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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Die Zoologie des Mittelalters.
broeck (oder Wilhelm de Rubruquis), welcher 1253 im Auftrage Lud-
wig
des Heiligen dahin gieng. Vincenz von Beauvais benutzte
Plan Carpin, den Benedictus Polonus, Nicolaus Ascelinus u. a.171).
Waren die Genannten theils geradezu Missionare, theils Abgesandte
an einzelne sich in Centralasien ansässig gemachte religiöse Genossen-
schaften oder an asiatische Fürsten, so knüpfte sich doch auch bald ein
kaufmännisches Interesse an derartige Reisen. Dies war nun wohl
für die Erdkunde im Allgemeinen ein ihr Bereich erweiternder Gewinn,
insofern als theils die Ortsbestimmungen, die klimatischen und sonstigen
physikalischen Verhältnisse der erschlossenen Länder, die Verkehrstraßen,
theils auch die Naturerzeugnisse eine besondere Aufmerksamkeit fanden.
Die letztern waren indessen, besonders was das Thierreich betrifft, in
viel zu untergeordneter Weise mit dem eigentlichen Zwecke dieser Reisen
verknüpft, als daß sich wirkliche Bereicherungen hätten erwarten lassen.
Dies gilt nicht etwa bloß von einer etwaigen wissenschaftlichen Erfas-
sung des nur Gesehenen, sondern auch von einer allgemein populären
Kenntniß. Auch war ja weder die naturwissenschaftliche Methodik so
weit entwickelt, daß die neuen Thatsachen entsprechend hätten ver-
werthet werden können, noch waren die nothwendigen Grundlagen zur
richtigen Beurtheilung des Gesehenen vorhanden. Es konnten in Folge
hiervon die Reisenden auch keine Kritik an das ihnen an Ort und
Stelle über verschiedene Naturerscheinungen Mitgetheilte anlegen; ihr
Bericht ist daher von mancherlei Wunderbarem, von orientalischen
Märchen wie von Fabeln aus antiken Quellen durchsetzt. Selbst die
Berichte über die verschiedenen Menschen, welche zum Theil gut beob-
achtet wurden, blieben in Folge dieses Hanges zum Wunderbaren nicht
frei von Mythen. Wenn auch Plan Carpin die Charaktere der mongo-
lischen Rasse im Ganzen ziemlich richtig angibt, so finden sich doch selbst
bei Marco Polo Erzählungen von geschwänzten Menschen, von Ohne-
köpfen, von Hundsköpfen, zu denen bei Maundeville noch die einfüßigen
Schnellläufer, die Einäugigen und die Pygmäen und ihr Kampf mit
Vögeln kommt.


171) s. über diese Peschel, Geschichte der Erdkunde. S. 150 u. flgde.

Die Zoologie des Mittelalters.
broeck (oder Wilhelm de Rubruquis), welcher 1253 im Auftrage Lud-
wig
des Heiligen dahin gieng. Vincenz von Beauvais benutzte
Plan Carpin, den Benedictus Polonus, Nicolaus Aſcelinus u. a.171).
Waren die Genannten theils geradezu Miſſionare, theils Abgeſandte
an einzelne ſich in Centralaſien anſäſſig gemachte religiöſe Genoſſen-
ſchaften oder an aſiatiſche Fürſten, ſo knüpfte ſich doch auch bald ein
kaufmänniſches Intereſſe an derartige Reiſen. Dies war nun wohl
für die Erdkunde im Allgemeinen ein ihr Bereich erweiternder Gewinn,
inſofern als theils die Ortsbeſtimmungen, die klimatiſchen und ſonſtigen
phyſikaliſchen Verhältniſſe der erſchloſſenen Länder, die Verkehrſtraßen,
theils auch die Naturerzeugniſſe eine beſondere Aufmerkſamkeit fanden.
Die letztern waren indeſſen, beſonders was das Thierreich betrifft, in
viel zu untergeordneter Weiſe mit dem eigentlichen Zwecke dieſer Reiſen
verknüpft, als daß ſich wirkliche Bereicherungen hätten erwarten laſſen.
Dies gilt nicht etwa bloß von einer etwaigen wiſſenſchaftlichen Erfaſ-
ſung des nur Geſehenen, ſondern auch von einer allgemein populären
Kenntniß. Auch war ja weder die naturwiſſenſchaftliche Methodik ſo
weit entwickelt, daß die neuen Thatſachen entſprechend hätten ver-
werthet werden können, noch waren die nothwendigen Grundlagen zur
richtigen Beurtheilung des Geſehenen vorhanden. Es konnten in Folge
hiervon die Reiſenden auch keine Kritik an das ihnen an Ort und
Stelle über verſchiedene Naturerſcheinungen Mitgetheilte anlegen; ihr
Bericht iſt daher von mancherlei Wunderbarem, von orientaliſchen
Märchen wie von Fabeln aus antiken Quellen durchſetzt. Selbſt die
Berichte über die verſchiedenen Menſchen, welche zum Theil gut beob-
achtet wurden, blieben in Folge dieſes Hanges zum Wunderbaren nicht
frei von Mythen. Wenn auch Plan Carpin die Charaktere der mongo-
liſchen Raſſe im Ganzen ziemlich richtig angibt, ſo finden ſich doch ſelbſt
bei Marco Polo Erzählungen von geſchwänzten Menſchen, von Ohne-
köpfen, von Hundsköpfen, zu denen bei Maundeville noch die einfüßigen
Schnellläufer, die Einäugigen und die Pygmäen und ihr Kampf mit
Vögeln kommt.


