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Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899.

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Der Eintritt der Germanen in die Weltgeschichte.
anderen, kecken Gestalt, dem Hasselfritz, heisst es, er habe braune
Augen und braunes Haar; diese echtesten Germanen gleichen also
dem Achilles mit seinem "bräunlichen Haupthaar".1) Wie oft kommen
auch in den Volksliedern "schwarzbraune Äugelein" vor! Auch Burns,
der schottische Bauerndichter, schwärmt für die "nut-brown maidens"
seiner Heimat. Als ich nun einmal bei einer Reise in Norwegen
nördlich vom 70. Grad zufällig nach einer Inselgruppe verschlagen
wurde, wohin sonst kaum je ein Fremder kommt, fand ich zu meinem
Erstaunen unter der sonst blonden Fischerbevölkerung einzelne jenem
Typus genau entsprechende Gestalten: ausnehmend schön gewachsene
Männer mit edlen, imponierenden Vikinger-Physiognomien, dazu fast
rabenschwarze Haare. Später begegnete ich diesem Typus im Süd-
osten von Europa, in den deutschen Kolonieen Slavoniens, die, seit
Jahrhunderten dort ansässig, ihr Deutschtum inmitten der Slaven
makellos rein erhalten haben: die Gestalt, der Moltketypus, (oder wie
der Engländer sagt, das Wellingtongesicht) und das schwarze Haar
zeichnen diese Leute vor ihrer meist blonden und physiognomisch
durchaus unbedeutenden Umgebung aus. Übrigens brauchen wir nicht
so weit zu gehen: wir finden diesen Typus als den fast vorherrschenden
im deutschen Tirol, von dem Henke sagt, seine Bewohner stellen
"den wahren Typus der jetzt lebenden Urgermanen dar". Dass auch
sie meist dunkles, oft schwarzes Haar haben, erklärt allerdings der
genannte Gelehrte dadurch, dass "die Sonne sie dunkel gebrannt hat",
und meint dazu, die Farbe sei "die Eigenschaft, die sich am leichtesten
mit der Zeit verändert". Virchow's Untersuchungen hatten aber schon
längst das Gegenteil erwiesen (siehe S. 369), und wir könnten auf
diese Behauptung mit der Frage antworten: warum war David blond?
warum behielten die Juden von den Amoritern eine gewisse Neigung
zu rotblondem Haar, weiter nichts? Welche Sonne hat dem englischen
Adel und gar erst dem Norweger im fernsten Norden, wo die Sonne
monatelang gar nicht gesehen wird, die Haare dunkel gebrannt? Nein,
hier liegen gewiss andere Verhältnisse vor, die erst physiologisch werden
aufgeklärt werden müssen, was bisher meines Wissens nicht geschah.2)
Ebenso wie gewisse rote Blumen an bestimmten Standorten, oder auch
unter dem Einfluss von Bedingungen, die sich der menschlichen Be-

1) Ilias XXIII, 141.
2) Wenigstens konnte ich weder in physiologischen Lehrbüchern, noch in
solchen Specialschriften wie die Waldeyer's etwas diesbezügliches finden.

Der Eintritt der Germanen in die Weltgeschichte.
anderen, kecken Gestalt, dem Hasselfritz, heisst es, er habe braune
Augen und braunes Haar; diese echtesten Germanen gleichen also
dem Achilles mit seinem »bräunlichen Haupthaar«.1) Wie oft kommen
auch in den Volksliedern »schwarzbraune Äugelein« vor! Auch Burns,
der schottische Bauerndichter, schwärmt für die »nut-brown maidens«
seiner Heimat. Als ich nun einmal bei einer Reise in Norwegen
nördlich vom 70. Grad zufällig nach einer Inselgruppe verschlagen
wurde, wohin sonst kaum je ein Fremder kommt, fand ich zu meinem
Erstaunen unter der sonst blonden Fischerbevölkerung einzelne jenem
Typus genau entsprechende Gestalten: ausnehmend schön gewachsene
Männer mit edlen, imponierenden Vikinger-Physiognomien, dazu fast
rabenschwarze Haare. Später begegnete ich diesem Typus im Süd-
osten von Europa, in den deutschen Kolonieen Slavoniens, die, seit
Jahrhunderten dort ansässig, ihr Deutschtum inmitten der Slaven
makellos rein erhalten haben: die Gestalt, der Moltketypus, (oder wie
der Engländer sagt, das Wellingtongesicht) und das schwarze Haar
zeichnen diese Leute vor ihrer meist blonden und physiognomisch
durchaus unbedeutenden Umgebung aus. Übrigens brauchen wir nicht
so weit zu gehen: wir finden diesen Typus als den fast vorherrschenden
im deutschen Tirol, von dem Henke sagt, seine Bewohner stellen
»den wahren Typus der jetzt lebenden Urgermanen dar«. Dass auch
sie meist dunkles, oft schwarzes Haar haben, erklärt allerdings der
genannte Gelehrte dadurch, dass »die Sonne sie dunkel gebrannt hat«,
und meint dazu, die Farbe sei »die Eigenschaft, die sich am leichtesten
mit der Zeit verändert«. Virchow’s Untersuchungen hatten aber schon
längst das Gegenteil erwiesen (siehe S. 369), und wir könnten auf
diese Behauptung mit der Frage antworten: warum war David blond?
warum behielten die Juden von den Amoritern eine gewisse Neigung
zu rotblondem Haar, weiter nichts? Welche Sonne hat dem englischen
Adel und gar erst dem Norweger im fernsten Norden, wo die Sonne
monatelang gar nicht gesehen wird, die Haare dunkel gebrannt? Nein,
hier liegen gewiss andere Verhältnisse vor, die erst physiologisch werden
aufgeklärt werden müssen, was bisher meines Wissens nicht geschah.2)
Ebenso wie gewisse rote Blumen an bestimmten Standorten, oder auch
unter dem Einfluss von Bedingungen, die sich der menschlichen Be-

