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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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Tiefe der Töne hängt hier von zwey Umständen ab, 1) von der Kraft, mit welcher die Luft
durch die enge Oeffnung zu dringen strebt, so daß, wenn die Oeffnung sich nicht verändert,
bey einer größern Kraft die Töne höher werden, 2) von der Größe der Oeffnung, so daß
bey einerley Kraft die Töne desto höher sind, je kleiner die Oeffnung ist. Wenn die Heftig-
keit der Luftströmung und die Größe der Oeffnung im gleichen Verhältnisse zu oder abnehmen,
so wird der Klang stärker oder schwächer, der Ton verändert sich aber nicht. Das Pfeifen
mit dem Munde kann hier am besten als Beyspiel dienen. Es werden dabey die Lippen so
zusammengezogen, daß eine enge Oeffnung bleibt, durch welche die Luft schnell gepreßt wird.
Der Ton wird hier sowohl durch die Kraft, mit welcher die Luft ausgeblasen wird, als auch
durch die mehr oder weniger enge Zusammendrückung der Lippen bestimmt, und wenn die
Kraft des Biasens, und die Zusammendrückung der Lippen in gleichem Grade zu oder ab-
nehmen, so wird der Klang ohne Veränderung des Tones stärker oder schwächer. Es gehören
hieher auch die Töne, welche man hört, wenn ein starker Wind durch eine Ritze in einem
Fenster, oder sonst durch eine dergleichen enge Oeffnung strömt; je mehr die Heftigkeit des
Windes zunimmt, desto höher und stärker werden die Töne, weil hier die Oeffnung unver-
ändert bleibt. Auch die Töne, welche sich auf dem bloßen Mundstücke gewisser Blasinstru-
mente hervorbringen lassen, richten sich nach ebendenselben Gesetzen, wie denn z. B. die Luft,
welche sich in dem Röhrchen, womit die Hoboe angeblasen wird, befindet, verschiedene Töne
giebt, nachdem man das Röhrchen mit den Lippen mehr oder weniger zusammendrückt, und
stärker oder schwächer bläßt. Wenn vermittelst einer schnellen Luftströmung durch eine enge
Oeffnung irgend ein membranenförmiger Körper genöthigt wird, mit zu zittern, so wird der
Klang dadurch zwar schnarrend, aber sehr verstärkt. Dieses geschieht z. B. wenn man zwi-
schen den Fingern beyder Hände ein Streifchen Papier, oder ein Blatt von Schilf oder Gras
etwas ausgespannt hält, so daß, wenn hindurchgeblasen wird, die Luft auf beyden Seiten
dieser Membrane vorbeystreichen kann. Eben dieselbe Bewandniß hat es auch mit den Rohr-
pfeifen, deren sich die Kinder zu ihrem Spielwerke bisweilen bedienen, es wird nähmlich an
einem Halme von Schilf ein Streif so abgeschält, daß nur die innere dünne Haut unverletzt
übrig bleibt, durch deren Mitzittern die hineingeblasenen Töne stärker werden. Von einer
solchen Verstärkung durch das Mitzittern eines Streifens von Messingblech wird auch,
wie nachher weiter wird gezeigt werden, an Orgeln bey den Rohrwerken Gebrauch
gemacht.

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Tiefe der Toͤne haͤngt hier von zwey Umſtaͤnden ab, 1) von der Kraft, mit welcher die Luft
durch die enge Oeffnung zu dringen ſtrebt, ſo daß, wenn die Oeffnung ſich nicht veraͤndert,
bey einer groͤßern Kraft die Toͤne hoͤher werden, 2) von der Groͤße der Oeffnung, ſo daß
bey einerley Kraft die Toͤne deſto hoͤher ſind, je kleiner die Oeffnung iſt. Wenn die Heftig-
keit der Luftſtroͤmung und die Groͤße der Oeffnung im gleichen Verhaͤltniſſe zu oder abnehmen,
ſo wird der Klang ſtaͤrker oder ſchwaͤcher, der Ton veraͤndert ſich aber nicht. Das Pfeifen
mit dem Munde kann hier am beſten als Beyſpiel dienen. Es werden dabey die Lippen ſo
zuſammengezogen, daß eine enge Oeffnung bleibt, durch welche die Luft ſchnell gepreßt wird.
Der Ton wird hier ſowohl durch die Kraft, mit welcher die Luft ausgeblaſen wird, als auch
durch die mehr oder weniger enge Zuſammendruͤckung der Lippen beſtimmt, und wenn die
Kraft des Biaſens, und die Zuſammendruͤckung der Lippen in gleichem Grade zu oder ab-
nehmen, ſo wird der Klang ohne Veraͤnderung des Tones ſtaͤrker oder ſchwaͤcher. Es gehoͤren
hieher auch die Toͤne, welche man hoͤrt, wenn ein ſtarker Wind durch eine Ritze in einem
Fenſter, oder ſonſt durch eine dergleichen enge Oeffnung ſtroͤmt; je mehr die Heftigkeit des
Windes zunimmt, deſto hoͤher und ſtaͤrker werden die Toͤne, weil hier die Oeffnung unver-
aͤndert bleibt. Auch die Toͤne, welche ſich auf dem bloßen Mundſtuͤcke gewiſſer Blasinſtru-
mente hervorbringen laſſen, richten ſich nach ebendenſelben Geſetzen, wie denn z. B. die Luft,
welche ſich in dem Roͤhrchen, womit die Hoboe angeblaſen wird, befindet, verſchiedene Toͤne
giebt, nachdem man das Roͤhrchen mit den Lippen mehr oder weniger zuſammendruͤckt, und
ſtaͤrker oder ſchwaͤcher blaͤßt. Wenn vermittelſt einer ſchnellen Luftſtroͤmung durch eine enge
Oeffnung irgend ein membranenfoͤrmiger Koͤrper genoͤthigt wird, mit zu zittern, ſo wird der
Klang dadurch zwar ſchnarrend, aber ſehr verſtaͤrkt. Dieſes geſchieht z. B. wenn man zwi-
ſchen den Fingern beyder Haͤnde ein Streifchen Papier, oder ein Blatt von Schilf oder Gras
etwas ausgeſpannt haͤlt, ſo daß, wenn hindurchgeblaſen wird, die Luft auf beyden Seiten
dieſer Membrane vorbeyſtreichen kann. Eben dieſelbe Bewandniß hat es auch mit den Rohr-
pfeifen, deren ſich die Kinder zu ihrem Spielwerke bisweilen bedienen, es wird naͤhmlich an
einem Halme von Schilf ein Streif ſo abgeſchaͤlt, daß nur die innere duͤnne Haut unverletzt
uͤbrig bleibt, durch deren Mitzittern die hineingeblaſenen Toͤne ſtaͤrker werden. Von einer
ſolchen Verſtaͤrkung durch das Mitzittern eines Streifens von Meſſingblech wird auch,
wie nachher weiter wird gezeigt werden, an Orgeln bey den Rohrwerken Gebrauch
gemacht.

