vom Pabste wieder aufgehoben wurde, und die Academia die Lyncei in Rom (1590), welche gleichfalls das Enthüllen der Naturereignisse als ihre Aufgabe betrachtete und den in der Thiersage so ungemein scharfsichtigen Luchs zum Symbol nahm. Die Gründung der drei äl- testen Akademien in Mittel-Europa fand erst in der folgenden Periode statt.
Neben dem Vortheil, welcher der Naturgeschichte aus der Gemein- samkeit der Arbeiten, vielleicht vorläufig nur der Interessen, erwuchs, gewann sie eine weitere Förderung durch die Reisen und die im An- schluß an diese entstehenden Sammlungen. Es sind hier nicht sowohl die Entdeckungsfahrten nach fernen Weltheilen zu verzeichnen, als aus- drücklich in der Absicht unternommene Fahrten, die Naturerzeugnisse sei es weiterer Theile des Vaterlandes, sei es bekannter Länder und Meere sorgfältiger kennen zu lernen. Die Sammlungen blieben freilich zunächst Curiositätencadinete, da an ein planmäßiges Zusammenbrin- gen verwandter Gegenstände nur in ganz einzelnen Fällen gedacht wurde1). Auch war man auf gewisse Gegenstände beschränkt, da man die Kunst des Conservirens, besondere Conservationsmethoden und -mittel nicht kannte. Spiritus kann erst später auf; meist wurden die Sachen trocken aufbewarhrt. Immerhin fieng man aber doch zu erken- nen an, welchen Werth die Möglichkeit hat, verschiedene Objecte direct mit einander vergleichen zu können.
Was einer Sammlung nicht gut einverleibt werden konnte, was man sich gegenseitig noch bestimmter als durch eine bloße Beschreibung mittheilen wollte, wurden bildlich dargestellt. Es fanden sich zwar schon früher, sowohl in Handschriften des Physiologus als in denen der En- chklopädisten des dreizehneten Jahrhunderts, Thierabbildungen. Indeß verdienen sie kaum den Namen naturgeschichtlicher Bilder, da sie aller-
1) Wie sehr das Curiose bei solchen Sachen maßgebend war, beweist z.B. die folgende Stelle aus einem Briefe Justus Jonas jun. an Herzog Albrecht von Preußen, d. d. Wittenberg, 4. Mai 1559: er möge ihm für den Kurfürsten von Sachsen eine ganze Glendsklaue "mit den roerknochen, oder wie ichs nenn soll, und den Haaren bis ans Knie" schicken "Solche Ding in diesen Landen gantz seltzam und frembdt". Ich verdanke diese Notiz (aus dem Archiv zu Königsberg) der Freundlichkeit meines verehrten Collegen, Herrn Prof. G. Voigt.
Charakteriſtik des Zeitraums
vom Pabſte wieder aufgehoben wurde, und die Academia die Lyncei in Rom (1590), welche gleichfalls das Enthüllen der Naturereigniſſe als ihre Aufgabe betrachtete und den in der Thierſage ſo ungemein ſcharfſichtigen Luchs zum Symbol nahm. Die Gründung der drei äl- teſten Akademien in Mittel-Europa fand erſt in der folgenden Periode ſtatt.
Neben dem Vortheil, welcher der Naturgeſchichte aus der Gemein- ſamkeit der Arbeiten, vielleicht vorläufig nur der Intereſſen, erwuchs, gewann ſie eine weitere Förderung durch die Reiſen und die im An- ſchluß an dieſe entſtehenden Sammlungen. Es ſind hier nicht ſowohl die Entdeckungsfahrten nach fernen Weltheilen zu verzeichnen, als aus- drücklich in der Abſicht unternommene Fahrten, die Naturerzeugniſſe ſei es weiterer Theile des Vaterlandes, ſei es bekannter Länder und Meere ſorgfältiger kennen zu lernen. Die Sammlungen blieben freilich zunächſt Curioſitätencadinete, da an ein planmäßiges Zuſammenbrin- gen verwandter Gegenſtände nur in ganz einzelnen Fällen gedacht wurde1). Auch war man auf gewiſſe Gegenſtände beſchränkt, da man die Kunſt des Conſervirens, beſondere Conſervationsmethoden und -mittel nicht kannte. Spiritus kann erſt ſpäter auf; meiſt wurden die Sachen trocken aufbewarhrt. Immerhin fieng man aber doch zu erken- nen an, welchen Werth die Möglichkeit hat, verſchiedene Objecte direct mit einander vergleichen zu können.
