dermaßen anstellen: Man entwickelt Wasserstoffgas aus Zink und verdünnter Salzsäure, oder allenfalls aus Eisen und verdünnter Schwefelsäure in einer kleinen nicht allzu niedrigen Flasche, deren Mündung mit einem Korkstöpsel wohl verschlossen wird, durch welchen man vorher ein Stück einer Barometerröhre gesteckt hat, welches unterwärts, um nicht von der aufwallenden Flüssigkeit erreicht zu werden, nur sehr wenig, oberwärts aber etliche Zoll weit hervorragt. Hierauf zündet man das durch dieses Röhrchen ausströmende Wasserstoffgas an, welches jedoch mit aller Behutsamkeit, und nicht allzufrüh, ehe die in der Entbindungsflasche vorher enthaltene athmosphärische Luft völlig ausgetrieben ist, geschehen muß, weil sonst leicht eine Exploston erfolgt, durch welche der Kork nebst dem Röhrchen mit einem heftigen Knalle an die Decke geworfen, oder auch die Entbindungsflasche, wenn sie nicht dick genug ist, zer- sprengt werden kann. Wenn die Flamme klein und ruhig ist, geräth der Versuch am besten. Um eine solche Kleinheit der Flamme zu bewürken, und zugleich zu verhindern, daß nicht etwa durch verdichtete Wasserdämpfe das Röhrchen verstopft werde, ist es rathsam, sich einer etwas weiten Barometerröhre zu bedienen, deren obere Oeffnung man vorher durch Schmel- zung und Ausziehung verengert hat. Hält man nun über diese Flamme eine gläserne oder auch eine metallene cylindrische Röhre, sie mag oben offen oder verschlossen seyn, oder eine Glas- flasche von einer beliebigen Gestalt, eine Retorte oder irgend eine hierzu taugliche Art von länglichen und mit keiner allzuweiten Mündung versehenen Gefäße darüber, so daß die Flamme sich etwas innerhalb des Gefäßes befindet, so entsteht bald ein Klang, der bisweilen so stark wird, daß er dem Gehöre beschwerlich fallen kann. Herr Prof. Tromsdorf in Erfurt hat hierbey bemerkt, daß die Flamme sich zuspitzt, sobald der Klang entsteht. Daß nicht etwa das Gefäß selbst als klingender Körper anzusehen ist, erhellt schon daraus, weil durch Um- wicklung und Festhaltung, wie auch durch mehrere oder mindere Dicke des Gefäßes der Klang nicht im mindesten gehindert oder verändert wird. Es geschieht vielmehr hierbey nichts anders, als daß durch die Flamme, und durch die Strömung des sich entwickelnden Gas, vielleicht auch durch ein fortdaurendes Einströmen der athmosphäcischen Luft von unten (um den leeren Raum zu ersetzen, welcher durch die bey dem Verbrennen geschehende Vewandlung des mit dem Wasserstoffgas sich verbindenden Sauerstoffgas in Wasserdämpfe entsteht), die in dem Gefäße enthaltene Luftsäule der Länge nach in zitternde Bewegung gesetzt wird, welche lengi- tudinale Zitterung der Luft man stark genug fühlt, wenn man unter die Oeffnung der Gefäßes einen Finger hält. Es finden hierbey ganz eben dieselben Gesetze Statt, wie an Oegelpfeisen und Blasinstrumenten, der Ton ist auch allemahl ganz derselbe, als wenn man hineinbläßt,
dermaßen anſtellen: Man entwickelt Waſſerſtoffgas aus Zink und verduͤnnter Salzſaͤure, oder allenfalls aus Eiſen und verduͤnnter Schwefelſaͤure in einer kleinen nicht allzu niedrigen Flaſche, deren Muͤndung mit einem Korkſtoͤpſel wohl verſchloſſen wird, durch welchen man vorher ein Stuͤck einer Barometerroͤhre geſteckt hat, welches unterwaͤrts, um nicht von der aufwallenden Fluͤſſigkeit erreicht zu werden, nur ſehr wenig, oberwaͤrts aber etliche Zoll weit hervorragt. Hierauf zuͤndet man das durch dieſes Roͤhrchen ausſtroͤmende Waſſerſtoffgas an, welches jedoch mit aller Behutſamkeit, und nicht allzufruͤh, ehe die in der Entbindungsflaſche vorher enthaltene athmoſphaͤriſche Luft voͤllig ausgetrieben iſt, geſchehen muß, weil ſonſt leicht eine Exploſton erfolgt, durch welche der Kork nebſt dem Roͤhrchen mit einem heftigen Knalle an die Decke geworfen, oder auch die Entbindungsflaſche, wenn ſie nicht dick genug iſt, zer- ſprengt werden kann. Wenn die Flamme klein und ruhig iſt, geraͤth der Verſuch am beſten. Um eine ſolche Kleinheit der Flamme zu bewuͤrken, und zugleich zu verhindern, daß nicht etwa durch verdichtete Waſſerdaͤmpfe das Roͤhrchen verſtopft werde, iſt es rathſam, ſich einer etwas weiten Barometerroͤhre zu bedienen, deren obere Oeffnung man vorher durch Schmel- zung und Ausziehung verengert hat. Haͤlt man nun uͤber dieſe Flamme eine glaͤſerne oder auch eine metallene cylindriſche Roͤhre, ſie mag oben offen oder verſchloſſen ſeyn, oder eine Glas- flaſche von einer beliebigen Geſtalt, eine Retorte oder irgend eine hierzu taugliche Art von laͤnglichen und mit keiner allzuweiten Muͤndung