Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

Bild:
<< vorherige Seite

Periode der Systematik.
in drei Ordnungen, die erste für die Formen mit Gehfüßen, die zweite
für die Schwimmfüssigen, die dritte für die mit Flossen versehenen
Wale. Wenn auch hiernach die Robben von ihren näheren Verwandten
weiter getrennt werden, so sind doch die kleineren Gruppen seiner ersten
Ordnung natürlich umgrenzt und innerhalb derselben treten Adaptiv-
merkmale nicht ungebührlich in den Vordergrund. Biber und Otter
stehn beispielsweise an ihren richtigen Stellen, ersterer bei den Nagern,
letztere bei den Wieseln und Viverren. Für die mit vollständigem Ge-
bisse ausgerüsteten Thiere wendet er im erweiterten Sinne die Linne'sche
Bezeichnung Primaten an, deren erste Abtheilung als mit Händen
versehene Formen den Menschen, die Affen und die Beutelthiere (lange
Zeit noch Pedimanen genannt) umfaßt. Auch Storr berücksichtigt das
Verhalten des Fußes beim Auftreten und verwendet das Sohlengehen
als Merkmal. -- Batsch sagt zwar, daß er die Linne'schen Ordnungen
nur in etwas verändert habe, doch enthält seine Anordnung der Säuge-
thiere manches Neue und Gute. Er schiebt zwischen die Gattungen und
Ordnungen noch die systematische Abtheilung der Familien ein und unter-
scheidet solche in den einzelnen Ordnungen. Die Ordnung der reißen-
den Thiere trennt er in die Familien der katzen-, hunds-, bären- und
wieselartigen Thiere. Für die drei Familien der Maulwurfsartigen,
in welcher er Spitzmaus, Maulwurf und Igel vereint, der Fledermäuse
(Pteropoda, ein Name, den neuerdings in gleichem Sinne Bonaparte
angewandt hat) und der Beutelthiere (hier zum erstenmale Marsupiales
genannt) führt er als Ordnungsnamen den Ausdruck Nagethiere, Ro-
sores,
ein, während die jetzt allgemein nach Vicq d'Azyr's Vorgang
Nager genannten Säugethiere, die Glires Linne's, als Mäuseartige in
die Familie der Ratten-, Kaninchen-, Eichhorn- und Biberartigen ge-
trennt werden. -- Von einzelnen Ordnungen der Säugethiere haben
nur die Nager specielle Bearbeiter gefunden. Es ist hier der vorzüg-
lichen monographischen Schilderungen neuer oder wenig gekannter
Nager von Pallas (1778), welcher von den meisten angeführten
Thieren auch Anatomien gibt, und der in einzelnen Punkten gar
nicht unverdienstlichen Arbeit von Blasius Merrem zu geden-

Periode der Syſtematik.
in drei Ordnungen, die erſte für die Formen mit Gehfüßen, die zweite
für die Schwimmfüſſigen, die dritte für die mit Floſſen verſehenen
Wale. Wenn auch hiernach die Robben von ihren näheren Verwandten
weiter getrennt werden, ſo ſind doch die kleineren Gruppen ſeiner erſten
Ordnung natürlich umgrenzt und innerhalb derſelben treten Adaptiv-
merkmale nicht ungebührlich in den Vordergrund. Biber und Otter
ſtehn beiſpielsweiſe an ihren richtigen Stellen, erſterer bei den Nagern,
letztere bei den Wieſeln und Viverren. Für die mit vollſtändigem Ge-
biſſe ausgerüſteten Thiere wendet er im erweiterten Sinne die Linné'ſche
Bezeichnung Primaten an, deren erſte Abtheilung als mit Händen
verſehene Formen den Menſchen, die Affen und die Beutelthiere (lange
Zeit noch Pedimanen genannt) umfaßt. Auch Storr berückſichtigt das
Verhalten des Fußes beim Auftreten und verwendet das Sohlengehen
als Merkmal. — Batſch ſagt zwar, daß er die Linné'ſchen Ordnungen
nur in etwas verändert habe, doch enthält ſeine Anordnung der Säuge-
thiere manches Neue und Gute. Er ſchiebt zwiſchen die Gattungen und
Ordnungen noch die ſyſtematiſche Abtheilung der Familien ein und unter-
ſcheidet ſolche in den einzelnen Ordnungen. Die Ordnung der reißen-
