Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. München 1899.Entdeckung. aufmerksam gemacht -- auf allen Seiten bestätigt finden werden: dassdem Germanen eine eigentümliche Gabe zu eigen ist, seine Fehler in Gutes umzusetzen; die Alten hätten gesagt, er sei ein Liebling der Götter; ich glaube darin den Beweis seiner grossen kulturellen Befähi- gung zu finden. Eine Handelsgesellschaft, die nur auf Zinsen sieht und nicht immer gewissenhaft vorgeht, unterjocht Indien, doch wird ihr Schaffen getragen und geadelt von einer glänzenden Reihe makel- loser Waffenhelden und grosser Staatsmänner, und ihre Beamten sind es, welche -- von heller Begeisterung dazu angefacht, durch aufopfer- ungsvoll erworbene Gelehrsamkeit dazu befähigt -- unsere Kultur durch die Aufschliessung der altarischen Sprache bereichern. Wir schaudern, wenn wir die Geschichte der Vernichtung der Indianer in Nordamerika lesen: überall auf Seite der Europäer Ungerechtigkeit, Verrat, wilde Grausamkeit;1) und doch, wie entscheidend war gerade dieses Zer- störungswerk für die spätere Entwickelung einer edlen, echt germa- nischen Nation auf diesem Boden! Der vergleichende Blick auf die südamerikanischen Mestizenkolonieen zeigt es uns.2) -- Jene grenzen- lose Leidenschaft in der Sucht nach Gold dient aber noch zu einer weiteren Erkenntnis und zwar zu einer für die Geschichte unserer Entdeckungen grundlegenden. Die Leidenschaftlichkeit kann nämlich sehr verschiedene Teile unseres Wesens erfassen, das hängt vom Individuum ab; charakteristisch für die Rasse ist die Kühnheit, die Ausdauer, die Opferwilligkeit, die grosse Kraft der Vorstellung, welche bewirkt, dass der Einzelne in seiner Idee ganz aufgeht. Dieses Leidenschaftliche bewährt sich jedoch durchaus nicht einzig auf dem Gebiete des egoistischen Interesses: es schenkt dem Künstler Kraft, arm und verkannt weiter zu schaffen; es erzeugt Staatsmänner, Refor- matoren und Märtyrer; es gab uns auch unsere Entdecker. Rousseau's Wort: "il n'y a que de grandes passions qui fassent de grandes choses," ist wahrscheinlich nicht so allgemein wahr als er glaubte, doch gilt es uneingeschränkt für uns Germanen. Bei unseren grossen 1) Als Beispiel nehme man die gänzliche Ausrottung des intelligentesten und durchaus freundlich gesinnten Stammes der Natchez am Mississippi durch die Franzosen (in Du Pratz: History of Louisiana), oder die Geschichte der Beziehungen zwischen den Engländern und den Cherokees (Trumbull: Hist. of the United States). Es ist immer derselbe Vorgang: eine empörende Ungerechtigkeit seitens der Euro- päer reizt die Indianer, Rache zu nehmen, und für diese Rache werden sie dann "bestraft", d. h. hingeschlachtet. 2) Siehe S. 286 fg.
Entdeckung. aufmerksam gemacht — auf allen Seiten bestätigt finden werden: dassdem Germanen eine eigentümliche Gabe zu eigen ist, seine Fehler in Gutes umzusetzen; die Alten hätten gesagt, er sei ein Liebling der Götter; ich glaube darin den Beweis seiner grossen kulturellen Befähi- gung zu finden. Eine Handelsgesellschaft, die nur auf Zinsen sieht und nicht immer gewissenhaft vorgeht, unterjocht Indien, doch wird ihr Schaffen getragen und geadelt von einer glänzenden Reihe makel- loser Waffenhelden und grosser Staatsmänner, und ihre Beamten sind es, welche — von heller Begeisterung dazu angefacht, durch aufopfer- ungsvoll erworbene Gelehrsamkeit dazu befähigt — unsere Kultur durch die Aufschliessung der altarischen Sprache bereichern. Wir schaudern, wenn wir die Geschichte der Vernichtung der Indianer in Nordamerika lesen: überall auf Seite der Europäer Ungerechtigkeit, Verrat, wilde Grausamkeit;1) und doch, wie entscheidend war gerade dieses Zer- störungswerk für die spätere Entwickelung einer edlen, echt germa- nischen Nation auf diesem Boden! Der vergleichende Blick auf die südamerikanischen Mestizenkolonieen zeigt es uns.2) — Jene grenzen- lose Leidenschaft in der Sucht nach Gold dient aber noch zu einer weiteren Erkenntnis und zwar zu einer für die Geschichte unserer Entdeckungen grundlegenden. Die Leidenschaftlichkeit kann nämlich sehr verschiedene Teile unseres Wesens erfassen, das hängt vom Individuum ab; charakteristisch für die Rasse ist die Kühnheit, die Ausdauer, die Opferwilligkeit, die grosse Kraft der Vorstellung, welche bewirkt, dass der Einzelne in seiner Idee ganz aufgeht. Dieses Leidenschaftliche bewährt sich jedoch durchaus nicht einzig auf dem Gebiete des egoistischen Interesses: es schenkt dem Künstler Kraft, arm und verkannt weiter zu schaffen; es erzeugt Staatsmänner, Refor- matoren und Märtyrer; es gab uns auch unsere Entdecker. Rousseau’s Wort: »il n’y a que de grandes passions qui fassent de grandes choses,« ist wahrscheinlich nicht so allgemein wahr als er glaubte, doch gilt es uneingeschränkt für uns Germanen. Bei unseren grossen 1) Als Beispiel nehme man die gänzliche Ausrottung des intelligentesten und durchaus freundlich gesinnten Stammes der Natchez am Mississippi durch die Franzosen (in Du Pratz: History of Louisiana), oder die Geschichte der Beziehungen zwischen den Engländern und den Cherokees (Trumbull: Hist. of the United States). Es ist immer derselbe Vorgang: eine empörende Ungerechtigkeit seitens der Euro- päer reizt die Indianer, Rache zu nehmen, und für diese Rache werden sie dann »bestraft«, d. h. hingeschlachtet. 2) Siehe S. 286 fg.
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Entdeckung.
aufmerksam gemacht — auf allen Seiten bestätigt finden werden: dass
dem Germanen eine eigentümliche Gabe zu eigen ist, seine Fehler
in Gutes umzusetzen; die Alten hätten gesagt, er sei ein Liebling der
Götter; ich glaube darin den Beweis seiner grossen kulturellen Befähi-
gung zu finden. Eine Handelsgesellschaft, die nur auf Zinsen sieht
und nicht immer gewissenhaft vorgeht, unterjocht Indien, doch wird
ihr Schaffen getragen und geadelt von einer glänzenden Reihe makel-
loser Waffenhelden und grosser Staatsmänner, und ihre Beamten sind
es, welche — von heller Begeisterung dazu angefacht, durch aufopfer-
ungsvoll erworbene Gelehrsamkeit dazu befähigt — unsere Kultur durch
die Aufschliessung der altarischen Sprache bereichern. Wir schaudern,
wenn wir die Geschichte der Vernichtung der Indianer in Nordamerika
lesen: überall auf Seite der Europäer Ungerechtigkeit, Verrat, wilde
Grausamkeit; 1) und doch, wie entscheidend war gerade dieses Zer-
störungswerk für die spätere Entwickelung einer edlen, echt germa-
nischen Nation auf diesem Boden! Der vergleichende Blick auf die
südamerikanischen Mestizenkolonieen zeigt es uns. 2) — Jene grenzen-
lose Leidenschaft in der Sucht nach Gold dient aber noch zu einer
weiteren Erkenntnis und zwar zu einer für die Geschichte unserer
Entdeckungen grundlegenden. Die Leidenschaftlichkeit kann
nämlich sehr verschiedene Teile unseres Wesens erfassen, das hängt
vom Individuum ab; charakteristisch für die Rasse ist die Kühnheit,
die Ausdauer, die Opferwilligkeit, die grosse Kraft der Vorstellung,
welche bewirkt, dass der Einzelne in seiner Idee ganz aufgeht. Dieses
Leidenschaftliche bewährt sich jedoch durchaus nicht einzig auf dem
Gebiete des egoistischen Interesses: es schenkt dem Künstler Kraft,
arm und verkannt weiter zu schaffen; es erzeugt Staatsmänner, Refor-
matoren und Märtyrer; es gab uns auch unsere Entdecker. Rousseau’s
Wort: »il n’y a que de grandes passions qui fassent de grandes
choses,« ist wahrscheinlich nicht so allgemein wahr als er glaubte,
doch gilt es uneingeschränkt für uns Germanen. Bei unseren grossen
1) Als Beispiel nehme man die gänzliche Ausrottung des intelligentesten
und durchaus freundlich gesinnten Stammes der Natchez am Mississippi durch die
Franzosen (in Du Pratz: History of Louisiana), oder die Geschichte der Beziehungen
zwischen den Engländern und den Cherokees (Trumbull: Hist. of the United States).
Es ist immer derselbe Vorgang: eine empörende Ungerechtigkeit seitens der Euro-
päer reizt die Indianer, Rache zu nehmen, und für diese Rache werden sie dann
»bestraft«, d. h. hingeschlachtet.
2) Siehe S. 286 fg.
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