Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Museen und Thiergärten. Einrichtungen größerer Sammlungen ihre Thätigkeit gelenkt, außerwelchen sowohl in Frankreich als in England einzelne Privatsammlun- gen (es sei nur an Olaus Wormius und Hans Sloane erin- nert) durch Reichhaltigkeit sich auszeichneten. In Deutschland blieben die Sammlungen länger als auswärts Kuriositätenkammern, wie selbst eine der ältesten officiell gepflegten, die in Wien, bis zu Franz I ent- schieden nichts andres war. Die vielleicht bis 1622 (in welchem Jahre Ferdinand II die Wiener Universität den Jesuiten übertrug) zurückrei- chende Gründung des Jesuiten-Museums ist das erste Beispiel für die Anlegung einer Sammlung zu Unterrichtszwecken in Deutschland, denen die Sammlung auch später insofern erhalten wurde, als sie sowohl mit ihren physikalischen und astronomischen Instrumenten, als in ihrem Bestande an zoologischen Gegenständen nach Aufhebung des Jesuiten- ordens 1773 an die Wiener Universität kam. In ähnlicher Weise hatte derselbe Orden die Sammlung am Collegium Romanum in Rom stetig vermehrt, welches Filippo Bonanni ausführlich beschrieb (1705). Gleich wichtig wie die Museen, von welchen hier nur bei- spielsweise auf die hervorragendsten der damaligen Zeit hingewiesen wird, war die Pflege und Erweiterung der Thiergärten und Menage- rien. Konnten dieselben natürlich nicht die zuweilen sehr unvollständig ausgefallenen Schilderungen fremder Thiere sofort durch Vorführen dieser in lebendem Zustande vervollständigen, so waren sie doch als Mittel, die Kenntnisse vom Bau vorzüglich der höheren Thiere zu er- weitern, sehr erwünscht. Leider ist es nicht möglich, auch nur in an- nähernder Vollständigkeit die Geschichte z. B. der bereits früher er- wähnten Menagerien und das Geschick, beziehentlich die Verwerthung der darin vorhandenen Thiere zu geben. Es sei also hier nur zweier der berühmtesten gedacht. Eine der ältesten ist auch hier die Menagerie des kaiserlichen Hofes in Wien, von welcher Fitzinger eine ein- gehende Geschichte gegeben hat20) Es ist aber aus der früheren Zeit 20) Versuch einer Geschichte der Menagerien des österreichisch-kaiserlichen Hofes
in: Sitzungsber. d. Wien. Akad. Math. naturw. Cl. Bd. 10. 1853. S. 300-403; 626-710; mit specieller Aufzählung der vorhanden gewesenen Thiere. Muſeen und Thiergärten. Einrichtungen größerer Sammlungen ihre Thätigkeit gelenkt, außerwelchen ſowohl in Frankreich als in England einzelne Privatſammlun- gen (es ſei nur an Olaus Wormius und Hans Sloane erin- nert) durch Reichhaltigkeit ſich auszeichneten. In Deutſchland blieben die Sammlungen länger als auswärts Kurioſitätenkammern, wie ſelbſt eine der älteſten officiell gepflegten, die in Wien, bis zu Franz I ent- ſchieden nichts andres war. Die vielleicht bis 1622 (in welchem Jahre Ferdinand II die Wiener Univerſität den Jeſuiten übertrug) zurückrei- chende Gründung des Jeſuiten-Muſeums iſt das erſte Beiſpiel für die Anlegung einer Sammlung zu Unterrichtszwecken in Deutſchland, denen die Sammlung auch ſpäter inſofern erhalten wurde, als ſie ſowohl mit ihren phyſikaliſchen und aſtronomiſchen Inſtrumenten, als in ihrem Beſtande an zoologiſchen Gegenſtänden nach Aufhebung des Jeſuiten- ordens 1773 an die Wiener Univerſität kam. In ähnlicher Weiſe hatte derſelbe Orden die Sammlung am Collegium Romanum in Rom ſtetig vermehrt, welches Filippo Bonanni ausführlich beſchrieb (1705). Gleich wichtig wie die Muſeen, von welchen hier nur bei- ſpielsweiſe auf die hervorragendſten der damaligen Zeit hingewieſen wird, war die Pflege und Erweiterung der Thiergärten und Menage- rien. Konnten dieſelben natürlich nicht die zuweilen ſehr unvollſtändig ausgefallenen Schilderungen fremder Thiere ſofort durch Vorführen dieſer in lebendem Zuſtande vervollſtändigen, ſo waren ſie doch als Mittel, die Kenntniſſe vom Bau vorzüglich der höheren Thiere zu er- weitern, ſehr erwünſcht. Leider iſt es nicht möglich, auch nur in an- nähernder Vollſtändigkeit die Geſchichte z. B. der bereits früher er- wähnten Menagerien und das Geſchick, beziehentlich die Verwerthung der darin vorhandenen Thiere zu geben. Es ſei alſo hier nur zweier der berühmteſten gedacht. Eine der älteſten iſt auch hier die Menagerie des kaiſerlichen Hofes in Wien, von welcher Fitzinger eine ein- gehende Geſchichte gegeben hat20) Es iſt aber aus der früheren Zeit 20) Verſuch einer Geſchichte der Menagerien des öſterreichiſch-kaiſerlichen Hofes
in: Sitzungsber. d. Wien. Akad. Math. naturw. Cl. Bd. 10. 1853. S. 300-403; 626-710; mit ſpecieller Aufzählung der vorhanden geweſenen Thiere. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0434" n="423"/><fw place="top" type="header">Muſeen und Thiergärten.</fw><lb/> Einrichtungen größerer Sammlungen ihre Thätigkeit gelenkt, außer<lb/> welchen ſowohl in Frankreich als in England einzelne Privatſammlun-<lb/> gen (es ſei nur an <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119009749">Olaus Wormius</persName></hi> und <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118797638">Hans Sloane</persName></hi> erin-<lb/> nert) durch Reichhaltigkeit ſich auszeichneten. In <placeName>Deutſchland</placeName> blieben<lb/> die Sammlungen länger als auswärts Kurioſitätenkammern, wie ſelbſt<lb/> eine der älteſten officiell gepflegten, die in Wien, bis zu Franz <hi rendition="#aq">I</hi> ent-<lb/> ſchieden nichts andres war. Die vielleicht bis 1622 (in welchem Jahre<lb/> Ferdinand <hi rendition="#aq">II</hi> die Wiener Univerſität den Jeſuiten übertrug) zurückrei-<lb/> chende Gründung des Jeſuiten-Muſeums iſt das erſte Beiſpiel für die<lb/> Anlegung einer Sammlung zu Unterrichtszwecken in <placeName>Deutſchland</placeName>, denen<lb/> die Sammlung auch ſpäter inſofern erhalten wurde, als ſie ſowohl mit<lb/> ihren phyſikaliſchen und aſtronomiſchen Inſtrumenten, als in ihrem<lb/> Beſtande an zoologiſchen Gegenſtänden nach Aufhebung des Jeſuiten-<lb/> ordens 1773 an die Wiener Univerſität kam. In ähnlicher Weiſe<lb/> hatte derſelbe Orden die Sammlung am Collegium Romanum in Rom<lb/> ſtetig vermehrt, welches <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119470241">Filippo Bonanni</persName></hi> ausführlich beſchrieb<lb/> (1705). Gleich wichtig wie die Muſeen, von welchen hier nur bei-<lb/> ſpielsweiſe auf die hervorragendſten der damaligen Zeit hingewieſen<lb/> wird, war die Pflege und Erweiterung der Thiergärten und Menage-<lb/> rien. Konnten dieſelben natürlich nicht die zuweilen ſehr unvollſtändig<lb/> ausgefallenen Schilderungen fremder Thiere ſofort durch Vorführen<lb/> dieſer in lebendem Zuſtande vervollſtändigen, ſo waren ſie doch als<lb/> Mittel, die Kenntniſſe vom Bau vorzüglich der höheren Thiere zu er-<lb/> weitern, ſehr erwünſcht. Leider iſt es nicht möglich, auch nur in an-<lb/> nähernder Vollſtändigkeit die Geſchichte z. B. der bereits früher er-<lb/> wähnten Menagerien und das Geſchick, beziehentlich die Verwerthung<lb/> der darin vorhandenen Thiere zu geben. Es ſei alſo hier nur zweier<lb/> der berühmteſten gedacht. Eine der älteſten iſt auch hier die Menagerie<lb/> des kaiſerlichen Hofes in Wien, von welcher <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/116586516">Fitzinger</persName></hi> eine ein-<lb/> gehende Geſchichte gegeben hat<note place="foot" n="20)">Verſuch einer Geſchichte der Menagerien des öſterreichiſch-kaiſerlichen Hofes<lb/> in: Sitzungsber. d. Wien. Akad. Math. naturw. Cl. Bd. 10. 1853. S. 300-403;<lb/> 626-710; mit ſpecieller Aufzählung der vorhanden geweſenen Thiere.</note> Es iſt aber aus der früheren Zeit<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [423/0434]
Muſeen und Thiergärten.
Einrichtungen größerer Sammlungen ihre Thätigkeit gelenkt, außer
welchen ſowohl in Frankreich als in England einzelne Privatſammlun-
gen (es ſei nur an Olaus Wormius und Hans Sloane erin-
nert) durch Reichhaltigkeit ſich auszeichneten. In Deutſchland blieben
die Sammlungen länger als auswärts Kurioſitätenkammern, wie ſelbſt
eine der älteſten officiell gepflegten, die in Wien, bis zu Franz I ent-
ſchieden nichts andres war. Die vielleicht bis 1622 (in welchem Jahre
Ferdinand II die Wiener Univerſität den Jeſuiten übertrug) zurückrei-
chende Gründung des Jeſuiten-Muſeums iſt das erſte Beiſpiel für die
Anlegung einer Sammlung zu Unterrichtszwecken in Deutſchland, denen
die Sammlung auch ſpäter inſofern erhalten wurde, als ſie ſowohl mit
ihren phyſikaliſchen und aſtronomiſchen Inſtrumenten, als in ihrem
Beſtande an zoologiſchen Gegenſtänden nach Aufhebung des Jeſuiten-
ordens 1773 an die Wiener Univerſität kam. In ähnlicher Weiſe
hatte derſelbe Orden die Sammlung am Collegium Romanum in Rom
ſtetig vermehrt, welches Filippo Bonanni ausführlich beſchrieb
(1705). Gleich wichtig wie die Muſeen, von welchen hier nur bei-
ſpielsweiſe auf die hervorragendſten der damaligen Zeit hingewieſen
wird, war die Pflege und Erweiterung der Thiergärten und Menage-
rien. Konnten dieſelben natürlich nicht die zuweilen ſehr unvollſtändig
ausgefallenen Schilderungen fremder Thiere ſofort durch Vorführen
dieſer in lebendem Zuſtande vervollſtändigen, ſo waren ſie doch als
Mittel, die Kenntniſſe vom Bau vorzüglich der höheren Thiere zu er-
weitern, ſehr erwünſcht. Leider iſt es nicht möglich, auch nur in an-
nähernder Vollſtändigkeit die Geſchichte z. B. der bereits früher er-
wähnten Menagerien und das Geſchick, beziehentlich die Verwerthung
der darin vorhandenen Thiere zu geben. Es ſei alſo hier nur zweier
der berühmteſten gedacht. Eine der älteſten iſt auch hier die Menagerie
des kaiſerlichen Hofes in Wien, von welcher Fitzinger eine ein-
gehende Geſchichte gegeben hat 20) Es iſt aber aus der früheren Zeit
20) Verſuch einer Geſchichte der Menagerien des öſterreichiſch-kaiſerlichen Hofes
in: Sitzungsber. d. Wien. Akad. Math. naturw. Cl. Bd. 10. 1853. S. 300-403;
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