den Thiere trennt er in die Familien der katzen-, hunds-, bären- und
wieſelartigen Thiere. Für die drei Familien der Maulwurfsartigen,
in welcher er Spitzmaus, Maulwurf und Igel vereint, der Fledermäuſe
(Pteropoda, ein Name, den neuerdings in gleichem Sinne Bonaparte
angewandt hat) und der Beutelthiere (hier zum erſtenmale Marsupiales
genannt) führt er als Ordnungsnamen den Ausdruck Nagethiere, Ro-
sores,
ein, während die jetzt allgemein nach Vicq d'Azyr's Vorgang
Nager genannten Säugethiere, die Glires Linné's, als Mäuſeartige in
die Familie der Ratten-, Kaninchen-, Eichhorn- und Biberartigen ge-
trennt werden. — Von einzelnen Ordnungen der Säugethiere haben
nur die Nager ſpecielle Bearbeiter gefunden. Es iſt hier der vorzüg-
lichen monographiſchen Schilderungen neuer oder wenig gekannter
Nager von Pallas (1778), welcher von den meiſten angeführten
Thieren auch Anatomien gibt, und der in einzelnen Punkten gar
nicht unverdienſtlichen Arbeit von Blaſius Merrem zu geden-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0559" n="548"/><fw place="top" type="header">Periode der Sy&#x017F;tematik.</fw><lb/>
in drei Ordnungen, die er&#x017F;te für die Formen mit Gehfüßen, die zweite<lb/>
für die Schwimmfü&#x017F;&#x017F;igen, die dritte für die mit Flo&#x017F;&#x017F;en ver&#x017F;ehenen<lb/>
Wale. Wenn auch hiernach die Robben von ihren näheren Verwandten<lb/>
weiter getrennt werden, &#x017F;o &#x017F;ind doch die kleineren Gruppen &#x017F;einer er&#x017F;ten<lb/>
Ordnung natürlich umgrenzt und innerhalb der&#x017F;elben treten Adaptiv-<lb/>
merkmale nicht ungebührlich in den Vordergrund. Biber und Otter<lb/>
&#x017F;tehn bei&#x017F;pielswei&#x017F;e an ihren richtigen Stellen, er&#x017F;terer bei den Nagern,<lb/>
letztere bei den Wie&#x017F;eln und Viverren. Für die mit voll&#x017F;tändigem Ge-<lb/>
bi&#x017F;&#x017F;e ausgerü&#x017F;teten Thiere wendet er im erweiterten Sinne die <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118573349">Linné</persName>'&#x017F;che<lb/>
Bezeichnung Primaten an, deren er&#x017F;te Abtheilung als mit Händen<lb/>
ver&#x017F;ehene Formen den Men&#x017F;chen, die Affen und die Beutelthiere (lange<lb/>
Zeit noch Pedimanen genannt) umfaßt. Auch <persName ref="http://d-nb.info/gnd/120711575">Storr</persName> berück&#x017F;ichtigt das<lb/>
Verhalten des Fußes beim Auftreten und verwendet das Sohlengehen<lb/>
als Merkmal. &#x2014; <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/115682171">Bat&#x017F;ch</persName></hi> &#x017F;agt zwar, daß er die <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118573349">Linné</persName>'&#x017F;chen Ordnungen<lb/>
nur in etwas verändert habe, doch enthält &#x017F;eine Anordnung der Säuge-<lb/>
thiere manches Neue und Gute. Er &#x017F;chiebt zwi&#x017F;chen die Gattungen und<lb/>
Ordnungen noch die &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;che Abtheilung der Familien ein und unter-<lb/>
&#x017F;cheidet &#x017F;olche in den einzelnen Ordnungen. Die Ordnung der reißen-<lb/>
den Thiere trennt er in die Familien der katzen-, hunds-, bären- und<lb/>
wie&#x017F;elartigen Thiere. Für die drei Familien der Maulwurfsartigen,<lb/>
in welcher er Spitzmaus, Maulwurf und Igel vereint, der Fledermäu&#x017F;e<lb/>
(<hi rendition="#aq">Pteropoda,</hi> ein Name, den neuerdings in gleichem Sinne <persName ref="http://d-nb.info/gnd/116237597">Bonaparte</persName><lb/>
angewandt hat) und der Beutelthiere (hier zum er&#x017F;tenmale <hi rendition="#aq">Marsupiales</hi><lb/>
