Fortschritte der Systematik und der Kenntniß einzelner Classen.
Kenntniß vom Leben der Thiere wesentlich fördern. Wie das später zu erwähnende Werk über die Insecten ist auch das über die Frösche voll von eingehenden Beobachtungen über die Lebensweise dieser Thiere und ihrer verschiedenen Entwickelungsstufen, ohne jedoch über die Anatomie und Physiologie dieser Formen wesentlich Neues zu Tage zu bringen.
Für die Fische blieb das Artedi-Linne'sche System bis zum Ende des Jahrhunderts maßgebend. Das Werk Artedi's selbst wurde von Joh. Jul. Wallbaum, seine Synonymie der Fische mit reichen litterarischen Erweiterungen von J. G. Schneider herausgegeben. Blumenbach behielt noch die schwimmenden Amphibien Linne's (1779), wogegen Batsch (1788) sowohl Wale ausschloß, als auch jene Abtheilung wieder den Fischen zuführte. Auch unter seinen ana- tomischen Angaben findet sich manches Neue; so hebt er z. B. den Mangel eines Brustbeins bei Fischen hervor, welches Gouan noch an- nimmt. Seine Eintheilung der Fische ist nur als Versuch gegeben und mit dem ausdrücklichen Zusatze, daß es ihm an Material fehle. Lor. Theod. Gronov folgte bei der Beschreibung seines reichen Cabinets anfangs ganz Linne (1764), vereinigte aber später (1781) die Wale und die schwimmenden Amphibien mit den Fischen. Ant. Gouan (1733-1821, Montpellier) gab 1770 eine Geschichte der Fische (über- setzt 1781), in welcher er Wale und Knorpelfische ausschloß und außer einer detaillirten Charakterisirung der Gattungen auch eine freilich ziem- lich magere und häufig unzuverlässige Anatomie mittheilt. Auffallend macht sich hier der rein zootomische Standpunkt geltend. Speciell die Kopfknochen zu schildern, hält er für unnütz und fast unmöglich; die Nasenlöcher sollen sich durch den Gaumen in den Schlund öffnen u. dgl. Eingeleitet wird das Werk durch eine "ichthyologische Philosophie", wo- rin er die Verschiedenheiten der einzelnen Theile des Fischkörpers termi- nologisch feststellt. Hiermit führte er einen Vorschlag, welchen Jakob Christian Schäffer66) 1760 in einem Sendschreiben über eine
66)Jakob Christian Schäffer war 1718 in Querfurt geboren und starb 1790 als evangelischer Superintendent in Regensburg. Sein Bruder Joh. Gott- lieb Schäffer (geb. 1720 in Querfurt, starb 1795 als Arzt in Regensburg) hatte zwei Söhne. Jak. Christian Gottlieb (geb. 1752, gest. 1826 als Arzt in
Fortſchritte der Syſtematik und der Kenntniß einzelner Claſſen.
Kenntniß vom Leben der Thiere weſentlich fördern. Wie das ſpäter zu erwähnende Werk über die Inſecten iſt auch das über die Fröſche voll von eingehenden Beobachtungen über die Lebensweiſe dieſer Thiere und ihrer verſchiedenen Entwickelungsſtufen, ohne jedoch über die Anatomie und Phyſiologie dieſer Formen weſentlich Neues zu Tage zu bringen.
