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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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und manche neue analytische Kunstgriffe ausfindig machen müssen, um die Schwingungen einer
Saite zu bestimmen, und doch ist hierin noch manches streitig; zu genauer Bestimmung der Schwin-
gungen eines geraden Stabes waren mehrere gemeinschaftliche Bemühungen eines L. Euler und
Daniel Bernoulli nöthig; die Untersuchung der Schwingungen eines Ringes ist L. Eulern bey zwey
verschiedenen Bemühungen, sie theoretisch zu bestimmen, nicht gelungen; es ist also leicht zu
erachten, daß die Untersuchung solcher Schwingungen, wo es nicht, wie bey den vorigen, auf
krumme Linien, sondern auf solche krumme Flächen ankommt, die sich schlechterdings nicht auf ein-
fache krumme Linien reduciren lassen, noch ungleich schwieriger seyn müsse. L. Euier druckt
sich hierüber in dem 15ten Bande der Nov Comment. Acad. Petrop. S. 581. also aus: Qnae
adhuc de figura corporum flexibilium et elasticorum in medium sunt allata, non latius,
quam ad fila simplicia sunt extendenda. -- Quae enim passim de carvatura lintei et veli
tradita reperiuntur, eatenus tantum admitti possunt, quatenus has figuras ad curvaturam
fili simplicis referre licet. Quin etiam omnia. quae in hoc genere sunt explorata, ad
curvas tantum in eodem plano formatas sunt restringenda: quare longissime adhuc sumus
remoti a theoria completa, cujus ope non solum superficierum, sed etiam corporum flexi-
bilium figura definiri queat; atque haer theoria etiam nunc tantopere abscondita videtur,
ut ne prima quidem ejus principia adhuc sint evoluta.
Wenn vielleicht die Analyse in Zukunft
noch soweit sollte vervollkommt werden, als zu dergleichen Untersuchungen erforderlich ist, so
werden nun die vorhergegangenen empirischen Bestimmungen dazu dienen können, um die Resultate
der Theorie durch die Erfahrung zu prüfen, und gleich zu sehen, ob man auf rechten Wege sey,
oder nicht.
103.

Zu deutlicher Darstellung einer jeden Schwingungsart, deren eine Scheibe fähig ist,
wird erfordert, daß man eine oder mehrere Stellen, die in Ruhe bleiben, mit den Fingern
oder auf andere Art halte, den Rand der Scheibe an einer Stelle, wo ungefähr die Mitte
eines schwingenden Theiles ist, mit dem Violinbogen rechtwinklich streiche, und wenn man
verlangt, daß die Knotenlinien sichtbar werden sollen, auf die horizontalgehaltene Oberfläche
der Scheibe etwas Sand streue, welcher von den schwingenden Theilen weggeworfen wird,
auf den festen Linien aber ruhig bleibt, und sich anhänst.

Da Manche bey Nachmachung meiner Versuche über die Schwingungen einer Scheibe
Schwierigkeiten gefunden haben, wo ich es nicht etwartete, so halte ich für nöthig, hier noch
einige Erläuterungen beyzufügen. Man kann sich glöserner oder metallener Scheiben bedienen;
allenfalls lassen sich sogar die Schwingungen einer holzernen Scheibe sichtbar machen. Glä-
serne Scheiben ziehe ich deswegen ver, weil man sie leichter von gleichförmiger Dicke haben
kann, als Sch[ei]ben von Mess[in]g oder einem andern Metalle, weil man auch wegen ihrer
Durchsichtigkeit [besser bestimmen kann, wo man etwa] noch unterwärts irgend eine Stelle mit dem

und manche neue analytiſche Kunſtgriffe ausfindig machen muͤſſen, um die Schwingungen einer
Saite zu beſtimmen, und doch iſt hierin noch manches ſtreitig; zu genauer Beſtimmung der Schwin-
gungen eines geraden Stabes waren mehrere gemeinſchaftliche Bemuͤhungen eines L. Euler und
Daniel Bernoulli noͤthig; die Unterſuchung der Schwingungen eines Ringes iſt L. Eulern bey zwey
verſchiedenen Bemuͤhungen, ſie theoretiſch zu beſtimmen, nicht gelungen; es iſt alſo leicht zu
erachten, daß die Unterſuchung ſolcher Schwingungen, wo es nicht, wie bey den vorigen, auf
krumme Linien, ſondern auf ſolche krumme Flaͤchen ankommt, die ſich ſchlechterdings nicht auf ein-
fache krumme Linien reduciren laſſen, noch ungleich ſchwieriger ſeyn muͤſſe. L. Euier druckt
ſich hieruͤber in dem 15ten Bande der Nov Comment. Acad. Petrop. S. 581. alſo aus: Qnae
adhuc de figura corporum flexibilium et elasticorum in medium sunt allata, non latius,
quam ad fila simplicia sunt extendenda. — Quae enim passim de carvatura lintei et veli
tradita reperiuntur, eatenus tantum admitti possunt, quatenus has figuras ad curvaturam
fili simplicis referre licet. Quin etiam omnia. quae in hoc genere sunt explorata, ad
curvas tantum in eodem plano formatas sunt restringenda: quare longissime adhuc sumus
remoti a theoria completa, cujus ope non solum superficierum, sed etiam corporum flexi-
bilium figura definiri queat; atque haer theoria etiam nunc tantopere abscondita videtur,
ut ne prima quidem ejus principia adhuc sint evoluta.
Wenn vielleicht die Analyſe in Zukunft
noch ſoweit ſollte vervollkommt werden, als zu dergleichen Unterſuchungen erforderlich iſt, ſo
werden nun die vorhergegangenen empiriſchen Beſtimmungen dazu dienen koͤnnen, um die Reſultate
der Theorie durch die Erfahrung zu pruͤfen, und gleich zu ſehen, ob man auf rechten Wege ſey,
oder nicht.
103.

