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Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899.

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Römisches Recht.
schiedenen Gestaltungen bei allen Mitgliedern dieser Familie an; die
hartnäckige Kraft der Verwirklichung auf praktischem Gebiete war aber
Keinem so gegeben, wie den Römern. -- Man glaube doch nicht,
dass "Räuber" die Thaten vollbringen können, welche der römische
Staat, der Welt zum Heil, vollbrachte. Und wenn man die Absurdität
einer solchen Auffassung erst eingesehen hat, dann suche man tiefer,
und man wird finden, dass diese Römer eine civilisatorische Macht
ohnegleichen waren, und dass sie das nur sein konnten, weil sie,
neben grossen Fehlern und auffallenden intellektuellen Lücken, hohe
geistige und sittliche Eigenschaften besassen.

Mommsen erzählt (I, 321) von dem Bündnis zwischen denDer Kampf
gegen
die Semiten.

Babyloniern und den Phöniziern, um Griechenland und Italien zu unter-
werfen, und meint: "mit einem Schlag wäre die Freiheit und die
Civilisation vom Angesicht der Erde vertilgt gewesen". Man über-
lege sich recht, was diese Worte in dem Mund eines Mannes, der
wie kein zweiter den gesamten Stoff übersieht, bedeuten; die Freiheit
und die Civilisation (ich würde eher die Kultur gesagt haben, denn
wie kann man den Babyloniern und den Phöniziern oder auch den
Chinesen Civilisation absprechen?) wären vertilgt, also auf ewig ver-
tilgt gewesen! Und dann nehme man die Bücher zur Hand, die eine
ausführliche, wissenschaftliche Beschreibung der phönizischen und
babylonischen Civilisation geben, damit man sich klar werde, worauf
ein Urteil von dieser Tragweite sich gründet. Man wird bald ein-
sehen, was eine hellenische "Kolonie" von einer phönizischen "Faktorei"
unterscheidet; man wird auch bald an dem Unterschied zwischen
Rom und Karthago erkennen lernen, was das ist, eine ideale Kraft,
selbst auf dem Gebiete der trockensten, eigensüchtigsten Interessen-
politik. Wie viel giebt uns z. B. Jhering zu denken, wenn er
(Vorgeschichte S. 176) uns lehrt, zwischen den "Handelsstrassen" der
Semiten und den "Heeresstrassen" der Römer zu unterscheiden: jene
dem Hang nach Ausdehnung und Besitz, diese dem Bedürfnis nach Kon-
zentration und Verteidigung der Heimat entsprungen. Man wird auch
unterscheiden lernen zwischen authentischen "Räubern", die nur insofern
civilisieren, als sie mit beneidenswerter Intelligenz alle praktisch ver-
wertbaren Erfindungen aufzugreifen und zu verarbeiten, und bei fremden
Völkern im Interesse ihres Handels künstliche Bedürfnisse grosszuziehen
verstehen, sonst aber selbst ihren nächsten Stammesangehörigen jedes
menschliche Recht rauben, -- die nirgends etwas organisieren, ausser
Steuern und unbedingte Knechtschaft, die überhaupt, gleichviel wo sie

Römisches Recht.
schiedenen Gestaltungen bei allen Mitgliedern dieser Familie an; die
hartnäckige Kraft der Verwirklichung auf praktischem Gebiete war aber
Keinem so gegeben, wie den Römern. — Man glaube doch nicht,
dass »Räuber« die Thaten vollbringen können, welche der römische
Staat, der Welt zum Heil, vollbrachte. Und wenn man die Absurdität
einer solchen Auffassung erst eingesehen hat, dann suche man tiefer,
und man wird finden, dass diese Römer eine civilisatorische Macht
ohnegleichen waren, und dass sie das nur sein konnten, weil sie,
neben grossen Fehlern und auffallenden intellektuellen Lücken, hohe
geistige und sittliche Eigenschaften besassen.

Mommsen erzählt (I, 321) von dem Bündnis zwischen denDer Kampf
gegen
die Semiten.

