Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.ren23). Er stammte aus einer Familie, welche durch mehrere ausge- zeichnete Männer in dem heimischen Gemeinwesen zu großem Ansehen gelangt war und deren einer Zweig dem Grafenstande angehörte. Ulisses Aldrovandi selbst glaubte sein Geschlecht und das der Aldobrandini für ursprünglich identisch halten und auf Hildebrand (Gregor VII, italiani- sirt Aldobrandus) zurückführen zu dürfen24). Sein Vater starb, als Ulisses ein Jahr alt war. Zunächst zum Kaufmann bestimmt, wurde er anfänglich in Bologna, dann in Brescia in ein Geschäft gethan. In Rom, wo er eine ähnliche Stellung suchte, fand er nichts ihm Zu- sagendes. Auf dem Heimwege begriffen begegnete er in Castel S. Pietro einem Sicilianischen Pilger, dem er sich auf der Wanderung nach Com- postella und Genua anschloß. Nach Jerusalem zu gehen hinderte ihn die Abgeneigtheit seines Reisegefährten. Da kehrte er nach Bologna zurück und begann nun in seinem siebzehnten Jahre 1539 das Studium der schönen Wissenschaften und der Rechte. Ein Jahr in Padua benutzte er zu philosophischen und zum Theil schon medicinischen Studien. Nach- dem er ruhig in Bologna weiter gearbeitet hatte, fiel er 1549 in den Verdacht, ein Häretiker zu sein, und wurde von dem Inquisitionstri- bunal ergriffen und als Gefangener nach Rom gebracht. Nach des Pabstes Paul III Tode und Julius II Thronbesteigung wurde er frei und benutzte den übrigen Aufenthalt in Rom zum Studium und zu einer Schilderung der antiken Statuen, welche auch später gedruckt wurde. Wichtig für ihn war, daß er in Rom Rondelet kennen lernte, welcher als Arzt des Cardinal Tournon dorthin gekommen war. Von diesem vorzüglich auf das Studium der Natur geführt, begann er dort zuerst Pflanzen und Fische zu sammeln. Wie eifrig und erfolgreich er dieser neuen Richtung seines Studiums oblag, beweist der Umstand, daß ihn schon 1553 Matthioli bei der Herausgabe seines Pflanzen- 23) Die Notizen über Aldrovandi's Leben sind vorzüglich entnommen aus Giov. Fantuzzi, Notizie degli Scrittori Bolognesi. Tom. I. Bologna, 1781. p. 165. Es werden hier mehrere Fabeln über Aldrovandi's Leben beseitigt, welche sich bei vielen Neueren wiederholt finden, ebenso der Zweifel über sein Ge- burtsjahr und Erzählungen über sein Lebensende. V. Carus, Gesch. d. Zool. 19
ren23). Er ſtammte aus einer Familie, welche durch mehrere ausge- zeichnete Männer in dem heimiſchen Gemeinweſen zu großem Anſehen gelangt war und deren einer Zweig dem Grafenſtande angehörte. Uliſſes Aldrovandi ſelbſt glaubte ſein Geſchlecht und das der Aldobrandini für urſprünglich identiſch halten und auf Hildebrand (Gregor VII, italiani- ſirt Aldobrandus) zurückführen zu dürfen24). Sein Vater ſtarb, als Uliſſes ein Jahr alt war. Zunächſt zum Kaufmann beſtimmt, wurde er anfänglich in Bologna, dann in Brescia in ein Geſchäft gethan. In Rom, wo er eine ähnliche Stellung ſuchte, fand er nichts ihm Zu- ſagendes. Auf dem Heimwege begriffen begegnete er in Caſtel S. Pietro einem Sicilianiſchen Pilger, dem er ſich auf der Wanderung nach Com- poſtella und Genua anſchloß. Nach Jeruſalem zu gehen hinderte ihn die Abgeneigtheit ſeines Reiſegefährten. Da kehrte er nach Bologna zurück und begann nun in ſeinem ſiebzehnten Jahre 1539 das Studium der ſchönen Wiſſenſchaften und der Rechte. Ein Jahr in Padua benutzte er zu philoſophiſchen und zum Theil ſchon mediciniſchen Studien. Nach- dem er ruhig in Bologna weiter gearbeitet hatte, fiel er 1549 in den Verdacht, ein