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Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899.

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Die Erben.
zum grössten Teil mit indoeuropäischen Völkern stattfand,1) in Rom
mit furchtbarer Schnelligkeit, nachdem Marius und Sulla die Blüte der
echten Römer ermordet, den Urquell edlen Blutes also eingedämmt
und im selben Augenblick durch die Freisprechung der Sklaven wahre
Fluten afrikanischen und asiatischen Blutes ins Volk gebracht hatten
und bald darauf Rom das Stelldichein aller Mestizen der Welt, die
cloaca gentium geworden war. Ähnliches bemerken wir auf allen
Seiten. Wir sehen die Engländer aus einer gegenseitigen Durch-
dringung getrennter, doch nahe verwandter, germanischer Stämme
hervorgehen; die normannische Invasion giebt hier gewissermassen die
letzte Würze, den letzten Glanz; dagegen haben es die historisch-
geographischen Bedingungen mit sich gebracht, dass die verwandt-
schaftlich etwas ferner stehenden Kelten bei Seite blieben und selbst
heute noch nur nach und nach mit der herrschenden Rasse ver-
schmelzen. Wie offenbar anregend und auffrischend wirkt auf die Be-
völkerung Berlins (noch bis heute) die Einwanderung der französischen
Hugenotten, fremd genug, um das Leben durch Neues zu bereichern,
freund genug, um mit ihren preussischen Wirten nicht zusammen-
geschraubte Bastarde, sondern charakterstarke Männer von seltener Be-
gabung zu zeugen. Um das Entgegengesetzte zu erblicken, brauchen
wir nur nach Südamerika hinüberzuschauen. Giebt es einen jammer-
volleren Anblick als den der südamerikanischen Mestizenstaaten? Die
sogenannten Wilden von Zentralaustralien führen ein weit harmoni-
scheres, menschenwürdigeres, sagen wir ein "heiligeres" Dasein, als
diese unseligen Peruaner, Paraguayaner u. s. w., Blendlinge aus zwei (und
oft aus mehr) unvereinbaren Rassen, aus zwei Kulturen, denen nichts ge-
meinsam war, aus zwei Entwickelungsstufen, zu verschieden an Alter
und Gestalt, um eine Ehe eingehen zu können, Kinder einer natur-
widrigen Unzucht. Wer sich ernstlich über die Bedeutung von Rasse
belehren will, kann recht viel an diesen Staaten lernen; er nehme nur
die Statistiken zur Hand; er wird die verschiedensten Verhältnisse finden
zwischen der rein europäischen resp. rein indianischen Bevölkerung und
der halbschlächtigen, und er wird sehen, dass die relative Entartung mit
der Blutvermischung genau Schritt hält. Ich nehme die zwei extremen
Fälle, Chile und Peru. In Chile, dem einzigen dieser Staaten2), der
einigen, bescheidenen Anspruch auf wahre Kultur erheben kann und

1) Wogegen die Beobachtung höchst lehrreich ist, dass in Ionien der
Hellene, den buntesten Bastardierungen ausgesetzt, viel schneller verschwand.
2) Im portugiesischen Brasilien herrschen wesentlich andere Verhältnisse.

Die Erben.
zum grössten Teil mit indoeuropäischen Völkern stattfand,1) in Rom
mit furchtbarer Schnelligkeit, nachdem Marius und Sulla die Blüte der
echten Römer ermordet, den Urquell edlen Blutes also eingedämmt
und im selben Augenblick durch die Freisprechung der Sklaven wahre
Fluten afrikanischen und asiatischen Blutes ins Volk gebracht hatten
und bald darauf Rom das Stelldichein aller Mestizen der Welt, die
cloaca gentium geworden war. Ähnliches bemerken wir auf allen
Seiten. Wir sehen die Engländer aus einer gegenseitigen Durch-
dringung getrennter, doch nahe verwandter, germanischer Stämme
hervorgehen; die normannische Invasion giebt hier gewissermassen die
letzte Würze, den letzten Glanz; dagegen haben es die historisch-
geographischen Bedingungen mit sich gebracht, dass die verwandt-
schaftlich etwas ferner stehenden Kelten bei Seite blieben und selbst
heute noch nur nach und nach mit der herrschenden Rasse ver-
schmelzen. Wie offenbar anregend und auffrischend wirkt auf die Be-
völkerung Berlins (noch bis heute) die Einwanderung der französischen
Hugenotten, fremd genug, um das Leben durch Neues zu bereichern,
freund genug, um mit ihren preussischen Wirten nicht zusammen-
geschraubte Bastarde, sondern charakterstarke Männer von seltener Be-
gabung zu zeugen. Um das Entgegengesetzte zu erblicken, brauchen
wir nur nach Südamerika hinüberzuschauen. Giebt es einen jammer-
volleren Anblick als den der südamerikanischen Mestizenstaaten? Die
sogenannten Wilden von Zentralaustralien führen ein weit harmoni-
scheres, menschenwürdigeres, sagen wir ein »heiligeres« Dasein, als
diese unseligen Peruaner, Paraguayaner u. s. w., Blendlinge aus zwei (und
oft aus mehr) unvereinbaren Rassen, aus zwei Kulturen, denen nichts ge-
meinsam war, aus zwei Entwickelungsstufen, zu verschieden an Alter
und Gestalt, um eine Ehe eingehen zu können, Kinder einer natur-
widrigen Unzucht. Wer sich ernstlich über die Bedeutung von Rasse
belehren will, kann recht viel an diesen Staaten lernen; er nehme nur
die Statistiken zur Hand; er wird die verschiedensten Verhältnisse finden
zwischen der rein europäischen resp. rein indianischen Bevölkerung und
der halbschlächtigen, und er wird sehen, dass die relative Entartung mit
der Blutvermischung genau Schritt hält. Ich nehme die zwei extremen
Fälle, Chile und Peru. In Chile, dem einzigen dieser Staaten2), der
einigen, bescheidenen Anspruch auf wahre Kultur erheben kann und

1) Wogegen die Beobachtung höchst lehrreich ist, dass in Ionien der
Hellene, den buntesten Bastardierungen ausgesetzt, viel schneller verschwand.
2) Im portugiesischen Brasilien herrschen wesentlich andere Verhältnisse.
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[286/0309] Die Erben. zum grössten Teil mit indoeuropäischen Völkern stattfand, 1) in Rom mit furchtbarer Schnelligkeit, nachdem Marius und Sulla die Blüte der echten Römer ermordet, den Urquell edlen Blutes also eingedämmt und im selben Augenblick durch die Freisprechung der Sklaven wahre Fluten afrikanischen und asiatischen Blutes ins Volk gebracht hatten und bald darauf Rom das Stelldichein aller Mestizen der Welt, die cloaca gentium geworden war. Ähnliches bemerken wir auf allen Seiten. Wir sehen die Engländer aus einer gegenseitigen Durch- dringung getrennter, doch nahe verwandter, germanischer Stämme hervorgehen; die normannische Invasion giebt hier gewissermassen die letzte Würze, den letzten Glanz; dagegen haben es die historisch- geographischen Bedingungen mit sich gebracht, dass die verwandt- schaftlich etwas ferner stehenden Kelten bei Seite blieben und selbst heute noch nur nach und nach mit der herrschenden Rasse ver- schmelzen. Wie offenbar anregend und auffrischend wirkt auf die Be- völkerung Berlins (noch bis heute) die Einwanderung der französischen Hugenotten, fremd genug, um das Leben durch Neues zu bereichern, freund genug, um mit ihren preussischen Wirten nicht zusammen- geschraubte Bastarde, sondern charakterstarke Männer von seltener Be- gabung zu zeugen. Um das Entgegengesetzte zu erblicken, brauchen wir nur nach Südamerika hinüberzuschauen. Giebt es einen jammer- volleren Anblick als den der südamerikanischen Mestizenstaaten? Die sogenannten Wilden von Zentralaustralien führen ein weit harmoni- scheres, menschenwürdigeres, sagen wir ein »heiligeres« Dasein, als diese unseligen Peruaner, Paraguayaner u. s. w., Blendlinge aus zwei (und oft aus mehr) unvereinbaren Rassen, aus zwei Kulturen, denen nichts ge- meinsam war, aus zwei Entwickelungsstufen, zu verschieden an Alter und Gestalt, um eine Ehe eingehen zu können, Kinder einer natur- widrigen Unzucht. Wer sich ernstlich über die Bedeutung von Rasse belehren will, kann recht viel an diesen Staaten lernen; er nehme nur die Statistiken zur Hand; er wird die verschiedensten Verhältnisse finden zwischen der rein europäischen resp. rein indianischen Bevölkerung und der halbschlächtigen, und er wird sehen, dass die relative Entartung mit der Blutvermischung genau Schritt hält. Ich nehme die zwei extremen Fälle, Chile und Peru. In Chile, dem einzigen dieser Staaten 2), der einigen, bescheidenen Anspruch auf wahre Kultur erheben kann und 1) Wogegen die Beobachtung höchst lehrreich ist, dass in Ionien der Hellene, den buntesten Bastardierungen ausgesetzt, viel schneller verschwand. 2) Im portugiesischen Brasilien herrschen wesentlich andere Verhältnisse.

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Zitationshilfe: Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamberlain_grundlagen01_1899/309>, abgerufen am 28.11.2024.