Nachweis der genetischen Continuität der Elementartheile, wenn schon er auch in Bezug hierauf eine Reihe werthvoller Beobachtungen machte, wovon sehr bald die Rede sein wird.
Der seit Anfang dieses Jahrhunderts erwachte Eifer für Entwicke- lungsgeschichte und die sich von dieser aus eröffnenden Einblicke in das Gesetzmäßige des thierischen Baues riefen gleichzeitig mit von Baer die Thätigkeit eines Mannes hervor, welcher besonders für die Morpho- logie der Wirbelthiere, aber nicht bloß für diese von bahnbrechender Bedeutung geworden ist. Martin Heinrich Rathke war am 25. August 1793 in Danzig geboren, studirte von 1814 bis 1817 in Göt- tingen, gieng dann nach Berlin und promovirte hier im folgenden Jahre. Nachdem er mehrere Jahre in seiner Vaterstadt prakticirt und daneben eifrigst in Entwickelungsgeschichte und vergleichender Anatomie gear- beitet hatte, folgte er 1829 einem Rufe nach Dorpat als Professor der Anatomie, kehrte jedoch schon 1835 nach Königsberg zurück, um an von Baer's Stelle die Professur der Zoologie und Anatomie anzutreten. Er starb hier am 15. September 1860, an dem Tage, an dem er die sich in Königsberg versammelnden Naturforscher Deutschlands begrüßen sollte. Rathke's Arbeiten sind deshalb so wichtig geworden, weil sie einmal mit vollem Verständniß der vorliegenden Aufgaben ausgeführt wurden, und dann, weil sie nicht bloß zusammenhangloses Material darbieten, sondern die Thatsachen sofort verarbeitet schildern. Ist man auch später in Bezug auf einzelnes Thatsächliche weiter gekommen, so zeichnete Rathke doch fast überall, wo er untersuchte, die Bahn vor. In seinen zahlreichen Einzelnarbeiten gründet er die morphologische Un- tersuchung der Thiere planmäßig auf deren Entwickelungsgeschichte. Die Embryologie und vergleichende Anatomie der Wirbelthiere speciell dankt ihm mehrere sehr wichtige Nachweise, so die Erkenntniß der Be- deutung der von ihm so genannten Wolff'schen Körper, das Vorhanden- sein von Schlundspalten bei den Embryonen auch der höheren, luft- athmenden Wirbelthiere, wie er auch die Entwickelungsgeschichte und Anatomie der Fische durch Untersuchung mehrerer besonders interessan- ter Formen bereichert hat. An diese zum Theil schon während seines Aufenthalts in Danzig begonnenen oder vollendeten Arbeiten reihen
Nachweis der genetiſchen Continuität der Elementartheile, wenn ſchon er auch in Bezug hierauf eine Reihe werthvoller Beobachtungen machte, wovon ſehr bald die Rede ſein wird.
Der ſeit Anfang dieſes Jahrhunderts erwachte Eifer für Entwicke- lungsgeſchichte und die ſich von dieſer aus eröffnenden Einblicke in das Geſetzmäßige des thieriſchen Baues riefen gleichzeitig mit von Baer die Thätigkeit eines Mannes hervor, welcher beſonders für die Morpho- logie der Wirbelthiere, aber nicht bloß für dieſe von bahnbrechender Bedeutung geworden iſt. Martin Heinrich Rathke war am 25. Auguſt 1793 in Danzig geboren, ſtudirte von 1814 bis 1817 in Göt- tingen, gieng dann nach Berlin und promovirte hier im folgenden Jahre. Nachdem er mehrere Jahre in ſeiner Vaterſtadt prakticirt und daneben eifrigſt in Entwickelungsgeſchichte und vergleichender Anatomie gear- beitet hatte, folgte er 1829 einem Rufe nach Dorpat als Profeſſor der Anatomie, kehrte jedoch ſchon 1835 nach Königsberg zurück, um an von Baer's Stelle die Profeſſur der Zoologie und Anatomie anzutreten. Er ſtarb hier am 15. September 1860, an dem Tage, an dem er die ſich in Königsberg verſammelnden Naturforſcher Deutſchlands begrüßen ſollte. Rathke's Arbeiten ſind deshalb ſo wichtig geworden, weil ſie einmal mit vollem Verſtändniß der vorliegenden Aufgaben ausgeführt wurden, und dann, weil ſie nicht bloß zuſammenhangloſes Material darbieten, ſondern die Thatſachen ſofort verarbeitet ſchildern. Iſt man auch ſpäter in Bezug auf einzelnes Thatſächliche weiter gekommen, ſo zeichnete Rathke doch faſt überall, wo er unterſuchte, die Bahn vor. In ſeinen zahlreichen Einzelnarbeiten gründet er die morphologiſche Un- terſuchung der Thiere planmäßig auf deren Entwickelungsgeſchichte. Die Embryologie und vergleichende Anatomie der Wirbelthiere ſpeciell dankt ihm mehrere ſehr wichtige Nachweiſe, ſo die Erkenntniß der Be- deutung der von ihm ſo genannten Wolff'ſchen Körper, das Vorhanden- ſein von Schlundſpalten bei den Embryonen auch der höheren, luft- athmenden Wirbelthiere, wie er auch die Entwickelungsgeſchichte und Anatomie der Fiſche durch Unterſuchung mehrerer beſonders intereſſan- ter Formen bereichert hat. An dieſe zum Theil ſchon während ſeines Aufenthalts in Danzig begonnenen oder vollendeten Arbeiten reihen
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Heinrich Rathke.
