Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.physiologischen Gesichtspunkt herein und nennt die Wirbelthiere Fleisch- thiere, alle übrigen Fleischlose. Nach anatomischen Systemen und deren verschiedenem Vorherrschen theilt er die Wirbelthiere in Geschlechts- oder Weichenthiere (Fische), Darm- oder Bauchthiere (Reptilien), Lungen- oder Brustthiere (Vögel) und Sinnen- oder Kopfthiere (Säuge- thiere). Aehnliche Analogien und Vergleiche mit Eiern und Keimen bestimmen die Eintheilung der Fleischlosen. -- Auch Georg Aug. Gold- fuß (1782-1844) meint, das Thierreich sei die Zerspaltung des Menschen in seine organischen Systeme. Die Classen sind nach ihm als fixirte Entwickelungsstufen des höchsten Thieres zu betrachten. Jede entspricht entweder dem Geschlechts- oder dem Verdauungs- oder dem Respirations- oder dem sensiblen Systeme. Dabei stehn immer drei Classen auf gleicher Stufe relativer Ausbildung. Goldfuß führte dabei die Vierzahl in den größern und kleinern Gruppen bis zu den Gattungen so consequent durch, daß er in der Uebersicht für die noch nicht gefundenen Formen Platz läßt. Für die unterste Stufe, welche den Ei- oder Keimzustand darstellt, führte er den Namen Protozoen ein, allerdings auf Polypen und Medusen ausgedehnt. -- Enger an Oken schließt sich das System von C. G. Carus an57). Er theilt die Thiere in Eithiere, in welchen die Bedeutung des menschlichen Eies prädomi- nirt (Infusorien, Polypen, Medusen, Echinodermen), in Rumpfthiere, in welchen namentlich der vegetative Factor, also besonders die Gruppe der Rumpforgane entwickelt ist, -- sie sind entweder Bauch- und Darm- thiere (Mollusken, Gasterozoa) oder Brust- und Gliederthiere (Articu- lata s. Thoracozoa) --, und in Hirn- oder Kopfthiere, Wirbelthiere. Auch bei diesem Systeme wird die Vierzahl durchzuführen versucht. -- Wie oben erwähnt ist auch das System von Burmeister nicht ohne naturphilosophischen Beigeschmack (im Handbuch der Naturgeschichte, 1837). Den Formentypus glaubt er um so weniger in Anschlag brin- gen zu dürfen, als die Entwickelung des Systems der Thiere von den organischen Systemen der Thierheit ausgehen sollte. Er erhält daher 57) zuerst in: Isis, 1823. S. 1254, ferner in den Ur-Theilen etc. und in den Grundzügen der vergleichenden Anatomie, 1828. V. Carus, Gesch. d. Zool. 43
phyſiologiſchen Geſichtspunkt herein und nennt die Wirbelthiere Fleiſch- thiere, alle übrigen Fleiſchloſe. Nach anatomiſchen Syſtemen und deren verſchiedenem Vorherrſchen theilt er die Wirbelthiere in Geſchlechts- oder Weichenthiere (Fiſche), Darm- oder Bauchthiere (Reptilien), Lungen- oder Bruſtthiere (Vögel) und Sinnen- oder Kopfthiere (Säuge- thiere). Aehnliche Analogien und Vergleiche mit Eiern und Keimen beſtimmen die Eintheilung der Fleiſchloſen. — Auch Georg Aug. Gold- fuß (1782-1844) meint, das Thierreich ſei die Zerſpaltung des Menſchen in ſeine organiſchen Syſteme. Die Claſſen ſind nach ihm als fixirte Entwickelungsſtufen des höchſten Thieres zu betrachten. Jede entſpricht entweder dem Geſchlechts- oder dem Verdauungs- oder dem Reſpirations- oder dem ſenſiblen Syſteme. Dabei ſtehn immer drei Claſſen auf gleicher Stufe relativer Ausbildung. Goldfuß führte dabei die Vierzahl in den größern und kleinern Gruppen bis zu den Gattungen ſo conſequent durch, daß er in der Ueberſicht für die noch nicht gefundenen Formen Platz läßt. Für die unterſte Stufe, welche den Ei- oder Keimzuſtand darſtellt, führte er den Namen Protozoen ein, allerdings auf Polypen und Meduſen ausgedehnt. — Enger an Oken ſchließt ſich das Syſtem von C. G. Carus an57). Er theilt die Thiere in Eithiere, in welchen die Bedeutung des menſchlichen Eies prädomi- nirt (Infuſorien, Polypen, Meduſen, Echinodermen), in Rumpfthiere, in welchen namentlich der vegetative Factor, alſo beſonders die Gruppe der Rumpforgane entwickelt iſt, — ſie ſind entweder Bauch- und Darm- thiere (Mollusken, Gasterozoa) oder Bruſt- und Gliederthiere (Articu- lata s. Thoracozoa) —, und in Hirn- oder Kopfthiere, Wirbelthiere. Auch bei dieſem Syſteme wird die Vierzahl durchzuführen verſucht. — Wie oben erwähnt iſt auch das Syſtem von Burmeiſter nicht ohne naturphiloſophiſchen Beigeſchmack (im Handbuch der Naturgeſchichte, 1837). Den Formentypus glaubt er um ſo weniger in Anſchlag brin- gen zu dürfen, als die Entwickelung des Syſtems der Thiere von den organiſchen Syſtemen der Thierheit ausgehen ſollte. Er erhält daher 57) zuerſt in: Iſis, 1823. S. 1254, ferner in den Ur-Theilen ꝛc. und in den Grundzügen der vergleichenden Anatomie, 1828. V. Carus, Geſch. d. Zool. 43
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0684" n="673"/><fw place="top" type="header">Syſteme: <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118589717">Oken</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/100151310">Goldfuß</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119387123">Burmeiſter</persName>.</fw><lb/> phyſiologiſchen Geſichtspunkt herein und nennt die Wirbelthiere Fleiſch-<lb/> thiere, alle übrigen Fleiſchloſe. Nach anatomiſchen Syſtemen und<lb/> deren verſchiedenem Vorherrſchen theilt er die Wirbelthiere in Geſchlechts-<lb/> oder Weichenthiere (Fiſche), Darm- oder Bauchthiere (Reptilien),<lb/> Lungen- oder Bruſtthiere (Vögel) und Sinnen- oder Kopfthiere (Säuge-<lb/> thiere). Aehnliche Analogien und Vergleiche mit Eiern und Keimen<lb/> beſtimmen die Eintheilung der Fleiſchloſen. — Auch <persName ref="http://d-nb.info/gnd/100151310">Georg Aug. <hi rendition="#g">Gold-<lb/> fuß</hi></persName> (1782-1844) meint, das Thierreich ſei die Zerſpaltung des<lb/> Menſchen in ſeine organiſchen Syſteme. Die Claſſen ſind nach ihm<lb/> als fixirte Entwickelungsſtufen des höchſten Thieres zu betrachten.<lb/> Jede entſpricht entweder dem Geſchlechts- oder dem Verdauungs- oder<lb/> dem Reſpirations- oder dem ſenſiblen Syſteme. Dabei ſtehn immer<lb/> drei Claſſen auf gleicher Stufe relativer Ausbildung. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/100151310">Goldfuß</persName> führte<lb/> dabei die Vierzahl in den größern und kleinern Gruppen bis zu den<lb/> Gattungen ſo conſequent durch, daß er in der Ueberſicht für die noch<lb/> nicht gefundenen Formen Platz läßt. Für die unterſte Stufe, welche<lb/> den Ei- oder Keimzuſtand darſtellt, führte er den Namen Protozoen ein,<lb/> allerdings auf Polypen und Meduſen ausgedehnt. — Enger an <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118589717">Oken</persName><lb/> ſchließt ſich das Syſtem von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118519352">C. G. <hi rendition="#g">Carus</hi></persName> an<note place="foot" n="57)">zuerſt in: Iſis, 1823. S. 1254, ferner in den Ur-Theilen ꝛc. und in den<lb/> Grundzügen der vergleichenden Anatomie, 1828.</note>. Er theilt die Thiere<lb/> in Eithiere, in welchen die Bedeutung des menſchlichen Eies prädomi-<lb/> nirt (Infuſorien, Polypen, Meduſen, Echinodermen), in Rumpfthiere,<lb/> in welchen namentlich der vegetative Factor, alſo beſonders die Gruppe<lb/> der Rumpforgane entwickelt iſt, — ſie ſind entweder Bauch- und Darm-<lb/> thiere (Mollusken, <hi rendition="#aq">Gasterozoa</hi>) oder Bruſt- und Gliederthiere<lb/> (<hi rendition="#aq">Articu-<lb/> lata s. Thoracozoa</hi>) —, und in Hirn- oder Kopfthiere, Wirbelthiere.<lb/> Auch bei dieſem Syſteme wird die Vierzahl durchzuführen verſucht. —<lb/> Wie oben erwähnt iſt auch das Syſtem von <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119387123">Burmeiſter</persName></hi> nicht ohne<lb/> naturphiloſophiſchen Beigeſchmack (im Handbuch der Naturgeſchichte,<lb/> 1837). Den Formentypus glaubt er um ſo weniger in Anſchlag brin-<lb/> gen zu dürfen, als die Entwickelung des Syſtems der Thiere von den<lb/> organiſchen Syſtemen der Thierheit ausgehen ſollte. Er erhält daher<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/104288647">V. <hi rendition="#g">Carus</hi></persName>, Geſch. d. Zool. 43</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [673/0684]
Syſteme: Oken, Goldfuß, Burmeiſter.
phyſiologiſchen Geſichtspunkt herein und nennt die Wirbelthiere Fleiſch-
thiere, alle übrigen Fleiſchloſe. Nach anatomiſchen Syſtemen und
deren verſchiedenem Vorherrſchen theilt er die Wirbelthiere in Geſchlechts-
oder Weichenthiere (Fiſche), Darm- oder Bauchthiere (Reptilien),
Lungen- oder Bruſtthiere (Vögel) und Sinnen- oder Kopfthiere (Säuge-
thiere). Aehnliche Analogien und Vergleiche mit Eiern und Keimen
beſtimmen die Eintheilung der Fleiſchloſen. — Auch Georg Aug. Gold-
fuß (1782-1844) meint, das Thierreich ſei die Zerſpaltung des
Menſchen in ſeine organiſchen Syſteme. Die Claſſen ſind nach ihm
als fixirte Entwickelungsſtufen des höchſten Thieres zu betrachten.
Jede entſpricht entweder dem Geſchlechts- oder dem Verdauungs- oder
dem Reſpirations- oder dem ſenſiblen Syſteme. Dabei ſtehn immer
drei Claſſen auf gleicher Stufe relativer Ausbildung. Goldfuß führte
dabei die Vierzahl in den größern und kleinern Gruppen bis zu den
Gattungen ſo conſequent durch, daß er in der Ueberſicht für die noch
nicht gefundenen Formen Platz läßt. Für die unterſte Stufe, welche
den Ei- oder Keimzuſtand darſtellt, führte er den Namen Protozoen ein,
allerdings auf Polypen und Meduſen ausgedehnt. — Enger an Oken
ſchließt ſich das Syſtem von C. G. Carus an 57). Er theilt die Thiere
in Eithiere, in welchen die Bedeutung des menſchlichen Eies prädomi-
nirt (Infuſorien, Polypen, Meduſen, Echinodermen), in Rumpfthiere,
in welchen namentlich der vegetative Factor, alſo beſonders die Gruppe
der Rumpforgane entwickelt iſt, — ſie ſind entweder Bauch- und Darm-
thiere (Mollusken, Gasterozoa) oder Bruſt- und Gliederthiere
(Articu-
lata s. Thoracozoa) —, und in Hirn- oder Kopfthiere, Wirbelthiere.
Auch bei dieſem Syſteme wird die Vierzahl durchzuführen verſucht. —
Wie oben erwähnt iſt auch das Syſtem von Burmeiſter nicht ohne
naturphiloſophiſchen Beigeſchmack (im Handbuch der Naturgeſchichte,
1837). Den Formentypus glaubt er um ſo weniger in Anſchlag brin-
gen zu dürfen, als die Entwickelung des Syſtems der Thiere von den
organiſchen Syſtemen der Thierheit ausgehen ſollte. Er erhält daher
57) zuerſt in: Iſis, 1823. S. 1254, ferner in den Ur-Theilen ꝛc. und in den
Grundzügen der vergleichenden Anatomie, 1828.
V. Carus, Geſch. d. Zool. 43
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |