Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.aufbewahrten Gelde in die weite Welt (etwa über Holland nach Ostindien oder Surinam) zu Jn meinem vierzehnten Jahre ward ich auf die Landschule nach Grimma geschickt, Als ich auf die Universität nach Wittenberg kam, hätte ich gern Medicin studirt, Bald nach meines Vaters Tode verließ ich die juristische Laufbahn, weil ich sie mei- aufbewahrten Gelde in die weite Welt (etwa uͤber Holland nach Oſtindien oder Surinam) zu Jn meinem vierzehnten Jahre ward ich auf die Landſchule nach Grimma geſchickt, Als ich auf die Univerſitaͤt nach Wittenberg kam, haͤtte ich gern Medicin ſtudirt, Bald nach meines Vaters Tode verließ ich die juriſtiſche Laufbahn, weil ich ſie mei- <TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0017" n="XV"/> aufbewahrten Gelde in die weite Welt (etwa uͤber Holland nach Oſtindien oder Surinam) zu<lb/> gehen, um von unten auf durch eigene Anſtrengung weiter vorwaͤrts zu kommen, in welcher<lb/> Abſicht ich ſchon angefangen hatte, Kramers hollaͤndiſche Grammatik, welche ich unter den<lb/> Buͤchern meines Vaters fand, insgeheim zu ſtudiren.</p><lb/> <p>Jn meinem vierzehnten Jahre ward ich auf die Landſchule nach Grimma geſchickt,<lb/> und der beſondern Aufſicht des damaligen Conrectors und nachherigen Rectors Muͤcke uͤber-<lb/> geben, der zwar ein ſehr rechtſchaffener Mann war, und in aͤltern Sprachen und deren Lite-<lb/> ratur viele Kenntniſſe hatte, aber durch Hypochondrie und durch aͤngſtliche Gewiſſenhaftigkeit<lb/> in allem, was er fuͤr Pflicht hielt, verleitet ward, mich, ſo wie ſeine uͤbrigen Pflegbefohlnen,<lb/> in der moͤglichſten Einſchraͤnkung zu halten, und jedes noch ſo kleine Verſehen allzuſtreng zu<lb/> ahnden. Wenn die Meiſten ihre Jugendjahre unter die gluͤcklichſten ihres Lebens rechnen,<lb/> und ſich in der Folge mit Vergnuͤgen daran erinnern koͤnnen, ſo kann ich es nicht, habe aber<lb/> doch keine Urſache, jemanden deshalb einen Vorwurf zu machen, weil alles wenigſtens aus<lb/> den beſten Abſichten geſchah.</p><lb/> <p>Als ich auf die Univerſitaͤt nach Wittenberg kam, haͤtte ich gern Medicin ſtudirt,<lb/> ließ mich aber doch durch das Zureden meines Vaters bewegen, die Rechtswiſſenſchaft zu<lb/> ſtudiren. Waͤhrend meiner dortigen Studien war ich auch weit eingeſchraͤnkter, als andere<lb/> meinesgleichen, welches mich veranlaßte, es durch mancherley Vorſtellungen endlich dahin zu<lb/> bringen, daß mir die Erlaubniß ertheilt ward, nachher noch in Leipzig zu ſtudiren. Dort<lb/> war ich ganz mir ſelbſt uͤberlaſſen, habe aber, wie jeder, der ſich meiner erinnert, wird be-<lb/> zeugen koͤnnen, meine Freyheit auf keine Weiſe gemißbraucht. Als ich nach den gewoͤhnlichen<lb/> Pruͤfungen die vorzuͤglichſte Cenſur erhalten, und zwey ſelbſtgeſchriebene Diſſertationen ver-<lb/> theidigt hatte, ward ich Doctor der Rechte. Hierauf gieng ich wieder nach Wittenberg, wo<lb/> meine Beſtimmung zu ſeyn ſchien, juriſtiſche Geſchaͤfte zu treiben, und etwa in der Folge<lb/> eine juriſtiſche Profeſſur oder ein anderes Amt zu erhalten. Waͤre ich dieſer Beſtimmung<lb/> treu geblieben, ſo wuͤrde ich wahrſcheinlich jetzt ordentlicher Profeſſor der Rechte und Beyſitzer<lb/> der Juriſtenfacultaͤt mit guten Einkuͤnften ſeyn koͤnnen.</p><lb/> <p>Bald nach meines Vaters Tode verließ ich die juriſtiſche Laufbahn, weil ich ſie mei-<lb/> ner Neigung zu wenig angemeſſen fand, und widmete mich ganz der Naturkunde, mit der ich<lb/> mich ſchon vorher zu meinem Vergnuͤgen beſchaͤftigt hatte. Jch hielt verſchiedene Vorleſungen,<lb/> z. B. uͤber phyſiſche und mathematiſche Geographie, uͤber Geometrie, hielt mit einigen Zu-<lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [XV/0017]
aufbewahrten Gelde in die weite Welt (etwa uͤber Holland nach Oſtindien oder Surinam) zu
gehen, um von unten auf durch eigene Anſtrengung weiter vorwaͤrts zu kommen, in welcher
Abſicht ich ſchon angefangen hatte, Kramers hollaͤndiſche Grammatik, welche ich unter den
Buͤchern meines Vaters fand, insgeheim zu ſtudiren.
