mische Erfahrungen ebenso wie embryologische gleich bedeutungsvoll waren, -- welche aber der Zoologie eine der wichtigsten, ja gerade die fruchtbarste Quelle allgemeiner Wahrheiten wenn nicht ganz entzog doch ferner rückte.
Bei einem so vielseitigen Eifer, von allen Seiten her neue Mate- rialien herbeizuschaffen, alte Zweifel zu lösen, neue Wunderbarkeiten der Natur zu enthüllen und überall selbständig ordnend vorzugehen, that es Noth, der drohenden Zersplitterung mit kräftiger Hand vorzu- beugen, mit kühnem Griffe die verschiedenen Leistungen zu einem großen Bau zu vereinigen, den Einzelbestrebungen durch eine bestimmte Form einen vorläufigen Abschluß, dadurch aber gleichzeitig auch einen neuen Ausgangspunkt zu schaffen. Dies versuchten, allerdings mit sehr ver- schiedenem Glück, zwei Männer, von welchen der eine durch geistvolle Benutzung des Vorhandenen das wissenschaftliche Bedürfniß nach for- meller Sammlung für immer befriedigte und dadurch zum Schöpfer der heutigen Zoologie wurde. Diese Männer sind Klein und Linne.
Es wurde schon bei verschiedenen Gelegenheiten Klein's gedacht. Sein Antheil an der Bearbeitung mehrerer der niedern Classen, wel- chen oben zu erwähnen nahe gelegen hätte, mag besser in Verbindung mit seinen übrigen Leistungen besprochen werden, um das Bild seiner Wirksamkeit vollständiger und übersichtlicher zu machen. Dieselbe würde zweifelsohne einen nachhaltigeren Einfluß ausgeübt haben, wenn der zweiundzwanzig Jahre jüngere Linne nicht wenig Jahre nach Klein's ersten zoologischen Veröffentlichungen mit ungleich entschiede- nerer Umsicht und sichererem Erfassen der zu überwältigenden wissen- schaftlichen Aufgaben sich das Feld erobert hätte. Hier muß man aber bedenken (wenn es auch nicht von allgemein geschichtlicher, sondern nur persönlicher Bedeutung ist): Linne war von Jugend auf Naturforscher und veröffentlichte in dem Lebensalter die erste Ausgabe seines Natur- systems, in welchem Klein erst eine bleibende Stellung in Danzig erhielt. Jakob Theodor Klein war der Sohn eines angesehenen juristischen
Periode der Syſtematik.
miſche Erfahrungen ebenſo wie embryologiſche gleich bedeutungsvoll waren, — welche aber der Zoologie eine der wichtigſten, ja gerade die fruchtbarſte Quelle allgemeiner Wahrheiten wenn nicht ganz entzog doch ferner rückte.
Bei einem ſo vielſeitigen Eifer, von allen Seiten her neue Mate- rialien herbeizuſchaffen, alte Zweifel zu löſen, neue Wunderbarkeiten der Natur zu enthüllen und überall ſelbſtändig ordnend vorzugehen, that es Noth, der drohenden Zerſplitterung mit kräftiger Hand vorzu- beugen, mit kühnem Griffe die verſchiedenen Leiſtungen zu einem großen Bau zu vereinigen, den Einzelbeſtrebungen durch eine beſtimmte Form einen vorläufigen Abſchluß, dadurch aber gleichzeitig auch einen neuen Ausgangspunkt zu ſchaffen. Dies verſuchten, allerdings mit ſehr ver- ſchiedenem Glück, zwei Männer, von welchen der eine durch geiſtvolle Benutzung des Vorhandenen das wiſſenſchaftliche Bedürfniß nach for- meller Sammlung für immer befriedigte und dadurch zum Schöpfer der heutigen Zoologie wurde. Dieſe Männer ſind Klein und Linné.
Es wurde ſchon bei verſchiedenen Gelegenheiten Klein's gedacht. Sein Antheil an der Bearbeitung mehrerer der niedern Claſſen, wel- chen oben zu erwähnen nahe gelegen hätte, mag beſſer in Verbindung mit ſeinen übrigen Leiſtungen beſprochen werden, um das Bild ſeiner Wirkſamkeit vollſtändiger und überſichtlicher zu machen. Dieſelbe würde zweifelsohne einen nachhaltigeren Einfluß ausgeübt haben, wenn der zweiundzwanzig Jahre jüngere Linné nicht wenig Jahre nach Klein's erſten zoologiſchen Veröffentlichungen mit ungleich entſchiede- nerer Umſicht und ſichererem Erfaſſen der zu überwältigenden wiſſen- ſchaftlichen Aufgaben ſich das Feld erobert hätte. Hier muß man aber bedenken (wenn es auch nicht von allgemein geſchichtlicher, ſondern nur perſönlicher Bedeutung iſt): Linné war von Jugend auf Naturforſcher und veröffentlichte in dem Lebensalter die erſte Ausgabe ſeines Natur- ſyſtems, in welchem Klein erſt eine bleibende Stellung in Danzig erhielt. Jakob Theodor Klein war der Sohn eines angeſehenen juriſtiſchen
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waren, — welche aber der Zoologie eine der wichtigſten, ja gerade die
fruchtbarſte Quelle allgemeiner Wahrheiten wenn nicht ganz entzog
doch ferner rückte.
Bei einem ſo vielſeitigen Eifer, von allen Seiten her neue Mate-
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der Natur zu enthüllen und überall ſelbſtändig ordnend vorzugehen,
that es Noth, der drohenden Zerſplitterung mit kräftiger Hand vorzu-
beugen, mit kühnem Griffe die verſchiedenen Leiſtungen zu einem großen
Bau zu vereinigen, den Einzelbeſtrebungen durch eine beſtimmte Form
einen vorläufigen Abſchluß, dadurch aber gleichzeitig auch einen neuen
Ausgangspunkt zu ſchaffen. Dies verſuchten, allerdings mit ſehr ver-
ſchiedenem Glück, zwei Männer, von welchen der eine durch geiſtvolle
Benutzung des Vorhandenen das wiſſenſchaftliche Bedürfniß nach for-
meller Sammlung für immer befriedigte und dadurch zum Schöpfer
der heutigen Zoologie wurde. Dieſe Männer ſind Klein und Linné.
Jakob Theodor Klein.
Es wurde ſchon bei verſchiedenen Gelegenheiten Klein's gedacht.
Sein Antheil an der Bearbeitung mehrerer der niedern Claſſen, wel-
chen oben zu erwähnen nahe gelegen hätte, mag beſſer in Verbindung
mit ſeinen übrigen Leiſtungen beſprochen werden, um das Bild ſeiner
Wirkſamkeit vollſtändiger und überſichtlicher zu machen. Dieſelbe
würde zweifelsohne einen nachhaltigeren Einfluß ausgeübt haben, wenn
der zweiundzwanzig Jahre jüngere Linné nicht wenig Jahre nach
Klein's erſten zoologiſchen Veröffentlichungen mit ungleich entſchiede-
nerer Umſicht und ſichererem Erfaſſen der zu überwältigenden wiſſen-
ſchaftlichen Aufgaben ſich das Feld erobert hätte. Hier muß man aber
bedenken (wenn es auch nicht von allgemein geſchichtlicher, ſondern nur
perſönlicher Bedeutung iſt): Linné war von Jugend auf Naturforſcher
und veröffentlichte in dem Lebensalter die erſte Ausgabe ſeines Natur-
ſyſtems, in welchem Klein erſt eine bleibende Stellung in Danzig erhielt.
Jakob Theodor Klein war der Sohn eines angeſehenen juriſtiſchen
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/483>, abgerufen am 22.11.2024.
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