Häretiker zu ſein, und wurde von dem Inquiſitionstri- bunal ergriffen und als Gefangener nach Rom gebracht. Nach des Pabſtes Paul III Tode und Julius II Thronbeſteigung wurde er frei und benutzte den übrigen Aufenthalt in Rom zum Studium und zu einer Schilderung der antiken Statuen, welche auch ſpäter gedruckt wurde. Wichtig für ihn war, daß er in Rom Rondelet kennen lernte, welcher als Arzt des Cardinal Tournon dorthin gekommen war. Von dieſem vorzüglich auf das Studium der Natur geführt, begann er dort zuerſt Pflanzen und Fiſche zu ſammeln. Wie eifrig und erfolgreich er dieſer neuen Richtung ſeines Studiums oblag, beweiſt der Umſtand, daß ihn ſchon 1553 Matthioli bei der Herausgabe ſeines Pflanzen- 23) Die Notizen über Aldrovandi's Leben ſind vorzüglich entnommen aus Giov. Fantuzzi, Notizie degli Scrittori Bolognesi. Tom. I. Bologna, 1781. p. 165. Es werden hier mehrere Fabeln über Aldrovandi's Leben beſeitigt, welche ſich bei vielen Neueren wiederholt finden, ebenſo der Zweifel über ſein Ge- burtsjahr und Erzählungen über ſein Lebensende. V. Carus, Geſch. d. Zool. 19
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Uliſſes Aldrovandi.
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gelangt war und deren einer Zweig dem Grafenſtande angehörte. Uliſſes
Aldrovandi ſelbſt glaubte ſein Geſchlecht und das der Aldobrandini für
urſprünglich identiſch halten und auf Hildebrand (Gregor VII, italiani-
ſirt Aldobrandus) zurückführen zu dürfen 24). Sein Vater ſtarb, als
Uliſſes ein Jahr alt war. Zunächſt zum Kaufmann beſtimmt, wurde
er anfänglich in Bologna, dann in Brescia in ein Geſchäft gethan.
In Rom, wo er eine ähnliche Stellung ſuchte, fand er nichts ihm Zu-
ſagendes. Auf dem Heimwege begriffen begegnete er in Caſtel S. Pietro
einem Sicilianiſchen Pilger, dem er ſich auf der Wanderung nach Com-
poſtella und Genua anſchloß. Nach Jeruſalem zu gehen hinderte ihn die
Abgeneigtheit ſeines Reiſegefährten. Da kehrte er nach Bologna zurück
und begann nun in ſeinem ſiebzehnten Jahre 1539 das Studium der
ſchönen Wiſſenſchaften und der Rechte. Ein Jahr in Padua benutzte er
zu philoſophiſchen und zum Theil ſchon mediciniſchen Studien. Nach-
dem er ruhig in Bologna weiter gearbeitet hatte, fiel er 1549 in den
Verdacht, ein Häretiker zu ſein, und wurde von dem Inquiſitionstri-
bunal ergriffen und als Gefangener nach Rom gebracht. Nach des
Pabſtes Paul III Tode und Julius II Thronbeſteigung wurde er frei
und benutzte den übrigen Aufenthalt in Rom zum Studium und zu
einer Schilderung der antiken Statuen, welche auch ſpäter gedruckt
wurde. Wichtig für ihn war, daß er in Rom Rondelet kennen lernte,
welcher als Arzt des Cardinal Tournon dorthin gekommen war. Von
dieſem vorzüglich auf das Studium der Natur geführt, begann er dort
zuerſt Pflanzen und Fiſche zu ſammeln. Wie eifrig und erfolgreich er
dieſer neuen Richtung ſeines Studiums oblag, beweiſt der Umſtand,
daß ihn ſchon 1553 Matthioli bei der Herausgabe ſeines Pflanzen-
23) Die Notizen über Aldrovandi's Leben ſind vorzüglich entnommen aus
Giov. Fantuzzi, Notizie degli Scrittori Bolognesi. Tom. I. Bologna,
1781. p. 165. Es werden hier mehrere Fabeln über Aldrovandi's Leben beſeitigt,
welche ſich bei vielen Neueren wiederholt finden, ebenſo der Zweifel über ſein Ge-
burtsjahr und Erzählungen über ſein Lebensende.
24) ſ. die Dedication des erſten Bandes der Historia Avium an Pabſt Cle-
mens VIII.
V. Carus, Geſch. d. Zool. 19
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