Caselius, Martin: Christliche Leich-Predigt über die thewre werthe Wort S. Pauli/ die Er uns in seiner ersten Epistel an Timotheum Cap. 1/ 12. seqq. hinterlassen hat. Altenburg, 1649.Christliche Leich-Predigt. nenhero Jhm der HErr Christus vom Himmel zugeruf-fen: Saul/ Saul/ was verfolgstu mich? und als er gesagt: HErr/ wer bistu? Jhm zur Antwort hat gegeben: Jch bin Jesus/ den du verfolgest! Es wird dir schwer werden/ wider den Stachel zu lecken. Ja Er hat es bey dem Lästern und Verfolgen nicht bleiben lassen: sondern Er hat wie ein Tyrann mit Gewalt zu unterrücken/ und den Nahmen des HErrn Christi gantz und gar auszurotten und zuvertilgen in den Sinn genommen. Denn Er selbst gestehet/ Er sey gewesen [fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt], welches zwar einen Schmeher heist/ wie es der Herr Lutherus hat gegeben; Aber zugleich auch einen sol- chen Menschen/ der andere mit Gewalt unterdrücket/ welche Deutung dann alhier auch gar wol statt finden kan/ alldie- weil Er sich schon zuvor einen Lästerer genennet hat. Daß alles aber hat Er nicht wissendlich/ sondern unwissend und im Unglauben gethan. Denn Er damals noch nicht ge- gläubet hat/ daß der gecreutzigte Jesus von Nazareth der HErr Messias were/ sondern Sich von den Hohenprie- stern/ Phariseern und Schrifftgelehrten bethören und ver- führen lassen/ daß Er Jhn vor einen Verführer des Volcks geachtet/ und aus blindem Eyver mit denselben über das Gesetz Mosis/ und den Levitischen Gottesdienst fest und steiff gehalten. Daß können wir auch zum theil/ auff gewisse Maß und Weise/ auff unserm selig verstorbenen ap- pliciren. Denn Er ja auch den HErrn Christum/ seine heilige Wunden/ und hochwürdige Sacrament in vorigen Zeiten offtermals grausam gelästert/ geschendet und ge- schmehet/ sonderlich wenn Er etwa von andern zum Zorn bewogen/ und beleidigt worden ist. Aber Er hat es auch un- wissend und im Unglauben gethan. Denn ja gnugsam be- kant/ daß Er seiner Vernunfft sich allzeit nicht recht gebrau- chen
Chriſtliche Leich-Predigt. nenhero Jhm der HErr Chriſtus vom Himmel zugeruf-fen: Saul/ Saul/ was verfolgſtu mich? und als er geſagt: HErr/ wer biſtu? Jhm zur Antwort hat gegeben: Jch bin Jeſus/ den du verfolgeſt! Es wird dir ſchwer werden/ wider den Stachel zu lecken. Ja Er hat es bey dem Laͤſtern und Verfolgen nicht bleiben laſſen: ſondern Er hat wie ein Tyrann mit Gewalt zu unterruͤcken/ und den Nahmen des HErrn Chriſti gantz und gar auszurotten uñ zuvertilgen in den Sinn genom̃en. Denn Er ſelbſt geſtehet/ Er ſey geweſen [fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt], welches zwar einen Schmeher heiſt/ wie es der Herr Lutherus hat gegeben; Aber zugleich auch einen ſol- chen Menſchen/ der andere mit Gewalt unterdruͤcket/ welche Deutung dann alhier auch gar wol ſtatt finden kan/ alldie- weil Er ſich ſchon zuvor einen Laͤſterer genennet hat. Daß alles aber hat Er nicht wiſſendlich/ ſondern unwiſſend und im Unglauben gethan. Denn Er damals noch nicht ge- glaͤubet hat/ daß der gecreutzigte Jeſus von Nazareth der HErr Meſſias were/ ſondern Sich von den Hohenprie- ſtern/ Phariſeern und Schrifftgelehrten bethoͤren und ver- fuͤhren laſſen/ daß Er Jhn vor einen Verfuͤhrer des Volcks geachtet/ und aus blindem Eyver mit denselben uͤber das Gesetz Moſis/ und den Levitiſchen Gottesdienſt feſt und ſteiff gehalten. Daß koͤnnen wir auch zum theil/ auff gewiſſe Maß und Weiſe/ auff unſerm ſelig verſtorbenen ap- pliciren. Denn Er ja auch den HErrn Chriſtum/ ſeine heilige Wunden/ und hochwuͤrdige Sacrament in vorigen Zeiten offtermals grauſam gelaͤſtert/ geſchendet und ge- ſchmehet/ ſonderlich wenn Er etwa von andern zum Zorn bewogen/ und beleidigt worden iſt. Aber Er hat es auch un- wiſſend und im Unglauben gethan. Denn ja gnugſam be- kant/ daß Er ſeiner Vernunfft ſich allzeit nicht recht gebrau- chen
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Chriſtliche Leich-Predigt.
