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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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Mairan hat in den Mem. de l'A[c]ad. de Paris 1737. den Umstand, daß man in einem
Concerte und auch sonst mehrere Töne zugleich hört, auf eine sehr unnatürliche Art erklärt, in-
dem er für jeden Ton eine eigne Art von Lufttheilen, die eine diesem Tone gemäße Elasticität haben
sollen, annimmt, so daß seiner Meynung nach jeder Ton bloß gewisse Lufttheilchen in Bewegung
setzt. Es ist diese Erklärungsart unter andern von L. Euler in seiner Theoria lucis et colorum
§. 60. widerlegt worden.
199.

Die Bewegung des Schalles ist gleichförmig, so daß die Längen der durch-
laufenen geraden Luftstrecken sich wie die Zeiten verhalten. Auch wird ein stärkerer oder
schwächerer Schall, wie auch ein höherer oder tieferer Ton auf einerley Art und in einerley
Geschwindigkeit verbreitet.

200.

Die Geschwindigkeit des Schalles wird aus mechanischen Princi-
pien
gewöhnlich also bestimmt. Anstatt der Athmosphäre, wie sie würklich ist, und deren
Dichtigkeit abnimmt, je weiter man in die Höhe steigt, stellt man sich eine Athmosphäre von
gleichförmiger Dichtigkeit vor, welche der würklichen Athmosphäre das Gleichgewicht hielte;
die Höhe einer solchen Athmosphäre, die überall so dicht wäre, als die unterste Luft, ist nichts
anders, als die Subtangente der logarithmischen Linie, welche bey Höhenmessungen mit dem
Barometer gebraucht wird. Die Geschwindigkeit, welche ein schwerer Körper bey einem Falle
durch die Hälfte dieser Höhe würde erhalten haben, ist die Geschwindigkeit des Schalles.
Wenn man nähmlich diese Höhe, welche ich c nenne, als die Länge eines Pendels ansteht, so
geht (nach Newtons princ. phil. nat. I. II. prop. 49.) in eben der Zeit, in welcher ein solches
Pendel einen ganzen aus einem Hingange und Rückgange bestehenden Schwung vollenden
würde, ein der elastischen Flüssigkeit mitgetheilter wellenförmiger Schlag mit einer immer gleich-
bleibenden Geschwindigkeit durch einen Raum, welcher der Peripherie eines Zirkels gleich ist,
der mit der ganzen Höhe oder Pendellänge c ist beschrieben worden; also wenn man nach jetzt
gewöhnlicher Weise jeden einzelnen Pendelschlag eine Schwingung nennt, so geht die Welle
während eines solchen einfachen Schlages durch einen Raum, welcher sich zur Pendellänge
wie die Peripherie zum Durchmesser verhält, welches Verhältniß gemeiniglich durch p aus-
gedrückt wird. Nun verhält sich aber die Dauer eines ganzen aus zwey Schlägen bestehenden
Pendelschwunges zur Dauer eines freyen Falles durch die halbe Pendellänge, wie die Peri-
pherie eines Zirkels zum Radius, und umgekehrt verhält sich die Dauer eines solchen Falles

Mairan hat in den Mém. de l’A[c]ad. de Paris 1737. den Umſtand, daß man in einem
Concerte und auch ſonſt mehrere Toͤne zugleich hoͤrt, auf eine ſehr unnatuͤrliche Art erklaͤrt, in-
dem er fuͤr jeden Ton eine eigne Art von Lufttheilen, die eine dieſem Tone gemaͤße Elaſticitaͤt haben
ſollen, annimmt, ſo daß ſeiner Meynung nach jeder Ton bloß gewiſſe Lufttheilchen in Bewegung
ſetzt. Es iſt dieſe Erklaͤrungsart unter andern von L. Euler in ſeiner Theoria lucis et colorum
§. 60. widerlegt worden.
199.

Die Bewegung des Schalles iſt gleichfoͤrmig, ſo daß die Laͤngen der durch-
laufenen geraden Luftſtrecken ſich wie die Zeiten verhalten. Auch wird ein ſtaͤrkerer oder
ſchwaͤcherer Schall, wie auch ein hoͤherer oder tieferer Ton auf einerley Art und in einerley
Geſchwindigkeit verbreitet.

200.

Die Geſchwindigkeit des Schalles wird aus mechaniſchen Princi-
pien
gewoͤhnlich alſo beſtimmt. Anſtatt der Athmoſphaͤre, wie ſie wuͤrklich iſt, und deren
Dichtigkeit abnimmt, je weiter man in die Hoͤhe ſteigt, ſtellt man ſich eine Athmoſphaͤre von
gleichfoͤrmiger Dichtigkeit vor, welche der wuͤrklichen Athmoſphaͤre das Gleichgewicht hielte;
die Hoͤhe einer ſolchen Athmoſphaͤre, die uͤberall ſo dicht waͤre, als die unterſte Luft, iſt nichts
anders, als die Subtangente der logarithmiſchen Linie, welche bey Hoͤhenmeſſungen mit dem
Barometer gebraucht wird. Die Geſchwindigkeit, welche ein ſchwerer Koͤrper bey einem Falle
durch die Haͤlfte dieſer Hoͤhe wuͤrde erhalten haben, iſt die Geſchwindigkeit des Schalles.
Wenn man naͤhmlich dieſe Hoͤhe, welche ich c nenne, als die Laͤnge eines Pendels anſteht, ſo
geht (nach Newtons princ. phil. nat. I. II. prop. 49.) in eben der Zeit, in welcher ein ſolches
Pendel einen ganzen aus einem Hingange und Ruͤckgange beſtehenden Schwung vollenden
wuͤrde, ein der elaſtiſchen Fluͤſſigkeit mitgetheilter wellenfoͤrmiger Schlag mit einer immer gleich-
bleibenden Geſchwindigkeit durch einen Raum, welcher der Peripherie eines Zirkels gleich iſt,
der mit der ganzen Hoͤhe oder Pendellaͤnge c iſt beſchrieben worden; alſo wenn man nach jetzt
gewoͤhnlicher Weiſe jeden einzelnen Pendelſchlag eine Schwingung nennt, ſo geht die Welle
waͤhrend eines ſolchen einfachen Schlages durch einen Raum, welcher ſich zur Pendellaͤnge
wie die Peripherie zum Durchmeſſer verhaͤlt, welches Verhaͤltniß gemeiniglich durch π aus-
gedruͤckt wird. Nun verhaͤlt ſich aber die Dauer eines ganzen aus zwey Schlaͤgen beſtehenden
Pendelſchwunges zur Dauer eines freyen Falles durch die halbe Pendellaͤnge, wie die Peri-
pherie eines Zirkels zum Radius, und umgekehrt verhaͤlt ſich die Dauer eines ſolchen Falles

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[220/0254] Mairan hat in den Mém. de l’Acad. de Paris 1737. den Umſtand, daß man in einem Concerte und auch ſonſt mehrere Toͤne zugleich hoͤrt, auf eine ſehr unnatuͤrliche Art erklaͤrt, in- dem er fuͤr jeden Ton eine eigne Art von Lufttheilen, die eine dieſem Tone gemaͤße Elaſticitaͤt haben ſollen, annimmt, ſo daß ſeiner Meynung nach jeder Ton bloß gewiſſe Lufttheilchen in Bewegung ſetzt. Es iſt dieſe Erklaͤrungsart unter andern von L. Euler in ſeiner Theoria lucis et colorum §. 60. widerlegt worden. 199. Die Bewegung des Schalles iſt gleichfoͤrmig, ſo daß die Laͤngen der durch- laufenen geraden Luftſtrecken ſich wie die Zeiten verhalten. Auch wird ein ſtaͤrkerer oder ſchwaͤcherer Schall, wie auch ein hoͤherer oder tieferer Ton auf einerley Art und in einerley Geſchwindigkeit verbreitet. 200. Die Geſchwindigkeit des Schalles wird aus mechaniſchen Princi- pien gewoͤhnlich alſo beſtimmt. Anſtatt der Athmoſphaͤre, wie ſie wuͤrklich iſt, und deren Dichtigkeit abnimmt, je weiter man in die Hoͤhe ſteigt, ſtellt man ſich eine Athmoſphaͤre von gleichfoͤrmiger Dichtigkeit vor, welche der wuͤrklichen Athmoſphaͤre das Gleichgewicht hielte; die Hoͤhe einer ſolchen Athmoſphaͤre, die uͤberall ſo dicht waͤre, als die unterſte Luft, iſt nichts anders, als die Subtangente der logarithmiſchen Linie, welche bey Hoͤhenmeſſungen mit dem Barometer gebraucht wird. Die Geſchwindigkeit, welche ein ſchwerer Koͤrper bey einem Falle durch die Haͤlfte dieſer Hoͤhe wuͤrde erhalten haben, iſt die Geſchwindigkeit des Schalles. Wenn man naͤhmlich dieſe Hoͤhe, welche ich c nenne, als die Laͤnge eines Pendels anſteht, ſo geht (nach Newtons princ. phil. nat. I. II. prop. 49.) in eben der Zeit, in welcher ein ſolches Pendel einen ganzen aus einem Hingange und Ruͤckgange beſtehenden Schwung vollenden wuͤrde, ein der elaſtiſchen Fluͤſſigkeit mitgetheilter wellenfoͤrmiger Schlag mit einer immer gleich- bleibenden Geſchwindigkeit durch einen Raum, welcher der Peripherie eines Zirkels gleich iſt, der mit der ganzen Hoͤhe oder Pendellaͤnge c iſt beſchrieben worden; alſo wenn man nach jetzt gewoͤhnlicher Weiſe jeden einzelnen Pendelſchlag eine Schwingung nennt, ſo geht die Welle waͤhrend eines ſolchen einfachen Schlages durch einen Raum, welcher ſich zur Pendellaͤnge wie die Peripherie zum Durchmeſſer verhaͤlt, welches Verhaͤltniß gemeiniglich durch π aus- gedruͤckt wird. Nun verhaͤlt ſich aber die Dauer eines ganzen aus zwey Schlaͤgen beſtehenden Pendelſchwunges zur Dauer eines freyen Falles durch die halbe Pendellaͤnge, wie die Peri- pherie eines Zirkels zum Radius, und umgekehrt verhaͤlt ſich die Dauer eines ſolchen Falles

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/254>, abgerufen am 24.11.2024.