Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Periode der Morphologie. sich spätere, durch welche der Kreis der von ihm auf Entwickelung un-tersuchten Wirbelthiere vollständig wird. Mit der Entwickelungsge- schichte der Natter, der Schildkröten und der Krokodile schloß er nach dieser Seite das durchforschte Gebiet ab. -- In der Entwickelungsgeschichte der Wirbelthiere führten zunächst die Arbeiten Joh. Müller's über die Genitalorgane und über die Drüsen weiter, während die Entdeckung der Kiemenbogen von Emil Huschke und von Baer bestätigt und erweitert wurde. Für Wirbellose fehlten noch Arbeiten, welche die Be- theiligung des Dotters und das Verhalten des Keims in ähnlicher Weise aufklärten, wie Pander's Untersuchungen Licht auf die Art der Wirbel- thieranlage zu werfen begonnen hatte. Rathke hat nun zwar nicht ganz so ausgedehnte, aber darum nicht minder wichtige Untersuchungen auch über die Entwickelungsgeschichte der Wirbellosen, besonders der Glieder- thiere, angestellt. Das schon früher über die Verwandlung der Schmet- terlinge Bekannte hatte allerdings 1815 Herold27) etwas weiter ge- führt, indem er die Umgestaltungen einzelner Organe während des Larvenlebens verfolgte. Indeß hatte derselbe durch seine Untersuchun- gen über die Entwickelung des Spinneneies (1824) trotz des großen auf die Arbeit verwandten Aufwandes eigentlich nichts weiter sicher gestellt, als daß der Embryo eine andere Lage gegen den Dotter hat, als der Embryo der Wirbelthiere. Merkwürdige Formveränderungen während der Entwickelung niederer Kruster waren durch L. Jurine (1820) bekannt geworden. Diesen Einzelnerfahrungen gegenüber tritt auch hier Rathke mit seinem Werke über die Entwickelung des Fluß- krebses (1829) grundlegend auf. Durch Ausdehnung der Untersuchung auf andere, besonders niedere Krustenthiere wurde er ferner auf den für die genetische Betrachtung der Gliederthiere so fruchtbaren Gedanken der rückschreitenden Metamorphose geführt, welcher allerdings für das Verständniß der betreffenden Verhältnisse nur ein Durchgangsmoment ist, aber zur Weiterführung desselben wesentliche Dienste geleistet hat. Die Entwickelungsgeschichte anderer Formen von wirbellosen 27) Joh. Mor. Dav. Herold, geb. 1790 in Ilmenau, studirte in Jena,
wurde Profector in Jena, 1822 Professor in Marburg, wo er 1862 starb. Periode der Morphologie. ſich ſpätere, durch welche der Kreis der von ihm auf Entwickelung un-terſuchten Wirbelthiere vollſtändig wird. Mit der Entwickelungsge- ſchichte der Natter, der Schildkröten und der Krokodile ſchloß er nach dieſer Seite das durchforſchte Gebiet ab. — In der Entwickelungsgeſchichte der Wirbelthiere führten zunächſt die Arbeiten Joh. Müller's über die Genitalorgane und über die Drüſen weiter, während die Entdeckung der Kiemenbogen von Emil Huſchke und von Baer beſtätigt und erweitert wurde. Für Wirbelloſe fehlten noch Arbeiten, welche die Be- theiligung des Dotters und das Verhalten des Keims in ähnlicher Weiſe aufklärten, wie Pander's Unterſuchungen Licht auf die Art der Wirbel- thieranlage zu werfen begonnen hatte. Rathke hat nun zwar nicht ganz ſo ausgedehnte, aber darum nicht minder wichtige Unterſuchungen auch über die Entwickelungsgeſchichte der Wirbelloſen, beſonders der Glieder- thiere, angeſtellt. Das ſchon früher über die Verwandlung der Schmet- terlinge Bekannte hatte allerdings 1815 Herold27) etwas weiter ge- führt, indem er die