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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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dem einen und nach dem andern festen Ende drängt. Bey der folgenden Bewegungsart
Fig. 35. a und b theilt er sich in zwey Theile, es streben diese Theile abwechselnd nach der
Mitte und nach den festen Enden, der Ton ist um eine Octave höher, als der vorige. Eben
so kann sich auch der Stab in drey Theile (Fig. 36. a und b), wie auch in 4 oder mehrere
theilen. Die Tonfolge bey allen diesen Schwingungsarten ist ebendieselbe, wie in dem ersten
Falle, wo der Stab ganz frey ist.

Anm. Die Bewegungen und die Reihe der möglichen Töne eines an beyden Enden befestigten
Stabes sind ganz eben so beschaffen, wie die vorher erwähnten Longitudinalschwingungen einer
Saite, welche meines Erächtens auch würklich hieher gehören, indem die Spannung der Saite
bey diesen Schwingungsarten fast nichts weiter bewürkt, als daß einer beträchtlichen Strecke von
elastischer Materie, die wegen ihrer geringen Dicke außerdem allzu biegsam seyn würde, eine
gerade Richtung gegeben wird. Jch habe zwar in der Berliner musikalischen Monatsschrift
Aug. 1792. die Longitudinaltöne einer Messing- oder Stahlsaite um etwas weniges tiefer angegeben,
als die Töne eines eben so langen messingenen oder stählernen Stabes bey derselben Bewegungsart
seyn würden; dieses kommt aber daher, weil der untergesetzte niedrige Steg hier nicht so würksam
war, als bey den Transversalschwingungen, so daß sich die der Länge nach gehenden Ausdehnungen
und Zusammenziehungen noch einigermaßen in den jenseits des Steges befindlichen Theil der Saite
verbreiteten.
Jn meiner Schrift über die Longitudinalschwingungen der Saiten und Stäbe habe ich S. 9.
die erste Bewegungsart eines an beyden Enden befestigten Stabes unrichtig beurtheilt, es geschehen
nähmlich hierbey die Ausdehnungen und Zusammenziehungen eines solchen Stabes nicht etwa ab-
wechselnd von der Mitte nach den Enden, und von den Enden nach der Mitte, weil bey einer
Bewegung dieser Art nothwendig in der Mitte ein Schwingungsknoten seyn müßte, sondern viel-
mehr abwechselnd nach dem einen und dem andern Ende zu. Bey der zweyten Bewegungsart ist
aber die Bewegung so, wie ich sie dort der ersten zugeschrieben habe.
94.

Bey Vergleichung aller dieser longitudinalen Schwingungsarten eines Stabes wird
man finden, daß, wenn man einen Theil, der sich an einem freyen Ende befindet, als die
Hälfte eines zwischen zwey festen Gränzen enthaltenen Theils ansteht, alle möglichen Töne
dieser Art sich umgekehrt wie die Längen der schwingenden Theile verhalten, und in geradem
Verhältnisse der Zahlen solcher Halbtheile stehen, in welche sich der Stab eintheilt. So ist
z. B. bey Fig. 31. der ganze Stab als ein solcher halber schwingender Theil anzusehen, der
Ton ist also in Verhältniß der übrigen = 1. Bey Fig 28. und 34. theilt sich der Stab in
zwey solche Halbtheile, die bey Fig. 28. mit den festen Enden, bey Fig. 34. aber mit den
beweglichen Enden zusammenhängen, der Ton ist = 2. Auf ähnliche Weise lassen sich alle
übrigen longitudinalen Bewegungsarten beurtheilen.

dem einen und nach dem andern feſten Ende draͤngt. Bey der folgenden Bewegungsart
Fig. 35. a und b theilt er ſich in zwey Theile, es ſtreben dieſe Theile abwechſelnd nach der
Mitte und nach den feſten Enden, der Ton iſt um eine Octave hoͤher, als der vorige. Eben
ſo kann ſich auch der Stab in drey Theile (Fig. 36. a und b), wie auch in 4 oder mehrere
theilen. Die Tonfolge bey allen dieſen Schwingungsarten iſt ebendieſelbe, wie in dem erſten
Falle, wo der Stab ganz frey iſt.

