Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899.Der Eintritt der Juden in die abendländische Geschichte. verehrt wurde, ersehen wir (trotz aller späteren Korrekturen derJuden) aus solchen Thatsachen, wie dass der erste israelitische Held auf palästinischem Boden Jerubbaal heisst1) (und ausserdem eine Hethiterin zur Frau nimmt), dass der erste König, Saul, einen seiner Söhne Isbaal nennt, David einen der seinigen Baaliada, Jonathan seinen einzigen Sohn Meribaal, u. s. w.. Auch das Prophetenwesen entlehnten die Israeliten den Kanaanitern und von ihnen übernahmen sie den ganzen äusseren Kultus, sowie die Tradition der heiligen Orte.2) Ich brauche hier nicht auszuführen, was Jeder in der Bibel finden wird (allerdings manchmal unter so vielen fremdklingenden Namen verhüllt, dass man ohne kundigen Führer nicht auskommt): welche grosse Rolle die Hethiter, sowie ihre Stammbrüder, die Philister, in der Geschichte Israels spielen. Bis die Verschmelzung sehr weit vor- gedrungen und dadurch die Unterscheidung der Namen verschwunden ist, finden wir diese überall wieder, namentlich unter den tüchtigsten Soldaten; und wie vieles gerade von diesen Angaben wird durch die spätere jüdische Redaktion der Bibel, die möglichst das Fremde aus- zutilgen und die Fiktion einer rein abrahamidischen Herkunft einzu- führen strebte, verschwunden sein! David's Leibgarde ist, wenn nicht ausschliesslich, so doch zum grossen Teil aus Männern zusammen- gesetzt, die nicht zu Israel gehören: Hethiter und Gethiter bekleiden darin wichtige Offiziersposten; Krethi und Plethi, Philister und aller- hand anderes fremde Volk, teils syrisch, teils fast rein europäisch, einiges hellenisch, bilden die Masse.3) David hat überhaupt den Thron nur mit Hilfe der Philister -- und wahrscheinlich als ihr Vasall4) -- erobert; er hat auch alles gethan, was an ihm lag, um die Verschmelzung der Israeliten mit ihren Nachbarn zu fördern und gab selber das Beispiel der Ehen mit den Töchtern aus syrischem und indoeuropäischem Stamme. 1) Eine Thatsache, welche die spätere Redaktion der Bibel zu vertuschen suchte (Richter VI, 32) während die ältere nicht daran gedacht hatte (I. Sam. XII, 11). 2) Vergl. hierzu Wellhausen: a. a. O., S. 49 fg., 102 fg.; über die heiligen Orte, desselben Autors Prolegomena zur Geschichte Israels, 4. Aufl., S. 18 fg. 3) Dazu kommen Araber, Hebräer nicht aus israelitischen Stämmen, Aramäer und allerlei pseudosemitische Fremde. Da es nach der (allerdings ungewöhnlich stark erlogenen) Volkszählung unter David 1 300000 kriegsfähige Männer in Israel und Juda gegeben haben soll (II. Samuel XXIV), so bekommen wir den Eindruck, dass die Israeliten selber wenig kriegerisch gesinnt waren. Siehe namentlich Renan: Israel II, livre 3, ch. I. 4) Wellhausen: Israelitische und jüdische Geschichte, S. 58.
Der Eintritt der Juden in die abendländische Geschichte. verehrt wurde, ersehen wir (trotz aller späteren Korrekturen derJuden) aus solchen Thatsachen, wie dass der erste israelitische Held auf palästinischem Boden Jerubbaal heisst1) (und ausserdem eine Hethiterin zur Frau nimmt), dass der erste König, Saul, einen seiner Söhne Isbaal nennt, David einen der seinigen Baaliada, Jonathan seinen einzigen Sohn Meribaal, u. s. w.. Auch das Prophetenwesen entlehnten die Israeliten den Kanaanitern und von ihnen übernahmen sie den ganzen äusseren Kultus, sowie die Tradition der heiligen Orte.2) Ich brauche hier nicht auszuführen, was Jeder in der Bibel finden wird (allerdings manchmal unter so vielen fremdklingenden Namen verhüllt, dass man ohne kundigen Führer nicht auskommt): welche grosse Rolle die Hethiter, sowie ihre Stammbrüder, die Philister, in der Geschichte Israels spielen. Bis die Verschmelzung sehr weit vor- gedrungen und dadurch die Unterscheidung der Namen verschwunden ist, finden wir diese überall wieder, namentlich unter den tüchtigsten Soldaten; und wie vieles gerade von diesen Angaben wird durch die spätere jüdische Redaktion der Bibel, die möglichst das Fremde aus- zutilgen und die Fiktion einer rein abrahamidischen Herkunft einzu- führen strebte, verschwunden sein! David’s Leibgarde ist, wenn nicht ausschliesslich, so doch zum grossen Teil aus Männern zusammen- gesetzt, die nicht zu Israel gehören: Hethiter und Gethiter bekleiden darin wichtige Offiziersposten; Krethi und Plethi, Philister und aller- hand anderes fremde Volk, teils syrisch, teils fast rein europäisch, einiges hellenisch, bilden die Masse.3) David hat überhaupt den Thron nur mit Hilfe der Philister — und wahrscheinlich als ihr Vasall4) — erobert; er hat auch alles gethan, was an ihm lag, um die Verschmelzung der Israeliten mit ihren Nachbarn zu fördern und gab selber das Beispiel der Ehen mit den Töchtern aus syrischem und indoeuropäischem Stamme. 