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[81/0115] Tiefe der Toͤne haͤngt hier von zwey Umſtaͤnden ab, 1) von der Kraft, mit welcher die Luft durch die enge Oeffnung zu dringen ſtrebt, ſo daß, wenn die Oeffnung ſich nicht veraͤndert, bey einer groͤßern Kraft die Toͤne hoͤher werden, 2) von der Groͤße der Oeffnung, ſo daß bey einerley Kraft die Toͤne deſto hoͤher ſind, je kleiner die Oeffnung iſt. Wenn die Heftig- keit der Luftſtroͤmung und die Groͤße der Oeffnung im gleichen Verhaͤltniſſe zu oder abnehmen, ſo wird der Klang ſtaͤrker oder ſchwaͤcher, der Ton veraͤndert ſich aber nicht. Das Pfeifen mit dem Munde kann hier am beſten als Beyſpiel dienen. Es werden dabey die Lippen ſo zuſammengezogen, daß eine enge Oeffnung bleibt, durch welche die Luft ſchnell gepreßt wird. Der Ton wird hier ſowohl durch die Kraft, mit welcher die Luft ausgeblaſen wird, als auch durch die mehr oder weniger enge Zuſammendruͤckung der Lippen beſtimmt, und wenn die Kraft des Biaſens, und die Zuſammendruͤckung der Lippen in gleichem Grade zu oder ab- nehmen, ſo wird der Klang ohne Veraͤnderung des Tones ſtaͤrker oder ſchwaͤcher. Es gehoͤren hieher auch die Toͤne, welche man hoͤrt, wenn ein ſtarker Wind durch eine Ritze in einem Fenſter, oder ſonſt durch eine dergleichen enge Oeffnung ſtroͤmt; je mehr die Heftigkeit des Windes zunimmt, deſto hoͤher und ſtaͤrker werden die Toͤne, weil hier die Oeffnung unver- aͤndert bleibt. Auch die Toͤne, welche ſich auf dem bloßen Mundſtuͤcke gewiſſer Blasinſtru- mente hervorbringen laſſen, richten ſich nach ebendenſelben Geſetzen, wie denn z. B. die Luft, welche ſich in dem Roͤhrchen, womit die Hoboe angeblaſen wird, befindet, verſchiedene Toͤne giebt, nachdem man das Roͤhrchen mit den Lippen mehr oder weniger zuſammendruͤckt, und ſtaͤrker oder ſchwaͤcher blaͤßt. Wenn vermittelſt einer ſchnellen Luftſtroͤmung durch eine enge Oeffnung irgend ein membranenfoͤrmiger Koͤrper genoͤthigt wird, mit zu zittern, ſo wird der Klang dadurch zwar ſchnarrend, aber ſehr verſtaͤrkt. Dieſes geſchieht z. B. wenn man zwi- ſchen den Fingern beyder Haͤnde ein Streifchen Papier, oder ein Blatt von Schilf oder Gras etwas ausgeſpannt haͤlt, ſo daß, wenn hindurchgeblaſen wird, die Luft auf beyden Seiten dieſer Membrane vorbeyſtreichen kann. Eben dieſelbe Bewandniß hat es auch mit den Rohr- pfeifen, deren ſich die Kinder zu ihrem Spielwerke bisweilen bedienen, es wird naͤhmlich an einem Halme von Schilf ein Streif ſo abgeſchaͤlt, daß nur die innere duͤnne Haut unverletzt uͤbrig bleibt, durch deren Mitzittern die hineingeblaſenen Toͤne ſtaͤrker werden. Von einer ſolchen Verſtaͤrkung durch das Mitzittern eines Streifens von Meſſingblech wird auch, wie nachher weiter wird gezeigt werden, an Orgeln bey den Rohrwerken Gebrauch gemacht. L

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/115>, abgerufen am 26.11.2024.