verſehenen Gefaͤße daruͤber, ſo daß die Flamme ſich etwas innerhalb des Gefaͤßes befindet, ſo entſteht bald ein Klang, der bisweilen ſo ſtark wird, daß er dem Gehoͤre beſchwerlich fallen kann. Herr Prof. Tromsdorf in Erfurt hat hierbey bemerkt, daß die Flamme ſich zuſpitzt, ſobald der Klang entſteht. Daß nicht etwa das Gefaͤß ſelbſt als klingender Koͤrper anzuſehen iſt, erhellt ſchon daraus, weil durch Um- wicklung und Feſthaltung, wie auch durch mehrere oder mindere Dicke des Gefaͤßes der Klang nicht im mindeſten gehindert oder veraͤndert wird. Es geſchieht vielmehr hierbey nichts anders, als daß durch die Flamme, und durch die Stroͤmung des ſich entwickelnden Gas, vielleicht auch durch ein fortdaurendes Einſtroͤmen der athmoſphaͤciſchen Luft von unten (um den leeren Raum zu erſetzen, welcher durch die bey dem Verbrennen geſchehende Vewandlung des mit dem Waſſerſtoffgas ſich verbindenden Sauerſtoffgas in Waſſerdaͤmpfe entſteht), die in dem Gefaͤße enthaltene Luftſaͤule der Laͤnge nach in zitternde Bewegung geſetzt wird, welche lengi- tudinale Zitterung der Luft man ſtark genug fuͤhlt, wenn man unter die Oeffnung der Gefaͤßes einen Finger haͤlt. Es finden hierbey ganz eben dieſelben Geſetze Statt, wie an Oegelpfeiſen und Blasinſtrumenten, der Ton iſt auch allemahl ganz derſelbe, als wenn man hineinblaͤßt,
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dermaßen anſtellen: Man entwickelt Waſſerſtoffgas aus Zink und verduͤnnter Salzſaͤure,
oder allenfalls aus Eiſen und verduͤnnter Schwefelſaͤure in einer kleinen nicht allzu niedrigen
Flaſche, deren Muͤndung mit einem Korkſtoͤpſel wohl verſchloſſen wird, durch welchen man
vorher ein Stuͤck einer Barometerroͤhre geſteckt hat, welches unterwaͤrts, um nicht von der
aufwallenden Fluͤſſigkeit erreicht zu werden, nur ſehr wenig, oberwaͤrts aber etliche Zoll weit
hervorragt. Hierauf zuͤndet man das durch dieſes Roͤhrchen ausſtroͤmende Waſſerſtoffgas an,
welches jedoch mit aller Behutſamkeit, und nicht allzufruͤh, ehe die in der Entbindungsflaſche
vorher enthaltene athmoſphaͤriſche Luft voͤllig ausgetrieben iſt, geſchehen muß, weil ſonſt leicht
eine Exploſton erfolgt, durch welche der Kork nebſt dem Roͤhrchen mit einem heftigen Knalle
an die Decke geworfen, oder auch die Entbindungsflaſche, wenn ſie nicht dick genug iſt, zer-
ſprengt werden kann. Wenn die Flamme klein und ruhig iſt, geraͤth der Verſuch am beſten.
Um eine ſolche Kleinheit der Flamme zu bewuͤrken, und zugleich zu verhindern, daß nicht
etwa durch verdichtete Waſſerdaͤmpfe das Roͤhrchen verſtopft werde, iſt es rathſam, ſich einer
etwas weiten Barometerroͤhre zu bedienen, deren obere Oeffnung man vorher durch Schmel-
zung und Ausziehung verengert hat. Haͤlt man nun uͤber dieſe Flamme eine glaͤſerne oder auch
eine metallene cylindriſche Roͤhre, ſie mag oben offen oder verſchloſſen ſeyn, oder eine Glas-
flaſche von einer beliebigen Geſtalt, eine Retorte oder irgend eine hierzu taugliche Art von
laͤnglichen und mit keiner allzuweiten Muͤndung verſehenen Gefaͤße daruͤber, ſo daß die Flamme
ſich etwas innerhalb des Gefaͤßes befindet, ſo entſteht bald ein Klang, der bisweilen ſo ſtark
wird, daß er dem Gehoͤre beſchwerlich fallen kann. Herr Prof. Tromsdorf in Erfurt hat
hierbey bemerkt, daß die Flamme ſich zuſpitzt, ſobald der Klang entſteht. Daß nicht etwa
das Gefaͤß ſelbſt als klingender Koͤrper anzuſehen iſt, erhellt ſchon daraus, weil durch Um-
wicklung und Feſthaltung, wie auch durch mehrere oder mindere Dicke des Gefaͤßes der Klang
nicht im mindeſten gehindert oder veraͤndert wird. Es geſchieht vielmehr hierbey nichts anders,
als daß durch die Flamme, und durch die Stroͤmung des ſich entwickelnden Gas, vielleicht
auch durch ein fortdaurendes Einſtroͤmen der athmoſphaͤciſchen Luft von unten (um den leeren
Raum zu erſetzen, welcher durch die bey dem Verbrennen geſchehende Vewandlung des mit
dem Waſſerſtoffgas ſich verbindenden Sauerſtoffgas in Waſſerdaͤmpfe entſteht), die in dem
Gefaͤße enthaltene Luftſaͤule der Laͤnge nach in zitternde Bewegung geſetzt wird, welche lengi-
tudinale Zitterung der Luft man ſtark genug fuͤhlt, wenn man unter die Oeffnung der Gefaͤßes
einen Finger haͤlt. Es finden hierbey ganz eben dieſelben Geſetze Statt, wie an Oegelpfeiſen
und Blasinſtrumenten, der Ton iſt auch allemahl ganz derſelbe, als wenn man hineinblaͤßt,
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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/126>, abgerufen am 05.12.2024.
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