Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

Bild:
<< vorherige Seite

Periode der Morphologie.
Crustaceen fanden in Alexander Brongniart und Ans. Gaet. Des-
marest
43) sachverständige Bearbeiter, während die Insecten von Ernst
Friedr. Germar
, Georg Karl Berendt (Bernsteinformen), F.
Unger
, neuerdings besonders von Oswald Heer untersucht wurden.
Für die Kenntniß der fossilen Echinodermen wurde das Werk über
Crinoiden von J. S. Miller der Ausgangspunkt für weitere Arbeiten.
Die Bekanntschaft mit weitaus der größten Menge von Formen fossiler
Protozoen hat Chstn. Gfried. Ehrenberg gefördert. Eine allgemeine
Zusammenstellung der fossilen Arten gaben zuerst James Parkinson
(1804, neue Auflage 1833), in Deutschland der besonders um die
Kenntniß fossiler Pflanzen verdiente Ernst Fr. von Schlotheim (1820);
er lebte von 1764-1832 in Gotha) und Friedr. Holl (1829), wäh-
rend Georg Aug. Goldfuß neben werthvollen einzelnen Beiträgen ein
mit Unterstützung des eifrigen Sammlers Georg Graf zu Münster
(1776-1844 in Bayreuth) bearbeitetes Prachtwerk über Deutschlands
Fossilien herausgab. Werthvoll ist der bereits in zwei Auflagen erschie-
nene Traite de Paleontologie von Franc. Jules Pictet (1. Aufl.
1844-46, 2. Aufl. 1853-56).

Die Fortschritte der Geologie beseitigten nach und nach die Theorie
der plötzlichen Erdumwälzungen; dadurch erhielten die thierischen Be-
völkerungen der einzelnen Schichten den ihnen von jener Theorie ge-
raubten Zusammenhang. In welcher Weise nun die vorhin erwähnte
Entwickelungsreihe nach dieser Umgestaltung der Ansichten vom Auf-
treten der verschiedenen Stufen zur Erklärung der letzteren benutzt
wurde, wird später gezeigt werden. Der Schilderung der Fortschritte
in der Kenntniß der einzelnen Classen muß auch die Besprechung der
Leistungen vorbehalten bleiben, welche von fossilen Formen ausgehend
auf die Beurtheilung der betreffenden Gruppen von Einfluß gewesen
sind. Der Vortheil, welchen die Geologie aus der Benutzung gewisser

43) Alex. Brongniart, geb. 1770, gest. 1847 in Paris als Professor der Mine-
ralogie am Museum, Vater von Adolphe Theod. Brongniart, geb. 1801, der sich
um die Kenntniß der fossilen Pflanzen bedeutende Verdienste erworben hat. Ans.
Gaet. Desmarest
ist der Sohn des oben erwähnten Nicol. Desmarest; geb. 1784,
gest. 1838 als Professor der Zoologie an der Veterinärschule in Alfort.

Periode der Morphologie.
Cruſtaceen fanden in Alexander Brongniart und Anſ. Gaet. Des-
mareſt
43) ſachverſtändige Bearbeiter, während die Inſecten von Ernſt
Friedr. Germar
, Georg Karl Berendt (Bernſteinformen), F.
Unger
, neuerdings beſonders von Oswald Heer unterſucht wurden.
Für die Kenntniß der foſſilen Echinodermen wurde das Werk über
Crinoiden von J. S. Miller der Ausgangspunkt für weitere Arbeiten.
Die Bekanntſchaft mit weitaus der größten Menge von Formen foſſiler
Protozoen hat Chſtn. Gfried. Ehrenberg gefördert. Eine allgemeine
Zuſammenſtellung der foſſilen Arten gaben zuerſt James Parkinſon
(1804, neue Auflage 1833), in Deutſchland der beſonders um die
Kenntniß foſſiler Pflanzen verdiente Ernſt Fr. von Schlotheim (1820);
er lebte von 1764-1832 in Gotha) und Friedr. Holl (1829), wäh-
rend Georg Aug. Goldfuß neben werthvollen einzelnen Beiträgen ein
mit Unterſtützung des eifrigen Sammlers Georg Graf zu Münſter
(1776-1844 in Bayreuth) bearbeitetes Prachtwerk über Deutſchlands
Foſſilien herausgab. Werthvoll iſt der bereits in zwei Auflagen erſchie-
nene Traité de Paléontologie von Franç. Jules Pictet (1. Aufl.
1844-46, 2. Aufl. 1853-56).

