Außer der jetzt erwähnten Schwingungsart sind an Glocken oder runden Gefäßen noch mehrere möglich, in so weit nähmlich deren Größe und Dünnheit solches verstattet. Bey der zweyten Schwingungsart, wo der Ton gewöhnlich ungefähr um eine Octave und einen ganzen Ton höher ist, als bey der ersten, theilt sich die Glocke in sechs schwingende Theile, eben so wie eine runde Scheibe bey ihree zweyten Schwingungsart, Fig. 100. Zu Heroerbringung dieses Klanges streicht man die Glocke mit dem Violinbogen in der Richtung ihres Durch- messers an einer Stelle, die ungefähr 90 Grade von einer durch Haltung oder Berührung bestimmten festen Linie entfernt ist; man kann auch zwey Stellen, die etwa 60 Grade von einander entfernt sind, zugleich berühren. Die Glocke schwingt dabey abwechselnd so, wie es Fig. 256. a und b gezeigt ist. Wenn man die Glocke zum Theil mit Wasser angefüllt hat, zeigt sich die Würkung der Schwingungen auf der Oberfläche desselben, wie Fig. 257. An einer etwas großen Harmonika-Glocke läßt sich diese Schwingungsart darstellen, wenn man sie an zwey Stellen, welche 60 Grade von einander entfernt sind, zugleich mit nassen Fingern berührt. Bey der dritten Schwingungsart theilt sich die Glocke in 8 Theile ein, so wie es an einer runden Scheibe bey Fig. 101. a gezeigt ist, der Ton ist ungefähr um eine Septime höher als der zweyte; man muß, wenn er zum Vorschein kommen soll, zwey Stellen, die um den 8ten Theil der Peripherie von einander entfernt sind, zugleich berühren oder dämpfen, und an einer schicklichen Stelle streichen. So kann sich eine Glocke oder ein dergleichen Gefäß auch in 10, 12 oder in mehrere schwingende Theile eintheilen. Die Folge der möglichen Töne bey diesen Schwingungsarten verhält sich gewöhnlich, wie die Quadrate der Zahlen 2, 3, 4, 5 u. s. w. Wenn ich also das ungestrichene c als den tiefsten Ton einer Glocke ansehe, so werden die möglichen Töne gewöhnlich folgende seyn:
Zahl der Theile, in welche sich die Glocke eintheilt:
4
6
8
10
12
Töne:
c
dn
cnn
gis -
dnnn -
Zahlen, mit deren Quadraten die Töne übereinkommen:
2
3
4
5
6
u. s. w.
171.
Außer der jetzt erwaͤhnten Schwingungsart ſind an Glocken oder runden Gefaͤßen noch mehrere moͤglich, in ſo weit naͤhmlich deren Groͤße und Duͤnnheit ſolches verſtattet. Bey der zweyten Schwingungsart, wo der Ton gewoͤhnlich ungefaͤhr um eine Octave und einen ganzen Ton hoͤher iſt, als bey der erſten, theilt ſich die Glocke in ſechs ſchwingende Theile, eben ſo wie eine runde Scheibe bey ihree zweyten Schwingungsart, Fig. 100. Zu Heroerbringung dieſes Klanges ſtreicht man die Glocke mit dem Violinbogen in der Richtung ihres Durch- meſſers an einer Stelle, die ungefaͤhr 90 Grade von einer durch Haltung oder Beruͤhrung beſtimmten feſten Linie entfernt iſt; man kann auch zwey Stellen, die etwa 60 Grade von einander entfernt ſind, zugleich beruͤhren. Die Glocke ſchwingt dabey abwechſelnd ſo, wie es Fig. 256. a und b gezeigt iſt. Wenn man die Glocke zum Theil mit Waſſer angefuͤllt hat, zeigt ſich die Wuͤrkung der Schwingungen auf der Oberflaͤche deſſelben, wie Fig. 257. An einer etwas großen Harmonika-Glocke laͤßt ſich dieſe Schwingungsart darſtellen, wenn man ſie an zwey Stellen, welche 60 Grade von einander entfernt ſind, zugleich mit naſſen