wollte sich still, ehrerbietig zurückziehen. -- Ich blickte auf -- ich erlag unter der Last meines Kummers, ich mußte ihn mittheilen. "Bendel," rief ich ihm zu, "Bendel! Du Einziger, der Du meine Leiden siehst und ehrst, sie nicht erforschen zu wollen, sondern still und fromm mit zu füh¬ len scheinst, komm zu mir, Bendel, und sei der Nächste meines Herzens. Die Schätze mei¬ nes Goldes hab' ich vor Dir nicht verschlossen, nicht verschließen will ich vor dir die Schätze meines Grames -- Bendel, verlasse mich nicht. Ben¬ del, Du siehst mich reich, freigebig, gütig, Du wähnst, es sollte die Welt mich verherrlichen, und Du sieh'st mich die Welt flieh'n, und mich vor ihr verschließen. Bendel, sie hat gerichtet, die Welt, und mich verstoßen, und auch Du viel¬ leicht, wirst Dich von mir wenden, wenn Du mein schreckliches Geheimniß erfährst. Bendel, ich bin reich, freigebig, gütig, aber -- o Gott! -- ich habe keinen Schatten!" --
"Keinen Schatten?" rief der gute Junge erschreckt aus, und die hellen Thränen stürzten ihm aus den Augen. -- "Weh mir, daß ich geboren
wollte ſich ſtill, ehrerbietig zuruͤckziehen. — Ich blickte auf — ich erlag unter der Laſt meines Kummers, ich mußte ihn mittheilen. “Bendel,„ rief ich ihm zu, “Bendel! Du Einziger, der Du meine Leiden ſiehſt und ehrſt, ſie nicht erforſchen zu wollen, ſondern ſtill und fromm mit zu fuͤh¬ len ſcheinſt, komm zu mir, Bendel, und ſei der Naͤchſte meines Herzens. Die Schaͤtze mei¬ nes Goldes hab' ich vor Dir nicht verſchloſſen, nicht verſchließen will ich vor dir die Schaͤtze meines Grames — Bendel, verlaſſe mich nicht. Ben¬ del, Du ſiehſt mich reich, freigebig, guͤtig, Du waͤhnſt, es ſollte die Welt mich verherrlichen, und Du ſieh'ſt mich die Welt flieh'n, und mich vor ihr verſchließen. Bendel, ſie hat gerichtet, die Welt, und mich verſtoßen, und auch Du viel¬ leicht, wirſt Dich von mir wenden, wenn Du mein ſchreckliches Geheimniß erfaͤhrſt. Bendel, ich bin reich, freigebig, guͤtig, aber — o Gott! — ich habe keinen Schatten!„ —
“Keinen Schatten?„ rief der gute Junge erſchreckt aus, und die hellen Thraͤnen ſtuͤrzten ihm aus den Augen. — “Weh mir, daß ich geboren
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blickte auf — ich erlag unter der Laſt meines
Kummers, ich mußte ihn mittheilen. “Bendel,„
rief ich ihm zu, “Bendel! Du Einziger, der Du
meine Leiden ſiehſt und ehrſt, ſie nicht erforſchen
zu wollen, ſondern ſtill und fromm mit zu fuͤh¬
len ſcheinſt, komm zu mir, Bendel, und ſei
der Naͤchſte meines Herzens. Die Schaͤtze mei¬
nes Goldes hab' ich vor Dir nicht verſchloſſen, nicht
verſchließen will ich vor dir die Schaͤtze meines
Grames — Bendel, verlaſſe mich nicht. Ben¬
del, Du ſiehſt mich reich, freigebig, guͤtig, Du
waͤhnſt, es ſollte die Welt mich verherrlichen,
und Du ſieh'ſt mich die Welt flieh'n, und mich
vor ihr verſchließen. Bendel, ſie hat gerichtet,
die Welt, und mich verſtoßen, und auch Du viel¬
leicht, wirſt Dich von mir wenden, wenn Du
mein ſchreckliches Geheimniß erfaͤhrſt. Bendel,
ich bin reich, freigebig, guͤtig, aber — o Gott! —
ich habe keinen Schatten!„ —
“Keinen Schatten?„ rief der gute Junge
erſchreckt aus, und die hellen Thraͤnen ſtuͤrzten ihm
aus den Augen. — “Weh mir, daß ich geboren
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Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten Exemplars aus der SBB-PK sind sechs Kupfer von George Cruikshank aus der 2. Aufl. (1827).
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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/50>, abgerufen am 16.02.2025.
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