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[196/0207] Die Zoologie des Mittelalters. broeck (oder Wilhelm de Rubruquis), welcher 1253 im Auftrage Lud- wig des Heiligen dahin gieng. Vincenz von Beauvais benutzte Plan Carpin, den Benedictus Polonus, Nicolaus Aſcelinus u. a. 171). Waren die Genannten theils geradezu Miſſionare, theils Abgeſandte an einzelne ſich in Centralaſien anſäſſig gemachte religiöſe Genoſſen- ſchaften oder an aſiatiſche Fürſten, ſo knüpfte ſich doch auch bald ein kaufmänniſches Intereſſe an derartige Reiſen. Dies war nun wohl für die Erdkunde im Allgemeinen ein ihr Bereich erweiternder Gewinn, inſofern als theils die Ortsbeſtimmungen, die klimatiſchen und ſonſtigen phyſikaliſchen Verhältniſſe der erſchloſſenen Länder, die Verkehrſtraßen, theils auch die Naturerzeugniſſe eine beſondere Aufmerkſamkeit fanden. Die letztern waren indeſſen, beſonders was das Thierreich betrifft, in viel zu untergeordneter Weiſe mit dem eigentlichen Zwecke dieſer Reiſen verknüpft, als daß ſich wirkliche Bereicherungen hätten erwarten laſſen. Dies gilt nicht etwa bloß von einer etwaigen wiſſenſchaftlichen Erfaſ- ſung des nur Geſehenen, ſondern auch von einer allgemein populären Kenntniß. Auch war ja weder die naturwiſſenſchaftliche Methodik ſo weit entwickelt, daß die neuen Thatſachen entſprechend hätten ver- werthet werden können, noch waren die nothwendigen Grundlagen zur richtigen Beurtheilung des Geſehenen vorhanden. Es konnten in Folge hiervon die Reiſenden auch keine Kritik an das ihnen an Ort und Stelle über verſchiedene Naturerſcheinungen Mitgetheilte anlegen; ihr Bericht iſt daher von mancherlei Wunderbarem, von orientaliſchen Märchen wie von Fabeln aus antiken Quellen durchſetzt. Selbſt die Berichte über die verſchiedenen Menſchen, welche zum Theil gut beob- achtet wurden, blieben in Folge dieſes Hanges zum Wunderbaren nicht frei von Mythen. Wenn auch Plan Carpin die Charaktere der mongo- liſchen Raſſe im Ganzen ziemlich richtig angibt, ſo finden ſich doch ſelbſt bei Marco Polo Erzählungen von geſchwänzten Menſchen, von Ohne- köpfen, von Hundsköpfen, zu denen bei Maundeville noch die einfüßigen Schnellläufer, die Einäugigen und die Pygmäen und ihr Kampf mit Vögeln kommt. 171) ſ. über dieſe Peſchel, Geſchichte der Erdkunde. S. 150 u. flgde.

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/207>, abgerufen am 23.11.2024.