Was einer Sammlung nicht gut einverleibt werden konnte, was man ſich gegenſeitig noch beſtimmter als durch eine bloße Beſchreibung mittheilen wollte, wurden bildlich dargeſtellt. Es fanden ſich zwar ſchon früher, ſowohl in Handſchriften des Phyſiologus als in denen der En- chklopädiſten des dreizehneten Jahrhunderts, Thierabbildungen. Indeß verdienen ſie kaum den Namen naturgeſchichtlicher Bilder, da ſie aller-
1) Wie ſehr das Curioſe bei ſolchen Sachen maßgebend war, beweiſt z.B. die folgende Stelle aus einem Briefe Juſtus Jonas jun. an Herzog Albrecht von Preußen, d. d. Wittenberg, 4. Mai 1559: er möge ihm für den Kurfürſten von Sachſen eine ganze Glendsklaue „mit den roerknochen, oder wie ichs nenn ſoll, und den Haaren bis ans Knie“ ſchicken „Solche Ding in dieſen Landen gantz ſeltzam und frembdt“. Ich verdanke dieſe Notiz (aus dem Archiv zu Königsberg) der Freundlichkeit meines verehrten Collegen, Herrn Prof. G. Voigt.
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Charakteriſtik des Zeitraums
vom Pabſte wieder aufgehoben wurde, und die Academia die Lyncei
in Rom (1590), welche gleichfalls das Enthüllen der Naturereigniſſe
als ihre Aufgabe betrachtete und den in der Thierſage ſo ungemein
ſcharfſichtigen Luchs zum Symbol nahm. Die Gründung der drei äl-
teſten Akademien in Mittel-Europa fand erſt in der folgenden Periode
ſtatt.
Neben dem Vortheil, welcher der Naturgeſchichte aus der Gemein-
ſamkeit der Arbeiten, vielleicht vorläufig nur der Intereſſen, erwuchs,
gewann ſie eine weitere Förderung durch die Reiſen und die im An-
ſchluß an dieſe entſtehenden Sammlungen. Es ſind hier nicht ſowohl
die Entdeckungsfahrten nach fernen Weltheilen zu verzeichnen, als aus-
drücklich in der Abſicht unternommene Fahrten, die Naturerzeugniſſe
ſei es weiterer Theile des Vaterlandes, ſei es bekannter Länder und
Meere ſorgfältiger kennen zu lernen. Die Sammlungen blieben freilich
zunächſt Curioſitätencadinete, da an ein planmäßiges Zuſammenbrin-
gen verwandter Gegenſtände nur in ganz einzelnen Fällen gedacht
wurde 1). Auch
war man auf gewiſſe Gegenſtände beſchränkt, da man
die Kunſt des Conſervirens, beſondere Conſervationsmethoden und
-mittel nicht kannte. Spiritus kann erſt ſpäter auf; meiſt wurden die
Sachen trocken aufbewarhrt. Immerhin fieng man aber doch zu erken-
nen an, welchen Werth die Möglichkeit hat, verſchiedene Objecte direct
mit einander vergleichen zu können.
Was einer Sammlung nicht gut einverleibt werden konnte, was
man ſich gegenſeitig noch beſtimmter als durch eine bloße Beſchreibung
mittheilen wollte, wurden bildlich dargeſtellt. Es fanden ſich zwar ſchon
früher, ſowohl in Handſchriften des Phyſiologus als in denen der En-
chklopädiſten des dreizehneten Jahrhunderts, Thierabbildungen. Indeß
verdienen ſie kaum den Namen naturgeſchichtlicher Bilder, da ſie aller-
1) Wie ſehr das Curioſe bei ſolchen Sachen maßgebend war,
beweiſt z.B. die
folgende Stelle aus einem Briefe Juſtus Jonas jun. an Herzog Albrecht von
Preußen, d. d. Wittenberg, 4. Mai 1559: er möge ihm für den Kurfürſten von
Sachſen eine ganze Glendsklaue „mit den roerknochen, oder wie ichs
nenn ſoll,
und den Haaren bis ans Knie“ ſchicken „Solche Ding in
dieſen Landen gantz
ſeltzam und frembdt“. Ich verdanke dieſe Notiz (aus dem Archiv zu
Königsberg)
der Freundlichkeit meines verehrten Collegen, Herrn Prof. G. Voigt.
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/272>, abgerufen am 16.02.2025.
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