Fingern beruͤhrt. Bey der dritten Schwingungsart theilt ſich die Glocke in 8 Theile ein, ſo wie es an einer runden Scheibe bey Fig. 101. a gezeigt iſt, der Ton iſt ungefaͤhr um eine Septime hoͤher als der zweyte; man muß, wenn er zum Vorſchein kommen ſoll, zwey Stellen, die um den 8ten Theil der Peripherie von einander entfernt ſind, zugleich beruͤhren oder daͤmpfen, und an einer ſchicklichen Stelle ſtreichen. So kann ſich eine Glocke oder ein dergleichen Gefaͤß auch in 10, 12 oder in mehrere ſchwingende Theile eintheilen. Die Folge der moͤglichen Toͤne bey dieſen Schwingungsarten verhaͤlt ſich gewoͤhnlich, wie die Quadrate der Zahlen 2, 3, 4, 5 u. ſ. w. Wenn ich alſo das ungeſtrichene c als den tiefſten Ton einer Glocke anſehe, ſo werden die moͤglichen Toͤne gewoͤhnlich folgende ſeyn:
Zahl der Theile, in welche ſich die Glocke eintheilt:
4
6
8
10
12
Toͤne:
c
d̄
c̄̄
gis̅̅ –
d̄̄̄ –
Zahlen, mit deren Quadraten die Toͤne uͤbereinkommen:
2
3
4
5
6
u. ſ. w.
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171.
Außer der jetzt erwaͤhnten Schwingungsart ſind an Glocken oder runden Gefaͤßen noch
mehrere moͤglich, in ſo weit naͤhmlich deren Groͤße und Duͤnnheit ſolches verſtattet. Bey der
zweyten Schwingungsart, wo der Ton gewoͤhnlich ungefaͤhr um eine Octave und einen ganzen
Ton hoͤher iſt, als bey der erſten, theilt ſich die Glocke in ſechs ſchwingende Theile, eben ſo
wie eine runde Scheibe bey ihree zweyten Schwingungsart, Fig. 100. Zu Heroerbringung
dieſes Klanges ſtreicht man die Glocke mit dem Violinbogen in der Richtung ihres Durch-
meſſers an einer Stelle, die ungefaͤhr 90 Grade von einer durch Haltung oder Beruͤhrung
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entfernt ſind, zugleich beruͤhren. Die Glocke ſchwingt dabey abwechſelnd ſo, wie es Fig. 256.
a und b gezeigt iſt. Wenn man die Glocke zum Theil mit Waſſer angefuͤllt hat, zeigt ſich
die Wuͤrkung der Schwingungen auf der Oberflaͤche deſſelben, wie Fig. 257. An einer etwas
großen Harmonika-Glocke laͤßt ſich dieſe Schwingungsart darſtellen, wenn man ſie an zwey
Stellen, welche 60 Grade von einander entfernt ſind, zugleich mit naſſen Fingern beruͤhrt.
Bey der dritten Schwingungsart theilt ſich die Glocke in 8 Theile ein, ſo wie es an einer
runden Scheibe bey Fig. 101. a gezeigt iſt, der Ton iſt ungefaͤhr um eine Septime hoͤher als
der zweyte; man muß, wenn er zum Vorſchein kommen ſoll, zwey Stellen, die um den
8ten Theil der Peripherie von einander entfernt ſind, zugleich beruͤhren oder daͤmpfen, und an
einer ſchicklichen Stelle ſtreichen. So kann ſich eine Glocke oder ein dergleichen Gefaͤß auch in
10, 12 oder in mehrere ſchwingende Theile eintheilen. Die Folge der moͤglichen Toͤne bey
dieſen Schwingungsarten verhaͤlt ſich gewoͤhnlich, wie die Quadrate der Zahlen 2, 3, 4, 5
u. ſ. w. Wenn ich alſo das ungeſtrichene c als den tiefſten Ton einer Glocke anſehe, ſo werden
die moͤglichen Toͤne gewoͤhnlich folgende ſeyn:
Zahl der Theile, in welche ſich die
Glocke eintheilt: 4 6 8 10 12
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u. ſ. w.
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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/230>, abgerufen am 16.07.2024.
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