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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Reisende; Engländer u. Russen.
Die erste hier zu verzeichnende Erdumsegelung ist die, welche unter
Adam Joh. von Krusenstern in den Jahren 1803 bis 1806 auf
der "Nadjeschda" ausgeführt wurde und an welcher Wilhelm Gottlieb
Tilesius
(geb. 1769 in Mühlhausen in Thüringen, später von Ruß-
land geadelt als von Tilenau, in seiner Geburtsstadt 1857 gestorben)
und Georg Heinr. von Langsdorff48) als Forscher Theil nahmen.
Zwei Erdumsegelungen führte Otto von Kotzebue aus, von 1815
bis 1818 und von 1823-1826. An der ersten Reise auf dem Schiffe
"Rurik" betheiligten sich als Naturforscher der den Deutschen als Dichter
so werth gewordene Adelbert von Chamisso (geb. 1781, gest. 1838)
und Joh. Friedrich Eschscholz (geb. 1793 in Dorpat, daselbst ge-
storben 1831)49). Die Reise ist bedeutungsvoll geworden durch die
erste während derselben erfolgte Beobachtung des Generationswechsels
bei den Salpen, den Chamisso dann geschildert hat. Die zweite Fahrt
auf der "Predprijatie" (Unternehmung) machte Eschscholz nochmals als
Zoolog mit; auf seinen beiden Reisen sammelte er das Material zu
seiner später noch zu erwähnenden Arbeit über die Medusen. Die letzte
russische Expedition von größerem geographischen Umfang war die Reise
um die Erde, welche Friedr. Benj. von Lütke auf dem Schiffe "Sen-
jawin" in den Jahren 1826-1829 mit den Naturforschern Ernst
Lenz
, Alex. Postels und dem Botaniker und Ornithologen F. H.
von Kittlitz
ausführte.

Betheiligten sich an den russischen Reisen nur deutsche Natur-
forscher, so wurden dagegen von Deutschland direct aus keine größern
Expeditionen unternommen. Auf seine eignen Kosten führte Georg
Adolf Erman
(geb. 1806 in Berlin) eine Reise um die Erde auf der
russischen Fregatte "Krotkoi" 1828-1830 aus. Bilden auch seine

48) Landsdorff wurde 1774 in Wöllstein in Rheinhessen geboren, verließ 1807
in Kamtschatka die Krusenstern'sche Expedition und kam 1808 über Land nach Peters-
burg zurück. Später gieng er als russischer Consul nach Brasilien, was er 1825-29
bereiste. Von 1831 an lebte er in Freiburg i/Br., wo er 1852 starb.
49) Der Expedition war als Maler der von deutscher Familie in Jekaterinoslaw
geborene Maler Ludw. Choris zugetheilt, in dessen Voyage pittoresque autour
du monde. Paris, 1822,
Aufsätze von Chamisso enthalten sind.

Reiſende; Engländer u. Ruſſen.
Die erſte hier zu verzeichnende Erdumſegelung iſt die, welche unter
Adam Joh. von Kruſenſtern in den Jahren 1803 bis 1806 auf
der „Nadjeſchda“ ausgeführt wurde und an welcher Wilhelm Gottlieb
Tileſius
(geb. 1769 in Mühlhauſen in Thüringen, ſpäter von Ruß-
land geadelt als von Tilenau, in ſeiner Geburtsſtadt 1857 geſtorben)
und Georg Heinr. von Langsdorff48) als Forſcher Theil nahmen.
Zwei Erdumſegelungen führte Otto von Kotzebue aus, von 1815
bis 1818 und von 1823-1826. An der erſten Reiſe auf dem Schiffe
„Rurik“ betheiligten ſich als Naturforſcher der den Deutſchen als Dichter
ſo werth gewordene Adelbert von Chamiſſo (geb. 1781, geſt. 1838)
und Joh. Friedrich Eſchſcholz (geb. 1793 in Dorpat, daſelbſt ge-
ſtorben 1831)49). Die Reiſe iſt bedeutungsvoll geworden durch die
erſte während derſelben erfolgte Beobachtung des Generationswechſels
bei den Salpen, den Chamiſſo dann geſchildert hat. Die zweite Fahrt
auf der „Predprijatie“ (Unternehmung) machte Eſchſcholz nochmals als
Zoolog mit; auf ſeinen beiden Reiſen ſammelte er das Material zu
ſeiner ſpäter noch zu erwähnenden Arbeit über die Meduſen. Die letzte
ruſſiſche Expedition von größerem geographiſchen Umfang war die Reiſe
um die Erde, welche Friedr. Benj. von Lütke auf dem Schiffe „Sen-
jawin“ in den Jahren 1826-1829 mit den Naturforſchern Ernſt
Lenz
, Alex. Poſtels und dem Botaniker und Ornithologen F. H.
von Kittlitz
ausführte.

