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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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mich desto mehr durch eigne Kraft mir eine bessere Existenz zu verschaffen. Jch hatte dabey
den Gedanken, daß ein Künstler, der einige Aufmerksamkeit zu erregen weiß, weniger an
einen bestimmten Ort gebunden ist und mehrere Gelegenheit hat, fast überall Vortheil und eine
gute Aufnahme zu finden, als ein Gelehrter, der sich dem academischen Leben widmet, und
hoffte es auch dahin bringen zu können, zwar nicht durch Virtuosentalent, weil ich so spät
angefangen hatte Musik zu erlernen, aber doch durch Erfindung eines neuen Jnstrumentes,
welches ich eher, als ein Anderer, ausführen zu können-glaubte, weil ich die Natur so man-
cher klingenden Körper zuerst untersucht hatte. Es ward also der unabänderliche Entschluß
gefaßt: es muß ein neues Jnstrument erfunden werden. Eine Menge mecha-
nischer Jdeen durchkreuzten sich, die aber, so richtig sie anfangs schienen, doch wieder ver-
worfen wurden, weil sie entweder nicht recht ausführbar waren, oder doch nicht das verlangte
würden geleistet haben. Unter andern wollte ich an die Harmonika eine Tastatur bauen, ließ
deswegen eine Harmonika aus Böhmen kommen, und stellte Versuche an, die ziemlich zu
gelingen schienen; ließ es aber nachher wieder liegen, und verkaufte die Harmonika, weil
Röllig, Nicolai und Andere mir zuvorgekommen waren, und ich lieber etwas originelles
liefern wollte, als etwas, das schon Andere geliefert hatten, und über dessen Werth die
Stimmen des Publikums einigermaßen getheilt waren. Nachher kam ich auf den Gedanken,
ob es nicht sollte möglich seyn, durch Streichen gläserner Stäbe in gerader Richtung mit
nassen Fingern ebensowohl einen Klang hervorzubringen, als es bey der Harmonika durch
Streichen in die Runde geschieht. Daß gläserne Stäbe, wie sie bey meinem Euphon sind,
für sich durch ein solches Streichen keine Töne geben, wußte ich aus Theorie und Erfahrung,
es kam also darauf an, ausfindig zu machen, wie der Bau eines Jnstrumentes müsse einge-
richtet werden, daß diese Wirkung gehörig erfolge. Anderthalb Jahre hindurch hatte ich
darüber nachgedacht, und Versuche angestellt, ehe ich wußte, ob eine ganz zu meiner Absicht
brauchbare Ausführung möglich sey, oder nicht. Unterdessen hatte sich die Jdee in meiner
Einbildungskraft so festgesetzt, daß ich bisweilen sogar im Traume auf diese Art spielen sah,
und den Klang ungefähr so zu hören glaubte, wie er bey meinem Euphon wirklich ist, nähm-
lich der Harmonika ähnlich, aber mit weniger Nachklang und mehrerer Bestimmtheit. Endlich
erhielt ich die gesuchte Auflösung dieser Aufgabe am 2ten Junius 1789, trieb hierauf die wei-
tern Untersuchungen und den Bau eines solchen Jnstrumentes ganz insgeheim, ohne Andern
etwas davon zu sagen, weil, wenn es gelang, immer nachher noch Zeit dazu war, im ent-
gegengesetzten Falle ich aber wenigstens dieses ersparte, daß man nicht glaubte, ich fienge

mich deſto mehr durch eigne Kraft mir eine beſſere Exiſtenz zu verſchaffen. Jch hatte dabey
den Gedanken, daß ein Kuͤnſtler, der einige Aufmerkſamkeit zu erregen weiß, weniger an
einen beſtimmten Ort gebunden iſt und mehrere Gelegenheit hat, faſt uͤberall Vortheil und eine
gute Aufnahme zu finden, als ein Gelehrter, der ſich dem academiſchen Leben widmet, und
hoffte es auch dahin bringen zu koͤnnen, zwar nicht durch Virtuoſentalent, weil ich ſo ſpaͤt
angefangen hatte Muſik zu erlernen, aber doch durch Erfindung eines neuen Jnſtrumentes,
welches ich eher, als ein Anderer, ausfuͤhren zu koͤnnen-glaubte, weil ich die Natur ſo man-
cher klingenden Koͤrper zuerſt unterſucht hatte. Es ward alſo der unabaͤnderliche Entſchluß
gefaßt: es muß ein neues Jnſtrument erfunden werden. Eine Menge mecha-
niſcher Jdeen durchkreuzten ſich, die aber, ſo richtig ſie anfangs ſchienen, doch wieder ver-
worfen wurden, weil ſie entweder nicht recht ausfuͤhrbar waren, oder doch nicht das verlangte
wuͤrden geleiſtet haben. Unter andern wollte ich an die Harmonika eine Taſtatur bauen, ließ
deswegen eine Harmonika aus Boͤhmen kommen, und ſtellte Verſuche an, die ziemlich zu
gelingen ſchienen; ließ es aber nachher wieder liegen, und verkaufte die Harmonika, weil
Roͤllig, Nicolai und Andere mir zuvorgekommen waren, und ich lieber etwas originelles
liefern wollte, als etwas, das ſchon Andere geliefert hatten, und uͤber deſſen Werth die
Stimmen des Publikums einigermaßen getheilt waren. Nachher kam ich auf den Gedanken,
ob es nicht ſollte moͤglich ſeyn, durch Streichen glaͤſerner Staͤbe in gerader Richtung mit
naſſen Fingern ebenſowohl einen Klang hervorzubringen, als es bey der Harmonika durch
Streichen in die Runde geſchieht. Daß glaͤſerne Staͤbe, wie ſie bey meinem Euphon ſind,
fuͤr ſich durch ein ſolches Streichen keine Toͤne geben, wußte ich aus Theorie und Erfahrung,
es kam alſo darauf an, ausfindig zu machen, wie der Bau eines Jnſtrumentes muͤſſe einge-
richtet werden, daß dieſe Wirkung gehoͤrig erfolge. Anderthalb Jahre hindurch hatte ich
daruͤber nachgedacht, und Verſuche angeſtellt, ehe ich wußte, ob eine ganz zu meiner Abſicht
brauchbare Ausfuͤhrung moͤglich ſey, oder nicht. Unterdeſſen hatte ſich die Jdee in meiner
Einbildungskraft ſo feſtgeſetzt, daß ich bisweilen ſogar im Traume auf dieſe Art ſpielen ſah,
und den Klang ungefaͤhr ſo zu hoͤren glaubte, wie er bey meinem Euphon wirklich iſt, naͤhm-
lich der Harmonika aͤhnlich, aber mit weniger Nachklang und mehrerer Beſtimmtheit. Endlich
erhielt ich die geſuchte Aufloͤſung dieſer Aufgabe am 2ten Junius 1789, trieb hierauf die wei-
tern Unterſuchungen und den Bau eines ſolchen Jnſtrumentes ganz insgeheim, ohne Andern
etwas davon zu ſagen, weil, wenn es gelang, immer nachher noch Zeit dazu war, im ent-
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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. XVIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/20>, abgerufen am 24.11.2024.