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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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ring's widmete sich der später als Physiolog so verdient gewordene
Friedrich Tiedemann (1781-1860) früh der Zootomie, er
arbeitete selbst in Paris unter Cuvier's Leitung und lieferte in seiner
Anatomie des Fischherzens (1809, worin er schon die Verschiedenheit
der Klappen bei Knochen- und Knorpelfischen schilderte), in seiner Ana-
tomie des Drachens (1811), in seinen Darstellungen vom Affengehirne
und besonders in seiner anatomischen Monographie der Holothurie,
des Seesterns und Seeigels werthvolle zootomische Beiträge, ebenso
wie sehr gutes Allgemeines in der Einleitung zu seiner von 1808 an
erschienenen, aber nicht vollendeten Zoologie. Den Jahren nach etwas
älter, aber erst später als Schriftsteller thätig war Ludw. Heinr.
Bojanus
(geb. 1776 in Buchsweiler im Elsaß, wurde 1806 Pro-
fessor der Veterinär-, 1814 auch der vergleichenden Anatomie in Wilna
und starb 1827 in Darmstadt, wohin er sich 1824 bereits zurückgezogen
hatte). Wie sich Bojanus in einzelnen kleineren Arbeiten als geistvoller
Forscher und namentlich den auftauchenden morphologischen und embryo-
logischen Fragen gegenüber als ein Mann von großer Klarheit des
Urtheils gezeigt hatte, so hat er in seiner Anatomie der Schildkröte eine
mustergültige Monographie geliefert, wie sie bis dahin über kein anderes
Thier existirte. -- Große Verdienste um die vergleichende Anatomie
hat sich, wie bereits angedeutet, Carl Gustav Carus erworben.
Als der erste speciell für dieses Fach an einer deutschen Universität
thätige Lehrer hat er nicht bloß durch mündliche Anregung der mit noch
so manchen Vorurtheilen kämpfenden Disciplin neue Freunde und An-
erkennung gewonnen, sondern auch eine Reihe von Arbeiten geliefert,
welche ihren Gegenstand in einer geistvollen Weise in einem neuen Lichte
erscheinen ließen. Von diesen sei hier nur die vergleichende Darstellung
des Nervensystems, die Untersuchung über den Kreislauf bei den In-
secten, über die Entwickelung der Muscheln, die Anatomie der Ascidien
erwähnt. In dem größeren Werke über die Ur-Theile des Knochen-
und Schalengerüstes hat er die Lehre von den Wirbeln wohl am con-
sequentesten von Allen auf sämmtliche Hartgebilde ausgedehnt, dabei
aber nicht bloß die Grenzen des wirklich Vergleichbaren überschritten,
sondern auch den Begriff des Wirbels bis ins Bedeutungslose ausge-

ring's widmete ſich der ſpäter als Phyſiolog ſo verdient gewordene
Friedrich Tiedemann (1781-1860) früh der Zootomie, er
arbeitete ſelbſt in Paris unter Cuvier's Leitung und lieferte in ſeiner
Anatomie des Fiſchherzens (1809, worin er ſchon die Verſchiedenheit
der Klappen bei Knochen- und Knorpelfiſchen ſchilderte), in ſeiner Ana-
tomie des Drachens (1811), in ſeinen Darſtellungen vom Affengehirne
und beſonders in ſeiner anatomiſchen Monographie der Holothurie,
des Seeſterns und Seeigels werthvolle zootomiſche Beiträge, ebenſo
wie ſehr gutes Allgemeines in der Einleitung zu ſeiner von 1808 an
erſchienenen, aber nicht vollendeten Zoologie. Den Jahren nach etwas
älter, aber erſt ſpäter als Schriftſteller thätig war Ludw. Heinr.
Bojanus
(geb. 1776 in Buchsweiler im Elſaß, wurde 1806 Pro-
feſſor der Veterinär-, 1814 auch der vergleichenden Anatomie in Wilna
und ſtarb 1827 in Darmſtadt, wohin er ſich 1824 bereits zurückgezogen
hatte). Wie ſich Bojanus in einzelnen kleineren Arbeiten als geiſtvoller
Forſcher und namentlich den auftauchenden morphologiſchen und embryo-
logiſchen Fragen gegenüber als ein Mann von großer Klarheit des
Urtheils gezeigt hatte, ſo hat er in ſeiner Anatomie der Schildkröte eine
muſtergültige Monographie geliefert, wie ſie bis dahin über kein anderes
Thier exiſtirte. — Große Verdienſte um die vergleichende Anatomie
hat ſich, wie bereits angedeutet, Carl Guſtav Carus erworben.
Als der erſte ſpeciell für dieſes Fach an einer deutſchen Univerſität
thätige Lehrer hat er nicht bloß durch mündliche Anregung der mit noch
ſo manchen Vorurtheilen kämpfenden Disciplin neue Freunde und An-
erkennung gewonnen, ſondern auch eine Reihe von Arbeiten geliefert,
welche ihren Gegenſtand in einer geiſtvollen Weiſe in einem neuen Lichte
erſcheinen ließen. Von dieſen ſei hier nur die vergleichende Darſtellung
des Nervenſyſtems, die Unterſuchung über den Kreislauf bei den In-
ſecten, über die Entwickelung der Muſcheln, die Anatomie der Ascidien
erwähnt. In dem größeren Werke über die Ur-Theile des Knochen-
und Schalengerüſtes hat er die Lehre von den Wirbeln wohl am con-
ſequenteſten von Allen auf ſämmtliche Hartgebilde ausgedehnt, dabei
aber nicht bloß die Grenzen des wirklich Vergleichbaren überſchritten,
ſondern auch den Begriff des Wirbels bis ins Bedeutungsloſe ausge-