Nachweis der genetiſchen Continuität der Elementartheile, wenn ſchon
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wovon ſehr bald die Rede ſein wird.
Der ſeit Anfang dieſes Jahrhunderts erwachte Eifer für Entwicke-
lungsgeſchichte und die ſich von dieſer aus eröffnenden Einblicke in das
Geſetzmäßige des thieriſchen Baues riefen gleichzeitig mit von Baer die
Thätigkeit eines Mannes hervor, welcher beſonders für die Morpho-
logie der Wirbelthiere, aber nicht bloß für dieſe von bahnbrechender
Bedeutung geworden iſt. Martin Heinrich Rathke war am 25.
Auguſt 1793 in Danzig geboren, ſtudirte von 1814 bis 1817 in Göt-
tingen, gieng dann nach Berlin und promovirte hier im folgenden Jahre.
Nachdem er mehrere Jahre in ſeiner Vaterſtadt prakticirt und daneben
eifrigſt in Entwickelungsgeſchichte und vergleichender Anatomie gear-
beitet hatte, folgte er 1829 einem Rufe nach Dorpat als Profeſſor der
Anatomie, kehrte jedoch ſchon 1835 nach Königsberg zurück, um an
von Baer's Stelle die Profeſſur der Zoologie und Anatomie anzutreten.
Er ſtarb hier am 15. September 1860, an dem Tage, an dem er die
ſich in Königsberg verſammelnden Naturforſcher Deutſchlands begrüßen
ſollte. Rathke's Arbeiten ſind deshalb ſo wichtig geworden, weil ſie
einmal mit vollem Verſtändniß der vorliegenden Aufgaben ausgeführt
wurden, und dann, weil ſie nicht bloß zuſammenhangloſes Material
darbieten, ſondern die Thatſachen ſofort verarbeitet ſchildern. Iſt man
auch ſpäter in Bezug auf einzelnes Thatſächliche weiter gekommen, ſo
zeichnete Rathke doch faſt überall, wo er unterſuchte, die Bahn vor.
In ſeinen zahlreichen Einzelnarbeiten gründet er die morphologiſche Un-
terſuchung der Thiere planmäßig auf deren Entwickelungsgeſchichte.
Die Embryologie und vergleichende Anatomie der Wirbelthiere ſpeciell
dankt ihm mehrere ſehr wichtige Nachweiſe, ſo die Erkenntniß der Be-
deutung der von ihm ſo genannten Wolff'ſchen Körper, das Vorhanden-
ſein von Schlundſpalten bei den Embryonen auch der höheren, luft-
athmenden Wirbelthiere, wie er auch die Entwickelungsgeſchichte und
Anatomie der Fiſche durch Unterſuchung mehrerer beſonders intereſſan-
ter Formen bereichert hat. An dieſe zum Theil ſchon während ſeines
Aufenthalts in Danzig begonnenen oder vollendeten Arbeiten reihen
V. Carus, Geſch. d. Zool. 40
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 625. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/636>, abgerufen am 22.11.2024.
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