Zu deutlicher Darſtellung einer jeden Schwingungsart, deren eine Scheibe faͤhig iſt,
wird erfordert, daß man eine oder mehrere Stellen, die in Ruhe bleiben, mit den Fingern
oder auf andere Art halte, den Rand der Scheibe an einer Stelle, wo ungefaͤhr die Mitte
eines ſchwingenden Theiles iſt, mit dem Violinbogen rechtwinklich ſtreiche, und wenn man
verlangt, daß die Knotenlinien ſichtbar werden ſollen, auf die horizontalgehaltene Oberflaͤche
der Scheibe etwas Sand ſtreue, welcher von den ſchwingenden Theilen weggeworfen wird,
auf den feſten Linien aber ruhig bleibt, und ſich anhaͤnſt.

Da Manche bey Nachmachung meiner Verſuche uͤber die Schwingungen einer Scheibe
Schwierigkeiten gefunden haben, wo ich es nicht etwartete, ſo halte ich fuͤr noͤthig, hier noch
einige Erlaͤuterungen beyzufuͤgen. Man kann ſich gloͤſerner oder metallener Scheiben bedienen;
allenfalls laſſen ſich ſogar die Schwingungen einer holzernen Scheibe ſichtbar machen. Glaͤ-
ſerne Scheiben ziehe ich deswegen ver, weil man ſie leichter von gleichfoͤrmiger Dicke haben
kann, als Sch[ei]ben von Meſſ[in]g oder einem andern Metalle, weil man auch wegen ihrer
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[118/0152] und manche neue analytiſche Kunſtgriffe ausfindig machen muͤſſen, um die Schwingungen einer Saite zu beſtimmen, und doch iſt hierin noch manches ſtreitig; zu genauer Beſtimmung der Schwin- gungen eines geraden Stabes waren mehrere gemeinſchaftliche Bemuͤhungen eines L. Euler und Daniel Bernoulli noͤthig; die Unterſuchung der Schwingungen eines Ringes iſt L. Eulern bey zwey verſchiedenen Bemuͤhungen, ſie theoretiſch zu beſtimmen, nicht gelungen; es iſt alſo leicht zu erachten, daß die Unterſuchung ſolcher Schwingungen, wo es nicht, wie bey den vorigen, auf krumme Linien, ſondern auf ſolche krumme Flaͤchen ankommt, die ſich ſchlechterdings nicht auf ein- fache krumme Linien reduciren laſſen, noch ungleich ſchwieriger ſeyn muͤſſe. L. Euier druckt ſich hieruͤber in dem 15ten Bande der Nov Comment. Acad. Petrop. S. 581. alſo aus: Qnae adhuc de figura corporum flexibilium et elasticorum in medium sunt allata, non latius, quam ad fila simplicia sunt extendenda. — Quae enim passim de carvatura lintei et veli tradita reperiuntur, eatenus tantum admitti possunt, quatenus has figuras ad curvaturam fili simplicis referre licet. Quin etiam omnia. quae in hoc genere sunt explorata, ad curvas tantum in eodem plano formatas sunt restringenda: quare longissime adhuc sumus remoti a theoria completa, cujus ope non solum superficierum, sed etiam corporum flexi- bilium figura definiri queat; atque haer theoria etiam nunc tantopere abscondita videtur, ut ne prima quidem ejus principia adhuc sint evoluta. Wenn vielleicht die Analyſe in Zukunft noch ſoweit ſollte vervollkommt werden, als zu dergleichen Unterſuchungen erforderlich iſt, ſo werden nun die vorhergegangenen empiriſchen Beſtimmungen dazu dienen koͤnnen, um die Reſultate der Theorie durch die Erfahrung zu pruͤfen, und gleich zu ſehen, ob man auf rechten Wege ſey, oder nicht. 103. Zu deutlicher Darſtellung einer jeden Schwingungsart, deren eine Scheibe faͤhig iſt, wird erfordert, daß man eine oder mehrere Stellen, die in Ruhe bleiben, mit den Fingern oder auf andere Art halte, den Rand der Scheibe an einer Stelle, wo ungefaͤhr die Mitte eines ſchwingenden Theiles iſt, mit dem Violinbogen rechtwinklich ſtreiche, und wenn man verlangt, daß die Knotenlinien ſichtbar werden ſollen, auf die horizontalgehaltene Oberflaͤche der Scheibe etwas Sand ſtreue, welcher von den ſchwingenden Theilen weggeworfen wird, auf den feſten Linien aber ruhig bleibt, und ſich anhaͤnſt. Da Manche bey Nachmachung meiner Verſuche uͤber die Schwingungen einer Scheibe Schwierigkeiten gefunden haben, wo ich es nicht etwartete, ſo halte ich fuͤr noͤthig, hier noch einige Erlaͤuterungen beyzufuͤgen. Man kann ſich gloͤſerner oder metallener Scheiben bedienen; allenfalls laſſen ſich ſogar die Schwingungen einer holzernen Scheibe ſichtbar machen. Glaͤ- ſerne Scheiben ziehe ich deswegen ver, weil man ſie leichter von gleichfoͤrmiger Dicke haben kann, als Scheiben von Meſſing oder einem andern Metalle, weil man auch wegen ihrer Durchſichtigkeit beſſer beſtimmen kann, wo man etwa noch unterwaͤrts irgend eine Stelle mit dem

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/152>, abgerufen am 05.12.2024.