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Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899.

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Die Erben.
ja freilich, ein rasender Egoist, nur aber für seine ganze Nation,
nicht für sich persönlich. Hier also, wie überall, ist die ideale
Gesinnung die einzige, welche Macht hat zu schaffen und zu erhalten,
und selbst die Religion des Materialismus ruht auf ihr. Gefälscht
haben diese Männer, das steht ausser Frage, und Geschichte fälschen
ist in einem gewissen Sinne noch schlimmer als Wechsel fälschen,
es kann von unermesslicher Tragweite sein; die vielen Millionen,
die durch oder für das Christentum hingeschlachtet wurden,1) sowie
die vielen für ihren Glauben gestorbenen Juden sind alle Opfer der
Fälschungen des Esra und der grossen Synagoge; doch dürfen wir die
Motive dieser Männer nicht verdächtigen. Sie handelten in der höchsten
Verzweiflung; sie wollten das Unmögliche vollbringen: ihre Nation vor
dem Untergang retten, gewiss ein edles Ziel; siegen konnten sie nur
durch die sofortige Anwendung der äussersten Mittel; es war ein Wahn-
gedanke, doch kein unedler, denn vor allem wollten sie ihrem Gott
dienen. "An ihnen will ich erzeigen, dass ich heilig bin" (Hesekiel
XXVIII, 25); "dies Volk habe ich mir zugerichtet, es soll meinen
Ruhm
erzählen" (Jesaia XLIII, 21, nachexilische Einschaltung). Ver-
schwand das jüdische Volk, so blieb Jahve ohne Ehre zurück. Dass
die Begründer des Judentums so rein und selbstlos dachten, dass sie die
Augen zu einem Gott emporhoben, das war die Quelle ihrer Kraft.
Der Gedanke, die Nation durch das strenge Verbot der Mischehen zu
isolieren und aus dem hoffnungslos bastardierten Israeliten eine Edel-
rasse zu züchten, ist geradezu genial; ebenso der Einfall, die Reinheit
der Rasse als ein historisches Erbe, als das besondere, charakteristische
Merkmal des Juden hinzustellen! Das gesamte Gesetz gehört ebenfalls
hierher, denn durch dieses Gesetz erst gelang es, jeden anderen Ge-
danken als den an Jahve zu verbannen, das Volk also wirklich zu einem
"heiligen" (nach semitischen Begriffen) zu machen. Ein jüdischer Autor
teilt uns mit: "für den Sabbat allein giebt es 39 Kapitel verbotener Be-
schäftigungen, jedes Kapitel wieder mit Unterabteilungen ad infinitum".2)
365 Verbote und 248 Gebote sollen dem Moses auf dem Sinai gelehrt
worden sein,3) und das giebt erst das vorläufige Gerüst ab für das aus-

1) Voltaire giebt in seiner Schrift Dieu et les hommes eine ausführliche Be-
rechnung, wonach zehn Millionen Menschen als Opfer der christlichen Kirchenlehre
gefallen wären, doch hat er überall die Zahlen sehr reduziert, bisweilen auf die
Hälfte, um nur ja nicht der Übertreibung beschuldigt zu werden.
2) Montefiore: Religion of the ancient Hebrews, p. 504.
3) Talmud: Traktat Makkoth, Abschn. 3 (nach Grünwald).

Die Erben.
ja freilich, ein rasender Egoist, nur aber für seine ganze Nation,
nicht für sich persönlich. Hier also, wie überall, ist die ideale
Gesinnung die einzige, welche Macht hat zu schaffen und zu erhalten,
und selbst die Religion des Materialismus ruht auf ihr. Gefälscht
haben diese Männer, das steht ausser Frage, und Geschichte fälschen
ist in einem gewissen Sinne noch schlimmer als Wechsel fälschen,
es kann von unermesslicher Tragweite sein; die vielen Millionen,
die durch oder für das Christentum hingeschlachtet wurden,1) sowie
die vielen für ihren Glauben gestorbenen Juden sind alle Opfer der
Fälschungen des Esra und der grossen Synagoge; doch dürfen wir die
Motive dieser Männer nicht verdächtigen. Sie handelten in der höchsten
Verzweiflung; sie wollten das Unmögliche vollbringen: ihre Nation vor
dem Untergang retten, gewiss ein edles Ziel; siegen konnten sie nur
durch die sofortige Anwendung der äussersten Mittel; es war ein Wahn-
gedanke, doch kein unedler, denn vor allem wollten sie ihrem Gott
dienen. »An ihnen will ich erzeigen, dass ich heilig bin« (Hesekiel
XXVIII, 25); »dies Volk habe ich mir zugerichtet, es soll meinen
Ruhm
erzählen« (Jesaia XLIII, 21, nachexilische Einschaltung). Ver-
schwand das jüdische Volk, so blieb Jahve ohne Ehre zurück. Dass
die Begründer des Judentums so rein und selbstlos dachten, dass sie die
Augen zu einem Gott emporhoben, das war die Quelle ihrer Kraft.
Der Gedanke, die Nation durch das strenge Verbot der Mischehen zu
isolieren und aus dem hoffnungslos bastardierten Israeliten eine Edel-
rasse zu züchten, ist geradezu genial; ebenso der Einfall, die Reinheit
der Rasse als ein historisches Erbe, als das besondere, charakteristische
Merkmal des Juden hinzustellen! Das gesamte Gesetz gehört ebenfalls
hierher, denn durch dieses Gesetz erst gelang es, jeden anderen Ge-
danken als den an Jahve zu verbannen, das Volk also wirklich zu einem
»heiligen« (nach semitischen Begriffen) zu machen. Ein jüdischer Autor
teilt uns mit: »für den Sabbat allein giebt es 39 Kapitel verbotener Be-
schäftigungen, jedes Kapitel wieder mit Unterabteilungen ad infinitum«.2)
365 Verbote und 248 Gebote sollen dem Moses auf dem Sinai gelehrt
worden sein,3) und das giebt erst das vorläufige Gerüst ab für das aus-

