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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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dient hat, und zwar von Savigny. Marie Jules Cesar Lelorgne de
Savigny
war 1778 in Provins geboren, gieng mit der Napoleoni-
schen Expedition nach Aegypten, wurde Mitglied des ägyptischen In-
stituts, arbeitete dann, nach Frankreich zurückgekehrt, im Anschlusse an
seine im Mittel- und rothen Meer gemachten Sammlungen außer eini-
gen anderen monographischen Darstellungen die beiden Bände seiner
mit Recht berühmt gewordenen Abhandlungen über wirbellose Thiere
aus, erblindete aber ziemlich bald und starb 1851 in Paris. Nachdem
bereits Fabricius in seinem entomologischen Systeme die Mundtheile
eingehend berücksichtigt hatte, gab Savigny durch seine Darstellung das
Mittel zum Verständniß des hier vorliegenden Formenreichthums. Er
deutete zwar zunächst nur die gegliederten Anhänge des Gliederthier-
körpers und suchte die verschiedenen Entwickelungsformen derselben bei
den einzelnen Classen auf einander zurückzuführen. Damit begründete
er aber selbstverständlich die Beziehung der jene Anhänge tragenden
Segmente der einen Classe auf die entsprechenden Abschnitte in andern
Classen. Manches ist ihm wohl im Einzelnen entgangen; doch ist sein
Grundsatz der Reduction durchaus bestätigt worden. Die Stellung der
Arachniden zu den Crustaceen wurde ihm noch nicht völlig klar; er hebt
aber wie Latreille das Fehlen des eigentlichen Kopfes bei den ersteren hervor.
Die Morphologie der 1848 von von Siebold Arthropoden genannten
Abtheilung (statt der 1825 von Latreille aufgestellten Bezeichnung Con-
dylop[od]en) förderten dann vorzugsweise deutsche Forscher, unter denen
zunächst Wilh. Ferd. Erichson (geb. 1809 in Stralsund, gest. 1848
als Professor und Custos am entomologischen Museum in Berlin) die
von Savigny gegebenen Deutungen zu einer abgerundeten Theorie über
das Verhalten der Gliedmaßen ausführte (1840). Eine vorzugsweise
auf anatomische Gründe gestützte Modification dieser "Gliedmaßentheorie"
gab Wilhelm Zenker (1854), während einerseits Rudolph
Leuckart
(1848) vom anatomischen Standpunkte aus die Morphologie
der Arthropoden einer neuen Betrachtung unterworfen und Ernst
Gustav Zaddach
(geb. 1817 in Danzig, Professor in Königsberg)
die Embryologie als Maßstab der Beurtheilung, beziehentlich der theil-
weisen Umgestaltung der morphologischen Ansichten über diese Gruppen

V. Carus, Gesch. d. Zool. 41

dient hat, und zwar von Savigny. Marie Jules Céſar Lelorgne de
Savigny
war 1778 in Provins geboren, gieng mit der Napoleoni-
ſchen Expedition nach Aegypten, wurde Mitglied des ägyptiſchen In-
ſtituts, arbeitete dann, nach Frankreich zurückgekehrt, im Anſchluſſe an
ſeine im Mittel- und rothen Meer gemachten Sammlungen außer eini-
gen anderen monographiſchen Darſtellungen die beiden Bände ſeiner
mit Recht berühmt gewordenen Abhandlungen über wirbelloſe Thiere
aus, erblindete aber ziemlich bald und ſtarb 1851 in Paris. Nachdem
bereits Fabricius in ſeinem entomologiſchen Syſteme die Mundtheile
eingehend berückſichtigt hatte, gab Savigny durch ſeine Darſtellung das
Mittel zum Verſtändniß des hier vorliegenden Formenreichthums. Er
deutete zwar zunächſt nur die gegliederten Anhänge des Gliederthier-
körpers und ſuchte die verſchiedenen Entwickelungsformen derſelben bei
den einzelnen Claſſen auf einander zurückzuführen. Damit begründete
er aber ſelbſtverſtändlich die Beziehung der jene Anhänge tragenden
Segmente der einen Claſſe auf die entſprechenden Abſchnitte in andern
Claſſen. Manches iſt ihm wohl im Einzelnen entgangen; doch iſt ſein
Grundſatz der Reduction durchaus beſtätigt worden. Die Stellung der
Arachniden zu den Cruſtaceen wurde ihm noch nicht völlig klar; er hebt
aber wie Latreille das Fehlen des eigentlichen Kopfes bei den erſteren hervor.
Die Morphologie der 1848 von von Siebold Arthropoden genannten
Abtheilung (ſtatt der 1825 von Latreille aufgeſtellten Bezeichnung Con-
dylop[od]en) förderten dann vorzugsweiſe deutſche Forſcher, unter denen
zunächſt Wilh. Ferd. Erichſon (geb. 1809 in Stralſund, geſt. 1848
als Profeſſor und Cuſtos am entomologiſchen Muſeum in Berlin) die
von Savigny gegebenen Deutungen zu einer abgerundeten Theorie über
das Verhalten der Gliedmaßen ausführte (1840). Eine vorzugsweiſe
auf anatomiſche Gründe geſtützte Modification dieſer „Gliedmaßentheorie“
gab Wilhelm Zenker (1854), während einerſeits Rudolph
Leuckart
(1848) vom anatomiſchen Standpunkte aus die Morphologie
der Arthropoden einer neuen Betrachtung unterworfen und Ernſt
Guſtav Zaddach
(geb. 1817 in Danzig, Profeſſor in Königsberg)
die Embryologie als Maßſtab der Beurtheilung, beziehentlich der theil-
weiſen Umgeſtaltung der morphologiſchen Anſichten über dieſe Gruppen

