fehlen Egithus, Othus und Ulula, von den Meerungeheuern Cetus vel balena, Ludolacra und Testeum. Die Schreibart der Namen ist aber dieselbe, wie bei Thomas Cantipratanus; so erscheint die Aspidochelone auch hier als Fastaleon, das Nilpferd als Ipothamus u. s. f. Conrad von Megenberg kannte den eigentlichen Verfasser der von ihm bearbeiteten Schrift nicht und zweifelte daran, daß Albert der Große das Werk verfaßt habe. Jakob van Maerlandt führt ausdrück- lich und ohne zu zweifeln "van Coelne Broeder Alebrecht" als Verfasser an. Sind auch die einzelnen Artikel etwas gekürzt, so finden sich doch sowohl die Moralisationen als auch die gelegentlichen Verwendungen zu medicinischen Zwecken wie bei Thomas den kurzen Schilderungen angehängt, so daß der Bearbeiter trotz der freieren poetischen Form sich viel strenger an das Original gehalten hat, als Conrad. Die Verbrei- tung des Gedichts scheint aber eine viel geringere gewesen zu sein, als bei dem Buch der Natur. Bormans führt zwar in den Varianten sie- ben oder acht Handschriften auf; doch ist die Schrift bis zu der er- wähnten Ausgabe noch nicht gedruckt worden, wovon wohl die örtliche Beschränkung des Dialektes die vorwiegende Ursache gewesen ist.
Es würde zu weit führen und kaum wesentlich beitragen, die Cul- turverhältnisse des ausgehenden Mittelalters noch eingehender zu ver- anschaulichen, wenn hier auf sämmtliche Erscheinungen Rücksicht ge- nommen werden sollte, in welchen unter Andern auch von Thieren gehandelt wird. Der Thesaurus Alfons'X braucht daher ebenso wie der ihm wohl nachgebildete Tesoro des Brunetto Latini nur erwähnt zu werden. Beide schließen sich in Bezug auf die breite Grundlage, von welcher sie ausgehn, an früher genannte encyklopädische Werke an, haben aber im Allgemeinen eine directere Beziehung zur Entwickelung philosophischer, vorzüglich ethischer Grundsätze. In gleicher Weise ist auch des culturgeschichtlich so wichtigen Auftretens nationaler Dichtun- gen nur vorübergehend zu gedenken. Der bereits im Anfang des drei- zehnten Jahrhunderts erfolgte Abschluß des deutschen nationalen Epos, der Nibelungensage, ist in dieser Hinsicht schon deshalb von geringerer Bedeutung, da sowohl die Sprache, als die allgemeine Form der ritter- lichen Poesie bereits gegeben war. Unvergleichbar mächtiger wirkte das
Die Zoologie des Mittelalters
fehlen Egithus, Othus und Ulula, von den Meerungeheuern Cetus vel balena, Ludolacra und Testeum. Die Schreibart der Namen iſt aber dieſelbe, wie bei Thomas Cantipratanus; ſo erſcheint die Aspidochelone auch hier als Faſtaleon, das Nilpferd als Ipothamus u. ſ. f. Conrad von Megenberg kannte den eigentlichen Verfaſſer der von ihm bearbeiteten Schrift nicht und zweifelte daran, daß Albert der Große das Werk verfaßt habe. Jakob van Maerlandt führt ausdrück- lich und ohne zu zweifeln „van Coelne Broeder Alebrecht“ als Verfaſſer an. Sind auch die einzelnen Artikel etwas gekürzt, ſo finden ſich doch ſowohl die Moraliſationen als auch die gelegentlichen Verwendungen zu mediciniſchen Zwecken wie bei Thomas den kurzen Schilderungen angehängt, ſo daß der Bearbeiter trotz der freieren poetiſchen Form ſich viel ſtrenger an das Original gehalten hat, als Conrad. Die Verbrei- tung des Gedichts ſcheint aber eine viel geringere geweſen zu ſein, als bei dem Buch der Natur. Bormans führt zwar in den Varianten ſie- ben oder acht Handſchriften auf; doch iſt die Schrift bis zu der er- wähnten Ausgabe noch nicht gedruckt worden, wovon wohl die örtliche Beſchränkung des Dialektes die vorwiegende Urſache geweſen iſt.
