Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.167. Bey dem Anschlagen einer Glocke hört man vorzüglich den tiefsten Ton, dessen sie fähig 168. Die einfachste Schwingungsart, welche den tiefsten Ton giebt, läßt sich am besten B b
167. Bey dem Anſchlagen einer Glocke hoͤrt man vorzuͤglich den tiefſten Ton, deſſen ſie faͤhig 168. Die einfachſte Schwingungsart, welche den tiefſten Ton giebt, laͤßt ſich am beſten B b
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0227" n="193"/> <div n="3"> <head>167.</head><lb/> <p>Bey dem Anſchlagen einer Glocke hoͤrt man vorzuͤglich den tiefſten Ton, deſſen ſie faͤhig<lb/> iſt, aber außerdem auch bey gehoͤriger Aufmerkſamkeit gewoͤhnlich noch ein Gemiſch von<lb/> hoͤhern, meiſtens ſehr unharmoniſchen Toͤnen; man kann aber jeden Ton, der an einer Glocke<lb/> Statt findet, einzeln hervorbringen, wenn man eine oder mehrere Stellen, auf welche bey<lb/> der verlangten Bewegungsart eine Knotenlinie fallen muß, mit den Fingern oder auf eine<lb/> andere Art haͤlt oder daͤmpft, und in der Mitte eines ſchwingenden Theils mit dem Violin-<lb/> bogen in der Richtung des Durchmeſſers ſtreicht. Um die Beſchaffenheit der Schwingungs-<lb/> art ſichtbar zu machen, iſt das vorher erwaͤhnte Aufſtreuen des Sandes nicht recht brauchbar,<lb/> weil die Flaͤche nicht gerade, ſondern gekruͤmmt iſt, es wird alſo zu dieſer Abſicht beſſer ſeyn,<lb/> wenn man die Glocke oder das Gefaͤß mit Waſſer zum Theil anfuͤllt, welches, nachdem man<lb/> die erſte oder die zweyte, oder irgend eine andere Schwingungsart hervorbringt, von vier,<lb/> von ſechs, oder mehreren ſchwingenden Theilen nach innen geſtoßen wird. Es zeigt ſich dieſe<lb/> Erſchuͤtterung der Oberflaͤche des Waſſers auch nach außen, wenn die Glocke in einem geraͤu-<lb/> migern Gefaͤße unterwaͤrts in Waſſer eingetaucht iſt. Wenn man auf die Oberflaͤche des<lb/> Waſſers etwas Hexenmehl <hi rendition="#aq">(pulvis lycopodii)</hi> ſtreuet, ſo laͤßt ſich dadurch die Wuͤrkung der<lb/> Schwingungen auf eine bleibendere Art ſichtbar machen, und es entſteht eine Figur, welche<lb/> auf die Zahl der Theile, in welche ſich die Glocke eintheilt, Beziehung hat.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>168.</head><lb/> <p>Die einfachſte Schwingungsart, welche den tiefſten Ton giebt, laͤßt ſich am beſten<lb/> ohne Beymiſchung anderer hervorbringen, wenn man die Glocke oder das Gefaͤß an zwey<lb/> gegen einander uͤber befindlichen Stellen mit den Spitzen der Finger haͤlt, und an einer Stelle,<lb/> die von den gehaltenen Stellen um 45 oder 135 Grade entfernt iſt, in der Richtung des Durch-<lb/> meſſers mit dem Violinbogen ſtreicht. Z. B. wenn die Glocke <hi rendition="#aq">Fig.</hi> 250. bey <hi rendition="#aq">m</hi> und <hi rendition="#aq">n</hi> gehal-<lb/> ten, oder auch zugleich an einer Stelle auf der Linie <hi rendition="#aq">p q</hi> beruͤhrt wird, ſo muß nach der<lb/> Richtung <hi rendition="#aq">c f</hi> oder <hi rendition="#aq">g h</hi> geſtrichen werden. Die 4 Quadranten <hi rendition="#aq">q f n, n g p, p c m, m h q</hi><lb/> ſchwingen, wie ich es ſchon an einer Scheibe gezeigt habe, ſo, daß zugleich zwey gegen einander<lb/> uͤber befindliche ſich nach innen, die beyden andern aber nach außen bewegen, und ſo umge-<lb/> kehrt, wobey alſo die Linien <hi rendition="#aq">m n</hi> und <hi rendition="#aq">p q</hi> ruhig bleiben, und die Rundung der Glocke ſich<lb/> abwechſelnd wie <hi rendition="#aq">Fig. 251. a</hi> und <hi rendition="#aq">b</hi> veraͤndert. Wenn eine Glocke oder ein Gefaͤß zum Theil<lb/> <fw place="bottom" type="sig">B b</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [193/0227]
167.