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[641/0652] Owen. Savigny. dient hat, und zwar von Savigny. Marie Jules Céſar Lelorgne de Savigny war 1778 in Provins geboren, gieng mit der Napoleoni- ſchen Expedition nach Aegypten, wurde Mitglied des ägyptiſchen In- ſtituts, arbeitete dann, nach Frankreich zurückgekehrt, im Anſchluſſe an ſeine im Mittel- und rothen Meer gemachten Sammlungen außer eini- gen anderen monographiſchen Darſtellungen die beiden Bände ſeiner mit Recht berühmt gewordenen Abhandlungen über wirbelloſe Thiere aus, erblindete aber ziemlich bald und ſtarb 1851 in Paris. Nachdem bereits Fabricius in ſeinem entomologiſchen Syſteme die Mundtheile eingehend berückſichtigt hatte, gab Savigny durch ſeine Darſtellung das Mittel zum Verſtändniß des hier vorliegenden Formenreichthums. Er deutete zwar zunächſt nur die gegliederten Anhänge des Gliederthier- körpers und ſuchte die verſchiedenen Entwickelungsformen derſelben bei den einzelnen Claſſen auf einander zurückzuführen. Damit begründete er aber ſelbſtverſtändlich die Beziehung der jene Anhänge tragenden Segmente der einen Claſſe auf die entſprechenden Abſchnitte in andern Claſſen. Manches iſt ihm wohl im Einzelnen entgangen; doch iſt ſein Grundſatz der Reduction durchaus beſtätigt worden. Die Stellung der Arachniden zu den Cruſtaceen wurde ihm noch nicht völlig klar; er hebt aber wie Latreille das Fehlen des eigentlichen Kopfes bei den erſteren hervor. Die Morphologie der 1848 von von Siebold Arthropoden genannten Abtheilung (ſtatt der 1825 von Latreille aufgeſtellten Bezeichnung Con- dylop[od]en) förderten dann vorzugsweiſe deutſche Forſcher, unter denen zunächſt Wilh. Ferd. Erichſon (geb. 1809 in Stralſund, geſt. 1848 als Profeſſor und Cuſtos am entomologiſchen Muſeum in Berlin) die von Savigny gegebenen Deutungen zu einer abgerundeten Theorie über das Verhalten der Gliedmaßen ausführte (1840). Eine vorzugsweiſe auf anatomiſche Gründe geſtützte Modification dieſer „Gliedmaßentheorie“ gab Wilhelm Zenker (1854), während einerſeits Rudolph Leuckart (1848) vom anatomiſchen Standpunkte aus die Morphologie der Arthropoden einer neuen Betrachtung unterworfen und Ernſt Guſtav Zaddach (geb. 1817 in Danzig, Profeſſor in Königsberg) die Embryologie als Maßſtab der Beurtheilung, beziehentlich der theil- weiſen Umgeſtaltung der morphologiſchen Anſichten über dieſe Gruppen V. Carus, Geſch. d. Zool. 41

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 641. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/652>, abgerufen am 22.11.2024.