Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Arbeiten über einzelne Classen und Formen. Einleitung seines Werkes vorkommenden anatomischen Bemerkungenzeigen allerdings, daß er auch Fische aufmerksam zergliedert hat; doch ist er noch nicht im Stande, sich durch die Uebereinstimmung im Bau so vieler Fische von dem Aberglauben in Bezug auf einzelne frei zu machen. So versucht er z. B. für die merkwürdige Fähigkeit der Re- mora, große Schiffe fest zu halten, selbst eine mechanische Erklärung zu geben. Mehrere der von ihm mit dem Aristotelischen Namen Aphya aufgeführten kleinen Fischchen sollen wirklich aus Schlamm, Sand, Schaum entstehen. Da er auch die Walthiere, die Cetaceen im heutigen Sinne (denn auch bei ihm ist piscis cetaceus synonym mit großer Fisch) mit aufführt, so enthalten die anatomischen Abschnitte auch viele Einzelheiten über diese Wassersäugethiere. Bei Hervorhebung der Ver- schiedenheiten dieser von den Fischen erscheint manche ganz gute Be- merkung. So schildert er beim Zwerchfell der Wale die Lage und Be- festigung des Fischherzens und hebt die Abwesenheit eines Zwerchfells bei den Fischen hervor. Auch das Herz der Fische beschreibt er richtig als aus drei Theilen bestehend, freilich ohne die Klappen zu erwähnen. Auf die Kiemen geht er überall in den Beschreibungen ein. Dabei kommt es aber vor, daß er bei der Meernadel (Syngnathus) sagt, die Kiemen seien denen des Hippocampus sehr ähnlich, was eine ganz rich- tige Bemerkung wäre, beide sind Lophobranchier. Beim Hippocampus aber meint er, daß gar keine Kiemen vorhanden seien. Die lungen- athmenden Fische haben Ohren; womit aber die andern hören, ist un- bekannt. Die hier mitgetheilten anatomischen Angaben sind nun aber nicht zu einer systematischen Schilderung des Fischbaues vereint und etwa nach den Organgruppen geordnet, sondern treten nur gewisser- maßen in zweiter Linie auf bei der Uebersicht über die Verschiedenheiten der Fische. Wie wenig sich Rondelet bei seiner, vorwaltend doch ordnen- den Arbeit der eigentlichen Aufgabe bewußt wurde, erscheint vielleicht nirgends so deutlich als gerade hier, wo er alle möglichen Seiten der Fische, ihr Leben, ihren Bau, Aufenthalt u. s. f. durchmustert, ohne cima Turdorum species; ebenso sagt er: Luporum duo esse videntur genera;
u. s. f. Arbeiten über einzelne Claſſen und Formen. Einleitung ſeines Werkes vorkommenden anatomiſchen Bemerkungenzeigen allerdings, daß er auch Fiſche aufmerkſam zergliedert hat; doch iſt er noch nicht im Stande, ſich durch die Uebereinſtimmung im Bau ſo vieler Fiſche von dem Aberglauben in Bezug auf einzelne frei zu machen. So verſucht er z. B. für die merkwürdige Fähigkeit der Re- mora, große Schiffe feſt zu halten, ſelbſt eine mechaniſche Erklärung zu geben. Mehrere der von ihm mit dem Ariſtoteliſchen Namen Aphya aufgeführten kleinen Fiſchchen ſollen wirklich aus Schlamm, Sand, Schaum entſtehen. Da er auch die Walthiere, die Cetaceen im heutigen Sinne (denn auch bei ihm iſt piscis cetaceus ſynonym mit großer Fiſch) mit aufführt, ſo enthalten die anatomiſchen Abſchnitte auch viele Einzelheiten über dieſe Waſſerſäugethiere. Bei Hervorhebung der Ver- ſchiedenheiten dieſer von den Fiſchen erſcheint manche ganz gute Be- merkung. So ſchildert er beim Zwerchfell der Wale die Lage und Be- feſtigung des Fiſchherzens und hebt die Abweſenheit eines Zwerchfells bei den Fiſchen hervor. Auch das Herz der Fiſche beſchreibt er richtig als aus drei Theilen beſtehend, freilich ohne die Klappen zu erwähnen. Auf die Kiemen geht er überall in den Beſchreibungen ein. Dabei kommt es aber vor, daß er bei der Meernadel (Syngnathus) ſagt, die Kiemen ſeien denen des Hippocampus ſehr ähnlich, was eine ganz rich- tige Bemerkung wäre, beide