Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

Siehst Du mich nicht krampfhaft zusammenschau¬
dern, und vor Dir ein Geheimniß haben?" Sie
fiel schluchzend mir zu Füßen, und wiederholte mit
Eidschwur ihre Bitte. --

Ich erklärte mich gegen den hereintretenden
Forstmeister, meine Absicht sei, am ersten des
nächstkünftigen Monats um die Hand seiner Toch¬
ter anzuhalten -- ich setzte diese Zeit fest, weil
sich bis dahin Manches ereignen dürfte, was Ein¬
fluß auf mein Schicksal haben könnte. Unwandel¬
bar sei nur meine Liebe zu seiner Tochter. --

Der gute Mann erschrack ordentlich, als er
solche Worte aus dem Munde des Grafen Pe¬
ter
vernahm. Er fiel mir um den Hals, und
ward wieder ganz verschämt, sich vergessen zu ha¬
ben. Nun fiel es ihm ein, zu zweifeln, zu er¬
wägen und zu forschen; er sprach von Mitgift, von
Sicherheit, von Zukunft für sein liebes Kind. Ich
dankte ihm, mich daran zu mahnen. Ich sagte
ihm, ich wünsche in dieser Gegend, wo ich geliebt
zu seyn schien, mich anzusiedeln, und ein sorgen¬
freies Leben zu führen. Ich bat ihn, die schönsten

Siehſt Du mich nicht krampfhaft zuſammenſchau¬
dern, und vor Dir ein Geheimniß haben?„ Sie
fiel ſchluchzend mir zu Fuͤßen, und wiederholte mit
Eidſchwur ihre Bitte. —

Ich erklaͤrte mich gegen den hereintretenden
Forſtmeiſter, meine Abſicht ſei, am erſten des
naͤchſtkuͤnftigen Monats um die Hand ſeiner Toch¬
ter anzuhalten — ich ſetzte dieſe Zeit feſt, weil
ſich bis dahin Manches ereignen duͤrfte, was Ein¬
fluß auf mein Schickſal haben koͤnnte. Unwandel¬
bar ſei nur meine Liebe zu ſeiner Tochter. —

Der gute Mann erſchrack ordentlich, als er
ſolche Worte aus dem Munde des Grafen Pe¬
ter
vernahm. Er fiel mir um den Hals, und
ward wieder ganz verſchaͤmt, ſich vergeſſen zu ha¬
ben. Nun fiel es ihm ein, zu zweifeln, zu er¬
waͤgen und zu forſchen; er ſprach von Mitgift, von
Sicherheit, von Zukunft fuͤr ſein liebes Kind. Ich
dankte ihm, mich daran zu mahnen. Ich ſagte
ihm, ich wuͤnſche in dieſer Gegend, wo ich geliebt
zu ſeyn ſchien, mich anzuſiedeln, und ein ſorgen¬
freies Leben zu fuͤhren. Ich bat ihn, die ſchoͤnſten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0072" n="52"/>
Sieh&#x017F;t Du mich nicht krampfhaft zu&#x017F;ammen&#x017F;chau¬<lb/>
dern, und vor Dir ein Geheimniß haben?&#x201E; Sie<lb/>
fiel &#x017F;chluchzend mir zu Fu&#x0364;ßen, und wiederholte mit<lb/>
Eid&#x017F;chwur ihre Bitte. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Ich erkla&#x0364;rte mich gegen den hereintretenden<lb/>
For&#x017F;tmei&#x017F;ter, meine Ab&#x017F;icht &#x017F;ei, am er&#x017F;ten des<lb/>
na&#x0364;ch&#x017F;tku&#x0364;nftigen Monats um die Hand &#x017F;einer Toch¬<lb/>
ter anzuhalten &#x2014; ich &#x017F;etzte die&#x017F;e Zeit fe&#x017F;t, weil<lb/>
&#x017F;ich bis dahin Manches ereignen du&#x0364;rfte, was Ein¬<lb/>
fluß auf mein Schick&#x017F;al haben ko&#x0364;nnte. Unwandel¬<lb/>
bar &#x017F;ei nur meine Liebe zu &#x017F;einer Tochter. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Der gute Mann er&#x017F;chrack ordentlich, als er<lb/>
&#x017F;olche Worte aus dem Munde des <hi rendition="#g">Grafen Pe¬<lb/>
ter</hi> vernahm. Er fiel mir um den Hals, und<lb/>
ward wieder ganz ver&#x017F;cha&#x0364;mt, &#x017F;ich verge&#x017F;&#x017F;en zu ha¬<lb/>
ben. Nun fiel es ihm ein, zu zweifeln, zu er¬<lb/>
wa&#x0364;gen und zu for&#x017F;chen; er &#x017F;prach von Mitgift, von<lb/>
Sicherheit, von Zukunft fu&#x0364;r &#x017F;ein liebes Kind. Ich<lb/>
dankte ihm, mich daran zu mahnen. Ich &#x017F;agte<lb/>
ihm, ich wu&#x0364;n&#x017F;che in die&#x017F;er Gegend, wo ich geliebt<lb/>
zu &#x017F;eyn &#x017F;chien, mich anzu&#x017F;iedeln, und ein &#x017F;orgen¬<lb/>
freies Leben zu fu&#x0364;hren. Ich bat ihn, die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0072] Siehſt Du mich nicht krampfhaft zuſammenſchau¬ dern, und vor Dir ein Geheimniß haben?„ Sie fiel ſchluchzend mir zu Fuͤßen, und wiederholte mit Eidſchwur ihre Bitte. — Ich erklaͤrte mich gegen den hereintretenden Forſtmeiſter, meine Abſicht ſei, am erſten des naͤchſtkuͤnftigen Monats um die Hand ſeiner Toch¬ ter anzuhalten — ich ſetzte dieſe Zeit feſt, weil ſich bis dahin Manches ereignen duͤrfte, was Ein¬ fluß auf mein Schickſal haben koͤnnte. Unwandel¬ bar ſei nur meine Liebe zu ſeiner Tochter. — Der gute Mann erſchrack ordentlich, als er ſolche Worte aus dem Munde des Grafen Pe¬ ter vernahm. Er fiel mir um den Hals, und ward wieder ganz verſchaͤmt, ſich vergeſſen zu ha¬ ben. Nun fiel es ihm ein, zu zweifeln, zu er¬ waͤgen und zu forſchen; er ſprach von Mitgift, von Sicherheit, von Zukunft fuͤr ſein liebes Kind. Ich dankte ihm, mich daran zu mahnen. Ich ſagte ihm, ich wuͤnſche in dieſer Gegend, wo ich geliebt zu ſeyn ſchien, mich anzuſiedeln, und ein ſorgen¬ freies Leben zu fuͤhren. Ich bat ihn, die ſchoͤnſten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten E… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/72
Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/72>, abgerufen am 22.12.2024.