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[605/0616] Carl Guſtav Carus. ring's widmete ſich der ſpäter als Phyſiolog ſo verdient gewordene Friedrich Tiedemann (1781-1860) früh der Zootomie, er arbeitete ſelbſt in Paris unter Cuvier's Leitung und lieferte in ſeiner Anatomie des Fiſchherzens (1809, worin er ſchon die Verſchiedenheit der Klappen bei Knochen- und Knorpelfiſchen ſchilderte), in ſeiner Ana- tomie des Drachens (1811), in ſeinen Darſtellungen vom Affengehirne und beſonders in ſeiner anatomiſchen Monographie der Holothurie, des Seeſterns und Seeigels werthvolle zootomiſche Beiträge, ebenſo wie ſehr gutes Allgemeines in der Einleitung zu ſeiner von 1808 an erſchienenen, aber nicht vollendeten Zoologie. Den Jahren nach etwas älter, aber erſt ſpäter als Schriftſteller thätig war Ludw. Heinr. Bojanus (geb. 1776 in Buchsweiler im Elſaß, wurde 1806 Pro- feſſor der Veterinär-, 1814 auch der vergleichenden Anatomie in Wilna und ſtarb 1827 in Darmſtadt, wohin er ſich 1824 bereits zurückgezogen hatte). Wie ſich Bojanus in einzelnen kleineren Arbeiten als geiſtvoller Forſcher und namentlich den auftauchenden morphologiſchen und embryo- logiſchen Fragen gegenüber als ein Mann von großer Klarheit des Urtheils gezeigt hatte, ſo hat er in ſeiner Anatomie der Schildkröte eine muſtergültige Monographie geliefert, wie ſie bis dahin über kein anderes Thier exiſtirte. — Große Verdienſte um die vergleichende Anatomie hat ſich, wie bereits angedeutet, Carl Guſtav Carus erworben. Als der erſte ſpeciell für dieſes Fach an einer deutſchen Univerſität thätige Lehrer hat er nicht bloß durch mündliche Anregung der mit noch ſo manchen Vorurtheilen kämpfenden Disciplin neue Freunde und An- erkennung gewonnen, ſondern auch eine Reihe von Arbeiten geliefert, welche ihren Gegenſtand in einer geiſtvollen Weiſe in einem neuen Lichte erſcheinen ließen. Von dieſen ſei hier nur die vergleichende Darſtellung des Nervenſyſtems, die Unterſuchung über den Kreislauf bei den In- ſecten, über die Entwickelung der Muſcheln, die Anatomie der Ascidien erwähnt. In dem größeren Werke über die Ur-Theile des Knochen- und Schalengerüſtes hat er die Lehre von den Wirbeln wohl am con- ſequenteſten von Allen auf ſämmtliche Hartgebilde ausgedehnt, dabei aber nicht bloß die Grenzen des wirklich Vergleichbaren überſchritten, ſondern auch den Begriff des Wirbels bis ins Bedeutungsloſe ausge-

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 605. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/616>, abgerufen am 22.11.2024.