Umgeſtaltungen einzelner Organe während des Larvenlebens verfolgte. Indeß hatte derſelbe durch ſeine Unterſuchun- gen über die Entwickelung des Spinneneies (1824) trotz des großen auf die Arbeit verwandten Aufwandes eigentlich nichts weiter ſicher geſtellt, als daß der Embryo eine andere Lage gegen den Dotter hat, als der Embryo der Wirbelthiere. Merkwürdige Formveränderungen während der Entwickelung niederer Kruſter waren durch L. Jurine (1820) bekannt geworden. Dieſen Einzelnerfahrungen gegenüber tritt auch hier Rathke mit ſeinem Werke über die Entwickelung des Fluß- krebſes (1829) grundlegend auf. Durch Ausdehnung der Unterſuchung auf andere, beſonders niedere Kruſtenthiere wurde er ferner auf den für die genetiſche Betrachtung der Gliederthiere ſo fruchtbaren Gedanken der rückſchreitenden Metamorphoſe geführt, welcher allerdings für das Verſtändniß der betreffenden Verhältniſſe nur ein Durchgangsmoment iſt, aber zur Weiterführung deſſelben weſentliche Dienſte geleiſtet hat. Die Entwickelungsgeſchichte anderer Formen von wirbelloſen 27) Joh. Mor. Dav. Herold, geb. 1790 in Ilmenau, ſtudirte in Jena,
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terſuchten Wirbelthiere vollſtändig wird. Mit der Entwickelungsge-
ſchichte der Natter, der Schildkröten und der Krokodile ſchloß er nach
dieſer Seite das durchforſchte Gebiet ab. — In der Entwickelungsgeſchichte
der Wirbelthiere führten zunächſt die Arbeiten Joh. Müller's über
die Genitalorgane und über die Drüſen weiter, während die Entdeckung
der Kiemenbogen von Emil Huſchke und von Baer beſtätigt und
erweitert wurde. Für Wirbelloſe fehlten noch Arbeiten, welche die Be-
theiligung des Dotters und das Verhalten des Keims in ähnlicher Weiſe
aufklärten, wie Pander's Unterſuchungen Licht auf die Art der Wirbel-
thieranlage zu werfen begonnen hatte. Rathke hat nun zwar nicht ganz
ſo ausgedehnte, aber darum nicht minder wichtige Unterſuchungen auch
über die Entwickelungsgeſchichte der Wirbelloſen, beſonders der Glieder-
thiere, angeſtellt. Das ſchon früher über die Verwandlung der Schmet-
terlinge Bekannte hatte allerdings 1815 Herold 27) etwas weiter ge-
führt, indem er die Umgeſtaltungen einzelner Organe während des
Larvenlebens verfolgte. Indeß hatte derſelbe durch ſeine Unterſuchun-
gen über die Entwickelung des Spinneneies (1824) trotz des großen
auf die Arbeit verwandten Aufwandes eigentlich nichts weiter ſicher
geſtellt, als daß der Embryo eine andere Lage gegen den Dotter hat,
als der Embryo der Wirbelthiere. Merkwürdige Formveränderungen
während der Entwickelung niederer Kruſter waren durch L. Jurine
(1820) bekannt geworden. Dieſen Einzelnerfahrungen gegenüber tritt
auch hier Rathke mit ſeinem Werke über die Entwickelung des Fluß-
krebſes (1829) grundlegend auf. Durch Ausdehnung der Unterſuchung
auf andere, beſonders niedere Kruſtenthiere wurde er ferner auf den
für die genetiſche Betrachtung der Gliederthiere ſo fruchtbaren Gedanken
der rückſchreitenden Metamorphoſe geführt, welcher allerdings für das
Verſtändniß der betreffenden Verhältniſſe nur ein Durchgangsmoment
iſt, aber zur Weiterführung deſſelben weſentliche Dienſte geleiſtet hat.
Die Entwickelungsgeſchichte anderer Formen von wirbelloſen
27) Joh. Mor. Dav. Herold, geb. 1790 in Ilmenau, ſtudirte in Jena,
wurde Profector in Jena, 1822 Profeſſor in Marburg, wo er 1862 ſtarb.
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