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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Die Zoologie des Mittelalters.
Ansichten ändern sich und schon ein Jahrhundert später feierte der
Physiologus seinen gewissermaßen officiellen Einzug in die symbolische
Litteratur. Gregor der Große citirt ihn wiederholt und hebt damit nicht
bloß das Verbot seines Vorgängers auf, sondern führt auch die Schrift
unter die empfehlenswerthen und nutzbringenden ein.

Man könnte nun geneigt sein, die ausführlichen Commentare zur
Schöpfungsgeschichte als weitere Ausführungen des Physiologus zu
betrachten. Jedenfalls sind auch sie in gleichem Geiste, wenn auch
nicht in gleicher Form geschrieben. Sie haben aber, besonders in An-
sehung eines etwaigen Einflusses auf Förderung naturwissenschaftlicher
Meinungen keinen auch nur annähernd bedeutenden Einfluß geäußert.
Citirt werden sie freilich noch lange und die drei berühmtesten Hexae-
mera, die des Basilius, Ambrosius und Pseudo-Eustathius haben auch
sicher, schon ihrer Verfasser wegen, in hohem Ansehen gestanden. Aber
einmal schon die Thatsachen, daß sie als Werke einzelner Männer
erschienen, daß sie mehr nach Art der homiletischen Schrifterklärung
Schritt für Schritt die ganze Schöpfung erläuternd durchgiengen, und
endlich daß sie in Folge des letzteren Umstandes verhältnißmäßig um-
fangreich und vielseitig wurden, alles dies hinderte ihre allgemeine
Verbreitung und ließ sie nicht in gleichem Maße wie den Physiologus
volksthümlich werden. Dasselbe gilt für Schriften, wie das ange-
führte Gedicht des Alexandriners Cyrillus, welches wohl moralisirt
und zur Bewunderung göttlicher Weisheit und Liebe in der Schöpfung
auffordert, aber noch nicht in die Richtung einlenkt, welche, weitaus
die wirksamste und verbreitetste, beinahe den Charakter der einschlägigen
theologischen Litteratur für Jahrhunderte bestimmte, die symbolisirende.
Es würde nicht schwer sein, eine beträchtliche Liste derartiger symbo-
lischer Darstellungen zusammenzubringen. Tritt auch in den für die
Geschichte der Wissenschaft wichtigsten Schriften des dreizehnten Jahr-

schriften nennen Gelasius als Verfasser und noch Pabst Nicolaus I. spricht in der
42. Epistel (ungefähr um 865) das Decret demselben zu (p. 157). Nach Chiff-
let
's Ansicht ist nun das Decret von Gelasius als concilii totius canon ausge-
gangen, von Hormisda als decretale pontificium bestätigt worden. Vergl. auch
die Notiz von Labbe in: Mansi Collect. Concilior. VIII. p. 531.

Die Zoologie des Mittelalters.
Anſichten ändern ſich und ſchon ein Jahrhundert ſpäter feierte der
Phyſiologus ſeinen gewiſſermaßen officiellen Einzug in die ſymboliſche
Litteratur. Gregor der Große citirt ihn wiederholt und hebt damit nicht
bloß das Verbot ſeines Vorgängers auf, ſondern führt auch die Schrift
unter die empfehlenswerthen und nutzbringenden ein.

Man könnte nun geneigt ſein, die ausführlichen Commentare zur
Schöpfungsgeſchichte als weitere Ausführungen des Phyſiologus zu
betrachten. Jedenfalls ſind auch ſie in gleichem Geiſte, wenn auch
nicht in gleicher Form geſchrieben. Sie haben aber, beſonders in An-
ſehung eines etwaigen Einfluſſes auf Förderung naturwiſſenſchaftlicher
Meinungen keinen auch nur annähernd bedeutenden Einfluß geäußert.
Citirt werden ſie freilich noch lange und die drei berühmteſten Hexae-
mera, die des Baſilius, Ambroſius und Pſeudo-Euſtathius haben auch
ſicher, ſchon ihrer Verfaſſer wegen, in hohem Anſehen geſtanden. Aber
einmal ſchon die Thatſachen, daß ſie als Werke einzelner Männer
erſchienen, daß ſie mehr nach Art der homiletiſchen Schrifterklärung
Schritt für Schritt die ganze Schöpfung erläuternd durchgiengen, und
endlich daß ſie in Folge des letzteren Umſtandes verhältnißmäßig um-
fangreich und vielſeitig wurden, alles dies hinderte ihre allgemeine
Verbreitung und ließ ſie nicht in gleichem Maße wie den Phyſiologus
volksthümlich werden. Daſſelbe gilt für Schriften, wie das ange-
führte Gedicht des Alexandriners Cyrillus, welches wohl moraliſirt
und zur Bewunderung göttlicher Weisheit und Liebe in der Schöpfung
auffordert, aber noch nicht in die Richtung einlenkt, welche, weitaus
die wirkſamſte und verbreitetſte, beinahe den Charakter der einſchlägigen
theologiſchen Litteratur für Jahrhunderte beſtimmte, die ſymboliſirende.
Es würde nicht ſchwer ſein, eine beträchtliche Liſte derartiger ſymbo-
liſcher Darſtellungen zuſammenzubringen. Tritt auch in den für die
Geſchichte der Wiſſenſchaft wichtigſten Schriften des dreizehnten Jahr-

ſchriften nennen Gelaſius als Verfaſſer und noch Pabſt Nicolaus I. ſpricht in der
42. Epiſtel (ungefähr um 865) das Decret demſelben zu (p. 157). Nach Chiff-
let
's Anſicht iſt nun das Decret von Gelaſius als concilii totius canon ausge-
gangen, von Hormisda als decretale pontificium beſtätigt worden. Vergl. auch
die Notiz von Labbé in: Mansi Collect. Concilior. VIII. p. 531.
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[144/0155] Die Zoologie des Mittelalters. Anſichten ändern ſich und ſchon ein Jahrhundert ſpäter feierte der Phyſiologus ſeinen gewiſſermaßen officiellen Einzug in die ſymboliſche Litteratur. Gregor der Große citirt ihn wiederholt und hebt damit nicht bloß das Verbot ſeines Vorgängers auf, ſondern führt auch die Schrift unter die empfehlenswerthen und nutzbringenden ein. Man könnte nun geneigt ſein, die ausführlichen Commentare zur Schöpfungsgeſchichte als weitere Ausführungen des Phyſiologus zu betrachten. Jedenfalls ſind auch ſie in gleichem Geiſte, wenn auch nicht in gleicher Form geſchrieben. Sie haben aber, beſonders in An- ſehung eines etwaigen Einfluſſes auf Förderung naturwiſſenſchaftlicher Meinungen keinen auch nur annähernd bedeutenden Einfluß geäußert. Citirt werden ſie freilich noch lange und die drei berühmteſten Hexae- mera, die des Baſilius, Ambroſius und Pſeudo-Euſtathius haben auch ſicher, ſchon ihrer Verfaſſer wegen, in hohem Anſehen geſtanden. Aber einmal ſchon die Thatſachen, daß ſie als Werke einzelner Männer erſchienen, daß ſie mehr nach Art der homiletiſchen Schrifterklärung Schritt für Schritt die ganze Schöpfung erläuternd durchgiengen, und endlich daß ſie in Folge des letzteren Umſtandes verhältnißmäßig um- fangreich und vielſeitig wurden, alles dies hinderte ihre allgemeine Verbreitung und ließ ſie nicht in gleichem Maße wie den Phyſiologus volksthümlich werden. Daſſelbe gilt für Schriften, wie das ange- führte Gedicht des Alexandriners Cyrillus, welches wohl moraliſirt und zur Bewunderung göttlicher Weisheit und Liebe in der Schöpfung auffordert, aber noch nicht in die Richtung einlenkt, welche, weitaus die wirkſamſte und verbreitetſte, beinahe den Charakter der einſchlägigen theologiſchen Litteratur für Jahrhunderte beſtimmte, die ſymboliſirende. Es würde nicht ſchwer ſein, eine beträchtliche Liſte derartiger ſymbo- liſcher Darſtellungen zuſammenzubringen. Tritt auch in den für die Geſchichte der Wiſſenſchaft wichtigſten Schriften des dreizehnten Jahr- 72) 72) ſchriften nennen Gelaſius als Verfaſſer und noch Pabſt Nicolaus I. ſpricht in der 42. Epiſtel (ungefähr um 865) das Decret demſelben zu (p. 157). Nach Chiff- let's Anſicht iſt nun das Decret von Gelaſius als concilii totius canon ausge- gangen, von Hormisda als decretale pontificium beſtätigt worden. Vergl. auch die Notiz von Labbé in: Mansi Collect. Concilior. VIII. p. 531.

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/155>, abgerufen am 24.11.2024.