Bey dem Anſchlagen einer Glocke hoͤrt man vorzuͤglich den tiefſten Ton, deſſen ſie faͤhig
iſt, aber außerdem auch bey gehoͤriger Aufmerkſamkeit gewoͤhnlich noch ein Gemiſch von
hoͤhern, meiſtens ſehr unharmoniſchen Toͤnen; man kann aber jeden Ton, der an einer Glocke
Statt findet, einzeln hervorbringen, wenn man eine oder mehrere Stellen, auf welche bey
der verlangten Bewegungsart eine Knotenlinie fallen muß, mit den Fingern oder auf eine
andere Art haͤlt oder daͤmpft, und in der Mitte eines ſchwingenden Theils mit dem Violin-
bogen in der Richtung des Durchmeſſers ſtreicht. Um die Beſchaffenheit der Schwingungs-
art ſichtbar zu machen, iſt das vorher erwaͤhnte Aufſtreuen des Sandes nicht recht brauchbar,
weil die Flaͤche nicht gerade, ſondern gekruͤmmt iſt, es wird alſo zu dieſer Abſicht beſſer ſeyn,
wenn man die Glocke oder das Gefaͤß mit Waſſer zum Theil anfuͤllt, welches, nachdem man
die erſte oder die zweyte, oder irgend eine andere Schwingungsart hervorbringt, von vier,
von ſechs, oder mehreren ſchwingenden Theilen nach innen geſtoßen wird. Es zeigt ſich dieſe
Erſchuͤtterung der Oberflaͤche des Waſſers auch nach außen, wenn die Glocke in einem geraͤu-
migern Gefaͤße unterwaͤrts in Waſſer eingetaucht iſt. Wenn man auf die Oberflaͤche des
Waſſers etwas Hexenmehl (pulvis lycopodii) ſtreuet, ſo laͤßt ſich dadurch die Wuͤrkung der
Schwingungen auf eine bleibendere Art ſichtbar machen, und es entſteht eine Figur, welche
auf die Zahl der Theile, in welche ſich die Glocke eintheilt, Beziehung hat.
168.
Die einfachſte Schwingungsart, welche den tiefſten Ton giebt, laͤßt ſich am beſten
ohne Beymiſchung anderer hervorbringen, wenn man die Glocke oder das Gefaͤß an zwey
gegen einander uͤber befindlichen Stellen mit den Spitzen der Finger haͤlt, und an einer Stelle,
die von den gehaltenen Stellen um 45 oder 135 Grade entfernt iſt, in der Richtung des Durch-
meſſers mit dem Violinbogen ſtreicht. Z. B. wenn die Glocke Fig. 250. bey m und n gehal-
ten, oder auch zugleich an einer Stelle auf der Linie p q beruͤhrt wird, ſo muß nach der
Richtung c f oder g h geſtrichen werden. Die 4 Quadranten q f n, n g p, p c m, m h q
ſchwingen, wie ich es ſchon an einer Scheibe gezeigt habe, ſo, daß zugleich zwey gegen einander
uͤber befindliche ſich nach innen, die beyden andern aber nach außen bewegen, und ſo umge-
kehrt, wobey alſo die Linien m n und p q ruhig bleiben, und die Rundung der Glocke ſich
abwechſelnd wie Fig. 251. a und b veraͤndert. Wenn eine Glocke oder ein Gefaͤß zum Theil
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