genannt) führt er als Ordnungsnamen den Ausdruck Nagethiere, <hi rendition="#aq">Ro-<lb/>
sores,</hi> ein, während die jetzt allgemein nach <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117397350">Vicq d'Azyr</persName>'s Vorgang<lb/>
Nager genannten Säugethiere, die <hi rendition="#aq">Glires</hi> <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118573349">Linné</persName>'s, als Mäu&#x017F;eartige in<lb/>
die Familie der Ratten-, Kaninchen-, Eichhorn- und Biberartigen ge-<lb/>
trennt werden. &#x2014; Von einzelnen Ordnungen der Säugethiere haben<lb/>
nur die Nager &#x017F;pecielle Bearbeiter gefunden. Es i&#x017F;t hier der vorzüg-<lb/>
lichen monographi&#x017F;chen Schilderungen neuer oder wenig gekannter<lb/>
Nager von <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118591371">Pallas</persName></hi> (1778), welcher von den mei&#x017F;ten angeführten<lb/>
Thieren auch Anatomien gibt, und der in einzelnen Punkten gar<lb/>
nicht unverdien&#x017F;tlichen Arbeit von <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/116904496">Bla&#x017F;ius Merrem</persName></hi> zu geden-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[548/0559] Periode der Syſtematik. in drei Ordnungen, die erſte für die Formen mit Gehfüßen, die zweite für die Schwimmfüſſigen, die dritte für die mit Floſſen verſehenen Wale. Wenn auch hiernach die Robben von ihren näheren Verwandten weiter getrennt werden, ſo ſind doch die kleineren Gruppen ſeiner erſten Ordnung natürlich umgrenzt und innerhalb derſelben treten Adaptiv- merkmale nicht ungebührlich in den Vordergrund. Biber und Otter ſtehn beiſpielsweiſe an ihren richtigen Stellen, erſterer bei den Nagern, letztere bei den Wieſeln und Viverren. Für die mit vollſtändigem Ge- biſſe ausgerüſteten Thiere wendet er im erweiterten Sinne die Linné'ſche Bezeichnung Primaten an, deren erſte Abtheilung als mit Händen verſehene Formen den Menſchen, die Affen und die Beutelthiere (lange Zeit noch Pedimanen genannt) umfaßt. Auch Storr berückſichtigt das Verhalten des Fußes beim Auftreten und verwendet das Sohlengehen als Merkmal. — Batſch ſagt zwar, daß er die Linné'ſchen Ordnungen nur in etwas verändert habe, doch enthält ſeine Anordnung der Säuge- thiere manches Neue und Gute. Er ſchiebt zwiſchen die Gattungen und Ordnungen noch die ſyſtematiſche Abtheilung der Familien ein und unter- ſcheidet ſolche in den einzelnen Ordnungen. Die Ordnung der reißen- den Thiere trennt er in die Familien der katzen-, hunds-, bären- und wieſelartigen Thiere. Für die drei Familien der Maulwurfsartigen, in welcher er Spitzmaus, Maulwurf und Igel vereint, der Fledermäuſe (Pteropoda, ein Name, den neuerdings in gleichem Sinne Bonaparte angewandt hat) und der Beutelthiere (hier zum erſtenmale Marsupiales genannt) führt er als Ordnungsnamen den Ausdruck Nagethiere, Ro- sores, ein, während die jetzt allgemein nach Vicq d'Azyr's Vorgang Nager genannten Säugethiere, die Glires Linné's, als Mäuſeartige in die Familie der Ratten-, Kaninchen-, Eichhorn- und Biberartigen ge- trennt werden. — Von einzelnen Ordnungen der Säugethiere haben nur die Nager ſpecielle Bearbeiter gefunden. Es iſt hier der vorzüg- lichen monographiſchen Schilderungen neuer oder wenig gekannter Nager von Pallas (1778), welcher von den meiſten angeführten Thieren auch Anatomien gibt, und der in einzelnen Punkten gar nicht unverdienſtlichen Arbeit von Blaſius Merrem zu geden-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/559
Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/559>, abgerufen am 15.08.2024.