchtlich und ſo beſtaͤndig ſeyn koͤnnen.
IV) „Es ſey bey der theoretiſchen Beſtimmung der Geſchwindigkeit des Schalles voraus-
„geſetzt worden, daß die abſolute Elaſticitaͤt der Luft allemahl der Dichtigkeit proper-
„tional ſey, nun koͤnne man aber vielleicht annehmen, daß ſie in einem etwas andern
„Verhaͤltniſſe ſich bey verſchiedenen Graden des Druckes veraͤndere.“ Dieſe Ver-
muthung aͤußert la Grange (in ſeinen nouvelles recherches sur le son §. 55, in
dem 2ten Bande der Mêlanges de philosophie et de mathématique de la société de
Turin
) aus der Urſache, weil verſchiedene Phyſiker wollen gefunden haben, daß wenn
die Luft etlichemahl ſtaͤrker als gewoͤhnlich zuſammengedruͤckt wird, ſie ſich in einem
geringern Verhaͤltniſſe, als dem des Druckes, zuſammendruͤcken laſſe. Sulzer hat
hingegen in den Mém. de l’Acad. de Berlin 1753. in ſeinem nouvel essai sur la mesure
des hauteurs par le moyen du baromètre
durch viele Verſuche zu finden geglaubt, daß
die Dichtigkeit in einem groͤßern Verhaͤltniſſe, als dem der druͤckenden Kraft, zunehme,
und daß dieſes Uebermaß der Dichtigkeit wachſe, je dichter die Luft wird. Es waͤre doch
wohl der Muͤhe werth, noch genauer zu unterſuchen, ob wuͤrklich bey einer betraͤchtlichen
Verſchiedenheit des Druckes die abſolute, Elaſticitaͤr, wie man gewoͤhnlich als ausge-
macht annimmt, immer ganz dieſelbe bleibe oder nicht, und ob die Abweichungen von
dem Mariottiſchen Geſetze, welche manche Naturforſcher wollen bemerkt haben, auf
Fehlern der Beobachtung, welches wohl moͤchte zu vermuthen ſeyn, oder auf der Natur
der Sache beruhen. Auch waͤre es wohl gut, wenn auch die beyden Beſtandtheile der
Luft, das Stickgas und Sauerſtoffgas in dieſer Ruͤckſicht noch genauer unterſucht wuͤrden.
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[225/0259] vernehmen kann, die zu gleicher Zeit angegebenen tiefern und hoͤhern Toͤne nicht nach einerley Zeit hoͤren, wovon aber noch niemand etwas hat bemerken koͤnnen. III) „Man habe gewoͤhnlich in der Theorie nur kleine Erſchuͤtterungen angenommen, da- „hingegen habe ein ſo ſtarker Schall, wie meiſtens zu den Beobachtungen iſt ange- „wendet worden, ſchneller fortgehn muͤſſen.“ Nun lehren aber Theorie und Erfah- rung, daß die Staͤcke oder Schwaͤche eines Schalles auf die Geſchwindigkeit, mit welcher er verbreitet wird, keinen Einfluß hat. Sollte ja ein Schall anfangs ſo uͤber- maͤßig ſtark geweſen ſeyn, daß das Geſetz der Pendelſchwingungen etwas waͤre verletzt worden, ſo wuͤrde er doch bey weiterer Verbreitung und bey einiger Abnahme der Staͤrke ſich immer mehr dieſem Geſetze gemaͤß einrichten, die Abweichung der Beobach- tungen von der Theorie wuͤrde alſo nicht ſo betraͤchtlich und ſo beſtaͤndig ſeyn koͤnnen. IV) „Es ſey bey der theoretiſchen Beſtimmung der Geſchwindigkeit des Schalles voraus- „geſetzt worden, daß die abſolute Elaſticitaͤt der Luft allemahl der Dichtigkeit proper- „tional ſey, nun koͤnne man aber vielleicht annehmen, daß ſie in einem etwas andern „Verhaͤltniſſe ſich bey verſchiedenen Graden des Druckes veraͤndere.“ Dieſe Ver- muthung aͤußert la Grange (in ſeinen nouvelles recherches sur le son §. 55, in dem 2ten Bande der Mêlanges de philosophie et de mathématique de la société de Turin) aus der Urſache, weil verſchiedene Phyſiker wollen gefunden haben, daß wenn die Luft etlichemahl ſtaͤrker als gewoͤhnlich zuſammengedruͤckt wird, ſie ſich in einem geringern Verhaͤltniſſe, als dem des Druckes, zuſammendruͤcken laſſe. Sulzer hat hingegen in den Mém. de l’Acad. de Berlin 1753. in ſeinem nouvel essai sur la mesure des hauteurs par le moyen du baromètre durch viele Verſuche zu finden geglaubt, daß die Dichtigkeit in einem groͤßern Verhaͤltniſſe, als dem der druͤckenden Kraft, zunehme, und daß dieſes Uebermaß der Dichtigkeit wachſe, je dichter die Luft wird. Es waͤre doch wohl der Muͤhe werth, noch genauer zu unterſuchen, ob wuͤrklich bey einer betraͤchtlichen Verſchiedenheit des Druckes die abſolute, Elaſticitaͤr, wie man gewoͤhnlich als ausge- macht annimmt, immer ganz dieſelbe bleibe oder nicht, und ob die Abweichungen von dem Mariottiſchen Geſetze, welche manche Naturforſcher wollen bemerkt haben, auf Fehlern der Beobachtung, welches wohl moͤchte zu vermuthen ſeyn, oder auf der Natur der Sache beruhen. Auch waͤre es wohl gut, wenn auch die beyden Beſtandtheile der Luft, das Stickgas und Sauerſtoffgas in dieſer Ruͤckſicht noch genauer unterſucht wuͤrden. F f

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/259>, abgerufen am 24.11.2024.