1) Voltaire giebt in seiner Schrift Dieu et les hommes eine ausführliche Be-
rechnung, wonach zehn Millionen Menschen als Opfer der christlichen Kirchenlehre
gefallen wären, doch hat er überall die Zahlen sehr reduziert, bisweilen auf die
Hälfte, um nur ja nicht der Übertreibung beschuldigt zu werden.
2) Montefiore: Religion of the ancient Hebrews, p. 504.
3) Talmud: Traktat Makkoth, Abschn. 3 (nach Grünwald).
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[452/0475] Die Erben. ja freilich, ein rasender Egoist, nur aber für seine ganze Nation, nicht für sich persönlich. Hier also, wie überall, ist die ideale Gesinnung die einzige, welche Macht hat zu schaffen und zu erhalten, und selbst die Religion des Materialismus ruht auf ihr. Gefälscht haben diese Männer, das steht ausser Frage, und Geschichte fälschen ist in einem gewissen Sinne noch schlimmer als Wechsel fälschen, es kann von unermesslicher Tragweite sein; die vielen Millionen, die durch oder für das Christentum hingeschlachtet wurden, 1) sowie die vielen für ihren Glauben gestorbenen Juden sind alle Opfer der Fälschungen des Esra und der grossen Synagoge; doch dürfen wir die Motive dieser Männer nicht verdächtigen. Sie handelten in der höchsten Verzweiflung; sie wollten das Unmögliche vollbringen: ihre Nation vor dem Untergang retten, gewiss ein edles Ziel; siegen konnten sie nur durch die sofortige Anwendung der äussersten Mittel; es war ein Wahn- gedanke, doch kein unedler, denn vor allem wollten sie ihrem Gott dienen. »An ihnen will ich erzeigen, dass ich heilig bin« (Hesekiel XXVIII, 25); »dies Volk habe ich mir zugerichtet, es soll meinen Ruhm erzählen« (Jesaia XLIII, 21, nachexilische Einschaltung). Ver- schwand das jüdische Volk, so blieb Jahve ohne Ehre zurück. Dass die Begründer des Judentums so rein und selbstlos dachten, dass sie die Augen zu einem Gott emporhoben, das war die Quelle ihrer Kraft. Der Gedanke, die Nation durch das strenge Verbot der Mischehen zu isolieren und aus dem hoffnungslos bastardierten Israeliten eine Edel- rasse zu züchten, ist geradezu genial; ebenso der Einfall, die Reinheit der Rasse als ein historisches Erbe, als das besondere, charakteristische Merkmal des Juden hinzustellen! Das gesamte Gesetz gehört ebenfalls hierher, denn durch dieses Gesetz erst gelang es, jeden anderen Ge- danken als den an Jahve zu verbannen, das Volk also wirklich zu einem »heiligen« (nach semitischen Begriffen) zu machen. Ein jüdischer Autor teilt uns mit: »für den Sabbat allein giebt es 39 Kapitel verbotener Be- schäftigungen, jedes Kapitel wieder mit Unterabteilungen ad infinitum«. 2) 365 Verbote und 248 Gebote sollen dem Moses auf dem Sinai gelehrt worden sein, 3) und das giebt erst das vorläufige Gerüst ab für das aus- 1) Voltaire giebt in seiner Schrift Dieu et les hommes eine ausführliche Be- rechnung, wonach zehn Millionen Menschen als Opfer der christlichen Kirchenlehre gefallen wären, doch hat er überall die Zahlen sehr reduziert, bisweilen auf die Hälfte, um nur ja nicht der Übertreibung beschuldigt zu werden. 2) Montefiore: Religion of the ancient Hebrews, p. 504. 3) Talmud: Traktat Makkoth, Abschn. 3 (nach Grünwald).

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamberlain_grundlagen01_1899/475>, abgerufen am 22.11.2024.