Babyloniern und den Phöniziern, um Griechenland und Italien zu unter-
werfen, und meint: »mit einem Schlag wäre die Freiheit und die
Civilisation vom Angesicht der Erde vertilgt gewesen«. Man über-
lege sich recht, was diese Worte in dem Mund eines Mannes, der
wie kein zweiter den gesamten Stoff übersieht, bedeuten; die Freiheit
und die Civilisation (ich würde eher die Kultur gesagt haben, denn
wie kann man den Babyloniern und den Phöniziern oder auch den
Chinesen Civilisation absprechen?) wären vertilgt, also auf ewig ver-
tilgt gewesen! Und dann nehme man die Bücher zur Hand, die eine
ausführliche, wissenschaftliche Beschreibung der phönizischen und
babylonischen Civilisation geben, damit man sich klar werde, worauf
ein Urteil von dieser Tragweite sich gründet. Man wird bald ein-
sehen, was eine hellenische »Kolonie« von einer phönizischen »Faktorei«
unterscheidet; man wird auch bald an dem Unterschied zwischen
Rom und Karthago erkennen lernen, was das ist, eine ideale Kraft,
selbst auf dem Gebiete der trockensten, eigensüchtigsten Interessen-
politik. Wie viel giebt uns z. B. Jhering zu denken, wenn er
(Vorgeschichte S. 176) uns lehrt, zwischen den »Handelsstrassen« der
Semiten und den »Heeresstrassen« der Römer zu unterscheiden: jene
dem Hang nach Ausdehnung und Besitz, diese dem Bedürfnis nach Kon-
zentration und Verteidigung der Heimat entsprungen. Man wird auch
unterscheiden lernen zwischen authentischen »Räubern«, die nur insofern
civilisieren, als sie mit beneidenswerter Intelligenz alle praktisch ver-
wertbaren Erfindungen aufzugreifen und zu verarbeiten, und bei fremden
Völkern im Interesse ihres Handels künstliche Bedürfnisse grosszuziehen
verstehen, sonst aber selbst ihren nächsten Stammesangehörigen jedes
menschliche Recht rauben, — die nirgends etwas organisieren, ausser
Steuern und unbedingte Knechtschaft, die überhaupt, gleichviel wo sie

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[137/0160] Römisches Recht. schiedenen Gestaltungen bei allen Mitgliedern dieser Familie an; die hartnäckige Kraft der Verwirklichung auf praktischem Gebiete war aber Keinem so gegeben, wie den Römern. — Man glaube doch nicht, dass »Räuber« die Thaten vollbringen können, welche der römische Staat, der Welt zum Heil, vollbrachte. Und wenn man die Absurdität einer solchen Auffassung erst eingesehen hat, dann suche man tiefer, und man wird finden, dass diese Römer eine civilisatorische Macht ohnegleichen waren, und dass sie das nur sein konnten, weil sie, neben grossen Fehlern und auffallenden intellektuellen Lücken, hohe geistige und sittliche Eigenschaften besassen. Mommsen erzählt (I, 321) von dem Bündnis zwischen den Babyloniern und den Phöniziern, um Griechenland und Italien zu unter- werfen, und meint: »mit einem Schlag wäre die Freiheit und die Civilisation vom Angesicht der Erde vertilgt gewesen«. Man über- lege sich recht, was diese Worte in dem Mund eines Mannes, der wie kein zweiter den gesamten Stoff übersieht, bedeuten; die Freiheit und die Civilisation (ich würde eher die Kultur gesagt haben, denn wie kann man den Babyloniern und den Phöniziern oder auch den Chinesen Civilisation absprechen?) wären vertilgt, also auf ewig ver- tilgt gewesen! Und dann nehme man die Bücher zur Hand, die eine ausführliche, wissenschaftliche Beschreibung der phönizischen und babylonischen Civilisation geben, damit man sich klar werde, worauf ein Urteil von dieser Tragweite sich gründet. Man wird bald ein- sehen, was eine hellenische »Kolonie« von einer phönizischen »Faktorei« unterscheidet; man wird auch bald an dem Unterschied zwischen Rom und Karthago erkennen lernen, was das ist, eine ideale Kraft, selbst auf dem Gebiete der trockensten, eigensüchtigsten Interessen- politik. Wie viel giebt uns z. B. Jhering zu denken, wenn er (Vorgeschichte S. 176) uns lehrt, zwischen den »Handelsstrassen« der Semiten und den »Heeresstrassen« der Römer zu unterscheiden: jene dem Hang nach Ausdehnung und Besitz, diese dem Bedürfnis nach Kon- zentration und Verteidigung der Heimat entsprungen. Man wird auch unterscheiden lernen zwischen authentischen »Räubern«, die nur insofern civilisieren, als sie mit beneidenswerter Intelligenz alle praktisch ver- wertbaren Erfindungen aufzugreifen und zu verarbeiten, und bei fremden Völkern im Interesse ihres Handels künstliche Bedürfnisse grosszuziehen verstehen, sonst aber selbst ihren nächsten Stammesangehörigen jedes menschliche Recht rauben, — die nirgends etwas organisieren, ausser Steuern und unbedingte Knechtschaft, die überhaupt, gleichviel wo sie Der Kampf gegen die Semiten.

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Zitationshilfe: Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamberlain_grundlagen01_1899/160>, abgerufen am 23.11.2024.