1) Eine Thatsache, welche die spätere Redaktion der Bibel zu vertuschen suchte (Richter VI, 32) während die ältere nicht daran gedacht hatte (I. Sam. XII, 11). 2) Vergl. hierzu Wellhausen: a. a. O., S. 49 fg., 102 fg.; über die heiligen Orte, desselben Autors Prolegomena zur Geschichte Israels, 4. Aufl., S. 18 fg. 3) Dazu kommen Araber, Hebräer nicht aus israelitischen Stämmen, Aramäer und allerlei pseudosemitische Fremde. Da es nach der (allerdings ungewöhnlich stark erlogenen) Volkszählung unter David 1 300000 kriegsfähige Männer in Israel und Juda gegeben haben soll (II. Samuel XXIV), so bekommen wir den Eindruck, dass die Israeliten selber wenig kriegerisch gesinnt waren. Siehe namentlich Renan: Israël II, livre 3, ch. I. 4) Wellhausen: Israelitische und jüdische Geschichte, S. 58.
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Der Eintritt der Juden in die abendländische Geschichte.
verehrt wurde, ersehen wir (trotz aller späteren Korrekturen der
Juden) aus solchen Thatsachen, wie dass der erste israelitische Held
auf palästinischem Boden Jerubbaal heisst 1) (und ausserdem eine
Hethiterin zur Frau nimmt), dass der erste König, Saul, einen seiner
Söhne Isbaal nennt, David einen der seinigen Baaliada, Jonathan
seinen einzigen Sohn Meribaal, u. s. w.. Auch das Prophetenwesen
entlehnten die Israeliten den Kanaanitern und von ihnen übernahmen
sie den ganzen äusseren Kultus, sowie die Tradition der heiligen
Orte. 2) Ich brauche hier nicht auszuführen, was Jeder in der Bibel
finden wird (allerdings manchmal unter so vielen fremdklingenden Namen
verhüllt, dass man ohne kundigen Führer nicht auskommt): welche
grosse Rolle die Hethiter, sowie ihre Stammbrüder, die Philister, in
der Geschichte Israels spielen. Bis die Verschmelzung sehr weit vor-
gedrungen und dadurch die Unterscheidung der Namen verschwunden
ist, finden wir diese überall wieder, namentlich unter den tüchtigsten
Soldaten; und wie vieles gerade von diesen Angaben wird durch die
spätere jüdische Redaktion der Bibel, die möglichst das Fremde aus-
zutilgen und die Fiktion einer rein abrahamidischen Herkunft einzu-
führen strebte, verschwunden sein! David’s Leibgarde ist, wenn
nicht ausschliesslich, so doch zum grossen Teil aus Männern zusammen-
gesetzt, die nicht zu Israel gehören: Hethiter und Gethiter bekleiden
darin wichtige Offiziersposten; Krethi und Plethi, Philister und aller-
hand anderes fremde Volk, teils syrisch, teils fast rein europäisch,
einiges hellenisch, bilden die Masse. 3) David hat überhaupt den
Thron nur mit Hilfe der Philister — und wahrscheinlich als ihr
Vasall 4) — erobert; er hat auch alles gethan, was an ihm lag, um die
Verschmelzung der Israeliten mit ihren Nachbarn zu fördern und gab
selber das Beispiel der Ehen mit den Töchtern aus syrischem und
indoeuropäischem Stamme.
1) Eine Thatsache, welche die spätere Redaktion der Bibel zu vertuschen
suchte (Richter VI, 32) während die ältere nicht daran gedacht hatte (I. Sam. XII, 11).
2) Vergl. hierzu Wellhausen: a. a. O., S. 49 fg., 102 fg.; über die heiligen
Orte, desselben Autors Prolegomena zur Geschichte Israels, 4. Aufl., S. 18 fg.
3) Dazu kommen Araber, Hebräer nicht aus israelitischen Stämmen, Aramäer
und allerlei pseudosemitische Fremde. Da es nach der (allerdings ungewöhnlich
stark erlogenen) Volkszählung unter David 1 300000 kriegsfähige Männer in Israel
und Juda gegeben haben soll (II. Samuel XXIV), so bekommen wir den Eindruck,
dass die Israeliten selber wenig kriegerisch gesinnt waren. Siehe namentlich
Renan: Israël II, livre 3, ch. I.
4) Wellhausen: Israelitische und jüdische Geschichte, S. 58.
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