Jn meinem vierzehnten Jahre ward ich auf die Landſchule nach Grimma geſchickt,
und der beſondern Aufſicht des damaligen Conrectors und nachherigen Rectors Muͤcke uͤber-
geben, der zwar ein ſehr rechtſchaffener Mann war, und in aͤltern Sprachen und deren Lite-
ratur viele Kenntniſſe hatte, aber durch Hypochondrie und durch aͤngſtliche Gewiſſenhaftigkeit
in allem, was er fuͤr Pflicht hielt, verleitet ward, mich, ſo wie ſeine uͤbrigen Pflegbefohlnen,
in der moͤglichſten Einſchraͤnkung zu halten, und jedes noch ſo kleine Verſehen allzuſtreng zu
ahnden. Wenn die Meiſten ihre Jugendjahre unter die gluͤcklichſten ihres Lebens rechnen,
und ſich in der Folge mit Vergnuͤgen daran erinnern koͤnnen, ſo kann ich es nicht, habe aber
doch keine Urſache, jemanden deshalb einen Vorwurf zu machen, weil alles wenigſtens aus
den beſten Abſichten geſchah.
Als ich auf die Univerſitaͤt nach Wittenberg kam, haͤtte ich gern Medicin ſtudirt,
ließ mich aber doch durch das Zureden meines Vaters bewegen, die Rechtswiſſenſchaft zu
ſtudiren. Waͤhrend meiner dortigen Studien war ich auch weit eingeſchraͤnkter, als andere
meinesgleichen, welches mich veranlaßte, es durch mancherley Vorſtellungen endlich dahin zu
bringen, daß mir die Erlaubniß ertheilt ward, nachher noch in Leipzig zu ſtudiren. Dort
war ich ganz mir ſelbſt uͤberlaſſen, habe aber, wie jeder, der ſich meiner erinnert, wird be-
zeugen koͤnnen, meine Freyheit auf keine Weiſe gemißbraucht. Als ich nach den gewoͤhnlichen
Pruͤfungen die vorzuͤglichſte Cenſur erhalten, und zwey ſelbſtgeſchriebene Diſſertationen ver-
theidigt hatte, ward ich Doctor der Rechte. Hierauf gieng ich wieder nach Wittenberg, wo
meine Beſtimmung zu ſeyn ſchien, juriſtiſche Geſchaͤfte zu treiben, und etwa in der Folge
eine juriſtiſche Profeſſur oder ein anderes Amt zu erhalten. Waͤre ich dieſer Beſtimmung
treu geblieben, ſo wuͤrde ich wahrſcheinlich jetzt ordentlicher Profeſſor der Rechte und Beyſitzer
der Juriſtenfacultaͤt mit guten Einkuͤnften ſeyn koͤnnen.
Bald nach meines Vaters Tode verließ ich die juriſtiſche Laufbahn, weil ich ſie mei-
ner Neigung zu wenig angemeſſen fand, und widmete mich ganz der Naturkunde, mit der ich
mich ſchon vorher zu meinem Vergnuͤgen beſchaͤftigt hatte. Jch hielt verſchiedene Vorleſungen,
z. B. uͤber phyſiſche und mathematiſche Geographie, uͤber Geometrie, hielt mit einigen Zu-
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