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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Arbeiten über einzelne Classen und Formen.
Gegenstandes geht die Schrift des Arztes Baldus Angelus Ab-
batius
über die Viper ein95) in welcher eine freilich etwas roh ge-
haltene Zeichnung der Lage der Eingeweide von der männlichen und
weiblichen Viper gegeben wird. Es laufen aber noch viele Irrthümer
unter. So soll z. B. von der Gallenblase eine Vene direct nach dem
Giftzahn gehn; denn das Gift wird natürlich mit der Galle in enge
Beziehung gebracht. Auch der später mit Anerkennung zu erwähnende
Marc Aurelio Severino förderte die Kenntniß der Schlangen
nicht besonders96) In dem umfänglichen Buche über die Viper ist
weitaus der medicinische Gesichtspunkt vorherrschend. Der erste Theil,
über die Natur der Viper, geht nur in sehr beschränkter Weise auf
Form, Bau und Leben der Viper ein, enthält vielmehr lang ausge-
sponnene Betrachtungen, dicht mit allerhand Citaten und anderen lit-
terarischen Belegen durchsetzt, über die ideelle Bedeutung, die Heilkraft
der Viper und Aehnliches. Es wird dabei wenigstens auf die Lage
der Giftdrüse und deren Verbindung mit den Zähnen hingewiesen.
Der zweite und dritte Theil, über das Gift der Viper und die Heilung
des Vipernbisses, wie überhaupt über die medicinische Natur der Viper,
sind von noch untergeordneterer Bedeutung, namentlich der letzte, wel-
chen der Verfasser selbst ausdrücklich als aus andern Autoren zusam-
mengestellt bezeichnet.

Wie bei den Vögeln, sucht man auch bei den Fischen zunächst theils
bei dem anzuknüpfen, was die Alten ermittelt hatten, theils bei der im
Volke verbreiteten Kenntniß der verschiedenen Formen. So wurde das
neunte Buch des Plinius sowohl einzeln herausgegeben, als auch mit
besondern Bemerkungen versehen, welche sich vorzüglich die Bestim-
mung der erwähnten Fische zur Aufgabe gestellt zu haben scheinen97).
Andererseits wurden auch hier die lateinischen Namen mit den neuern,

95) Bald. Ang. Abbatius, med. phys. Eugubin., de admirabili
viperae natura et de mirificis ejusdem facultatibus. Urbini,
1589.
96) M. A. Severini, Vipera Pythia; id est, de Viperae natura, ve-
neno, medicina demonstrationes et experimenta nova. Patavii
, 1651.
97) Franc. Massarii, In nonum Plinii de naturali historia librum
castigationes et annotationes. Basil.
1537. Das betreffende Buch des Plinius er-
schien mit des Oppian Halieutikon in Straßburg, 1534.
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Arbeiten über einzelne Claſſen und Formen.
Gegenſtandes geht die Schrift des Arztes Baldus Angelus Ab-
batius
über die Viper ein95) in welcher eine freilich etwas roh ge-
haltene Zeichnung der Lage der Eingeweide von der männlichen und
weiblichen Viper gegeben wird. Es laufen aber noch viele Irrthümer
unter. So ſoll z. B. von der Gallenblaſe eine Vene direct nach dem
Giftzahn gehn; denn das Gift wird natürlich mit der Galle in enge
Beziehung gebracht. Auch der ſpäter mit Anerkennung zu erwähnende
Marc Aurelio Severino förderte die Kenntniß der Schlangen
nicht beſonders96) In dem umfänglichen Buche über die Viper iſt
weitaus der mediciniſche Geſichtspunkt vorherrſchend. Der erſte Theil,
über die Natur der Viper, geht nur in ſehr beſchränkter Weiſe auf
Form, Bau und Leben der Viper ein, enthält vielmehr lang ausge-
ſponnene Betrachtungen, dicht mit allerhand Citaten und anderen lit-
terariſchen Belegen durchſetzt, über die ideelle Bedeutung, die Heilkraft
der Viper und Aehnliches. Es wird dabei wenigſtens auf die Lage
der Giftdrüſe und deren Verbindung mit den Zähnen hingewieſen.
Der zweite und dritte Theil, über das Gift der Viper und die Heilung
des Vipernbiſſes, wie überhaupt über die mediciniſche Natur der Viper,
ſind von noch untergeordneterer Bedeutung, namentlich der letzte, wel-
chen der Verfaſſer ſelbſt ausdrücklich als aus andern Autoren zuſam-
mengeſtellt bezeichnet.