Anm. Die Bewegungen und die Reihe der moͤglichen Toͤne eines an beyden Enden befeſtigten
Stabes ſind ganz eben ſo beſchaffen, wie die vorher erwaͤhnten Longitudinalſchwingungen einer
Saite, welche meines Eraͤchtens auch wuͤrklich hieher gehoͤren, indem die Spannung der Saite
bey dieſen Schwingungsarten faſt nichts weiter bewuͤrkt, als daß einer betraͤchtlichen Strecke von
elaſtiſcher Materie, die wegen ihrer geringen Dicke außerdem allzu biegſam ſeyn wuͤrde, eine
gerade Richtung gegeben wird. Jch habe zwar in der Berliner muſikaliſchen Monatsſchrift
Aug. 1792. die Longitudinaltoͤne einer Meſſing- oder Stahlſaite um etwas weniges tiefer angegeben,
als die Toͤne eines eben ſo langen meſſingenen oder ſtaͤhlernen Stabes bey derſelben Bewegungsart
ſeyn wuͤrden; dieſes kommt aber daher, weil der untergeſetzte niedrige Steg hier nicht ſo wuͤrkſam
war, als bey den Transverſalſchwingungen, ſo daß ſich die der Laͤnge nach gehenden Ausdehnungen
und Zuſammenziehungen noch einigermaßen in den jenſeits des Steges befindlichen Theil der Saite
verbreiteten.
Jn meiner Schrift uͤber die Longitudinalſchwingungen der Saiten und Staͤbe habe ich S. 9.
die erſte Bewegungsart eines an beyden Enden befeſtigten Stabes unrichtig beurtheilt, es geſchehen
naͤhmlich hierbey die Ausdehnungen und Zuſammenziehungen eines ſolchen Stabes nicht etwa ab-
wechſelnd von der Mitte nach den Enden, und von den Enden nach der Mitte, weil bey einer
Bewegung dieſer Art nothwendig in der Mitte ein Schwingungsknoten ſeyn muͤßte, ſondern viel-
mehr abwechſelnd nach dem einen und dem andern Ende zu. Bey der zweyten Bewegungsart iſt
aber die Bewegung ſo, wie ich ſie dort der erſten zugeſchrieben habe.
94.

Bey Vergleichung aller dieſer longitudinalen Schwingungsarten eines Stabes wird
man finden, daß, wenn man einen Theil, der ſich an einem freyen Ende befindet, als die
Haͤlfte eines zwiſchen zwey feſten Graͤnzen enthaltenen Theils anſteht, alle moͤglichen Toͤne
dieſer Art ſich umgekehrt wie die Laͤngen der ſchwingenden Theile verhalten, und in geradem
Verhaͤltniſſe der Zahlen ſolcher Halbtheile ſtehen, in welche ſich der Stab eintheilt. So iſt
z. B. bey Fig. 31. der ganze Stab als ein ſolcher halber ſchwingender Theil anzuſehen, der
Ton iſt alſo in Verhaͤltniß der uͤbrigen = 1. Bey Fig 28. und 34. theilt ſich der Stab in
zwey ſolche Halbtheile, die bey Fig. 28. mit den feſten Enden, bey Fig. 34. aber mit den
beweglichen Enden zuſammenhaͤngen, der Ton iſt = 2. Auf aͤhnliche Weiſe laſſen ſich alle
uͤbrigen longitudinalen Bewegungsarten beurtheilen.

