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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Periode der Systematik.
nen Rechte, das sogenannte kleine Comitiv, eine Anzahl gewisser
kaiserlicher Reservatrechte, mußten natürlich mit der allmählichen Ent-
wickelung der deutschen Rechtsverhältnisse und besonders mit der Selb-
ständigwerdung der Einzelstaaten ihre ursprünglich schon nicht große
Bedeutung immer mehr verlieren, bis sie mit der Auflösung des deut-
schen Reichs auch ihre formelle Begründung verloren und auch wohl
aufgegeben worden wären, wenn nicht Unkenntniß der historischen Mo-
mente, vielleicht auch Eitelkeit den bestehenden Namen des Pfalzgrafen
beizubehalten versucht hätte. Die Ausübung des Comitiv's hat übri-
gens schon in älteren Zeiten der Akademie hin und wieder ziemliche
Ungelegenheiten bereitet, wie z. B. den Streit der Bortenwürker in
Nürnberg mit Wurffbain, welcher als Director Ephemeridum ein un-
ehelich geborenes Mädchen bei ihrer Verheirathung mit einem Mit-
gliede jener Innung legitimirt hatte. Der in jener Zeit herrschende
Ungeschmack, natürliche Verhältnisse nicht bei ihrem einfachen, natür-
lichen Namen zu nennen, sondern unter allerlei abgeschmackte poetische
und durch die breit ausgetretene Durchführung ins Lächerliche füh-
rende Verhüllung zu stecken, ließ die Mitglieder der Akademie jenem bei
verschiedenen deutschen Gesellschaften (z. B. der fruchtbringenden, dem
Schwanenorden u. s. w.) und bei vielen italienischen Akademien be-
stehenden Gebrauche folgen, die Akademie symbolisch zu bezeichnen und
den Mitgliedern darauf bezügliche Namen zu geben14). Die zu su-
chende Aufklärung wurde daher mit dem goldenen Vließ, die Akademie
mit der Argo verglichen; die Mitglieder erhielten die Namen der Ar-
gonauten. Da indeß die Zahl dieser nicht groß, die der Mitglieder
aber unbeschränkt war, so griff man zu den Namen anderer edler
Griechen, bis denn endlich der akademische Beiname nur ungefähr die
Richtung des wissenschaftlichen Strebens des zu Benennenden andeu-

14) Am bekanntesten ist die Academia della Crusca (1582 gestiftet), welche
sich mit einer Mühle vergleicht; ihr Symbol ist der Mühlbeutel, die Sitze sind
Säcke, die Stufen zum Präsidentenplatz Mühlsteine u. s. w. Die Akademie der
Arkadier wurde erst 1668 gegründet; ihrer Sitte, den Mitgliedern griechische Na-
men zu geben, konnte also die Leopoldinische Akademie nicht folgen, wie es Cu-
vier
angibt. Sie vergleicht sich schon 1661 mit der Argo, ihre Mitglieder mit
den Argonauten.

Periode der Syſtematik.
nen Rechte, das ſogenannte kleine Comitiv, eine Anzahl gewiſſer
kaiſerlicher Reſervatrechte, mußten natürlich mit der allmählichen Ent-
wickelung der deutſchen Rechtsverhältniſſe und beſonders mit der Selb-
ſtändigwerdung der Einzelſtaaten ihre urſprünglich ſchon nicht große
Bedeutung immer mehr verlieren, bis ſie mit der Auflöſung des deut-
ſchen Reichs auch ihre formelle Begründung verloren und auch wohl
aufgegeben worden wären, wenn nicht Unkenntniß der hiſtoriſchen Mo-
mente, vielleicht auch Eitelkeit den beſtehenden Namen des Pfalzgrafen
beizubehalten verſucht hätte. Die Ausübung des Comitiv's hat übri-
gens ſchon in älteren Zeiten der Akademie hin und wieder ziemliche
Ungelegenheiten bereitet, wie z. B. den Streit der Bortenwürker in
Nürnberg mit Wurffbain, welcher als Director Ephemeridum ein un-
ehelich geborenes Mädchen bei ihrer Verheirathung mit einem Mit-
gliede jener Innung legitimirt hatte. Der in jener Zeit herrſchende
Ungeſchmack, natürliche Verhältniſſe nicht bei ihrem einfachen, natür-
lichen Namen zu nennen, ſondern unter allerlei abgeſchmackte poetiſche
und durch die breit ausgetretene Durchführung ins Lächerliche füh-
rende Verhüllung zu ſtecken, ließ die Mitglieder der Akademie jenem bei
verſchiedenen deutſchen Geſellſchaften (z. B. der fruchtbringenden, dem
Schwanenorden u. ſ. w.) und bei vielen italieniſchen Akademien be-
ſtehenden Gebrauche folgen, die Akademie ſymboliſch zu bezeichnen und
den Mitgliedern darauf bezügliche Namen zu geben14). Die zu ſu-
chende Aufklärung wurde daher mit dem goldenen Vließ, die Akademie
mit der Argo verglichen; die Mitglieder erhielten die Namen der Ar-
gonauten. Da indeß die Zahl dieſer nicht groß, die der Mitglieder
aber unbeſchränkt war, ſo griff man zu den Namen anderer edler
Griechen, bis denn endlich der akademiſche Beiname nur ungefähr die
Richtung des wiſſenſchaftlichen Strebens des zu Benennenden andeu-

14) Am bekannteſten iſt die Academia della Crusca (1582 geſtiftet), welche
ſich mit einer Mühle vergleicht; ihr Symbol iſt der Mühlbeutel, die Sitze ſind
Säcke, die Stufen zum Präſidentenplatz Mühlſteine u. ſ. w. Die Akademie der
Arkadier wurde erſt 1668 gegründet; ihrer Sitte, den Mitgliedern griechiſche Na-
men zu geben, konnte alſo die Leopoldiniſche Akademie nicht folgen, wie es Cu-
vier
angibt. Sie vergleicht ſich ſchon 1661 mit der Argo, ihre Mitglieder mit
den Argonauten.
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[410/0421] Periode der Syſtematik. nen Rechte, das ſogenannte kleine Comitiv, eine Anzahl gewiſſer kaiſerlicher Reſervatrechte, mußten natürlich mit der allmählichen Ent- wickelung der deutſchen Rechtsverhältniſſe und beſonders mit der Selb- ſtändigwerdung der Einzelſtaaten ihre urſprünglich ſchon nicht große Bedeutung immer mehr verlieren, bis ſie mit der Auflöſung des deut- ſchen Reichs auch ihre formelle Begründung verloren und auch wohl aufgegeben worden wären, wenn nicht Unkenntniß der hiſtoriſchen Mo- mente, vielleicht auch Eitelkeit den beſtehenden Namen des Pfalzgrafen beizubehalten verſucht hätte. Die Ausübung des Comitiv's hat übri- gens ſchon in älteren Zeiten der Akademie hin und wieder ziemliche Ungelegenheiten bereitet, wie z. B. den Streit der Bortenwürker in Nürnberg mit Wurffbain, welcher als Director Ephemeridum ein un- ehelich geborenes Mädchen bei ihrer Verheirathung mit einem Mit- gliede jener Innung legitimirt hatte. Der in jener Zeit herrſchende Ungeſchmack, natürliche Verhältniſſe nicht bei ihrem einfachen, natür- lichen Namen zu nennen, ſondern unter allerlei abgeſchmackte poetiſche und durch die breit ausgetretene Durchführung ins Lächerliche füh- rende Verhüllung zu ſtecken, ließ die Mitglieder der Akademie jenem bei verſchiedenen deutſchen Geſellſchaften (z. B. der fruchtbringenden, dem Schwanenorden u. ſ. w.) und bei vielen italieniſchen Akademien be- ſtehenden Gebrauche folgen, die Akademie ſymboliſch zu bezeichnen und den Mitgliedern darauf bezügliche Namen zu geben 14). Die zu ſu- chende Aufklärung wurde daher mit dem goldenen Vließ, die Akademie mit der Argo verglichen; die Mitglieder erhielten die Namen der Ar- gonauten. Da indeß die Zahl dieſer nicht groß, die der Mitglieder aber unbeſchränkt war, ſo griff man zu den Namen anderer edler Griechen, bis denn endlich der akademiſche Beiname nur ungefähr die Richtung des wiſſenſchaftlichen Strebens des zu Benennenden andeu- 14) Am bekannteſten iſt die Academia della Crusca (1582 geſtiftet), welche ſich mit einer Mühle vergleicht; ihr Symbol iſt der Mühlbeutel, die Sitze ſind Säcke, die Stufen zum Präſidentenplatz Mühlſteine u. ſ. w. Die Akademie der Arkadier wurde erſt 1668 gegründet; ihrer Sitte, den Mitgliedern griechiſche Na- men zu geben, konnte alſo die Leopoldiniſche Akademie nicht folgen, wie es Cu- vier angibt. Sie vergleicht ſich ſchon 1661 mit der Argo, ihre Mitglieder mit den Argonauten.

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/421>, abgerufen am 22.11.2024.