Wie bei den Vögeln, ſucht man auch bei den Fiſchen zunächſt theils
bei dem anzuknüpfen, was die Alten ermittelt hatten, theils bei der im
Volke verbreiteten Kenntniß der verſchiedenen Formen. So wurde das
neunte Buch des Plinius ſowohl einzeln herausgegeben, als auch mit
beſondern Bemerkungen verſehen, welche ſich vorzüglich die Beſtim-
mung der erwähnten Fiſche zur Aufgabe geſtellt zu haben ſcheinen97).
Andererſeits wurden auch hier die lateiniſchen Namen mit den neuern,

95) Bald. Ang. Abbatius, med. phys. Eugubin., de admirabili
viperae natura et de mirificis ejusdem facultatibus. Urbini,
1589.
96) M. A. Severini, Vipera Pythia; id est, de Viperae natura, ve-
neno, medicina demonstrationes et experimenta nova. Patavii
, 1651.
97) Franc. Massarii, In nonum Plinii de naturali historia librum
castigationes et annotationes. Basil.
1537. Das betreffende Buch des Plinius er-
ſchien mit des Oppian Halieutikon in Straßburg, 1534.
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[355/0366] Arbeiten über einzelne Claſſen und Formen. Gegenſtandes geht die Schrift des Arztes Baldus Angelus Ab- batius über die Viper ein 95) in welcher eine freilich etwas roh ge- haltene Zeichnung der Lage der Eingeweide von der männlichen und weiblichen Viper gegeben wird. Es laufen aber noch viele Irrthümer unter. So ſoll z. B. von der Gallenblaſe eine Vene direct nach dem Giftzahn gehn; denn das Gift wird natürlich mit der Galle in enge Beziehung gebracht. Auch der ſpäter mit Anerkennung zu erwähnende Marc Aurelio Severino förderte die Kenntniß der Schlangen nicht beſonders 96) In dem umfänglichen Buche über die Viper iſt weitaus der mediciniſche Geſichtspunkt vorherrſchend. Der erſte Theil, über die Natur der Viper, geht nur in ſehr beſchränkter Weiſe auf Form, Bau und Leben der Viper ein, enthält vielmehr lang ausge- ſponnene Betrachtungen, dicht mit allerhand Citaten und anderen lit- terariſchen Belegen durchſetzt, über die ideelle Bedeutung, die Heilkraft der Viper und Aehnliches. Es wird dabei wenigſtens auf die Lage der Giftdrüſe und deren Verbindung mit den Zähnen hingewieſen. Der zweite und dritte Theil, über das Gift der Viper und die Heilung des Vipernbiſſes, wie überhaupt über die mediciniſche Natur der Viper, ſind von noch untergeordneterer Bedeutung, namentlich der letzte, wel- chen der Verfaſſer ſelbſt ausdrücklich als aus andern Autoren zuſam- mengeſtellt bezeichnet. Wie bei den Vögeln, ſucht man auch bei den Fiſchen zunächſt theils bei dem anzuknüpfen, was die Alten ermittelt hatten, theils bei der im Volke verbreiteten Kenntniß der verſchiedenen Formen. So wurde das neunte Buch des Plinius ſowohl einzeln herausgegeben, als auch mit beſondern Bemerkungen verſehen, welche ſich vorzüglich die Beſtim- mung der erwähnten Fiſche zur Aufgabe geſtellt zu haben ſcheinen 97). Andererſeits wurden auch hier die lateiniſchen Namen mit den neuern, 95) Bald. Ang. Abbatius, med. phys. Eugubin., de admirabili viperae natura et de mirificis ejusdem facultatibus. Urbini, 1589. 96) M. A. Severini, Vipera Pythia; id est, de Viperae natura, ve- neno, medicina demonstrationes et experimenta nova. Patavii, 1651. 97) Franc. Massarii, In nonum Plinii de naturali historia librum castigationes et annotationes. Basil. 1537. Das betreffende Buch des Plinius er- ſchien mit des Oppian Halieutikon in Straßburg, 1534. 23*

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/366>, abgerufen am 22.11.2024.