Für die Fiſche blieb das Artedi-Linné'ſche Syſtem bis zum Ende des Jahrhunderts maßgebend. Das Werk Artedi's ſelbſt wurde von Joh. Jul. Wallbaum, ſeine Synonymie der Fiſche mit reichen litterariſchen Erweiterungen von J. G. Schneider herausgegeben. Blumenbach behielt noch die ſchwimmenden Amphibien Linné's (1779), wogegen Batſch (1788) ſowohl Wale ausſchloß, als auch jene Abtheilung wieder den Fiſchen zuführte. Auch unter ſeinen ana- tomiſchen Angaben findet ſich manches Neue; ſo hebt er z. B. den Mangel eines Bruſtbeins bei Fiſchen hervor, welches Gouan noch an- nimmt. Seine Eintheilung der Fiſche iſt nur als Verſuch gegeben und mit dem ausdrücklichen Zuſatze, daß es ihm an Material fehle. Lor. Theod. Gronov folgte bei der Beſchreibung ſeines reichen Cabinets anfangs ganz Linné (1764), vereinigte aber ſpäter (1781) die Wale und die ſchwimmenden Amphibien mit den Fiſchen. Ant. Gouan (1733-1821, Montpellier) gab 1770 eine Geſchichte der Fiſche (über- ſetzt 1781), in welcher er Wale und Knorpelfiſche ausſchloß und außer einer detaillirten Charakteriſirung der Gattungen auch eine freilich ziem- lich magere und häufig unzuverläſſige Anatomie mittheilt. Auffallend macht ſich hier der rein zootomiſche Standpunkt geltend. Speciell die Kopfknochen zu ſchildern, hält er für unnütz und faſt unmöglich; die Naſenlöcher ſollen ſich durch den Gaumen in den Schlund öffnen u. dgl. Eingeleitet wird das Werk durch eine „ichthyologiſche Philoſophie“, wo- rin er die Verſchiedenheiten der einzelnen Theile des Fiſchkörpers termi- nologiſch feſtſtellt. Hiermit führte er einen Vorſchlag, welchen Jakob Chriſtian Schäffer66) 1760 in einem Sendſchreiben über eine
66)Jakob Chriſtian Schäffer war 1718 in Querfurt geboren und ſtarb 1790 als evangeliſcher Superintendent in Regensburg. Sein Bruder Joh. Gott- lieb Schäffer (geb. 1720 in Querfurt, ſtarb 1795 als Arzt in Regensburg) hatte zwei Söhne. Jak. Chriſtian Gottlieb (geb. 1752, geſt. 1826 als Arzt in
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Fortſchritte der Syſtematik und der Kenntniß einzelner Claſſen.
Kenntniß vom Leben der Thiere weſentlich fördern. Wie das ſpäter zu
erwähnende Werk über die Inſecten iſt auch das über die Fröſche voll
von eingehenden Beobachtungen über die Lebensweiſe dieſer Thiere und
ihrer verſchiedenen Entwickelungsſtufen, ohne jedoch über die Anatomie
und Phyſiologie dieſer Formen weſentlich Neues zu Tage zu bringen.
Für die Fiſche blieb das Artedi-Linné'ſche Syſtem bis zum
Ende des Jahrhunderts maßgebend. Das Werk Artedi's ſelbſt wurde
von Joh. Jul. Wallbaum, ſeine Synonymie der Fiſche mit reichen
litterariſchen Erweiterungen von J. G. Schneider herausgegeben.
Blumenbach behielt noch die ſchwimmenden Amphibien Linné's
(1779), wogegen Batſch (1788) ſowohl Wale ausſchloß, als auch
jene Abtheilung wieder den Fiſchen zuführte. Auch unter ſeinen ana-
tomiſchen Angaben findet ſich manches Neue; ſo hebt er z. B. den
Mangel eines Bruſtbeins bei Fiſchen hervor, welches Gouan noch an-
nimmt. Seine Eintheilung der Fiſche iſt nur als Verſuch gegeben und
mit dem ausdrücklichen Zuſatze, daß es ihm an Material fehle. Lor.
Theod. Gronov folgte bei der Beſchreibung ſeines reichen Cabinets
anfangs ganz Linné (1764), vereinigte aber ſpäter (1781) die Wale
und die ſchwimmenden Amphibien mit den Fiſchen. Ant. Gouan
(1733-1821, Montpellier) gab 1770 eine Geſchichte der Fiſche (über-
ſetzt 1781), in welcher er Wale und Knorpelfiſche ausſchloß und außer
einer detaillirten Charakteriſirung der Gattungen auch eine freilich ziem-
lich magere und häufig unzuverläſſige Anatomie mittheilt. Auffallend
macht ſich hier der rein zootomiſche Standpunkt geltend. Speciell die
Kopfknochen zu ſchildern, hält er für unnütz und faſt unmöglich; die
Naſenlöcher ſollen ſich durch den Gaumen in den Schlund öffnen u. dgl.
Eingeleitet wird das Werk durch eine „ichthyologiſche
Philoſophie“, wo-
rin er die Verſchiedenheiten der einzelnen Theile des Fiſchkörpers termi-
nologiſch feſtſtellt. Hiermit führte er einen Vorſchlag, welchen Jakob
Chriſtian Schäffer 66)
1760 in einem Sendſchreiben über eine
66) Jakob Chriſtian Schäffer war 1718 in
Querfurt geboren und ſtarb
1790 als evangeliſcher Superintendent in Regensburg. Sein Bruder Joh.
Gott-
lieb Schäffer (geb. 1720 in Querfurt, ſtarb 1795 als Arzt in
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/564>, abgerufen am 22.11.2024.
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