Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899.Die Erben. Zuchtwahl der moralisch höher Stehenden gesorgt: durch die Exile,durch die fortwährende Ausscheidung in die Diaspora, welche eine Folge der Armut des Landes und der bedrängten Lage war, blieben (von den besseren Klassen) nur die gesinnungstreuesten zurück, und diese perhorrescierten jegliche eheliche Verbindung -- auch mit Juden! -- in welcher nicht beide Teile die ungetrübt reine Ab- stammung aus einem der Stämme Israels darthun konnten und deren strenge Orthodoxie nicht über jeden Zweifel erhaben war.1) Da blieb denn keine sehr grosse Auswahl; denn die nächsten Nachbarn, die Samaritaner, waren heterodox, und in den ferneren Landesteilen war, ausser bei den getrennt sich haltenden Leviten, die Bevölkerung vielfach stark gemischt. Auf diese Art wurde dort Rasse gezüchtet. Und als nun die endliche Zerstreuung kam, wurden diese einzigen echten Juden alle, oder fast alle, nach Spanien übergeführt. Da die klugen Römer nämlich sehr wohl zu unterscheiden wussten, versetzten sie diese gefährlichen Fanatiker, diese stolzen Männer, deren blosser Blick Gehorsam von der Menge erzwang, aus ihrer östlichen Heimat in den fernsten Westen,2) wogegen sie das jüdische Volk ausserhalb des engeren Judäa nicht mehr belästigten als die Juden der Diaspora.3) -- Da haben wir nun wieder einen höchst interessanten Anschauungs- unterricht über Entstehung und Wert einer "Rasse"! Denn von allen den Menschen, die wir gewohnt sind als Juden zu bezeichnen, stammen verhältnismässig wenige von jenen echten, grossen Hebräern, vielmehr sind es die Nachkommen der Juden aus der Diaspora, Juden, die nicht die letzten grossen Kämpfe, ja, zum grossen Teil nicht einmal die Makkabäerzeit mitgemacht hatten; diese und dann das arme, in Palästina zurückgebliebene Landvolk, das später in christlichen Zeiten vertrieben wurde oder flüchtete, das sind die Leute, von denen "unsere Juden" abstammen. Wer nun durch den Augenschein kennen lernen will, was edle Rasse ist und was nicht, der lasse sich aus 1) Uneheliche Kinder werden bei gläubigen Juden gar nicht in die Gemeinde aufgenommen. Bei den heutigen Sephardim im Osten Europas, wird ein Mädchen, von welchem es ruchbar wird, dass sie gefehlt hat, sofort von Bevollmächtigten der Gemeinde in irgend ein fremdes Land geführt und dort untergebracht; weder sie noch ihr Kind darf je wieder etwas von sich hören lassen, sie gelten als ge- storben. Auf diese Art wird dafür gesorgt, dass auch die blinde Liebe nicht fremdes Blut in den Stamm hineinbringe. 2) Siehe z. B. Graetz: a. a. O., Kap. 9. "Der diasporische Zeitraum". 3) In Tiberias z. B. bestand jahrhundertelang eine tonangebende Rabbiner-
schule. Die Erben. Zuchtwahl der moralisch höher Stehenden gesorgt: durch die Exile,durch die fortwährende Ausscheidung in die Diaspora, welche eine Folge der Armut des Landes und der bedrängten Lage war, blieben (von den besseren Klassen) nur die gesinnungstreuesten zurück, und diese perhorrescierten jegliche eheliche Verbindung — auch mit Juden! — in welcher nicht beide Teile die ungetrübt reine Ab- stammung aus einem der Stämme Israels darthun konnten und deren strenge Orthodoxie nicht über jeden Zweifel erhaben war.1) Da blieb denn keine sehr grosse Auswahl; denn die nächsten Nachbarn, die Samaritaner, waren heterodox, und in den ferneren Landesteilen war, ausser bei den getrennt sich haltenden Leviten, die Bevölkerung vielfach stark gemischt. Auf diese Art wurde dort Rasse gezüchtet. Und als nun die endliche Zerstreuung kam, wurden diese einzigen echten Juden alle, oder fast alle, nach Spanien übergeführt. Da die klugen Römer nämlich sehr wohl zu unterscheiden wussten, versetzten sie diese gefährlichen Fanatiker, diese stolzen Männer, deren blosser Blick Gehorsam von der Menge erzwang, aus ihrer östlichen Heimat in den fernsten Westen,2) wogegen sie das jüdische Volk ausserhalb des engeren Judäa nicht mehr belästigten als die Juden der Diaspora.3) — Da haben wir nun wieder einen höchst interessanten Anschauungs- unterricht über Entstehung und Wert einer »Rasse«! Denn von allen den Menschen, die wir gewohnt sind als Juden zu bezeichnen, stammen verhältnismässig wenige von jenen echten, grossen Hebräern, vielmehr sind es die Nachkommen der Juden aus der Diaspora, Juden, die nicht die letzten grossen Kämpfe, ja, zum grossen Teil nicht einmal die Makkabäerzeit mitgemacht hatten; diese und dann das arme, in Palästina zurückgebliebene Landvolk, das später in christlichen Zeiten vertrieben wurde oder flüchtete, das sind die Leute, von denen »unsere Juden« abstammen. Wer nun durch den Augenschein kennen lernen will, was edle Rasse ist und was nicht, der lasse sich aus 1) Uneheliche Kinder werden bei gläubigen Juden gar nicht in die Gemeinde aufgenommen. Bei den heutigen Sephardim im Osten Europas, wird ein Mädchen, von welchem es ruchbar wird, dass sie gefehlt hat, sofort von Bevollmächtigten der Gemeinde in irgend ein fremdes Land geführt und dort untergebracht; weder sie noch ihr Kind darf je wieder etwas von sich hören lassen, sie gelten als ge- storben. Auf diese Art wird dafür gesorgt, dass auch die blinde Liebe nicht fremdes Blut in den Stamm hineinbringe. 2) Siehe z. B. Graetz: a. a. O., Kap. 9. »Der diasporische Zeitraum«. 3) In Tiberias z. B. bestand jahrhundertelang eine tonangebende Rabbiner-
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Zuchtwahl der moralisch höher Stehenden gesorgt: durch die Exile,
durch die fortwährende Ausscheidung in die Diaspora, welche eine
Folge der Armut des Landes und der bedrängten Lage war, blieben
(von den besseren Klassen) nur die gesinnungstreuesten zurück, und
diese perhorrescierten jegliche eheliche Verbindung — auch mit
Juden! — in welcher nicht beide Teile die ungetrübt reine Ab-
stammung aus einem der Stämme Israels darthun konnten und deren
strenge Orthodoxie nicht über jeden Zweifel erhaben war. 1) Da
blieb denn keine sehr grosse Auswahl; denn die nächsten Nachbarn,
die Samaritaner, waren heterodox, und in den ferneren Landesteilen
war, ausser bei den getrennt sich haltenden Leviten, die Bevölkerung
vielfach stark gemischt. Auf diese Art wurde dort Rasse gezüchtet.
Und als nun die endliche Zerstreuung kam, wurden diese einzigen
echten Juden alle, oder fast alle, nach Spanien übergeführt. Da die
klugen Römer nämlich sehr wohl zu unterscheiden wussten, versetzten
sie diese gefährlichen Fanatiker, diese stolzen Männer, deren blosser
Blick Gehorsam von der Menge erzwang, aus ihrer östlichen Heimat
in den fernsten Westen, 2) wogegen sie das jüdische Volk ausserhalb
des engeren Judäa nicht mehr belästigten als die Juden der Diaspora. 3) —
Da haben wir nun wieder einen höchst interessanten Anschauungs-
unterricht über Entstehung und Wert einer »Rasse«! Denn von allen
den Menschen, die wir gewohnt sind als Juden zu bezeichnen,
stammen verhältnismässig wenige von jenen echten, grossen Hebräern,
vielmehr sind es die Nachkommen der Juden aus der Diaspora, Juden,
die nicht die letzten grossen Kämpfe, ja, zum grossen Teil nicht
einmal die Makkabäerzeit mitgemacht hatten; diese und dann das
arme, in Palästina zurückgebliebene Landvolk, das später in christlichen
Zeiten vertrieben wurde oder flüchtete, das sind die Leute, von denen
»unsere Juden« abstammen. Wer nun durch den Augenschein kennen
lernen will, was edle Rasse ist und was nicht, der lasse sich aus
1) Uneheliche Kinder werden bei gläubigen Juden gar nicht in die Gemeinde
aufgenommen. Bei den heutigen Sephardim im Osten Europas, wird ein Mädchen,
von welchem es ruchbar wird, dass sie gefehlt hat, sofort von Bevollmächtigten
der Gemeinde in irgend ein fremdes Land geführt und dort untergebracht; weder
sie noch ihr Kind darf je wieder etwas von sich hören lassen, sie gelten als ge-
storben. Auf diese Art wird dafür gesorgt, dass auch die blinde Liebe nicht
fremdes Blut in den Stamm hineinbringe.
2) Siehe z. B. Graetz: a. a. O., Kap. 9. »Der diasporische Zeitraum«.
3) In Tiberias z. B. bestand jahrhundertelang eine tonangebende Rabbiner-
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