nenhero Jhm der HErr Chriſtus vom Himmel zugeruf-
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HErr/ wer biſtu? Jhm zur Antwort hat gegeben: Jch bin
Jeſus/ den du verfolgeſt! Es wird dir ſchwer werden/ wider
den Stachel zu lecken. Ja Er hat es bey dem Laͤſtern und
Verfolgen nicht bleiben laſſen: ſondern Er hat wie ein
Tyrann mit Gewalt zu unterruͤcken/ und den Nahmen des
HErrn Chriſti gantz und gar auszurotten uñ zuvertilgen in
den Sinn genom̃en. Denn Er ſelbſt geſtehet/ Er ſey geweſen
_, welches zwar einen Schmeher heiſt/ wie es der
Herr Lutherus hat gegeben; Aber zugleich auch einen ſol-
chen Menſchen/ der andere mit Gewalt unterdruͤcket/ welche
Deutung dann alhier auch gar wol ſtatt finden kan/ alldie-
weil Er ſich ſchon zuvor einen Laͤſterer genennet hat. Daß
alles aber hat Er nicht wiſſendlich/ ſondern unwiſſend und
im Unglauben gethan. Denn Er damals noch nicht ge-
glaͤubet hat/ daß der gecreutzigte Jeſus von Nazareth der
HErr Meſſias were/ ſondern Sich von den Hohenprie-
ſtern/ Phariſeern und Schrifftgelehrten bethoͤren und ver-
fuͤhren laſſen/ daß Er Jhn vor einen Verfuͤhrer des
Volcks geachtet/ und aus blindem Eyver mit denselben uͤber
das Gesetz Moſis/ und den Levitiſchen Gottesdienſt feſt
und ſteiff gehalten. Daß koͤnnen wir auch zum theil/ auff
gewiſſe Maß und Weiſe/ auff unſerm ſelig verſtorbenen ap-
pliciren. Denn Er ja auch den HErrn Chriſtum/ ſeine
heilige Wunden/ und hochwuͤrdige Sacrament in vorigen
Zeiten offtermals grauſam gelaͤſtert/ geſchendet und ge-
ſchmehet/ ſonderlich wenn Er etwa von andern zum Zorn
bewogen/ und beleidigt worden iſt. Aber Er hat es auch un-
wiſſend und im Unglauben gethan. Denn ja gnugſam be-
kant/ daß Er ſeiner Vernunfft ſich allzeit nicht recht gebrau-
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Zitationshilfe: | Caselius, Martin: Christliche Leich-Predigt über die thewre werthe Wort S. Pauli/ die Er uns in seiner ersten Epistel an Timotheum Cap. 1/ 12. seqq. hinterlassen hat. Altenburg, 1649, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/caselius_leichpredigt_1649/22>, abgerufen am 16.02.2025. |