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[106/0140] dem einen und nach dem andern feſten Ende draͤngt. Bey der folgenden Bewegungsart Fig. 35. a und b theilt er ſich in zwey Theile, es ſtreben dieſe Theile abwechſelnd nach der Mitte und nach den feſten Enden, der Ton iſt um eine Octave hoͤher, als der vorige. Eben ſo kann ſich auch der Stab in drey Theile (Fig. 36. a und b), wie auch in 4 oder mehrere theilen. Die Tonfolge bey allen dieſen Schwingungsarten iſt ebendieſelbe, wie in dem erſten Falle, wo der Stab ganz frey iſt. Anm. Die Bewegungen und die Reihe der moͤglichen Toͤne eines an beyden Enden befeſtigten Stabes ſind ganz eben ſo beſchaffen, wie die vorher erwaͤhnten Longitudinalſchwingungen einer Saite, welche meines Eraͤchtens auch wuͤrklich hieher gehoͤren, indem die Spannung der Saite bey dieſen Schwingungsarten faſt nichts weiter bewuͤrkt, als daß einer betraͤchtlichen Strecke von elaſtiſcher Materie, die wegen ihrer geringen Dicke außerdem allzu biegſam ſeyn wuͤrde, eine gerade Richtung gegeben wird. Jch habe zwar in der Berliner muſikaliſchen Monatsſchrift Aug. 1792. die Longitudinaltoͤne einer Meſſing- oder Stahlſaite um etwas weniges tiefer angegeben, als die Toͤne eines eben ſo langen meſſingenen oder ſtaͤhlernen Stabes bey derſelben Bewegungsart ſeyn wuͤrden; dieſes kommt aber daher, weil der untergeſetzte niedrige Steg hier nicht ſo wuͤrkſam war, als bey den Transverſalſchwingungen, ſo daß ſich die der Laͤnge nach gehenden Ausdehnungen und Zuſammenziehungen noch einigermaßen in den jenſeits des Steges befindlichen Theil der Saite verbreiteten. Jn meiner Schrift uͤber die Longitudinalſchwingungen der Saiten und Staͤbe habe ich S. 9. die erſte Bewegungsart eines an beyden Enden befeſtigten Stabes unrichtig beurtheilt, es geſchehen naͤhmlich hierbey die Ausdehnungen und Zuſammenziehungen eines ſolchen Stabes nicht etwa ab- wechſelnd von der Mitte nach den Enden, und von den Enden nach der Mitte, weil bey einer Bewegung dieſer Art nothwendig in der Mitte ein Schwingungsknoten ſeyn muͤßte, ſondern viel- mehr abwechſelnd nach dem einen und dem andern Ende zu. Bey der zweyten Bewegungsart iſt aber die Bewegung ſo, wie ich ſie dort der erſten zugeſchrieben habe. 94. Bey Vergleichung aller dieſer longitudinalen Schwingungsarten eines Stabes wird man finden, daß, wenn man einen Theil, der ſich an einem freyen Ende befindet, als die Haͤlfte eines zwiſchen zwey feſten Graͤnzen enthaltenen Theils anſteht, alle moͤglichen Toͤne dieſer Art ſich umgekehrt wie die Laͤngen der ſchwingenden Theile verhalten, und in geradem Verhaͤltniſſe der Zahlen ſolcher Halbtheile ſtehen, in welche ſich der Stab eintheilt. So iſt z. B. bey Fig. 31. der ganze Stab als ein ſolcher halber ſchwingender Theil anzuſehen, der Ton iſt alſo in Verhaͤltniß der uͤbrigen = 1. Bey Fig 28. und 34. theilt ſich der Stab in zwey ſolche Halbtheile, die bey Fig. 28. mit den feſten Enden, bey Fig. 34. aber mit den beweglichen Enden zuſammenhaͤngen, der Ton iſt = 2. Auf aͤhnliche Weiſe laſſen ſich alle uͤbrigen longitudinalen Bewegungsarten beurtheilen.

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/140>, abgerufen am 05.12.2024.