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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Periode der Morphologie.
besonders Loven und Troschel selbst, um sie bei der Classification zu
verwerthen. Im Anschluß an die gewundenen Schalen fossiler Cepha-
lopoden wurde die geometrische Gestalt auch der Gastropodengehäuse
der Messung und Berechnung unterworfen, für welche Untersuchungen
die Arbeiten von H. Moseley und Carl Friedr. Naumann grund-
legend sind. Von größter Wichtigkeit für die systematische und morpho-
logische Auffassung der einzelnen Gruppen ist auch hier deren Embryo-
logie geworden, vor andern sind die Untersuchungen von Dumortier
(1837), van Beneden (1841), Loven (1841), C.
Vogt
(1845),
A. von Nordmann (1845), Leydig (1850), Koren und Da-
nielssen
(1851), Gegenbaur (1852) und J. D. Macdonald
(1855 flgde.) zu nennen. Für die Kenntniß der Cephalopoden bezeich-
net nach den Arbeiten Cuvier's und delle Chiaje's die Anatomie des
Nautilus von Owen (1832) einen Wendepunkt. Mit ihr beginnt die
naturgemäße Eintheilung der Classe. Der embryologischen Arbeit
Kölliker's wurde bereits gedacht. Nachdem Kölliker später die Hec-
tocotylen als zu dem Zeugungsgeschäft der Tintenfische in Beziehung
stehend, ja für die Männchen selbst gehalten hatte, fand Heinr. Müller
das wahre Männchen der Argonaute, und es wurde dann von J. B.
Verany
, C. Vogt und Steenstrup das Vorkommen der
soge-
nannten Hectocotylie bei mehreren Cephalopoden nachgewiesen. Von
großem Werthe war die Entdeckung von Resten von Weichtheilen fossiler
Cephalopoden durch Owen, wodurch deren Verwandtschaftsverhältnisse
geklärt wurden. Das monographische Hauptwerk von d'Audebard
de Ferussac
und A. d'Orbigny umfaßt auch lebende und fossile
Formen. In Bezug auf letztere war das Vorkommen der Aptychus-
Schalen schwierig zu erklären, bis 1829 Ed. Rüppell die jetzt ver-
breitete Deutung durch die Vermuthung begründete, es seien dies innere
Hartgebilde. -- Die sehr zahlreichen faunistischen Angaben über das
Vorkommen von Mollusken wurde zur Anbahnung eines Verständnisses
der geographischen Verbreitung nur noch wenig benutzt. Zur Klärung
der letzteren sind die Arbeiten von d'Orbigny, Edw. Forbes und Loven
wichtig.

Wirbelthiere. Ist bei manchen Gruppen wirbelloser Thiere

Periode der Morphologie.
beſonders Lovén und Troſchel ſelbſt, um ſie bei der Claſſification zu
verwerthen. Im Anſchluß an die gewundenen Schalen foſſiler Cepha-
lopoden wurde die geometriſche Geſtalt auch der Gaſtropodengehäuſe
der Meſſung und Berechnung unterworfen, für welche Unterſuchungen
die Arbeiten von H. Moſeley und Carl Friedr. Naumann grund-
legend ſind. Von größter Wichtigkeit für die ſyſtematiſche und morpho-
logiſche Auffaſſung der einzelnen Gruppen iſt auch hier deren Embryo-
logie geworden, vor andern ſind die Unterſuchungen von Dumortier
(1837), van Beneden (1841), Lovén (1841), C.
Vogt
(1845),
A. von Nordmann (1845), Leydig (1850), Koren und Da-
nielsſen
(1851), Gegenbaur (1852) und J. D. Macdonald
(1855 flgde.) zu nennen. Für die Kenntniß der Cephalopoden bezeich-
net nach den Arbeiten Cuvier's und delle Chiaje's die Anatomie des
Nautilus von Owen (1832) einen Wendepunkt. Mit ihr beginnt die
naturgemäße Eintheilung der Claſſe. Der embryologiſchen Arbeit
Kölliker's wurde bereits gedacht. Nachdem Kölliker ſpäter die Hec-
tocotylen als zu dem Zeugungsgeſchäft der Tintenfiſche in Beziehung
ſtehend, ja für die Männchen ſelbſt gehalten hatte, fand Heinr. Müller
das wahre Männchen der Argonaute, und es wurde dann von J. B.
Verany
, C. Vogt und Steenſtrup das Vorkommen der
ſoge-
nannten Hectocotylie bei mehreren Cephalopoden nachgewieſen. Von
großem Werthe war die Entdeckung von Reſten von Weichtheilen foſſiler
Cephalopoden durch Owen, wodurch deren Verwandtſchaftsverhältniſſe
geklärt wurden. Das monographiſche Hauptwerk von d'Audebard
de Féruſſac
und A. d'Orbigny umfaßt auch lebende und foſſile
Formen. In Bezug auf letztere war das Vorkommen der Aptychus-
Schalen ſchwierig zu erklären, bis 1829 Ed. Rüppell die jetzt ver-
breitete Deutung durch die Vermuthung begründete, es ſeien dies innere
Hartgebilde. — Die ſehr zahlreichen fauniſtiſchen Angaben über das
Vorkommen von Mollusken wurde zur Anbahnung eines Verſtändniſſes
der geographiſchen Verbreitung nur noch wenig benutzt. Zur Klärung
der letzteren ſind die Arbeiten von d'Orbigny, Edw. Forbes und Lovén
wichtig.

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[702/0713] Periode der Morphologie. beſonders Lovén und Troſchel ſelbſt, um ſie bei der Claſſification zu verwerthen. Im Anſchluß an die gewundenen Schalen foſſiler Cepha- lopoden wurde die geometriſche Geſtalt auch der Gaſtropodengehäuſe der Meſſung und Berechnung unterworfen, für welche Unterſuchungen die Arbeiten von H. Moſeley und Carl Friedr. Naumann grund- legend ſind. Von größter Wichtigkeit für die ſyſtematiſche und morpho- logiſche Auffaſſung der einzelnen Gruppen iſt auch hier deren Embryo- logie geworden, vor andern ſind die Unterſuchungen von Dumortier (1837), van Beneden (1841), Lovén (1841), C. Vogt (1845), A. von Nordmann (1845), Leydig (1850), Koren und Da- nielsſen (1851), Gegenbaur (1852) und J. D. Macdonald (1855 flgde.) zu nennen. Für die Kenntniß der Cephalopoden bezeich- net nach den Arbeiten Cuvier's und delle Chiaje's die Anatomie des Nautilus von Owen (1832) einen Wendepunkt. Mit ihr beginnt die naturgemäße Eintheilung der Claſſe. Der embryologiſchen Arbeit Kölliker's wurde bereits gedacht. Nachdem Kölliker ſpäter die Hec- tocotylen als zu dem Zeugungsgeſchäft der Tintenfiſche in Beziehung ſtehend, ja für die Männchen ſelbſt gehalten hatte, fand Heinr. Müller das wahre Männchen der Argonaute, und es wurde dann von J. B. Verany, C. Vogt und Steenſtrup das Vorkommen der ſoge- nannten Hectocotylie bei mehreren Cephalopoden nachgewieſen. Von großem Werthe war die Entdeckung von Reſten von Weichtheilen foſſiler Cephalopoden durch Owen, wodurch deren Verwandtſchaftsverhältniſſe geklärt wurden. Das monographiſche Hauptwerk von d'Audebard de Féruſſac und A. d'Orbigny umfaßt auch lebende und foſſile Formen. In Bezug auf letztere war das Vorkommen der Aptychus- Schalen ſchwierig zu erklären, bis 1829 Ed. Rüppell die jetzt ver- breitete Deutung durch die Vermuthung begründete, es ſeien dies innere Hartgebilde. — Die ſehr zahlreichen fauniſtiſchen Angaben über das Vorkommen von Mollusken wurde zur Anbahnung eines Verſtändniſſes der geographiſchen Verbreitung nur noch wenig benutzt. Zur Klärung der letzteren ſind die Arbeiten von d'Orbigny, Edw. Forbes und Lovén wichtig. Wirbelthiere. Iſt bei manchen Gruppen wirbelloſer Thiere

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 702. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/713>, abgerufen am 22.11.2024.