1) Ilias XXIII, 141.
2) Wenigstens konnte ich weder in physiologischen Lehrbüchern, noch in
solchen Specialschriften wie die Waldeyer’s etwas diesbezügliches finden.
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[487/0510] Der Eintritt der Germanen in die Weltgeschichte. anderen, kecken Gestalt, dem Hasselfritz, heisst es, er habe braune Augen und braunes Haar; diese echtesten Germanen gleichen also dem Achilles mit seinem »bräunlichen Haupthaar«. 1) Wie oft kommen auch in den Volksliedern »schwarzbraune Äugelein« vor! Auch Burns, der schottische Bauerndichter, schwärmt für die »nut-brown maidens« seiner Heimat. Als ich nun einmal bei einer Reise in Norwegen nördlich vom 70. Grad zufällig nach einer Inselgruppe verschlagen wurde, wohin sonst kaum je ein Fremder kommt, fand ich zu meinem Erstaunen unter der sonst blonden Fischerbevölkerung einzelne jenem Typus genau entsprechende Gestalten: ausnehmend schön gewachsene Männer mit edlen, imponierenden Vikinger-Physiognomien, dazu fast rabenschwarze Haare. Später begegnete ich diesem Typus im Süd- osten von Europa, in den deutschen Kolonieen Slavoniens, die, seit Jahrhunderten dort ansässig, ihr Deutschtum inmitten der Slaven makellos rein erhalten haben: die Gestalt, der Moltketypus, (oder wie der Engländer sagt, das Wellingtongesicht) und das schwarze Haar zeichnen diese Leute vor ihrer meist blonden und physiognomisch durchaus unbedeutenden Umgebung aus. Übrigens brauchen wir nicht so weit zu gehen: wir finden diesen Typus als den fast vorherrschenden im deutschen Tirol, von dem Henke sagt, seine Bewohner stellen »den wahren Typus der jetzt lebenden Urgermanen dar«. Dass auch sie meist dunkles, oft schwarzes Haar haben, erklärt allerdings der genannte Gelehrte dadurch, dass »die Sonne sie dunkel gebrannt hat«, und meint dazu, die Farbe sei »die Eigenschaft, die sich am leichtesten mit der Zeit verändert«. Virchow’s Untersuchungen hatten aber schon längst das Gegenteil erwiesen (siehe S. 369), und wir könnten auf diese Behauptung mit der Frage antworten: warum war David blond? warum behielten die Juden von den Amoritern eine gewisse Neigung zu rotblondem Haar, weiter nichts? Welche Sonne hat dem englischen Adel und gar erst dem Norweger im fernsten Norden, wo die Sonne monatelang gar nicht gesehen wird, die Haare dunkel gebrannt? Nein, hier liegen gewiss andere Verhältnisse vor, die erst physiologisch werden aufgeklärt werden müssen, was bisher meines Wissens nicht geschah. 2) Ebenso wie gewisse rote Blumen an bestimmten Standorten, oder auch unter dem Einfluss von Bedingungen, die sich der menschlichen Be- 1) Ilias XXIII, 141. 2) Wenigstens konnte ich weder in physiologischen Lehrbüchern, noch in solchen Specialschriften wie die Waldeyer’s etwas diesbezügliches finden.

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Zitationshilfe: Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamberlain_grundlagen01_1899/510>, abgerufen am 24.11.2024.