Betheiligten ſich an den ruſſiſchen Reiſen nur deutſche Natur-
forſcher, ſo wurden dagegen von Deutſchland direct aus keine größern
Expeditionen unternommen. Auf ſeine eignen Koſten führte Georg
Adolf Erman
(geb. 1806 in Berlin) eine Reiſe um die Erde auf der
ruſſiſchen Fregatte „Krotkoi“ 1828-1830 aus. Bilden auch ſeine

48) Landsdorff wurde 1774 in Wöllſtein in Rheinheſſen geboren, verließ 1807
in Kàmtſchatka die Kruſenſtern'ſche Expedition und kam 1808 über Land nach Peters-
burg zurück. Später gieng er als ruſſiſcher Conſul nach Braſilien, was er 1825-29
bereiſte. Von 1831 an lebte er in Freiburg i/Br., wo er 1852 ſtarb.
49) Der Expedition war als Maler der von deutſcher Familie in Jekaterinoslaw
geborene Maler Ludw. Choris zugetheilt, in deſſen Voyage pittoresque autour
du monde. Paris, 1822,
Aufſätze von Chamiſſo enthalten ſind.
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[655/0666] Reiſende; Engländer u. Ruſſen. Die erſte hier zu verzeichnende Erdumſegelung iſt die, welche unter Adam Joh. von Kruſenſtern in den Jahren 1803 bis 1806 auf der „Nadjeſchda“ ausgeführt wurde und an welcher Wilhelm Gottlieb Tileſius (geb. 1769 in Mühlhauſen in Thüringen, ſpäter von Ruß- land geadelt als von Tilenau, in ſeiner Geburtsſtadt 1857 geſtorben) und Georg Heinr. von Langsdorff 48) als Forſcher Theil nahmen. Zwei Erdumſegelungen führte Otto von Kotzebue aus, von 1815 bis 1818 und von 1823-1826. An der erſten Reiſe auf dem Schiffe „Rurik“ betheiligten ſich als Naturforſcher der den Deutſchen als Dichter ſo werth gewordene Adelbert von Chamiſſo (geb. 1781, geſt. 1838) und Joh. Friedrich Eſchſcholz (geb. 1793 in Dorpat, daſelbſt ge- ſtorben 1831) 49). Die Reiſe iſt bedeutungsvoll geworden durch die erſte während derſelben erfolgte Beobachtung des Generationswechſels bei den Salpen, den Chamiſſo dann geſchildert hat. Die zweite Fahrt auf der „Predprijatie“ (Unternehmung) machte Eſchſcholz nochmals als Zoolog mit; auf ſeinen beiden Reiſen ſammelte er das Material zu ſeiner ſpäter noch zu erwähnenden Arbeit über die Meduſen. Die letzte ruſſiſche Expedition von größerem geographiſchen Umfang war die Reiſe um die Erde, welche Friedr. Benj. von Lütke auf dem Schiffe „Sen- jawin“ in den Jahren 1826-1829 mit den Naturforſchern Ernſt Lenz, Alex. Poſtels und dem Botaniker und Ornithologen F. H. von Kittlitz ausführte. Betheiligten ſich an den ruſſiſchen Reiſen nur deutſche Natur- forſcher, ſo wurden dagegen von Deutſchland direct aus keine größern Expeditionen unternommen. Auf ſeine eignen Koſten führte Georg Adolf Erman (geb. 1806 in Berlin) eine Reiſe um die Erde auf der ruſſiſchen Fregatte „Krotkoi“ 1828-1830 aus. Bilden auch ſeine 48) Landsdorff wurde 1774 in Wöllſtein in Rheinheſſen geboren, verließ 1807 in Kàmtſchatka die Kruſenſtern'ſche Expedition und kam 1808 über Land nach Peters- burg zurück. Später gieng er als ruſſiſcher Conſul nach Braſilien, was er 1825-29 bereiſte. Von 1831 an lebte er in Freiburg i/Br., wo er 1852 ſtarb. 49) Der Expedition war als Maler der von deutſcher Familie in Jekaterinoslaw geborene Maler Ludw. Choris zugetheilt, in deſſen Voyage pittoresque autour du monde. Paris, 1822, Aufſätze von Chamiſſo enthalten ſind.

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 655. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/666>, abgerufen am 24.07.2024.