Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Periode der Systematik. mes Mollusca genannt mit einer, sonst von Linne selbst getadeltenUebertragung eines bereits verwandten Namens auf eine völlig ver- schiedene Gruppe. Zu den angeführten Gattungen waren schon 1748 theils echte Würmer, wie Nereis, Amphitrite, Aphrodita, theils andere Formen, wie Lernaea, der genannte Triton, selbst Hydra ge- kommen, deren Zahl in der zehnten Ausgabe des Systems noch durch Doris, Priapus, Scyllaea, Holothuria vergrößert wurde. Eine beson- dere, ihre Reihenfolge bestimmende Anordnung erhielten dieselben aber erst in der zwölften Ausgabe nach der Stellung des Mundes, dem Vorhandensein von Tentakeln, Füßen und dergl. Eine natürliche Ver- einigung konnte aber auf diese Weise nicht erreicht werden: man findet hier Actinien mit Ascidien, Holothurien mit Terebellen, Sepien gar mit Triton, Lernaea und Scyllaea verbunden. Nur die echten Mollusken Limax, Aplysia, Doris und Tethys, ferner die Strahlthiere Medusa, Asteria und Echinus erscheinen ohne fremdartige Beimengungen, aber nicht sämmtlich beisammen, wie schon die mitgetheilten Notizen ergeben. Von der sechsten Ausgabe an tritt noch die Ordnung der Lithophyten und von der zehnten außer dieser die der Zoophyten im neuen Sinne hinzu. Die ersteren erklärt Linne für zusammengesetzte Thiere, welche sich das steinige Gehäuse selbst bauen. Die Thiere hält er bei Tubipora (fraglich) für nereisartig, bei Madrepora für medusenartig, bei Mille- pora für hydraartig (wieder eine merkwürdige, zufällige Uebereinstim- mung mit neueren Untersuchungen) und bei Cellepora, welche statt der zu den Zoophyten gebrachten Gattung Sertularia hier erscheint, gleich- falls für hydraartig. Die Zoophyten sind ihm aber doch noch Pflan- zen; in der zehnten Ausgabe sagt er geradezu von ihnen: "vegetirende Pflanzen mit thierisch belebten Blüthen"; in der zwölften giebt er zwar die Definition: "zusammengesetzte Thiere mit einer nach Art der Pflan- zen erscheinenden Efflorescenz," drückt aber bei Aufzählung der Arten seine Ansicht dahin aus, daß der Stamm dieser Stöcke wahre Pflanzen bilde, welche durch eine Metamorphose in Blüthen übergehn, welche wahre Thiere darstellen. So beginnt er daher die Diagnose der Gat- tungen jedesmal mit den Worten: "Blüthen sind Hydren" oder dergl., wie bei Isis, Gorgonia, Sertularia, aber auch bei Flustra. Nur die Periode der Syſtematik. mes Mollusca genannt mit einer, ſonſt von Linné ſelbſt getadeltenUebertragung eines bereits verwandten Namens auf eine völlig ver- ſchiedene Gruppe. Zu den angeführten Gattungen waren ſchon 1748 theils echte Würmer, wie Nereis, Amphitrite, Aphrodita, theils andere Formen, wie Lernaea, der genannte Triton, ſelbſt Hydra ge- kommen, deren Zahl in der zehnten Ausgabe des Syſtems noch durch Doris, Priapus, Scyllaea, Holothuria vergrößert wurde. Eine beſon- dere, ihre Reihenfolge beſtimmende Anordnung erhielten dieſelben aber erſt in der zwölften Ausgabe nach der Stellung des Mundes, dem Vorhandenſein von Tentakeln, Füßen und dergl. Eine natürliche Ver- einigung konnte aber auf dieſe Weiſe nicht erreicht werden: man findet hier Actinien mit Ascidien, Holothurien mit Terebellen, Sepien gar mit Triton, Lernaea und Scyllaea verbunden. Nur die echten Mollusken Limax, Aplysia, Doris und Tethys, ferner die Strahlthiere Medusa, Asteria und Echinus erſcheinen ohne fremdartige Beimengungen, aber nicht ſämmtlich beiſammen, wie ſchon die mitgetheilten Notizen ergeben. Von der ſechſten Ausgabe an tritt noch die Ordnung der Lithophyten und von der zehnten außer dieſer