ſind Lophobranchier. Beim Hippocampus aber meint er, daß gar keine Kiemen vorhanden ſeien. Die lungen- athmenden Fiſche haben Ohren; womit aber die andern hören, iſt un- bekannt. Die hier mitgetheilten anatomiſchen Angaben ſind nun aber nicht zu einer ſyſtematiſchen Schilderung des Fiſchbaues vereint und etwa nach den Organgruppen geordnet, ſondern treten nur gewiſſer- maßen in zweiter Linie auf bei der Ueberſicht über die Verſchiedenheiten der Fiſche. Wie wenig ſich Rondelet bei ſeiner, vorwaltend doch ordnen- den Arbeit der eigentlichen Aufgabe bewußt wurde, erſcheint vielleicht nirgends ſo deutlich als gerade hier, wo er alle möglichen Seiten der Fiſche, ihr Leben, ihren Bau, Aufenthalt u. ſ. f. durchmuſtert, ohne cima Turdorum species; ebenſo ſagt er: Luporum duo esse videntur genera;
u. ſ. f. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0374" n="363"/><fw place="top" type="header">Arbeiten über einzelne Claſſen und Formen.</fw><lb/> Einleitung ſeines Werkes vorkommenden anatomiſchen Bemerkungen<lb/> zeigen allerdings, daß er auch Fiſche aufmerkſam zergliedert hat; doch<lb/> iſt er noch nicht im Stande, ſich durch die Uebereinſtimmung im Bau<lb/> ſo vieler Fiſche von dem Aberglauben in Bezug auf einzelne frei zu<lb/> machen. So verſucht er z. B. für die merkwürdige Fähigkeit der Re-<lb/> mora, große Schiffe feſt zu halten, ſelbſt eine mechaniſche Erklärung zu<lb/> geben. Mehrere der von ihm mit dem Ariſtoteliſchen Namen Aphya<lb/> aufgeführten kleinen Fiſchchen ſollen wirklich aus Schlamm, Sand,<lb/> Schaum entſtehen. Da er auch die Walthiere, die Cetaceen im heutigen<lb/> Sinne (denn auch bei ihm iſt <hi rendition="#aq">piscis cetaceus</hi> ſynonym mit großer<lb/> Fiſch) mit aufführt, ſo enthalten die anatomiſchen Abſchnitte auch viele<lb/> Einzelheiten über dieſe Waſſerſäugethiere. Bei Hervorhebung der Ver-<lb/> ſchiedenheiten dieſer von den Fiſchen erſcheint manche ganz gute Be-<lb/> merkung. So ſchildert er beim Zwerchfell der Wale die Lage und Be-<lb/> feſtigung des Fiſchherzens und hebt die Abweſenheit eines Zwerchfells<lb/> bei den Fiſchen hervor. Auch das Herz der Fiſche beſchreibt er richtig<lb/> als aus drei Theilen beſtehend, freilich ohne die Klappen zu erwähnen.<lb/> Auf die Kiemen geht er überall in den Beſchreibungen ein. Dabei<lb/> kommt es aber vor, daß er bei der Meernadel (<hi rendition="#aq">Syngnathus</hi>) ſagt, die<lb/> Kiemen ſeien denen des <hi rendition="#aq">Hippocampus</hi> ſehr ähnlich, was eine ganz rich-<lb/> tige Bemerkung wäre, beide ſind Lophobranchier. Beim <hi rendition="#aq">Hippocampus</hi><lb/> aber meint er, daß gar keine Kiemen vorhanden ſeien. Die lungen-<lb/> athmenden Fiſche haben Ohren; womit aber die andern hören, iſt un-<lb/> bekannt. Die hier mitgetheilten anatomiſchen Angaben ſind nun aber<lb/> nicht zu einer ſyſtematiſchen Schilderung des Fiſchbaues vereint und<lb/> etwa nach den Organgruppen geordnet, ſondern treten nur gewiſſer-<lb/> maßen in zweiter Linie auf bei der Ueberſicht über die Verſchiedenheiten<lb/> der Fiſche. Wie wenig ſich <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117593966">Rondelet</persName> bei ſeiner, vorwaltend doch ordnen-<lb/> den Arbeit der eigentlichen Aufgabe bewußt wurde, erſcheint vielleicht<lb/> nirgends ſo deutlich als gerade hier, wo er alle möglichen Seiten der<lb/> Fiſche, ihr Leben, ihren Bau, Aufenthalt u. ſ. f. durchmuſtert, ohne<lb/><note xml:id="seg2pn_24_2" prev="#seg2pn_24_1" place="foot" n="105)"><hi rendition="#aq">cima Turdorum species;</hi> ebenſo ſagt er: <hi rendition="#aq">Luporum duo esse videntur genera;</hi><lb/> u. ſ. f.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [363/0374]
Arbeiten über einzelne Claſſen und Formen.
