Gebirges führte, zu Fuße einzuschlagen, dem Schik¬ sal es anheim stellend, was es mit mir vor hat¬ te, zu erfüllen. Ich schaute nicht hinter mich zurück, und dachte auch nicht daran, an Ben¬ del, den ich reich zurück gelassen hatte, mich zu wenden, welches ich allerdings gekonnt hätte. Ich sah mich an auf den neuen Charakter, den ich in der Welt bekleiden sollte: Mein Anzug war sehr bescheiden. Ich hatte eine alte schwarze Kurtka an, die ich schon in Berlin getragen, und die mir, ich weiß nicht wie, zu dieser Reise erst wie¬ der in die Hand gekommen war. Ich hatte sonst eine Reisemütze auf dem Kopf und ein Paar alte Stiefeln an den Füßen. Ich erhob mich, schnitt mir an selbiger Stelle einen Knotenstock zum An¬ denken, und trat sogleich meine Wanderung an.
Ich begegnete im Wald einem alten Bauer, der mich freundlich begrüßte, und mit dem ich mich in Gespräch einließ. Ich erkundigte mich, wie ein wißbegieriger Reisender, erst nach dem Wege, dann nach der Gegend und deren Bewoh¬ ner, den Erzeugnissen des Gebirges und derlei mehr. Er antwortete verständig und redselig auf
Gebirges fuͤhrte, zu Fuße einzuſchlagen, dem Schik¬ ſal es anheim ſtellend, was es mit mir vor hat¬ te, zu erfuͤllen. Ich ſchaute nicht hinter mich zuruͤck, und dachte auch nicht daran, an Ben¬ del, den ich reich zuruͤck gelaſſen hatte, mich zu wenden, welches ich allerdings gekonnt haͤtte. Ich ſah mich an auf den neuen Charakter, den ich in der Welt bekleiden ſollte: Mein Anzug war ſehr beſcheiden. Ich hatte eine alte ſchwarze Kurtka an, die ich ſchon in Berlin getragen, und die mir, ich weiß nicht wie, zu dieſer Reiſe erſt wie¬ der in die Hand gekommen war. Ich hatte ſonſt eine Reiſemuͤtze auf dem Kopf und ein Paar alte Stiefeln an den Fuͤßen. Ich erhob mich, ſchnitt mir an ſelbiger Stelle einen Knotenſtock zum An¬ denken, und trat ſogleich meine Wanderung an.
Ich begegnete im Wald einem alten Bauer, der mich freundlich begruͤßte, und mit dem ich mich in Geſpraͤch einließ. Ich erkundigte mich, wie ein wißbegieriger Reiſender, erſt nach dem Wege, dann nach der Gegend und deren Bewoh¬ ner, den Erzeugniſſen des Gebirges und derlei mehr. Er antwortete verſtaͤndig und redſelig auf
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Gebirges fuͤhrte, zu Fuße einzuſchlagen, dem Schik¬
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te, zu erfuͤllen. Ich ſchaute nicht hinter mich
zuruͤck, und dachte auch nicht daran, an Ben¬
del, den ich reich zuruͤck gelaſſen hatte, mich zu
wenden, welches ich allerdings gekonnt haͤtte. Ich
ſah mich an auf den neuen Charakter, den ich in
der Welt bekleiden ſollte: Mein Anzug war ſehr
beſcheiden. Ich hatte eine alte ſchwarze Kurtka
an, die ich ſchon in Berlin getragen, und die
mir, ich weiß nicht wie, zu dieſer Reiſe erſt wie¬
der in die Hand gekommen war. Ich hatte ſonſt
eine Reiſemuͤtze auf dem Kopf und ein Paar alte
Stiefeln an den Fuͤßen. Ich erhob mich, ſchnitt
mir an ſelbiger Stelle einen Knotenſtock zum An¬
denken, und trat ſogleich meine Wanderung an.
Ich begegnete im Wald einem alten Bauer,
der mich freundlich begruͤßte, und mit dem ich
mich in Geſpraͤch einließ. Ich erkundigte mich,
wie ein wißbegieriger Reiſender, erſt nach dem
Wege, dann nach der Gegend und deren Bewoh¬
ner, den Erzeugniſſen des Gebirges und derlei
mehr. Er antwortete verſtaͤndig und redſelig auf
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Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten E… [mehr]
Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten Exemplars aus der SBB-PK sind sechs Kupfer von George Cruikshank aus der 2. Aufl. (1827).
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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/125>, abgerufen am 16.02.2025.
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