Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Thatsachen, um von diesen aus zu allgemeinen Sätzen zu gelangen, welche er dann immer weiter inductiv zu erweisen sucht. Und wenn er damit nur bis auf einen gewissen Punkt gelangt und namentlich die Stellung eines Thiers für nur von dem in ihm zur Erscheinung ge- langenden Bauplan abhängig ansieht, worauf bald näher einzugehen sein wird, so ist dies nur eine Folge des Umstandes, daß zu seiner Zeit der Einblick in die Entwickelungsgeschichte der Thiere noch nicht genü- gend eröffnet war. Dagegen erscheint bei Cuvier schon eine Rücksicht- nahme auf die gleichartige Zusammensetzung gewisser Organe sowie auf die Natur des Gewebes, welches die eigenthümliche Leistung eines jeden Organs bedingte. Von Cuvier, dessen eigentliches Arbeitsfeld mit neuen eigenartigen Aufgaben einer andern Richtung sich weit vor ihm eröffnete, konnten hierüber nur Andeutungen gegeben werden. Es ist indessen bezeichnend für seine Umsicht, daß ihm die Wichtigkeit dieser Betrachtungen nicht entgieng. Er selbst hat dieselben nicht weiter geführt. Wohl fällt aber in die Zeit seiner ersten größeren Veröffentlichungen die selbständige Gründung dieser neuen Lehre durch Marie Franc. Xavier Bichat (1771-1802). Bichat hatte die ersten Anregungen von Pinel empfangen und suchte zunächst pathologisch-anatomisch die gleichen Erkrankungsformen auf die gleichartige Natur der ergriffenen Gewebsformen zu beziehn. Mit seiner Abhandlung von den Membra- nen (1800) und seiner allgemeinen Anatomie (1802) hat er aber den Ausgangspunkt für jene Reihen von Untersuchungen gegeben, welche schließlich zu dem so wichtigen Nachweise der gleichartigen elementaren Zusammensetzung sämmtlicher Thiere geführt haben. Während die vergleichende Anatomie in Cuvier ihren Wiederher- Thatſachen, um von dieſen aus zu allgemeinen Sätzen zu gelangen, welche er dann immer weiter inductiv zu erweiſen ſucht. Und wenn er damit nur bis auf einen gewiſſen Punkt gelangt und namentlich die Stellung eines Thiers für nur von dem in ihm zur Erſcheinung ge- langenden Bauplan abhängig anſieht, worauf bald näher einzugehen ſein wird, ſo iſt dies nur eine Folge des Umſtandes, daß zu ſeiner Zeit der Einblick in die Entwickelungsgeſchichte der Thiere noch nicht genü- gend eröffnet war. Dagegen erſcheint bei Cuvier ſchon eine Rückſicht- nahme auf die gleichartige Zuſammenſetzung gewiſſer Organe ſowie auf die Natur des Gewebes, welches die eigenthümliche Leiſtung eines jeden Organs bedingte. Von Cuvier, deſſen eigentliches Arbeitsfeld mit neuen eigenartigen Aufgaben einer andern Richtung ſich weit vor ihm eröffnete, konnten hierüber nur Andeutungen gegeben werden. Es iſt indeſſen bezeichnend für ſeine Umſicht, daß ihm die Wichtigkeit dieſer Betrachtungen nicht entgieng. Er ſelbſt hat dieſelben nicht weiter geführt. Wohl fällt aber in die Zeit ſeiner erſten größeren Veröffentlichungen die ſelbſtändige Gründung dieſer neuen Lehre durch Marie Franç. Xavier Bichat (1771-1802). Bichat hatte die erſten Anregungen von Pinel empfangen und ſuchte zunächſt pathologiſch-anatomiſch die gleichen Erkrankungsformen auf die gleichartige Natur der ergriffenen Gewebsformen zu beziehn. Mit ſeiner Abhandlung von den Membra- nen (1800) und ſeiner allgemeinen Anatomie (1802) hat er aber den Ausgangspunkt für jene Reihen von Unterſuchungen gegeben, welche ſchließlich zu dem ſo wichtigen Nachweiſe der gleichartigen elementaren Zuſammenſetzung ſämmtlicher Thiere geführt haben. 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Bichat. Blumenbach.
Thatſachen, um von dieſen aus zu allgemeinen Sätzen zu gelangen,
welche er dann immer weiter inductiv zu erweiſen ſucht. Und wenn er
damit nur bis auf einen gewiſſen Punkt gelangt und namentlich die
Stellung eines Thiers für nur von dem in ihm zur Erſcheinung ge-
langenden Bauplan abhängig anſieht, worauf bald näher einzugehen
ſein wird, ſo iſt dies nur eine Folge des Umſtandes, daß zu ſeiner Zeit
der Einblick in die Entwickelungsgeſchichte der Thiere noch nicht genü-
gend eröffnet war. Dagegen erſcheint bei Cuvier ſchon eine Rückſicht-
nahme auf die gleichartige Zuſammenſetzung gewiſſer Organe ſowie auf
die Natur des Gewebes, welches die eigenthümliche Leiſtung eines jeden
Organs bedingte. Von Cuvier, deſſen eigentliches Arbeitsfeld mit
neuen eigenartigen Aufgaben einer andern Richtung ſich weit vor ihm
eröffnete, konnten hierüber nur Andeutungen gegeben werden. Es iſt
indeſſen bezeichnend für ſeine Umſicht, daß ihm die Wichtigkeit dieſer
Betrachtungen nicht entgieng. Er ſelbſt hat dieſelben nicht weiter geführt.
Wohl fällt aber in die Zeit ſeiner erſten größeren Veröffentlichungen
die ſelbſtändige Gründung dieſer neuen Lehre durch Marie Franç.
Xavier Bichat (1771-1802). Bichat hatte die erſten Anregungen
von Pinel empfangen und ſuchte zunächſt pathologiſch-anatomiſch die
gleichen Erkrankungsformen auf die gleichartige Natur der ergriffenen
Gewebsformen zu beziehn. Mit ſeiner Abhandlung von den Membra-
nen (1800) und ſeiner allgemeinen Anatomie (1802) hat er aber den
Ausgangspunkt für jene Reihen von Unterſuchungen gegeben, welche
ſchließlich zu dem ſo wichtigen Nachweiſe der gleichartigen elementaren
Zuſammenſetzung ſämmtlicher Thiere geführt haben.
Während die vergleichende Anatomie in Cuvier ihren Wiederher-
ſteller fand, welcher die großartigen ihm durch die Sammlungen des
Pflanzengartens zu Gebote geſtellten Mittel in ausgiebigſter Weiſe
nutzte und der Wiſſenſchaft dienſtbar machte, wurde in Deutſchland eine
Anzahl Männer beſonders durch den von Cuvier gegebenen Anſtoß zu
einem regen Arbeiten auf dieſem Gebiete veranlaßt. Es hatte allerdings
Blumenbach ſchon ſeit 1777 über einzelne Gegenſtände der ver-
gleichenden Anatomie, ſeit 1785 über die ganze Disciplin regelmäßige
Vorleſungen gehalten. Doch veröffentlichte er erſt 1805 das erſte
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