die der Zoophyten im neuen Sinne hinzu. Die erſteren erklärt Linné für zuſammengeſetzte Thiere, welche ſich das ſteinige Gehäuſe ſelbſt bauen. Die Thiere hält er bei Tubipora (fraglich) für nereisartig, bei Madrepora für meduſenartig, bei Mille- pora für hydraartig (wieder eine merkwürdige, zufällige Uebereinſtim- mung mit neueren Unterſuchungen) und bei Cellepora, welche ſtatt der zu den Zoophyten gebrachten Gattung Sertularia hier erſcheint, gleich- falls für hydraartig. Die Zoophyten ſind ihm aber doch noch Pflan- zen; in der zehnten Ausgabe ſagt er geradezu von ihnen: „vegetirende Pflanzen mit thieriſch belebten Blüthen“; in der zwölften giebt er zwar die Definition: „zuſammengeſetzte Thiere mit einer nach Art der Pflan- zen erſcheinenden Efflorescenz,“ drückt aber bei Aufzählung der Arten ſeine Anſicht dahin aus, daß der Stamm dieſer Stöcke wahre Pflanzen bilde, welche durch eine Metamorphoſe in Blüthen übergehn, welche wahre Thiere darſtellen. So beginnt er daher die Diagnoſe der Gat- tungen jedesmal mit den Worten: „Blüthen ſind Hydren“ oder dergl., wie bei Isis, Gorgonia, Sertularia, aber auch bei Flustra. 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Periode der Syſtematik.
mes Mollusca genannt mit einer, ſonſt von Linné ſelbſt getadelten
Uebertragung eines bereits verwandten Namens auf eine völlig ver-
ſchiedene Gruppe. Zu den angeführten Gattungen waren ſchon 1748
theils echte Würmer, wie Nereis, Amphitrite, Aphrodita, theils
andere Formen, wie Lernaea, der genannte Triton, ſelbſt Hydra ge-
kommen, deren Zahl in der zehnten Ausgabe des Syſtems noch durch
Doris, Priapus, Scyllaea, Holothuria vergrößert wurde. Eine beſon-
dere, ihre Reihenfolge beſtimmende Anordnung erhielten dieſelben aber
erſt in der zwölften Ausgabe nach der Stellung des Mundes, dem
Vorhandenſein von Tentakeln, Füßen und dergl. Eine natürliche Ver-
einigung konnte aber auf dieſe Weiſe nicht erreicht werden: man findet
hier Actinien mit Ascidien, Holothurien mit Terebellen, Sepien gar mit
Triton, Lernaea und Scyllaea verbunden. Nur die echten Mollusken
Limax, Aplysia, Doris und Tethys, ferner die Strahlthiere Medusa,
Asteria und Echinus erſcheinen ohne fremdartige Beimengungen, aber
nicht ſämmtlich beiſammen, wie ſchon die mitgetheilten Notizen ergeben.
Von der ſechſten Ausgabe an tritt noch die Ordnung der Lithophyten
und von der zehnten außer dieſer die der Zoophyten im neuen Sinne
hinzu. Die erſteren erklärt Linné für zuſammengeſetzte Thiere, welche
ſich das ſteinige Gehäuſe ſelbſt bauen. Die Thiere hält er bei Tubipora
(fraglich) für nereisartig, bei Madrepora für meduſenartig, bei Mille-
pora für hydraartig (wieder eine merkwürdige, zufällige Uebereinſtim-
mung mit neueren Unterſuchungen) und bei Cellepora, welche ſtatt der
zu den Zoophyten gebrachten Gattung Sertularia hier erſcheint, gleich-
falls für hydraartig. Die Zoophyten ſind ihm aber doch noch Pflan-
zen; in der zehnten Ausgabe ſagt er geradezu von ihnen: „vegetirende
Pflanzen mit thieriſch belebten Blüthen“; in der zwölften giebt er zwar
die Definition: „zuſammengeſetzte Thiere mit einer nach Art der Pflan-
zen erſcheinenden Efflorescenz,“ drückt aber bei Aufzählung der Arten
ſeine Anſicht dahin aus, daß der Stamm dieſer Stöcke wahre Pflanzen
bilde, welche durch eine Metamorphoſe in Blüthen übergehn, welche
wahre Thiere darſtellen. So beginnt er daher die Diagnoſe der Gat-
tungen jedesmal mit den Worten: „Blüthen ſind Hydren“ oder dergl.,
wie bei Isis, Gorgonia, Sertularia, aber auch bei Flustra. Nur die
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