Die Fortſchritte der Geologie beſeitigten nach und nach die Theorie
der plötzlichen Erdumwälzungen; dadurch erhielten die thieriſchen Be-
völkerungen der einzelnen Schichten den ihnen von jener Theorie ge-
raubten Zuſammenhang. In welcher Weiſe nun die vorhin erwähnte
Entwickelungsreihe nach dieſer Umgeſtaltung der Anſichten vom Auf-
treten der verſchiedenen Stufen zur Erklärung der letzteren benutzt
wurde, wird ſpäter gezeigt werden. Der Schilderung der Fortſchritte
in der Kenntniß der einzelnen Claſſen muß auch die Beſprechung der
Leiſtungen vorbehalten bleiben, welche von foſſilen Formen ausgehend
auf die Beurtheilung der betreffenden Gruppen von Einfluß geweſen
ſind. Der Vortheil, welchen die Geologie aus der Benutzung gewiſſer

43) Alex. Brongniart, geb. 1770, geſt. 1847 in Paris als Profeſſor der Mine-
ralogie am Muſeum, Vater von Adolphe Theod. Brongniart, geb. 1801, der ſich
um die Kenntniß der foſſilen Pflanzen bedeutende Verdienſte erworben hat. Anſ.
Gaet. Desmareſt
iſt der Sohn des oben erwähnten Nicol. Desmareſt; geb. 1784,
geſt. 1838 als Profeſſor der Zoologie an der Veterinärſchule in Alfort.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0661" n="650"/><fw place="top" type="header">Periode der Morphologie.</fw><lb/>
Cru&#x017F;taceen fanden in <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/116685298">Alexander Brongniart</persName></hi> und <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117632929">An&#x017F;. Gaet. <hi rendition="#g">Des-<lb/>
mare&#x017F;t</hi></persName><note place="foot" n="43)"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/116685298">Alex. Brongniart</persName>, geb. 1770, ge&#x017F;t. 1847 in Paris als Profe&#x017F;&#x017F;or der Mine-<lb/>
ralogie am Mu&#x017F;eum, Vater von Adolphe Theod. Brongniart, geb. 1801, der &#x017F;ich<lb/>
um die Kenntniß der fo&#x017F;&#x017F;ilen Pflanzen bedeutende Verdien&#x017F;te erworben hat. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117632929">An&#x017F;.<lb/>
Gaet. <hi rendition="#g">Desmare&#x017F;t</hi></persName> i&#x017F;t der Sohn des oben erwähnten <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117632937">Nicol. Desmare&#x017F;t;</persName> geb. 1784,<lb/>
ge&#x017F;t. 1838 als Profe&#x017F;&#x017F;or der Zoologie an der Veterinär&#x017F;chule in Alfort.</note> &#x017F;achver&#x017F;tändige Bearbeiter, während die In&#x017F;ecten von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/116588853">Ern&#x017F;t<lb/>
Friedr. <hi rendition="#g">Germar</hi></persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/116129034">Georg Karl <hi rendition="#g">Berendt</hi></persName> (Bern&#x017F;teinformen), <persName ref="http://d-nb.info/gnd/11729277X">F.<lb/><hi rendition="#g">Unger</hi></persName>, neuerdings be&#x017F;onders von <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/11656508X">Oswald Heer</persName></hi> unter&#x017F;ucht wurden.<lb/>
Für die Kenntniß der fo&#x017F;&#x017F;ilen Echinodermen wurde das Werk über<lb/>
Crinoiden von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/129694568">J. S. <hi rendition="#g">Miller</hi></persName> der Ausgangspunkt für weitere Arbeiten.<lb/>
Die Bekannt&#x017F;chaft mit weitaus der größten Menge von Formen fo&#x017F;&#x017F;iler<lb/>
Protozoen hat <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118529250">Ch&#x017F;tn. Gfried. <hi rendition="#g">Ehrenberg</hi></persName> gefördert. Eine allgemeine<lb/>
Zu&#x017F;ammen&#x017F;tellung der fo&#x017F;&#x017F;ilen Arten gaben zuer&#x017F;t <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118943022">James <hi rendition="#g">Parkin&#x017F;on</hi></persName><lb/>
(1804, neue Auflage 1833), in <placeName>Deut&#x017F;chland</placeName> der be&#x017F;onders um die<lb/>
Kenntniß fo&#x017F;&#x017F;iler Pflanzen verdiente <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117330485">Ern&#x017F;t Fr. von <hi rendition="#g">Schlotheim</hi></persName> (1820);<lb/>
er lebte von 1764-1832 in Gotha) und <persName ref="http://d-nb.info/gnd/135975557">Friedr. <hi rendition="#g">Holl</hi></persName> (1829), wäh-<lb/>
rend <persName ref="http://d-nb.info/gnd/100151310">Georg Aug. <hi rendition="#g">Goldfuß</hi></persName> neben werthvollen einzelnen Beiträgen ein<lb/>
mit Unter&#x017F;tützung des eifrigen Sammlers <persName ref="http://d-nb.info/gnd/12053343X">Georg</persName> Graf <hi rendition="#g">zu Mün&#x017F;ter</hi><lb/>
(1776-1844 in Bayreuth) bearbeitetes Prachtwerk über <placeName>Deut&#x017F;chlands</placeName><lb/>
Fo&#x017F;&#x017F;ilien herausgab. Werthvoll i&#x017F;t der bereits in zwei Auflagen er&#x017F;chie-<lb/>
nene <hi rendition="#aq">Traité de Paléontologie</hi> von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/116179147">Franç. Jules <hi rendition="#g">Pictet</hi></persName> (1. Aufl.<lb/>
1844-46, 2. Aufl. 1853-56).</p><lb/>
          <p>Die Fort&#x017F;chritte der Geologie be&#x017F;eitigten nach und nach die Theorie<lb/>
der plötzlichen Erdumwälzungen; dadurch erhielten die thieri&#x017F;chen Be-<lb/>
völkerungen der einzelnen Schichten den ihnen von jener Theorie ge-<lb/>
raubten Zu&#x017F;ammenhang. In welcher Wei&#x017F;e nun die vorhin erwähnte<lb/>
Entwickelungsreihe nach die&#x017F;er Umge&#x017F;taltung der An&#x017F;ichten vom Auf-<lb/>
treten der ver&#x017F;chiedenen Stufen zur Erklärung der letzteren benutzt<lb/>
wurde, wird &#x017F;päter gezeigt werden. Der Schilderung der Fort&#x017F;chritte<lb/>
in der Kenntniß der einzelnen Cla&#x017F;&#x017F;en muß auch die Be&#x017F;prechung der<lb/>
Lei&#x017F;tungen vorbehalten bleiben, welche von fo&#x017F;&#x017F;ilen Formen ausgehend<lb/>
auf die Beurtheilung der betreffenden Gruppen von Einfluß gewe&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ind. Der Vortheil, welchen die Geologie aus der Benutzung gewi&#x017F;&#x017F;er<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[650/0661] Periode der Morphologie. Cruſtaceen fanden in Alexander Brongniart und Anſ. Gaet. Des- mareſt 43) ſachverſtändige Bearbeiter, während die Inſecten von Ernſt Friedr. Germar, Georg Karl Berendt (Bernſteinformen), F. Unger, neuerdings beſonders von Oswald Heer unterſucht wurden. Für die Kenntniß der foſſilen Echinodermen wurde das Werk über Crinoiden von J. S. Miller der Ausgangspunkt für weitere Arbeiten. Die Bekanntſchaft mit weitaus der größten Menge von Formen foſſiler Protozoen hat Chſtn. Gfried. Ehrenberg gefördert. Eine allgemeine Zuſammenſtellung der foſſilen Arten gaben zuerſt James Parkinſon (1804, neue Auflage 1833), in Deutſchland der beſonders um die Kenntniß foſſiler Pflanzen verdiente Ernſt Fr. von Schlotheim (1820); er lebte von 1764-1832 in Gotha) und Friedr. Holl (1829), wäh- rend Georg Aug. Goldfuß neben werthvollen einzelnen Beiträgen ein mit Unterſtützung des eifrigen Sammlers Georg Graf zu Münſter (1776-1844 in Bayreuth) bearbeitetes Prachtwerk über Deutſchlands Foſſilien herausgab. Werthvoll iſt der bereits in zwei Auflagen erſchie- nene Traité de Paléontologie von Franç. Jules Pictet (1. Aufl. 1844-46, 2. Aufl. 1853-56). Die Fortſchritte der Geologie beſeitigten nach und nach die Theorie der plötzlichen Erdumwälzungen; dadurch erhielten die thieriſchen Be- völkerungen der einzelnen Schichten den ihnen von jener Theorie ge- raubten Zuſammenhang. In welcher Weiſe nun die vorhin erwähnte Entwickelungsreihe nach dieſer Umgeſtaltung der Anſichten vom Auf- treten der verſchiedenen Stufen zur Erklärung der letzteren benutzt wurde, wird ſpäter gezeigt werden. Der Schilderung der Fortſchritte in der Kenntniß der einzelnen Claſſen muß auch die Beſprechung der Leiſtungen vorbehalten bleiben, welche von foſſilen Formen ausgehend auf die Beurtheilung der betreffenden Gruppen von Einfluß geweſen ſind. Der Vortheil, welchen die Geologie aus der Benutzung gewiſſer 43) Alex. Brongniart, geb. 1770, geſt. 1847 in Paris als Profeſſor der Mine- ralogie am Muſeum, Vater von Adolphe Theod. Brongniart, geb. 1801, der ſich um die Kenntniß der foſſilen Pflanzen bedeutende Verdienſte erworben hat. Anſ. Gaet. Desmareſt iſt der Sohn des oben erwähnten Nicol. Desmareſt; geb. 1784, geſt. 1838 als Profeſſor der Zoologie an der Veterinärſchule in Alfort.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/661
Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/661>, abgerufen am 24.07.2024.