Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. München 1899.Der Kampf. und Kriegern, aber nach dem Willen des Priesters und so langeer es duldet. Es muss aber ein Schwert über dem andern, die weltliche Autorität der geistlichen unterworfen sein. -- -- -- Die göttliche Wahr- heit bezeugt, dass die geistliche Gewalt die zeitliche einzusetzen und über sie zu urteilen hat, wenn sie nicht gut ist".1) Damit war die notwendige Lehre der römischen Kirche endlich klar, logisch und ehrlich ent- wickelt. Man sieht einem derartigen Gedanken nicht auf den Grund, wenn man von priesterlichem Ehrgeiz, von dem unersättlichen Magen der Kirche, u. s. w. redet: zu Grunde liegt hier vielmehr die gross- artige Idee eines universellen Imperiums, welches nicht allein alle Völker unterwerfen und hierdurch ewigen Frieden schaffen soll,2) sondern auch jeden einzelnen Menschen ebenfalls von allen Seiten eng umfassen will mit seinem Glauben, Handeln und Hoffen. Es ist Universalismus in seiner höchsten Potenz, äusserer und innerer, so dass auch Einheit der Sprache z. B. mit allen Mitteln erstrebt wird. Der Fels, auf dem dieses Reich ruht, ist der Glaube an göttliche Ein- setzung, nichts Geringeres vermöchte ein derartiges Gebäude zu halten; folglich ist dieses Imperium notwendiger Weise eine Theokratie; in einem theokratischen Staate nimmt die Hierarchie den ersten Platz ein; ihr priesterliches Haupt ist somit das natürliche Oberhaupt des Staates. Dieser logischen Deduktion kann man kein einziges vernünftiges Wort entgegenstellen, sondern nur fadenscheinige Sophismen. Hatte doch im weltlichsten aller Staaten, in Rom, der Imperator sich den Titel und das Amt eines Pontifex maximus als höchste Würde, als unübertreff- bare Gewähr der göttlichen Berechtigung beigelegt (Caesar Divi genus -- denn auch dieser Gedanke ist nicht etwa ein christlicher)! Und sollte nicht im kirchlichen Staate, jenem Staate, dem erst die Religion Uni- versitalität und Allgewalt geschenkt hatte, der Pontifex maximus sich nun umgekehrt berechtigt und genötigt fühlen, sein Amt als das eines Imperators aufzufassen?3) So viel nur über die duplex potestas. Diese beiden Ausführungen: die erste über die prinzipielle Iden- 1) Siehe die Bulle Ineffabilis in Hefele: Konziliengeschichte, 2. Ausg. VI, 297 fg., und die Bulle Unam sanctam, ebenda, S. 347 fg. Ich citiere nach der Hefele'schen Übersetzung ins Deutsche, also nach einer orthodox katholischen und zugleich autoritativen Quelle. 2) Dieser Gedanke kehrt bei den alten Schriftstellern immer wieder. 3) Man vergleiche das treffliche Wort des spanischen Staatsmannes Antonio
Perez, im vorigen Kapitel, S. 615, angeführt. Der Kampf. und Kriegern, aber nach dem Willen des Priesters und so langeer es duldet. Es muss aber ein Schwert über dem andern, die weltliche Autorität der geistlichen unterworfen sein. — — — Die göttliche Wahr- heit bezeugt, dass die geistliche Gewalt die zeitliche einzusetzen und über sie zu urteilen hat, wenn sie nicht gut ist«.1) Damit war die notwendige Lehre der römischen Kirche endlich klar, logisch und ehrlich ent- wickelt. Man sieht einem derartigen Gedanken nicht auf den Grund, wenn man von priesterlichem Ehrgeiz, von dem unersättlichen Magen der Kirche, u. s. w. redet: zu Grunde liegt hier vielmehr die gross- artige Idee eines universellen Imperiums, welches nicht allein alle Völker unterwerfen und hierdurch ewigen Frieden schaffen soll,2) sondern auch jeden einzelnen Menschen ebenfalls von allen Seiten eng umfassen will mit seinem Glauben, Handeln und Hoffen. Es ist Universalismus in seiner höchsten Potenz, äusserer und innerer, so dass auch Einheit der Sprache z. B. mit allen Mitteln erstrebt wird. Der Fels, auf dem dieses Reich ruht, ist der Glaube an göttliche Ein- setzung, nichts Geringeres vermöchte ein derartiges Gebäude zu halten; folglich ist dieses Imperium notwendiger Weise eine Theokratie; in einem theokratischen Staate nimmt die Hierarchie den ersten Platz ein; ihr priesterliches Haupt ist somit das natürliche Oberhaupt des Staates. Dieser logischen Deduktion kann man kein einziges vernünftiges Wort entgegenstellen, sondern nur fadenscheinige Sophismen. Hatte doch im weltlichsten aller Staaten, in Rom, der Imperator sich den Titel und das Amt eines Pontifex maximus als höchste Würde, als unübertreff- bare Gewähr der göttlichen Berechtigung beigelegt (Caesar Divi genus — denn auch dieser Gedanke ist nicht etwa ein christlicher)! Und sollte nicht im kirchlichen Staate, jenem Staate, dem erst die Religion Uni- versitalität und Allgewalt geschenkt hatte, der Pontifex maximus sich nun umgekehrt berechtigt und genötigt fühlen, sein Amt als das eines Imperators aufzufassen?3) So viel nur über die duplex potestas. Diese beiden Ausführungen: die erste über die prinzipielle Iden- 1) Siehe die Bulle Ineffabilis in Hefele: Konziliengeschichte, 2. Ausg. VI, 297 fg., und die Bulle Unam sanctam, ebenda, S. 347 fg. Ich citiere nach der Hefele’schen Übersetzung ins Deutsche, also nach einer orthodox katholischen und zugleich autoritativen Quelle. 2) Dieser Gedanke kehrt bei den alten Schriftstellern immer wieder. 3) Man vergleiche das treffliche Wort des spanischen Staatsmannes Antonio
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und Kriegern, aber nach dem Willen des Priesters und so lange
er es duldet. Es muss aber ein Schwert über dem andern, die weltliche
Autorität der geistlichen unterworfen sein. — — — Die göttliche Wahr-
heit bezeugt, dass die geistliche Gewalt die zeitliche einzusetzen und über
sie zu urteilen hat, wenn sie nicht gut ist«. 1) Damit war die notwendige
Lehre der römischen Kirche endlich klar, logisch und ehrlich ent-
wickelt. Man sieht einem derartigen Gedanken nicht auf den Grund,
wenn man von priesterlichem Ehrgeiz, von dem unersättlichen Magen
der Kirche, u. s. w. redet: zu Grunde liegt hier vielmehr die gross-
artige Idee eines universellen Imperiums, welches nicht allein alle
Völker unterwerfen und hierdurch ewigen Frieden schaffen soll, 2)
sondern auch jeden einzelnen Menschen ebenfalls von allen Seiten eng
umfassen will mit seinem Glauben, Handeln und Hoffen. Es ist
Universalismus in seiner höchsten Potenz, äusserer und innerer, so
dass auch Einheit der Sprache z. B. mit allen Mitteln erstrebt wird.
Der Fels, auf dem dieses Reich ruht, ist der Glaube an göttliche Ein-
setzung, nichts Geringeres vermöchte ein derartiges Gebäude zu halten;
folglich ist dieses Imperium notwendiger Weise eine Theokratie; in
einem theokratischen Staate nimmt die Hierarchie den ersten Platz ein;
ihr priesterliches Haupt ist somit das natürliche Oberhaupt des Staates.
Dieser logischen Deduktion kann man kein einziges vernünftiges Wort
entgegenstellen, sondern nur fadenscheinige Sophismen. Hatte doch im
weltlichsten aller Staaten, in Rom, der Imperator sich den Titel und
das Amt eines Pontifex maximus als höchste Würde, als unübertreff-
bare Gewähr der göttlichen Berechtigung beigelegt (Caesar Divi genus —
denn auch dieser Gedanke ist nicht etwa ein christlicher)! Und sollte
nicht im kirchlichen Staate, jenem Staate, dem erst die Religion Uni-
versitalität und Allgewalt geschenkt hatte, der Pontifex maximus sich
nun umgekehrt berechtigt und genötigt fühlen, sein Amt als das eines
Imperators aufzufassen? 3)
So viel nur über die duplex potestas.
Diese beiden Ausführungen: die erste über die prinzipielle Iden-
tität zwischen Kaisertum und Papsttum (beide nur Glieder und Mani-
1) Siehe die Bulle Ineffabilis in Hefele: Konziliengeschichte, 2. Ausg. VI, 297 fg., und
die Bulle Unam sanctam, ebenda, S. 347 fg. Ich citiere nach der Hefele’schen Übersetzung
ins Deutsche, also nach einer orthodox katholischen und zugleich autoritativen Quelle.
2) Dieser Gedanke kehrt bei den alten Schriftstellern immer wieder.
3) Man vergleiche das treffliche Wort des spanischen Staatsmannes Antonio
Perez, im vorigen Kapitel, S. 615, angeführt.
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