Es würde zu weit führen und kaum weſentlich beitragen, die Cul- turverhältniſſe des ausgehenden Mittelalters noch eingehender zu ver- anſchaulichen, wenn hier auf ſämmtliche Erſcheinungen Rückſicht ge- nommen werden ſollte, in welchen unter Andern auch von Thieren gehandelt wird. Der Theſaurus Alfons'X braucht daher ebenſo wie der ihm wohl nachgebildete Tesoro des Brunetto Latini nur erwähnt zu werden. Beide ſchließen ſich in Bezug auf die breite Grundlage, von welcher ſie ausgehn, an früher genannte encyklopädiſche Werke an, haben aber im Allgemeinen eine directere Beziehung zur Entwickelung philoſophiſcher, vorzüglich ethiſcher Grundſätze. In gleicher Weiſe iſt auch des culturgeſchichtlich ſo wichtigen Auftretens nationaler Dichtun- gen nur vorübergehend zu gedenken. Der bereits im Anfang des drei- zehnten Jahrhunderts erfolgte Abſchluß des deutſchen nationalen Epos, der Nibelungenſage, iſt in dieſer Hinſicht ſchon deshalb von geringerer Bedeutung, da ſowohl die Sprache, als die allgemeine Form der ritter- lichen Poeſie bereits gegeben war. Unvergleichbar mächtiger wirkte das
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Die Zoologie des Mittelalters
fehlen Egithus, Othus und Ulula, von den Meerungeheuern Cetus
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iſt aber dieſelbe, wie bei Thomas Cantipratanus; ſo erſcheint die
Aspidochelone auch hier als Faſtaleon, das Nilpferd als Ipothamus u.
ſ. f. Conrad von Megenberg kannte den eigentlichen Verfaſſer der von
ihm bearbeiteten Schrift nicht und zweifelte daran, daß Albert der
Große das Werk verfaßt habe. Jakob van Maerlandt führt ausdrück-
lich und ohne zu zweifeln „van Coelne Broeder Alebrecht“ als Verfaſſer
an. Sind auch die einzelnen Artikel etwas gekürzt, ſo finden ſich doch
ſowohl die Moraliſationen als auch die gelegentlichen Verwendungen
zu mediciniſchen Zwecken wie bei Thomas den kurzen Schilderungen
angehängt, ſo daß der Bearbeiter trotz der freieren poetiſchen Form ſich
viel ſtrenger an das Original gehalten hat, als Conrad. Die Verbrei-
tung des Gedichts ſcheint aber eine viel geringere geweſen zu ſein, als
bei dem Buch der Natur. Bormans führt zwar in den Varianten ſie-
ben oder acht Handſchriften auf; doch iſt die Schrift bis zu der er-
wähnten Ausgabe noch nicht gedruckt worden, wovon wohl die örtliche
Beſchränkung des Dialektes die vorwiegende Urſache geweſen iſt.
Es würde zu weit führen und kaum weſentlich beitragen, die Cul-
turverhältniſſe des ausgehenden Mittelalters noch eingehender zu ver-
anſchaulichen, wenn hier auf ſämmtliche Erſcheinungen Rückſicht ge-
nommen werden ſollte, in welchen unter Andern auch von Thieren
gehandelt wird. Der Theſaurus Alfons' X braucht daher ebenſo wie
der ihm wohl nachgebildete Tesoro des Brunetto Latini nur erwähnt
zu werden. Beide ſchließen ſich in Bezug auf die breite Grundlage,
von welcher ſie ausgehn, an früher genannte encyklopädiſche Werke an,
haben aber im Allgemeinen eine directere Beziehung zur Entwickelung
philoſophiſcher, vorzüglich ethiſcher Grundſätze. In gleicher Weiſe iſt
auch des culturgeſchichtlich ſo wichtigen Auftretens nationaler Dichtun-
gen nur vorübergehend zu gedenken. Der bereits im Anfang des drei-
zehnten Jahrhunderts erfolgte Abſchluß des deutſchen nationalen Epos,
der Nibelungenſage, iſt in dieſer Hinſicht ſchon deshalb von geringerer
Bedeutung, da ſowohl die Sprache, als die allgemeine Form der ritter-
lichen Poeſie bereits gegeben war. Unvergleichbar mächtiger wirkte das
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/263>, abgerufen am 16.02.2025.
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