Einleitung ſeines Werkes vorkommenden anatomiſchen Bemerkungen
zeigen allerdings, daß er auch Fiſche aufmerkſam zergliedert hat; doch
iſt er noch nicht im Stande, ſich durch die Uebereinſtimmung im Bau
ſo vieler Fiſche von dem Aberglauben in Bezug auf einzelne frei zu
machen. So verſucht er z. B. für die merkwürdige Fähigkeit der Re-
mora, große Schiffe feſt zu halten, ſelbſt eine mechaniſche Erklärung zu
geben. Mehrere der von ihm mit dem Ariſtoteliſchen Namen Aphya
aufgeführten kleinen Fiſchchen ſollen wirklich aus Schlamm, Sand,
Schaum entſtehen. Da er auch die Walthiere, die Cetaceen im heutigen
Sinne (denn auch bei ihm iſt piscis cetaceus ſynonym mit großer
Fiſch) mit aufführt, ſo enthalten die anatomiſchen Abſchnitte auch viele
Einzelheiten über dieſe Waſſerſäugethiere. Bei Hervorhebung der Ver-
ſchiedenheiten dieſer von den Fiſchen erſcheint manche ganz gute Be-
merkung. So ſchildert er beim Zwerchfell der Wale die Lage und Be-
feſtigung des Fiſchherzens und hebt die Abweſenheit eines Zwerchfells
bei den Fiſchen hervor. Auch das Herz der Fiſche beſchreibt er richtig
als aus drei Theilen beſtehend, freilich ohne die Klappen zu erwähnen.
Auf die Kiemen geht er überall in den Beſchreibungen ein. Dabei
kommt es aber vor, daß er bei der Meernadel (Syngnathus) ſagt, die
Kiemen ſeien denen des Hippocampus ſehr ähnlich, was eine ganz rich-
tige Bemerkung wäre, beide ſind Lophobranchier. Beim Hippocampus
aber meint er, daß gar keine Kiemen vorhanden ſeien. Die lungen-
athmenden Fiſche haben Ohren; womit aber die andern hören, iſt un-
bekannt. Die hier mitgetheilten anatomiſchen Angaben ſind nun aber
nicht zu einer ſyſtematiſchen Schilderung des Fiſchbaues vereint und
etwa nach den Organgruppen geordnet, ſondern treten nur gewiſſer-
maßen in zweiter Linie auf bei der Ueberſicht über die Verſchiedenheiten
der Fiſche. Wie wenig ſich Rondelet bei ſeiner, vorwaltend doch ordnen-
den Arbeit der eigentlichen Aufgabe bewußt wurde, erſcheint vielleicht
nirgends ſo deutlich als gerade hier, wo er alle möglichen Seiten der
Fiſche, ihr Leben, ihren Bau, Aufenthalt u. ſ. f. durchmuſtert, ohne
105)
105) cima Turdorum species; ebenſo ſagt er: Luporum duo esse videntur genera;
u. ſ. f.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |