Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

Bild:
<< vorherige Seite

Periode der Systematik.
und Augenergötzung bemächtigte: zwei Richtungen, welche freilich
selbst in der neuesten bilderreichen Zeit beim häufigen Mangel von
Gedanken, welche die Beobachtungen leiten sollten, nicht immer aus-
einander gehalten werden können.

Nachdem bereits im sechzehnten Jahrhundert einzelne kleinere
Thiere im Ganzen vergrößert dargestellt worden waren, ohne daß man
gleichzeitig auf ihren feineren Bau weiter eingieng, benutzte zuerst
Francesco Stelluti das Mikroskop planmäßig zur Untersuchung
und Darstellung von Theilen der Biene in vergrößertem Maßstabe7).
Seiner Arbeit ist das Verdienst nicht abzusprechen, daß sie die erste
war, welche sich ausdrücklich als eine, mittelst des Mikroskops erlangte
Resultate mittheilende ankündigte. Stelluti ist nun zwar als Arzt noch
weiter bekannt; seine Schrift über die Bienen hatte aber, wie es
scheint, nur wenig Erfolg. Von einer Bedeutung, welche die aller
Vorgänger weit hinter sich ließ, sind vorzüglich zwei Männer, von
denen man allerdings sagen kann, daß sie das Mikroskop erst den Na-
turwissenschaften gegeben haben, Malpighi und Leeuwenhoek.
Sie waren es ja auch, welche das Vorurtheil zuerst durchbrachen, das
sich, wie oben erwähnt, noch Mouffet hemmend in den Weg stellte,
daß nämlich das Interesse, welches sich an Naturgegenstände knüpfte,
gewissermaßen im directen Verhältnisse zu ihrer Größe stehe, daß dem-
zufolge kleine Körper keiner Untersuchung werth seien. Neben den bei-
den genannten hat die Geschichte der Naturwissenschaften in Bezug auf
Einführung des Mikroskops besonders noch Nehemiah Grew und
Robert Hooke rühmlich zu erwähnen; die Hauptleistungen dieser
liegen aber nicht auf dem Gebiete der Zoologie, obschon der erstere
auch hier noch anzuführen sein wird. Marcello Malpighi wurde
1628 in Crevalcuore bei Bologna geboren, studirte unter anderem
auch in Pisa, wo er Schüler und Freund des zwanzig Jahre älteren

7) Apiarium ex frontispiciis theatri principis Federici Caesii Lyncei...
depromptum quo universa mellificum familia ab suis praegeneribus deri-
vata, in suas species ac differentias distributa in physicum conspectum ad-
ducitur. Franciscus Stellutus Lynceus Fabrianensis microscopio ob-
servavit. Romae, 1625.

Periode der Syſtematik.
und Augenergötzung bemächtigte: zwei Richtungen, welche freilich
ſelbſt in der neueſten bilderreichen Zeit beim häufigen Mangel von
Gedanken, welche die Beobachtungen leiten ſollten, nicht immer aus-
einander gehalten werden können.

Nachdem bereits im ſechzehnten Jahrhundert einzelne kleinere
Thiere im Ganzen vergrößert dargeſtellt worden waren, ohne daß man
gleichzeitig auf ihren feineren Bau weiter eingieng, benutzte zuerſt
Francesco Stelluti das Mikroſkop planmäßig zur Unterſuchung
und Darſtellung von Theilen der Biene in vergrößertem Maßſtabe7).
Seiner Arbeit iſt das Verdienſt nicht abzuſprechen, daß ſie die erſte
war, welche ſich ausdrücklich als eine, mittelſt des Mikroſkops erlangte
Reſultate mittheilende ankündigte. Stelluti iſt nun zwar als Arzt noch
weiter bekannt; ſeine Schrift über die Bienen hatte aber, wie es
ſcheint, nur wenig Erfolg. Von einer Bedeutung, welche die aller
Vorgänger weit hinter ſich ließ, ſind vorzüglich zwei Männer, von
denen man allerdings ſagen kann, daß ſie das Mikroſkop erſt den Na-
turwiſſenſchaften gegeben haben, Malpighi und Leeuwenhoek.
Sie waren es ja auch, welche das Vorurtheil zuerſt durchbrachen, das
ſich, wie oben erwähnt, noch Mouffet hemmend in den Weg ſtellte,
daß nämlich das Intereſſe, welches ſich an Naturgegenſtände knüpfte,
gewiſſermaßen im directen Verhältniſſe zu ihrer Größe ſtehe, daß dem-
zufolge kleine Körper keiner Unterſuchung werth ſeien. Neben den bei-
den genannten hat die Geſchichte der Naturwiſſenſchaften in Bezug auf
Einführung des Mikroſkops beſonders noch Nehemiah Grew und
Robert Hooke rühmlich zu erwähnen; die Hauptleiſtungen dieſer
liegen aber nicht auf dem Gebiete der Zoologie, obſchon der erſtere
auch hier noch anzuführen ſein wird. Marcello Malpighi wurde
1628 in Crevalcuore bei Bologna geboren, ſtudirte unter anderem
auch in Piſa, wo er Schüler und Freund des zwanzig Jahre älteren

7) Apiarium ex frontispiciis theatri principis Federici Caesii Lyncei...
depromptum quo universa mellificum familia ab suis praegeneribus deri-
vata, in suas species ac differentias distributa in physicum conspectum ad-
ducitur. Franciscus Stellutus Lynceus Fabrianensis microscopio ob-
servavit. Romae, 1625.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0405" n="394"/><fw place="top" type="header">Periode der Sy&#x017F;tematik.</fw><lb/>
und Augenergötzung bemächtigte: zwei Richtungen, welche freilich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t in der neue&#x017F;ten bilderreichen Zeit beim häufigen Mangel von<lb/>
Gedanken, welche die Beobachtungen leiten &#x017F;ollten, nicht immer aus-<lb/>
einander gehalten werden können.</p><lb/>
          <p>Nachdem bereits im &#x017F;echzehnten Jahrhundert einzelne kleinere<lb/>
Thiere im Ganzen vergrößert darge&#x017F;tellt worden waren, ohne daß man<lb/>
gleichzeitig auf ihren feineren Bau weiter eingieng, benutzte zuer&#x017F;t<lb/><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118886304">Francesco Stelluti</persName></hi> das Mikro&#x017F;kop planmäßig zur Unter&#x017F;uchung<lb/>
und Dar&#x017F;tellung von Theilen der Biene in vergrößertem Maß&#x017F;tabe<note place="foot" n="7)"><hi rendition="#aq">Apiarium ex frontispiciis theatri principis Federici Caesii Lyncei...<lb/>
depromptum quo universa mellificum familia ab suis praegeneribus deri-<lb/>
vata, in suas species ac differentias distributa in physicum conspectum ad-<lb/>
ducitur. <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118886304">Franciscus Stellutus</persName></hi> Lynceus Fabrianensis microscopio ob-<lb/>
servavit. Romae, 1625.</hi></note>.<lb/>
Seiner Arbeit i&#x017F;t das Verdien&#x017F;t nicht abzu&#x017F;prechen, daß &#x017F;ie die er&#x017F;te<lb/>
war, welche &#x017F;ich ausdrücklich als eine, mittel&#x017F;t des Mikro&#x017F;kops erlangte<lb/>
Re&#x017F;ultate mittheilende ankündigte. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118886304">Stelluti</persName> i&#x017F;t nun zwar als Arzt noch<lb/>
weiter bekannt; &#x017F;eine Schrift über die Bienen hatte aber, wie es<lb/>
&#x017F;cheint, nur wenig Erfolg. Von einer Bedeutung, welche die aller<lb/>
Vorgänger weit hinter &#x017F;ich ließ, &#x017F;ind vorzüglich zwei Männer, von<lb/>
denen man allerdings &#x017F;agen kann, daß &#x017F;ie das Mikro&#x017F;kop er&#x017F;t den Na-<lb/>
turwi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften gegeben haben, <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119403099">Malpighi</persName></hi> und <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119188279">Leeuwenhoek</persName></hi>.<lb/>
Sie waren es ja auch, welche das Vorurtheil zuer&#x017F;t durchbrachen, das<lb/>
&#x017F;ich, wie oben erwähnt, noch <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119765063">Mouffet</persName> hemmend in den Weg &#x017F;tellte,<lb/>
daß nämlich das Intere&#x017F;&#x017F;e, welches &#x017F;ich an Naturgegen&#x017F;tände knüpfte,<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen im directen Verhältni&#x017F;&#x017F;e zu ihrer Größe &#x017F;tehe, daß dem-<lb/>
zufolge kleine Körper keiner Unter&#x017F;uchung werth &#x017F;eien. Neben den bei-<lb/>
den genannten hat die Ge&#x017F;chichte der Naturwi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften in Bezug auf<lb/>
Einführung des Mikro&#x017F;kops be&#x017F;onders noch <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119050374">Nehemiah Grew</persName></hi> und<lb/><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118774883">Robert Hooke</persName></hi> rühmlich zu erwähnen; die Hauptlei&#x017F;tungen die&#x017F;er<lb/>
liegen aber nicht auf dem Gebiete der Zoologie, ob&#x017F;chon der er&#x017F;tere<lb/>
auch hier noch anzuführen &#x017F;ein wird. <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119403099">Marcello Malpighi</persName></hi> wurde<lb/>
1628 in Crevalcuore bei Bologna geboren, &#x017F;tudirte unter anderem<lb/>
auch in Pi&#x017F;a, wo er Schüler und Freund des zwanzig Jahre älteren<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[394/0405] Periode der Syſtematik. und Augenergötzung bemächtigte: zwei Richtungen, welche freilich ſelbſt in der neueſten bilderreichen Zeit beim häufigen Mangel von Gedanken, welche die Beobachtungen leiten ſollten, nicht immer aus- einander gehalten werden können. Nachdem bereits im ſechzehnten Jahrhundert einzelne kleinere Thiere im Ganzen vergrößert dargeſtellt worden waren, ohne daß man gleichzeitig auf ihren feineren Bau weiter eingieng, benutzte zuerſt Francesco Stelluti das Mikroſkop planmäßig zur Unterſuchung und Darſtellung von Theilen der Biene in vergrößertem Maßſtabe 7). Seiner Arbeit iſt das Verdienſt nicht abzuſprechen, daß ſie die erſte war, welche ſich ausdrücklich als eine, mittelſt des Mikroſkops erlangte Reſultate mittheilende ankündigte. Stelluti iſt nun zwar als Arzt noch weiter bekannt; ſeine Schrift über die Bienen hatte aber, wie es ſcheint, nur wenig Erfolg. Von einer Bedeutung, welche die aller Vorgänger weit hinter ſich ließ, ſind vorzüglich zwei Männer, von denen man allerdings ſagen kann, daß ſie das Mikroſkop erſt den Na- turwiſſenſchaften gegeben haben, Malpighi und Leeuwenhoek. Sie waren es ja auch, welche das Vorurtheil zuerſt durchbrachen, das ſich, wie oben erwähnt, noch Mouffet hemmend in den Weg ſtellte, daß nämlich das Intereſſe, welches ſich an Naturgegenſtände knüpfte, gewiſſermaßen im directen Verhältniſſe zu ihrer Größe ſtehe, daß dem- zufolge kleine Körper keiner Unterſuchung werth ſeien. Neben den bei- den genannten hat die Geſchichte der Naturwiſſenſchaften in Bezug auf Einführung des Mikroſkops beſonders noch Nehemiah Grew und Robert Hooke rühmlich zu erwähnen; die Hauptleiſtungen dieſer liegen aber nicht auf dem Gebiete der Zoologie, obſchon der erſtere auch hier noch anzuführen ſein wird. Marcello Malpighi wurde 1628 in Crevalcuore bei Bologna geboren, ſtudirte unter anderem auch in Piſa, wo er Schüler und Freund des zwanzig Jahre älteren 7) Apiarium ex frontispiciis theatri principis Federici Caesii Lyncei... depromptum quo universa mellificum familia ab suis praegeneribus deri- vata, in suas species ac differentias distributa in physicum conspectum ad- ducitur. Franciscus Stellutus Lynceus Fabrianensis microscopio ob- servavit. Romae, 1625.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/405
Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/405>, abgerufen am 22.11.2024.